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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 150 - No. 176 (1. Juli - 31. Juli)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44124#0675

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_ Expedition Brunnengaße 24.

Heidelberger General-Anzeiger. ü

Yeranlworilicher Redakteur Philipp Klausuver.

jeidelberger Tagebla

zeigen: die l-ſpalti.

Anze i Petit
zeile oder deren Raum 5 Pfg..

'ureoewr.

Expedition Brunnengaſſe 24.



Deutsches Reich. \
Karlsruhe, 12. Juli. Glücklicherweise haben

ich die Nachrichten über den Ausbruch der Cholera

in unserem Lande nicht bestätigt. Unſeres Wiſſens
hat die Cholera nur 2 Mal das badische Land be-
rührt, in den Jahren 1840 und 1866. Beide Male
wurde die Stadt Mannheim ziemlich stark betroffen.
Im Jahre 1866 waren es jedoch kleinere Orte
unserer nördlichen Landesgegend, wo die Seuche
hauptsächlich ihre Opfer forderte, wie dieſelbe ja
überhaupt die Begleiterin des damaligen Krieges
war. Es wäre von hohem Intereſſe, wenn gerade
jett von den zuſtändigen Behörden authentische Nach-
richten über den Gang dieser früheren Epidemieen
veröffentlicht würden. ++ Die Nachträge zum Bud-
get für die Lehrer-Gehälter und Lehrerwittwe-Pen-
fionen sowie zugunsten der Gewerbe und Landwirth-
ſchaft wurden heute als. Geset; verkündigt; diese
Nachträge belaufen sich auf die ſtattliche Summe
von 111,000 und bezw. 220,600 Mk.

Konftanz, 12. Juli. (Se. Majeſtät der Kaiser)
unternahm gestern Abend eine Dampferfahrt nach
der Konstanzer Bucht, wo er vom Verdeck aus der
auf der Seestraße ſpielenden Regimentsmusik zuhörte.
Eine dichte Volksmenge auf der Seestraße und die
Insaßen der zahlloſen Gondeln, welche das kaiser-
liche Schiff umſchwärmten, brachten dem Kaiser be-
geiſterte Ovationen dar. Heute Abend findet ein
Jagdfesſt in Kosttimen statt, das von dem hiesigen
Offizierkorps arrangirt iſt. . weer

; . Oeſterreich-Nlngarn.

Pola, 10. Juli. Kaiſer Franz Josef, welcher
geſtern Abend nach Beendigung der Flottenmanöver
unter begeiſterten Kundgebungen der Bevölkerung
nach Wien zurückreiſte, erließ einen Flottenbefehl
an die Marine, in welchem er derſelben ſeine vollſte
Anerkennung über das Fortleben des Geistes Te-
gethoff's ausspricht. ;

Frankreich.

Paris, 12. Juli. Es bestätigt fich vollſtändig
daß es den chineſiſchen Generälen in Tonking un-
bekannt war, daß sie bis zum 26. Juni Lang-Son

zu räumen hätten ; daß sie deßhalb vom Befehlshaber



Cine Bühnencarrière in Amerika.
Der Wirklichkeit nacherzählt von M. Romany.

LEO

Mr. Ellers stotterte vor Verlegenheit, als er
fortfuhr: „Da keiner der augenblicklich anwesenden
Künstler befähigt iſt, die Partie des Grafen Luna
zu führen, so ſehe ich mich genöthigt, die Oper für
heute Abend abgebrochen zu erklären; um indeſſen
den an mich zu ſtellenden Ansprüchen gerecht zu
werden, erlaube ich mir den Vorschlag, als Ersatz
den zweiten und vierten Act aus dem Freiſchüt zur
Aufführung zu bringen.“ Ausbrüche des Unwillens
wurden im Publicum vernehmlich. Der Freiſchüt
war eine Oper, die man im amerikanischen Theater-
leben nur als Nothnagel benuttte mit dieser Vor-
stellung wollte man sich nicht begnügen, wenn man
für den Troubadour Billets gelöſt hatte. Das vor-
nehmere Publicum rümpfte die Naſe und ſchickte
ſich zum Fortgehen an; die niederen Claſſen zankten
laut und begehrten die Rückgabe des von ihnen be-
zahlten Entrees. Der Director war wieder vorge-
treten und eben im Begriffe, eine nochmalige An-



sprache an das Publicum zu beginnen, als ein

junger Mann, der in der letzten Reihe des Parquets

eſeſſen hatte, gegen die Bühne vorgeschritten kam,
fich reſpectvoll vor dem Director verneigte und dann
mit lauter Stimme hintiberſprach: „Wenn Sie

mir das Vertrauen ſchenken wollen, Mr. Ellers,
mich die Partie des Grafen Luna weiter fingen zu

laſſen, so hätte Hielcitht die Durchführung der Oper

lich nur zu meinem Vergnügen, halte mich aber





den; ich ſang bis jett frei-

Dienſtag, den 15. Juli

sollte, ſechs Tage Zeit ertaten, um nähere Erkun-
digungen einzuziehen; daß diese,Friſt jedoch nicht
bewilligt wurde. Li-Hung-Tschang hatte die chinesischen
Generäle in Tonking von seinem zweiten Abkommen
mit Fournier betreffs Räumung aller Festungen
bis zum 29. Juni nicht in Kenntniß gesett.
Toulon. 9. Juli. Herr Profeſſor Koch hatte
mit dem Korrespondenten der „Times“ eine Unter-
redung, in welcher er nochmals versicherte, daß in
Toulon die asiatiſche Cholera herrſche, daß die dor-
tic en krankheitserzeugenden Mikroben dieselben seien,
welche er bei den Sektionen in Egypten gefunden
habe und dann fortfuhr: Die Mikroben werden
selten im Magen gefunden. Während einer Epi-
demie sind die Verdauungsfunktionen gestört, die

gaſtriſchen Beſchwerden sind ihnen ungüuiſtig und sie

ſuchen ihre Zuflucht in dem Darm, dort vermehren
ſie ſich ad intinitivum in den Flüssigkeiten der
Eingeweide. Sie rufen Erbrechen hervor, wodurch
ſich das Blut verdickt und der Umlauf desselben ge-
hemmt wird. Die Folge davon iſt, daß sich Froſt
einstellt. Diese Mikroben scheiden ein wirkliches Gift
aus, welches die unmittelbar tödtliche Cholera er-
zeugt. Die Verbreitung der Cholera findet nicht
durch die Luft, ſondern durch Aufnahme der Mikro-
ben in den Körper beim Eſſen, hauptſächlich aber
beim Trinken statt. Deshalb rathe ich, die Brunnen
zu schließen, nur gekochtes Wasſer oder leichte Mi-
neralwasſer zu trinken. Deshalb ſollten auch nur
bei hoher Temperatur gekochte Speiſen gegesſſen wer-
den. Die Mikrobe stirbt, wenn sie einer hohen Tem-
peratur ausgeſetztt wird, auch in einer starken Löſung
von Karbolſäure. Austrocknen und Erhitzen der an-
gesteckten Gegenstände verhindert allein die Krank-
heits-Verbreitung. Jeder infizirte Gegenstand ist,
ſobald er getrocknet iſt, nicht mehr gefährlich, denn
die Mikrobe iſt dann vernichtet. Deshalb empfehle
ich, daß die infizirten Zimmer auf einige Stunden
geſchloſſen und ausgetrocknet werden. Das Desin-
fiziren der Reiſenden, ihres Gepäckes oder der Briefe
iſt eine überflüssige Vorsichtsmaßregel. Ich kann
nicht begreifen, wie man diese ernſt nehmen kann.



fähig, diese Rolle übernehmen zu können.“



Das |

Hervortreten und die Worte des jungen Mannes

tte! eine förmliche Sensation im ganzen Hauſe
ervor.

„Er soll singen, wenn er sich anzubieten wagt!
Ja, er soll fingen! Man ſoll ihn singen lassen!“
So ſcholl es von allen Seiten hen.

Mr. Ellers ſchien in Verlegenheit. Er ſchaute
jekt fragend auf das Publikum, dann ungläubig
auf den jungen Mann. Dieſer aber blickte dem
Direktor kühn ins Gesicht und wiederholte :

„Nun, Mr. Ellers, wollen Sie daß ich ſinge,
oder wagen Sie den Versuch nicht ?“ ;

Immer noch stand der Direktor unschlüssig da.

„„Man hat bei einem Arrangements noch nic-
mals ein Fiasco erlebt,“ sagte er zögernd.

Der junge Mann zuckte die Achseln.

Et trat der Capellmeiſter vor und erhob seine

mme:

„Ich werde“, so entschied er, „den Herrn in
wenigen Minuten einer Prüfung unterzogen haben
und bin dann im Stande, zu sagen, ob er fingen
kann oder nicht.“

Dieſer. Vorſchlag fand ungetheilten Beiſall; die
vornehmeren Claſſen der anwesenden Geſellſchaft
applaudirten, die niederen riefen laut durch einan-
dE und begehrten den Herrn auf der Bühne zu
ehen. ;

Der Conductor ließ diesen in den Orcheſterraum
treten, von wo er mit ihm durch eine niedrige Thüre
die in den Bühnenkeller führte, verſchwand. Nach
fünf Minuten kehrte der Beherrſcher der Töne allein






































Die Bewäſsſſerung der Straßen ist sehr ſchädlich
denn es wird dadurch der Entwickelung und Ver-
mehrung der Mikrobe Vorſchub geleiſtet. Staub iſt
beſſer als Feuchtigkeit.. Was den Ursprung der
Krankheit anbetrifft, ſo bin ich geneigt, zu glauben,
daß sie durch irgend ein engliſches Handelsschiff ein:
geſchleppt wurde, auf welchen es gewissenloſe Leute
genug gibt, welche die Todesfälle an Bord verber-
gen, selbſt wenn sie das Loggbuch fälſchen ſollten.

j England. N
London, 12. Juli. Im Oberhauſe und im
Unterhauſe kam es anläßlich der gestrigen Red
Gladſstone's in der Verſammlung der liberalen Parte
zu lebhaften Scenen. Lord Salisbury erklä.te, da
er nicht geſagt habe, er könne nicht die Neueinthei
lung der Wahlbezirke „mit einem Strick um de
Hals“ diskutiren; er habe in ſeiner Rede bei der
zweiten Lesung der Wahlreformbill deshalb von dem
durch die Regierung angebotenen Kompromiß nich
Uu t Ce !
Salisbury die Worte: „mit einem Strik um de
Hals“ zugeschrieben, ſondern nur die Haltung Sa
lisbury's beſchrieben; das angebotene Kompromiß se
pt ut Ut Lr .:
sei ein vertraulicher gewesen. Gladſtone sagt, es se
möglich, daß Salisbury daſsſelbe als vertraulich an
geſehen, aber es ſei nicht vertraulich gewesen. Glad
stone weiſt entrüſtet Lord Churchill's Vorwurf zurück
daß er einen Gegner abſichtlich verleumdet habe
Harcourt erklärte, die Regierung habe das Oberhau
U gt Eat et tit
gezeigt. Withbread hoffte, daß die Agitation noc
abzuwenden sein werde und das Oberhaus ,im Licht
der Regierungsofferte“ die Frage nochmals erwäge
werde. Lord Curchill bedauerte die gegen Gladſton
gebrauchten Ausdrücke, er würde gerne ein Einver
nehmen zwiſchen Oberhaus und Unterhaus ſehe
Gladstone erklärte, das Oberhaus könne zur Zeit di
Macht, die Reformbill zu behandeln, verloren habe

Aufführung des Troubadour also ungestört ihre
Fortgang nehmen könne und werde. L
Lautloſe Stille herrſchte im ganzen Raume, al
endlich der Vorhang wieder aufgezogen ward. Ei
enthuſiaſtiſcherer Beifall, als an diesem Abende de
unbekannten jungen Sänger auszeichnete, iſt abe
noch niemals im Theater zu C. einem Künſtler z
Theil geworden. ...
Als während der nun folgenden Pauſe Directo
Ellers abermals vor die Lampen trat, wurde er m
lautem Jubel empfangen; er mußte um Ruhe e
ſuchen, bevor es ihm zu sprechen möglich war.
Er berichtete nun der lauſchenden Menge, da

er Erkundigungen über die Perſon des jungen Hel
den eingezogen habe, dem er die Rettung des heu
tigen Abends verdanke; derselbe habe, wie er er
fahren, bis jeßt in den beſcheidenſten Verhältnisse
gelebt, ſei clerk bei einem Kaufmanne in X. g:
wesen, der ſeinen schop in der *Straße halte, und hab
Musik und Geſang bisher nur zu ſeinem Priva





mit dem hochgeſchäßten Publikum zur Kenntniß g
bracht. Die Kunde von dem Unerhörten des heu
Abend Geſchehenen verbreitete ſich wie ein Lauffeu
durch die Stadt, durch das ganze Land. Die R
porters aller Zeitungen brachten die detaillirteſte
Berichte über das seltene Ereigniß ; ohne Ausnahn
zollten sie dem jungen Künstler das ungetheilte Lo
und ſtellten die Angelegenheit faſt als eine Erſchei



zurück und erklärte laut, daß seiner Ansicht nach

der junge Mann fähig zum Singen sei und die [

nung hin. (Wer hätte wohl ihm, dem Imprassari
Ellers, nicht mit Gefallen geſchriebnn.
Abend für Abend mußte jett Henry Davies. vo






 
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