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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 51 - No. 76 (1. März - 30. März)
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bezogen viertelj. 1 Mk. 40 Pfg.

tidelberg



Heidelberger General-Anzeiger.

Verautworllicher Redakteur Philipp Klausner.

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Anzeigen: die l1-ſpaltige Pet
zeile oder deren Raum 5 Pfg.
für auswärts 10 Pfy.

Expedition Brunnengaſſe 24.



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I]. Quartal 1884

nehmen alle Poſtanstalten und Landbriefträger ent-
fi jr turtcoGut zütg t'ettt
berg kostet dasſelbe monatlich 45 'Pf. Neuhin-
zutretende Abonnenten erhalten das Blatt bis zum
1. April gratis.

Deutſches Reich.

Karlsruhe, 28. März. In der Zweiten Kammer
gab Präsident Lamey bekannt, daß eine Vertagung
des Landtages nicht eintreten werde.

Berlin, 28. Marz. Das Schreiben des Kai-
sers auf die Geburtstagsglückwunschadresſe der
Stadtverordneten dankt für die bekundete warme
Theilnahme. Der Kaiser erſah aus der Adreſſe mit
Befriedigung, daß seine aufrichtigen Bestrebungen
in der Fürſorge für die verſchiedenen Volksklaſsen
die rechte Würdigung finden; er hofft, daß sein leb-
hafter Wunſch, die wirthſchaftliche und soziale Lage
der arbeitenden Bevölkerung durch gesetzliche Rege-
lung gebessert und gesichert zu sehen, der Erfüllung
entgegengeht. Er gibt sich der Zuversicht hin, daß
wie die deutſche Nation ſich nach Außen dauernd
friedlicher Beziehungen zu erfreuen haben möge,
durch den allmäligen Ausgleich der Gegenſäte auch
im Innern die Beruhigung und Zufriedenheit ge-
fördert werd.. Die Bürgerschaft Berlins möge zur
Erreichung dieses Zieles nach Kräften beitragen.

Berlin, 28. März. Wie die Abendzeitungen
berichten, hätte der bisherige hiesige amerikaniſche
Gesandte Sargent auf den ihm übertragenen Peters-
burger Poſten verzichtet; er würde vom diploma-
tiſche Diensten zurücktreten, um nach Amerika zurück-
zukehren und dort seinen Sit im Senat einzu-

nehmen.
Frankreich.

Paris, 27. März. Der Staatsrath erkannte
gegen den Biſchof Freppel bezüglich der Verwaltung
der Prieſterpensionskaſſe der Diözeſe Angers auf
Ueberſchreitung der Amtsbefugniſsſe. Auf Grund





Honntag, den 30. Mürz

dieſes Erkenntniſſes wird der staatliche Sequeſter |

den Biſchof zivilgerichtlich auf Herausgabe der Kaſſe
und Rechnunglegung verklagen. -- Der Streik von
Anzin nähert sich dem Ende; heute fuhren gegen
1700 Bergleute ein.

Paris, 27. März. Nach den Bresſchlüſſen der
parlamentariſchen Kommission für die Armeeorgani-
sation in Frankreich, denen der Kriegsminister Cam-
penon zugestimmt hat, soll außer der Einrichtung
der Einjährigfreiwilligen auch die ſeitherige Art der
Beförderung der Unteroffiziere verſchwinden.
Es ſoll in Frankreich künftighin nur eine Kategorie
von Offizieren geben: solche, welche das Offiziers-
examen bestanden haben. Bis jetzt wurde bekannt-
lich ein bestimmter Prozentsatz der Unterlieutenants
aus tüchtigen Unteroffizieren entnommen, die dann
bis zum Hauptmann vorrtickten. Der Mangel an
sozialer Einheit, der dadurch in das Offizierskorps
kam, an wiſssenschaftlicher ind technischer Vorbildung
in einem namhaften Theil des Offizierskorps, wurde
oft beklagt und darin ein Grund der Minderwerthig-
keit gegenüber der deutſchen Armee geſehen. Die
Neuerung, nur Examinirte zu Ofsizieren zu beför-
dern, findet überzeugte Vertheidiger, wie anderſeits
sehr enlſchiedene Gegner.

England.

London, 28. März. Es wird berichtet, daß
Osman Digma ſich mit mehreren hundert Anhän-
gern in Mehwaneh, einem Dorfe, 8 Kilometer von
Tamanib entfernt, befinde. Haſſan Bey, Befehls-
haber der Garniſon von Kasſala, hat die Engländer
um Hülse gebeten ; er hat nur noch für einen Mo-
nat Lebensmittel und Munition. + Der , Times“/-
Korreſpondent in Suatkin glaubt, daß der Weg nach
Berber offen sei ; 500 Eingeborene werden binnen
4 oder 5 Tagen nach Berber abgehen.

London, 28. März. Der geſtrige Beſuch Lord
Granvilles und Lord Hartingtons bei Gladſtone und
die geſtern Abend auf telegraphiſchem Wege erfolgte
Einberufung des Cabinetsrathes sollen mit sehr
ernsten Nachrichten in Zusammenhang ſtehen, welche
über die Lage des Generals Gordon durch den
Generalkonſul Baring in Kairo eingegangen ſeien.

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Die heimliche Ehe.

. Eine wahre Criminalgeschichte.



f. _ 6. Fortſetzung.
Nachdem ich mit ihm eine geraume Zeit über-
legt hatte, wie es ferner mit mir werden follte,
entſchloß er sich, mir ſein Schlafgemach abzutreten,
wofür ich ihm eine reiche Belohnung zuſicherte, die
ihn leicht für die Unbequemlichkeit entschädigen
konnte, die Nacht in der Gaſtſtube, nach ungewohn-
ter Weise, zu verbringen.

Daß auch in dem mir nur angewieſenen Schlaf-

_ abinet ſo manche Wünſche unerfüllt blieben, kann

ich versichern. Indeſſen was war zu machna?n

Ich nahm auf einer Bank am Ofen Platz und
HÖberlegte eben, daß es doch wohl klüger gewesen
wäre, meine Reiſe in Gottesnamen fortzuſetzen, als
sich die Thür. öffnete, und ein junger Mann herein
trat: yt ich ſchon vorher in der Wirthsſtube be-
merkt hatte. :

„Mein Herr“ redete er mich an + gq,hat
vernommen, vraß Sie beabsichtigten die Nacht hier
zuzubringen; da er dieſes aber für eine Unmöglich-
keit hält, ſo läßt er an Sie die Bitte ergehen, den
. Aſzrthstt in seinem Hauſe Ihrem jetzigen vorzu-

ziehen.“. ;
| „Wer iſt Ihr Herr?“ fragte ich, von dieser Ar-
tigkeit überroſcht.. + f
. „Der Besißer eines Landgutes, das nur einige
Hundert Schritte von diesem Dorfe entfernt liegt“
_ D war die Antwort des Bedienten + g,er nennt
fich Dupre und es wird Sie ſicherlich nicht reuen,
einer Einladung gefolgt zu sein.“ t!



155





Egypten.

Kairo, 27. März. Die engliſchen Truppln.
ſollen morgen nach Suakin zurtickkehren und werden.
voraussichtlich dann Vorbereitungen treffen, um schl
unverzüglich einzufſchiffen. Bei Osman Digma ſolen.
sich, wie aus Suakin gemeldet wird, nur neh
wenige Mann befinden; wohin derselbe geflohne.

sei nicht bekannt.

Deutſcher Reichstag.



Berlin, 28. März. Der Reichstag nahm in .
dritter Leſung debattelos die Marinevorlage, den.
Priſengerichtsvorlage, die Literarconvention mit

Belgien an. Jm Laufe der Debatte erklärte der

Marineminiſter Caprivi, das auswärtige Amt er- §
ſuchte vor mehreren Monaten die Admiralität, en.

Kanonenboot nach der Weſtafrikaniſchen Küſte zu

ſenden, wo bisher keine deutſche Station beſtan.
Es soll nun ein Commiſſar dorthin gesandt werden.
um eine Untersuchung über die Einrichtung enen.
solchen Station anzustellen. Zu ſeiner Befördrrnn
und seinem Schutze wird ein Kanonenboot entſante.

Die nächſte Sitzung findet am 22. April ſtatt.
Badiſcher Landtag.



Karlsruhe, 28. März. Die zweite Kammer §

hatte die Berathung des Gesetzentwurfs, betr. die

gewerbsmäßige Ausübung des Hufbeschlags, ase
erſten Gegenstand auf der Tagesoronung. Das Gn.

ſeß bestimmt, daß in Zukunft ein Prüfungszwang
für die Hufschmiede ſtattfinden ſolle.
Diskussiou wird das Gesetz nach dem Commiſſions-

vorſchlag genehmigt. — Ueber die Bitte der ledigen .
Magdalena Schaier von Jöhlingen um Entschädi- Ü !
ESE EES
lingen, wurde zur Tagesordnung übergegangen ; :

diejenige einer Anzahl Gemeinden der Seegegend

und des badischen Oberlandes, die Erstellung der .

Bodenſeegürtelbahn betr., wurde der großen Wichtig-

keit wegen vertagt; diejenige der Gemeinde Totnnua
um geeignete Subvention zur Erbauung einer Streen.
ßenbahn mit Dampfbetrieb von Zell nach Tohtnu



„Daran zweifle ich nicht,“ entgegnete ich ihm,
„nur erſcheint es mir fraglich, ob ich es auch wa-

gen darf, Ihren Herrn zu belästigen, ohne den |

Schein von Unhöflichkeit auf mich zu laden.“

„Q!“ rief der junge Mensch mit Lachen aus,
„darüber machen Sie ſich keine Sorgen, mein Herr
iſt viel zu gut, zn gastfreundlich, als daß Sie ihm
nicht durch die Annahme der Einladung ein wahres
Vergnügen bereiten sollten.“

Von den Bedienten das Lob ihrer Herrschaft zu
hören, erweckt in der Regel unſere Vorliebe für
beide. So ging es auch mir; ich befahl meinem
Burschen, meine Sachen im Wirthshauſe zu bewa-
chen, und folgte dem mir mit einer Laterne vor-
leuchtenden Diener zu seinem Herrn.

Das Haus, in das er mich führte, glich einem
Palaste, eben so verrieth seine innere Einrichtung
nicht allein eine große Eleganz, sondern auch den
Reichthum des Besitzers.

Wir stiegen breite Treppen von Marmor hinauf,
und gelangten vor eine Thür, aus der uns der
Herr des Hauſes, mich mit vieler Artigkeit will-
kommen heißend, entgegen trat, und mich in das
Zimmer führte, das er bewohnte.

Es war prächtig und zugleich geſchmackvoll
möblirt. Vor einem Sopha stand der Theetisch

völlig servirt, und schien uns zu erwarten.

„Machen Sie ſich's bequem“, redete mich nun
Herr Dupre an. „Nehmen Sie Plat; meine Frau
wird bald erscheinen, in ihrer Gesellschaft trinken
wir dann eine Taſſe erwärmenden Thee.“

Wir ſettten uns in die Vertiefung eines Fensters
nach dieser freundlichen Einladung — und sprachen



V

von solchen Dingen, die gewöhnlich den Gegenſtann .

einer Unterhaltung auf der Reiſe ansmachen.

ts i unmöglich, mein Erschrecken, mein Er-
ſtaunen zu beschreiben, ~ herein trat + oder die

Natur mußte ein unbegreifliches Spiel mit zwei U
Wesen treiben, die sich ſo ähnlich waren, wie en .
Ei dem andern; herein trat die des Kindesmrſs.
angeklagt gewesene Agnes von Lindau. Ganz we.
es dieſelbe; nur war ihr Gesicht mit einer ſchwaeanen.
Röthe überzogen, ihre Geſtalt war volle, inen.

Haltung majeſtätischer.

Wie eingewurzelt blieb ich bei meiner Begrünung.

stehen, ich brachte kein Wort heraus. ;

Agnes Madame Dupre >
ſelbſt nicht, wie ich ſie in meinen Gedanken nennen
sollte ++ trat mit unendlicher Anmuth auf uns zu,

mich zu bewillkommen. Als ſie den Mund öffnete.

E Bk zt ss
ich f zitate ſcote-hbrie ; „Ich verzichte auf jede
Utz. t§t. set; tcſ.tt re pete E§s
ziehung meines Urtheils beschleunigen.“ Ö
Der Augenblick, in dem sie damals dieses ſagte,
ſtand noch ſo lebhaft vor meiner Seele, es war
mir, als müßte ich sie nun dasselbe sprechen hören.
Ich konnte mich nicht täuſchen, es war Agnes, ganz
unfehlbar war sie es. Ihr Gatte, wie sie ſelbſt,
ſchienen mein Erſtarren zu bemerken, und ſahen sich
lächelnd einander an...

(Forsetzung folgt.)



Nach längerer §1

Da öffnete sich plöglich die Thüre, und herein _

wußte ich doeh :



 
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