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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 177 - No. 203 (1. August - 31. August)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44124#0791

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. nung hat, wie dem „Berl. Tage

Ericheint täglich außer Montag.
Abonnementzpreis
für Heidelberg: monatlich 45 Pfg.
mit Trägerlohn, durch die Poſt
brzogen viertelj. 1 Ik. 40 Pfg.

; U r Expedition Brunnengafſe 24.
rn

Deutſches Reich.

filzen:
wird, die seit etwa vierzehn Tagen etage gemachte
Unterſuchung wegen Fortſchaffung deutscher Militär-

Hamburg, 13. Aug.

Ö ùypflichtigen über Hamburg angenommen. Eine bei
_ dem zuerſt verhafteten Auswandererwirth vorgenom-
_ mene Haussuchung hat so viel belaſtendes Material
Ö Ôÿeliefert, daß inzwischen ein Polizeioffiziant, der
dieser Angelegenheit wegen schon einmal verhaftet
var, auf's Neue in Haft genommen und auch
_ mehrere Agenten englischer Linien gestern dingfest
_ Hemacht worden sind. Außerdem ist auch noch gegen
_ Verschiedene andere Polizeibeamte, die mit der Revifion

_ Von Schiffen zu thun gehabt, der Verdacht der Mit-

betheiligung rege geworden. Dieselben sind bereits

_ viederholt vom Unterſuchungsrichter vernommen, be-

finden sich indeſſen noch auf freiem Fuß. Wie ich

t höre, soll bereits festgestellt sein, daß ſeit Anfang

d. J. allein von zwei englischen Linien mehr als
400 NRilitärpflichtige fortgeschafft wurden ; trotzdem
_ verharren die Verhafteten ſowohl wie übrigen in die
_ Unterſuchung verwickelten Personen dabei, ihre Un-
culd zu betheuern.

. ~ Frankreich.

_ DPearis, 14. Aug. Grévy hat ſich heute Morgen

nach dem Jura zurückbegeben. + Ende dieser Woche
ollen fich 1500 algieriſche Schützen nach Tonkin
inſchiffen, um die Lücken des Expeditionscorps aus-
gxâufüllen. -- Gegenüber den Berichterſtattern ver-

schiedener Blätter äußerte Stanley die Ansicht, die
Freiheit des Kongogebietes werde bald von allen

Hlächten ebenso anerkannt werden, wie die von den

_ Vereinigten Staaten; dasselbe werde in gleicher
NVeiſe allen Nationen der Welt geöffnet sein. Im

geongogebiet würde die Konföderation der Einge-
_ Orenen herrſchen unter Kontrolle einer europäiſch-
_ Mmnerikaniſchen Commission. Stanley werde sich dem-
Vüächſt nach London begeben, um daſelbſt für seine

î Pläne zu wirken, wogegen man in England allein
lich ablehnend verhalte.

. Paris, 15. Aug. Die Kammer begann die
. Verathung des Tonüinkredits. Der Berichterſtatter

Falſt verloren, doch + gerettet!

.! Roman aus dem Englischen übersetzt von J. J.



(11. Foriſetzung.)
gcg..Sie wählte ein ſcharz-seidenes Kleid mit einem
: Spitenbeſat und die Perlenbroche nebſt Ohrgehänge
HJ .Alwynne's Geſchenk — ; ihr Haar war zurück-
Hfekämmt und fiel in reichen Locken auf ihren Rücken
'nab. Die Röthe war von ihren Wangen ge-
Vichen, das leidenschaftliche Feuer in ihren Augen
: ajoſchen und die Lippen waren feſt geſchloſſen ;
tes war einer geläuterten, durchgeiſtigten Weiblich-
Lit gewichen. Als sie ins Wohnzimmer hinunter-
üng, traf sie Ellinor in einer reichen Toilette von
- “s Seide und Perlen; sie ſtand zurück und ließ
„mor zuerſt hier eintreten. Alwynne sprach mit
Uh scar " GV
pt! Ellinor, wie ihr der Ritt bekommen wäre. Clara
. fie sich unbemerkt in das Zimmer geschlichen, zog
s in eine Fenſterniſche zurück und beobachtete die
Fe uppe, besonders den Fremden als Alwynne's
üngund. Er war etwas älter als leßterer, ernſt
HR,. ruhig, beinahe kalt in seiner Erscheinung und
' Ectehmen. Sein Gesicht war nicht ſchön, es ruhte
. de müidung in den Zügen und ein sorgenvoller Aus-
. e§uit in den Augen und doch fühlte Clara, vermöge
Schöne tziehungskraft, die mächtiger wirkte, als es
)genheit gethan haben würde, fich zu ihm hinge-
lvl tnf vs BRV gt
‘iſteskräfte in Scene und strengen
gen. Und, als ſein Blick mit dem Ausdruck









Heidelberger Tagebla

Verantwortlicher Redakteur Philipp Klausver.
Honntag, den 17. Auguſt

erklärte, die Budgetkommission habe einen Kredit in
der Höhe von 38 Millionen nehmigt, da Ferry
diesen Betrag als hinreichend bezeichnete. Ferry. er-
klärte, er übernehme gern die Verantwortung für
den Vertrag von Tientſin. Die Termine für die
Räumung der einzelnen Plätze seien von Li-Hung-
Tschang genehmigt. Der verspätete Proteſt des
chineſiſchen Auswärtigen Aintes sei werthlos, da
derselbe nach dem Zwischenfall von Langson erfolgte.
Man könne Frankreich keine Ueberſtürzung höchſtens
zu viel Geduld vorwerfen. Die Zerstörung des
Forts von Kelung bedeute keinen Krieg, da die
Verhandlungen mit China sortdauern. Der Beschluß
der Kammer werde großen Einfluß auf die Ent-
ſchließungen Chinas haben, da er den Willen Frank-
reichs bezeugen werde, sein Recht zu wahren.. Die
Kammer möge die Regierung ermächtigen, Pfänder
zu nehmen, wo sie es für geboten halte.
England. '

London, 14. Aug. Nach einer Meldung des

Bureau Reuter aus New-York ist Lieutenant Greely

| über die Angaben der „New-York Times“, wonach

die Ueberlebenden der Expedition die Leichen der
Gefährten gegessen hätten, befragt worden. Greely
erklärte, daß, wenn solche Akte des Kannibalismus
vorgekommen ſeien, sie nur ganz vereinzelt begangen
ſein könnten; er wisſſe nichts von ähnlichen Hand-
lungen. Greely habe zugegeben, daß er ein Mit-
glied der Expedition erſchießen ließ, weil es Lebens-
mittel entwendet hatte; dies waren aber gewöhn-
liche Lebensmittel, nicht Fleisch der Verstorbenen,
wie die „New-York Times“ behauptet.
Dänemark.

Kopenhagen, 15. August. Der internationale
Aerztecongreß beſchloß der „Fr. .“ zufolge die Ein-
ſetßung einer internationalen Commission zur Unter-
ſuchung und ſtatiſtiſchen Verwerthung von Krank-
heitsursachen. Mehrere deutsche Gelehrte wurden in
die Commission gewählt. Auf dem Feſtdiner der
Commune Kopenhagen wurde eine Phraſe Paſteur's,
daß jeder Däne zwei Vaterländer habe: „Dänemark
und Frankreich“, seitens der dänischen Gäſte mit
eiſigem Schweigen aufgenommen, während Virchow's
außerordentlicher Theilnahme auf ihr ruhte, bebte
ſie nicht davor zurück, wie sie gethan haben würde,
hätte irgend ein anderer Fremder ſie ſo angeblickt.

Als Alwynne sie bemerkte, stellte er seinen Freund
als Dr. Fairfax vor und sie als seine alte Spiel-
gefährtin und Schwester Clara Nugent.

In demſelben Augenblick wurde das Eſſen an-
gemeldet. Dr. Fairfax führte Clara zu Tiſch. Ein
alter Freund der Familie, welcher zugegen war, gab
Mrs. Nugent den Arm und Alwynne führte Ellinor.

Dr. Fairfax verstand es bald, Clara in eine
lebhafte und interessante Unterhaltung zu ziehen und
mit der Zeit vergaß sie ihren Schmerz. Alwynne's
Augen ruhten selten auf ihr, noch schien er auf ihre
beiderseitige Unterhaltung zu achten, und nur, als



man wegen dem Titel eines Buches in Verlegenheit |

war, den sie vergeſſen hatte, wandte er sich zu ihr
und nannte ihr denselben. ;

Die Unterhaltung wurde jettt allgemein und im
Verlauf derselben wurde eines Komponisten Erwäh-
nung gethan, welcher in jüngster Zeit geisteskrank
geworden war. .

Ein kalter Schauer überlief Clara, als hierauf

die Rede kam. H

„Wie ist es gekommen, kennt man irgend eine
ſpecielle Ursache ?“ fragte Alwynne.

„Er hatte zu viel ſtudirt und soll gänzlich in
ſeinen Hoffnungen getäuſcht worden sein“, bemerkte

[| Mr. Norman.

Alwynue warf dem Herrn einen Blick zu, der,

| wie es Clara vorkam, eine Warnung enthalten follte,

den dieser aber nicht zu verſtehen schien. Eine

| ſchreckliche Ahnung bemächtigte sich Clara's. Nun
wurde ihr die Andeutung über Wahnsinn in der

zog fich zurück, um zu ruhen.




Anzeigen: die I1-ſpaltige Petition.

Heidelberger General-Anzeiger. €

zeile oder deren Raum § Pfg.,
für auswärts 10 Pfg.

Rabattbewilligung. t

Expedition Brunnengaſſe 24. . .! .

Rede auf die dänischen Ne us Wisſenſchaft mit

neunmaligem Hurrah beantwortet wurde. Heute

Abend findet ein Festſouper beim König stat. _
New-York, 14. F HU Euwohrst von Lon. . f

Island behaupten, gestern wiederum einen Erdſtoho.
zu haben. Die Einwohner von Haverhilp.
Massachuſetts und mehrerer anderer Orte an .der.
Die Erschütterung am

verſpürt

Küſte versichern dasſelbe.
Sonntag wurde auf der See 7 Meilen von Sandy
Hock wahrgenommen. Eine kranke Frau in Plai
field, New-Jersey, starb infolge des Erdbebens a
Sonntag vor Schrecken. Einem hier veröffen
lichten Telegramm zufolge wurde der chineſiſche Vick-
conſul in Victoria, Britiſh Columbia, durch ene _
wvttgeth: chineſenfeindliche Volkswenge in der Straße
gesteinigt. ; .



Aus Nah und Fern.

* Karlsruhe, 13. Aug. Der Prozeß des Hirſch
Hausmann dürfte für den Verurtheilten noh en
ihn finanziell schwer treffendes Nachſpiel, abgesehn.
von den Civilprozeſſen seitens der von ihm Ge.
ſchädigten, haben, indem derselbe wegen.. Steuerene.
defraudation zur Verantwortung gezogen weren.
wird, und man ſpricht davon, daß Nn
objekt auf nicht weniger denn 72000 Mk. belaufe.
Vir können nicht umhin, den Landleuten nach.
diesem Prozeſſe eine gute Lehre mit auf den Weg
zu geben. Daß ſolche erschreckende Beſchwindlun
möglich ist, liegt zum nicht geringsten Theile a de.
Abneigung des Landmanns, eine ordentliche Zeiunn.
zu halten. Statt deſſen läßt er sich lieber von dem .

D



nächſten beſten Kolporteur einen Schund- und Schauer-
roman auf Lieferung aufhängen oder verwendet sein
Geld auf gewiſſe bekannte „Reutlinger“ Verlags-
artikk — oder er lieſt gar nichts. Würde der

Landmann — man nehme ſich hierin Nordamerkte.
zum Muſter für ſich oder einige zuſamnmen en.
ordentliches Blatt halten, so könnte er daraus eine - ;
Belehrung erhalten, die es Leuten von dem Schzge.

Hausmanns einfach unmöglich machte, ihn bis auf's

Hemde auszubeuten. u
Familie, die Mrs. F §zent hatte fallen laſſen, auf
einmal klar. Sie erinnerte ſich des langen Geſprächs

ihrer Stiefmutter mit Alwynne am geſtrigen Aen.
ſowie ſeines ängstlich besorgten Blickes auf. ſie,alse.
sie am geſtrigen Nachmittage so aufgeregt und hefin.
war, — und das Herzklopfen, Ohnmacht, Aufreeunn.
— mußten alles Anzeichen vom m

ſinnes sein.

Sie wandte sich zu ihrem Nachbar und fragen.

plötzlich: „Worin zeigen ſich die Symptome von
Herzkrankheit und Wahnſinn, Dr. Fairfax ?“

Mr. Nugent's Aufmerksamkeit lenkte sich selleen.
weit von Clara ab und bei diesen Worten wante..
sie ſich, um die Antwort zu hören. Allein Dr. Fair- ..

fax war vorsichtig. „Bitte, Miß Clara, erlauben

Sie, daß ich meinen Beruf eine Zeit lang vergeſe. z
ich werde Ihnen die Aufklärung zu einer paſſenden
Zeit geben, ohnehin kann es für Sie nur geringes.

Intereſſe haben.“ :
Sie fühlte sich getäuſcht, aber diese abſchlägige

Antwort bestätigte ihre Ueberzeugung. Die ngen.
raubte ihr das Denkvermögen und sie hörte wren.
geiſtesabwesend die Unterhaltung ihrer Nachhama;z.
ihre Antworten waren unzutreffend und ihre belebte .
Unterhaltungsweise, welche Dr. Fairfax ſo sehr ge- .

fiel, war erſtorben. Letzterer versuchte noch zu ver-
ſchiedenen Malen wieder
zuknüpfen, aber vergeblich. :

Mrs. Nugent erhob fich und Mr. Norman em-

pfahl sich mit der Entſchuldigung, daß er die Ge.

ſellſchaft so früh verlaſſen mùſſe. Mrs. Nugent





(Fortſezung folgt.)



ein Geſpräch mit ihr an- .



 
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