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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 150 - No. 176 (1. Juli - 31. Juli)
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mit Trägerlohn, durch die Poft

bezogen viertelji. 1 Mk. 40 Pfg.

Yerantworllicher Redaktenr Philipp Klansuer.

jeidelberger Tageblatt



Anzeigen: die 1-ſpaltige Petite. ss

zeile oder deren Raum 5 Pfg.,
für auswärts 10 Pfg.

abattbewilligung.

Expedition Brunnengaſſe 24.



. Expedition Brunnengafſe 24.
JH 152.

Schweden-Norwegen.

_ Wie wir an anderer Stelle melden, hat sich ge-
tern Abend in Christiania ein festlicher Zug des
Volkes nach dem Königsſchloſſe begeben, um dem
; Herrscher, der erneut Frieden mit seinem Volke ge-
cloſſen, eine Ovation darzubringen. Die Versöh-
nung iſt alſo eine gründliche, es hat aber auch lange
seit genug gekostet, ehe dies Reſultat erreicht wurde.
Die Norweger ſind harte Köpfe, die ſich weder
ls ihr ish anrclünut haben. Für ihr gutes Res
ber hält die überwiegende Mehrheit des Strothings
die Anklage, welche sie gegen die früheren Minister
rhob, und ebenso die Forderung, daß der König ihr
_ nachgeben und nicht auf die Frage zurückkommen
olle, um derentwillen das Reichsgericht die Mitglie-
der des Cabinets Selmer verurtheilte. König Os-
tar U. ſchmeichelte sich anfangs mit dem Gedanken,
r werde mit den ſstörrigen Bauern Norwegens ſchon
. fertig werden. Er pus die verurtheilten Mini-
ler aus und machte im vertrauten Kreiſe Aeußer-
ungen, die auf ein gewiſſes Siegesbewußtſein deu-
teten und in der Absicht gethan wurden, daß sie in
He Deffentlichkeit dringen und die Norwegern bange
Hachen sollten. Aber in Christiania zeigte sich keine
pur von Nachgiebigkeit und ebensowenig die ge-
ingste Luſt, dem neuen Cabinet Schweigaard irgend-
Vie entgegenzukommen. Die Zuverficht des Königs
begann zu schwinden. Wohl fand er in Schweden
1 lebhafte Zustimmung, aber was konnte sie ihm
' nüten ? Durfte er es wagen, den alten Gegensatz
wischen Schweden und Norwegen, den Eſaias Tegner
_ H einem berühmten Gedichte so ergreifend beklagte,
Aus neue wachzurufen ? Mußte er nicht fürchten, daß
kr damit den Bürgerkrieg und die Lostrennung Nor-
Vegens herbeiführe ?
.. Profeſſor Broch ward von ihm dazu ausersehen,
fn Compromiß zu Stande zu bringen. Broch un-
. terzog ſich der Aufgabe, wie es scheint, mit großer
| kl°tt er retten: lool vc ren Lucie 41
. leugbarer Gewandtheit und bereitete die Versöhnung











Hiſtoriſche- Erzählung von E. D.

(15. Fortsetzung.)

dH, „Fürchten Sie Kleber, Bürger General?“ hatte
. VNurat unvorsichtig gefragt.

gz vFürchten, ich?“ - und der Sultan Wetter-
U ſitaht hatte den armen Mann wild angeblickt. „Wen
Ü zu fürchten Grund hätte, den würde ich
.,. Was würde er wohl? Er hatte es nicht geſagt,
. Wer seine bleichen, zuckenden Lippen ließen es ahnen
. „W er thun würde; nur das eine Wort ſchien
. îwischen diesen Lippen ſich hindurchdrängen zu können
| . „gLernichtung!“ t

G n z fz! dachte die Sängerin, als sie durch
ls bekannten Gallerien schritt und in das Zimmer
nat, in welchem sie ihn zulett geſehen. Sie war
. ſekommen, um seinen Nachfolger zu gewinnen, aber
uit hee ines jo gewattitn Schauen por jh
w twarf. Sie wußte ; von ihm, Manches
Hltte sie errathen, Manches erlauſcht. Wenn sie es
Öiesem da drinnen anböte ? Aber wie ein Doppel-

mit ! sah fie im Geiste dieses olivenfarbige Geſicht














en bleichen Lippen vor sich, die es verſchwie-
was sie Dem thun würden, den der Mann
\jrchten müßte. Unwillkürlich entfuhr ihren Lippen
„ Schrei und bedeckte sie mit den Händen die Au-
E U:; 1571
: zurück.



r zyer Thüre ſchob sich L wget
bur tis enrt s Freter



dauernswerthes Weib?“

Donuerſtag, den 3. Juli

vor, die nun erfolgt iſt. Allerdings vermochte er
es nicht, ein neues Miniſterium zu bilden, wie es
der König von ihm verlangt hatte. Politiſche und
perſönliche Hinderniſſe machten ihm das unmöglich;
aber er ebnete den Weg, und es iſt wesentlich ſein
Verdienst, daß nach langem Hader der Friede zwi-
schen König Oskar und der norwegischen Volksver-
tretung geſchloſſen ward. Das iſt vorgeſtern ge-
ſchehen. An die Stelle des Cabinets Schweigaard
tritt ein Miniſterium Sverdrup, desſſen Vorsitzender
der bisherige Storthings-Präſident ist, desſſen Mit-
glieder größtentheils der Mehrheit des Storthings
entnommen ſind.

Damit ist der Sieg der freiſinnigen Partei Nor-
wegens entschieden. Die Staatsräthe werden künftig
den Sitzungen des Storthings beiwohnen, die Volks-
wehrvereine staatliche Unterstützung genießen, zwei
Mitglieder der Volksvertretung an der Centralver-
waltung der Eisenbahnen theilnehmen, das Mini-
sterium wird stets ein parlamentarisches sein. Die
Gegenconceſſion der Storthings - Mehrheit beſteht
darin, daß fie auf eine formelle Sanctionirung des
Storthings-Beſchluſſes vom 9. Juni 1880 verzichtet,
alſo nicht mehr darauf drängt, daß der König ſich
selbſt das abſolute Veto-Recht in Verfaſſungsfragen
feierlich abſpreche. Damit iſt durchaus nicht gesagt,
daß die Storthings-Mehrheit etwa das abſolute
Veto-Recht des Königs anerkenne. Im Gegentheil,
die Streitfrage, um derentwillen der ganze Kampf
in Norwegen ausbrach und durch beinahe vier Jah-
ren fortwährte, bleibt nach wie vor theoretiſch un-
entschieden. Practiſch iſt fie allerdings durch den
Ausgang des Kampfes zu Gunsten des Storthings
gelöſt, und König Oscar II. wird kaum Luſt haben,
noch einmal auf sie zurückzukommen, nachdem er ſo
gründlich unterlegen. Man hat soweit Rückſicht ge-
nommen, daß man drei Männer zum Eintritt in
das neue Cabinet aufforderte, welche einer gemäßig-
teren Richtung als die beiden Sverdrups, Sörensſen
Arctander und Haugland angehören. Es sind dies
der bisherige Kriegsminister Dahll, der sein Porte-
feuille behält, der frühere General-Consſul Richter

und der Aseſſor Stang. Die beiden Letzteren ſind
„Wie kommen Sie hierher, Bürgerin ? Was |








wünſchen Sie ?“ .

„Erbarmen !“ hauchte sie und sank, das Gesicht
mit den Händen verhüllend, vor dem eingetretenen
Obergeneral nieden.

„Ich bitte Sie, Bürgerin, keine Scenen! Was
iſt Jhr Wunſch ?“

Sie stand langsam auf.

„Kennen Sie mich ?“

Er machte eine Bewegung, aber sich bezwingend,
sagte er: „Sie sind die erſte Sängerin der franzö-
ſiſchen Oper in Kairo.“

„Einst kannten Sie mich. unter einem andern
Namen“’, sprach sie mit strömenden Thränen, welche
die nervöſe Aufregung ihr entlockte. ;
mill; "t Cu ufs Veigtt Tutü "
Eu B§ Ur ze Corts metie wet E
daß ich an Sie mich wende, den ich einſt, einſt

Krampfhaftes Schluchzen unterbrach ihre Worte,
ſie wandte ſich ab; dann aber, in leidenſchaftlicher
Erregung die Arme ihm entgegenſtreckend, rief ſie:

„Retten Sie mich, Kleber! retten Sie mich!
Sie, der Einzige, der es weiß, daß mein Fuß einſt
auf anderen Pfaden ging als auf diesen, die ein
grauſames Schicksal mich zu betreten zwang! O,
wenn jemals ein Funke von Antheil für die unbe-
sonnene Melinka Hajeck in Ihnen lebte, so retten
Sie barmherzig jezt Das vom Untergange, was
von dieſer armen Emilia noch des Rettens werth
geblieben!“ Erſchüttert faßte Kleber ihre Hand.

„Wie sind Sie in diese Lage gekommen, be-






Heidelberger General-Anzeiger. ü

158.

nebſt dem jüngeren Sverdrup zu Staatsräthen in . .
Stockholm ernannt worden und dem König perſéine.
lich angenehmer als die übrigen in Chriſtiania re-

sidirenden Mitglieder des neueu Cabinets.

Der Ausgang des norwegiſchen Verfaſſungsſtriee.
tes iſt zwar ein großer Triumph der Volkssſahſen.
er iſt aber keineswegs als eine Niederlage dr Mo.
narchie aufzufaſſen. König Oskar hat viemeehn.
durch seine Nachgiebigkeit ſeine Länder vor ſchveen.

Erſchütterungen bewahrt.



Aus Nah und Fern.

* Wieblingen, 30. Juni. Heute Nachmittag .



2 Uhr kamen von Heidelberg her drei Handwerrzn.
burſchen und wollten oberhalb des hiesigen Otten.
im Neckar baden. Kaum war der eine nach Auen.
sagen seiner Begleiter ein guter Schwimmer, im
Wasser, als er –~ von einem Krampfanfall en.
griffen + einen Hülferuf ausstoßend unterrnaent.
und ertrank. Die beiden andern Burſchna wagen.
nichts zu seiner Rettung zu thun, da fie fürchteen.
von dem Ertrinkenden, einem kräftigen Menſchne.
mit in die Tiefe gezogen zu werden, dagegen eilen.
ein Wieblinger, der gerade des Wegs daher lm

raſch in's Waſſer konnte aber den Verunglückten

“::

nicht lch ſafesr ?vh etwa éger Stuiths L . :
lte! U N Uu . yy Ut. _
ſtack, stammt derselbe aus Friedberg unn wer 129.
Jahre alt. Die Vermuthung liegt nahe, daß de.
junge Mann in allzu erhittem Zuſtande in's Waſſſen.
S E

Lande, als der Unglücksfall eintrat. (H. Z.)

* Mosbach, 1. Juli. Laut Beſchluß des Auen.
ſchuſſes des Badischen Vereins für Bienenzucht hät.
dieſer Verein seine diesjährige Generalverſammunn.
am 31. Auguſt, 1. und 2. September in Adelslkin
ab. Mit diesem Feste wird eine Ausſtelunun uw

eine Lotterie verbunden.

* Bruchsal, 1, Juli. Wie wir ſoeben erfahren, : %

iſt der ledige, 21 Jahre alte Poſtbootn Franz Boos
von Ubstadt geſtern Abend !/,7 Uhr im Hauſe des



Sie ſchauerte in sich zusammen, und eine wie



gut gespielte Scene die vorhergehende auch gewesen, .

dieser Schauer war äicht.

Stockend sagte fie ihm, daß Wenzel, der abgüt.
tiſch geliebte Wenzel Hajeck von Mizislawa, Unglik.
gehabt habe im Spiel; er hatte falsch geſpiel, em
ward casſirt und als er mit einer Kugel ſienm.
elenden Leben ein Ende gemacht, als sie allin, am I
yt; tl tilt mute se hat f t
Talent ihres Volkes verwerthet und war unter freme

dem Namen auf italieniſchen Bühnen aufgetreten.
Daß ſie die Koketterie hier wie dort gewesen, das
sagte sie freilich nicht, aber die Geschichte ihres Le.

bens stand ja auf dieſer Stirn geschrieben.



Kleber trat ihr näher, sein Ton war wamm un
und es klang Etwas von der alten Sympathie hn.
durch. „Ich will Sie zu retten ſuchen, armes Mäd- G

<en. Kehren Sie nach Europa zurück !“

„Nie! nie!“ rief sie mit Haſt, „wenn nicht unter .
Ihrem Schutz! Verweigern Sie mir dieſen, so mag .

dies Land, diese Dede mein Grab sein!“

„Ich will Ihnen G tp; S§§t angedeihen laſſen .
. durch heren Vermittlung ein Schiff Sie _

aufnehmen wird. Und dann erinnern Sie sich Mag-
dalenens von Tornaco? Ich weiß, ſie lebt noch, sie

hat sich vor den Kriegswirrniſſen nach Oesterreich

zurückgezogen. Ich kenne ihre Wohnung, ich weiß,
daß um meinetwillen Magdalene Sie aufnehmen

wird, und dort in dem Umgang mit dieser Frau,

mit diesem großen, milden Herzen wird Ihr armes
Herz, Ihr müder Geiſt Ruhe findenn.

„Zu Magdalene von Tornaco wollen Sie mich :




 
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