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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

DOI Kapitel:
No. 51 - No. 76 (1. März - 30. März)
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Heidelberger Tageblat

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Expedition Brunnengaſſe 24.

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Veranlworlliher Redakteur Philipp Klausner.

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Expedition Brunnengaſſe 24.



M G67.



Deutſches Reich.

Karlsruhc, 18. März. Die Kammer bewilligte
160000 Mark für die Jubiläumsfeier des
500jährigen Beſtehens der Heidelberger Uni-
verſität. -- Bei Berathung des Budgets für
Steuerverwaltung wünſcht Schneider (Karlsruhe)
die Beſteuerung der Conſum-Vereine. Minister Ell-
ſtätter weist auf die dermalige Lage der Gesetgebung
hin, welche die Besteuerung ausschließe. Schneider
(Mannheim) ist für die Beſteuerung und bekämpft
die Militärkonſum-Vereine. (Zu Pass. I. folgt Näh.)

Berlin, 17. März. Das Eentrum ſchickt ſich
auch im Abgeordnetenhauſe zu einer neuen Aktion
an. Es hat soeben einen Antrag eingebracht, in
dem die Regierung aufgefordert wird, baldigst mit
einer organischen Reviſion der Maigesetze im Sinne
der in der vorigen Sesſion angenommenen Reso-
lution Althaus’ vorzugehen.

Dresden, 17. März. Der Antrag, dem nächsten
Landtag ein Gesetz über die Entlaſtung der unteren
und mittleren Einkommenſsteuerſtufen vorzulegen,
wurde angenommen.

; München, 18. März. Die Kammer genehmigte
einſtimmig den Militäretat pro 1884/85 mit
43 490 595 Mark.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 18. März. Der Abgeordnete der Linzer
Handelskammer, Dr. Schaup, legte sein Reichstags-
mandat nieder, nachdem er bei der geſtrigen Wahl

[ür die Linzer Handelskammer gegen den klerikalen

Kandidaten unterlegen war. * try

Frankreich. : :

Paris, 17. März. „France“ will aus bester
QOuelle wissen, Ferry ſuche durch Vermittlung des
Papſtes, der in Madrid sehr einflußreich ist, ein
Bündniß mit Spanien zum gemeinsamen Schutz
kolonialer Interessen zu erreichen. Canovas, durch
verſchiedene polizeiliche Maßregeln die Ferry mit
Umgehung des Ministers des Innern getroffen habe,
günstig gestimmt, sei nicht abgeneigt. Ferry ſuche
dieſes Bündniß weil er die Ueberzeugung erlangt
habe, daß England und Deutschland China zum
Widerstand in Tonkin beſtärkten und voraussehe, daß

Dounerſtag, den 20. März

r



die Chinesen in Tonkin durch einen Guerillakrieg

die Franzoſen immobilisiren werden. Er verlange

von Spanien mindestens wohlwollende Neutralität.

„National“ glaubt, daß die Besſezung von Langson

und Tai Nguyan beschlossen ſei. t
England.

London, 17. März. (Unterhaus.) Fitzmaurice

Regierung betreffs der Sklavenhandelumtriebe in
der Südſee habe die Regierung durch Mittheilung
des dem jüngsten Parlamente vorgelegten Kommis-
ſionsberichtes geantwortet. Die Absicht der deutschen
Regierung iſt, wie uns angekündigt wird, ein Kriegs-
ſchiff in den Südſeegewäſſern während der Arbeits-
ſaiſon, die erſt im Mai beginnt, zu stationiren, zum
Zweck, wie Baron Pleſſen in der dem Berichte an-
gehängten Note definirt, eine Kontrolle über die
deutschen Arbeitsſchiffe zu üben. Da die Regierung
keine Kenntniß von der Absicht der deutſchen Re-
gierung hat, sich in Schiffe unter engliſcher Flagge
zu miſchen, so sei es unnöthig, irgend welche Schritte
zu thun. + Hartington erklärt, er habe nicht ge-
sagt, noch die Absicht gehabt zu sagen, daß die Ab-
ſicht beſtehe, die Häfen am Rothen Meere einſchließ-
lich oder ausschließlich Suakin oder Suatin allein
zu halten; was er gesagt habe oder was er ſagen
wollte, war, daß die Regierung ſtets vom Anbe-
ginne an die Absicht angekündigt habe, der egypti-
ſchen Regierung zum Schutz der Häfen beizuſtehen.
Die Regierung habe der Pforte keinen Vorschlag
gemacht, ihr die Häfen zu übergeben; ſie hat der-
Nut : MU r tset
geben. Die Regierung fragte bei Hewett an, ob es
wahr sei, daß er einen Preis auf Osman'’s Kopf
geſeßt habe und hat gleichzeitig hervorgehoben, daß
er eine derartige Proklamation nicht, ohne Baring
vorher konſultirt zu haben, erlaſſen dürfte.
London, 18. März. Im Unterhauſe legte
Hartington das bereits bekannte Kriegsbudget vor.
Im Laufe des Jahres wird die Regierung über
eine Reserve von 66 000 Mann verfügen. Die
Freiwilligen-Corps zählen 309 366 Mann; für die

antwortet O’Donell: Auf die Klagen der deutschen

Flotte sollen 400 Tircciater. (Stahlkanonen) ben.

schafft werden, deren durchdringende Kraft minde-
stens jenen anderer Länder gleich sein dürfte. Auch
werden für die Flotte jetzt drei 110-Tons-, vier
63-Tons- und drei 43-Tons-Geschütze angefertigt.
Mit einer neuen Zwölfpfüinder-Kanone für die Armee
werden jetzt Verſuche gemacht und an glaubt, das-
selbe werde das mächtigste Geschütz des Heeres sein;
auch sollen noch Sechsunddreißigpfünder Vorderlader
Uf tst ur the se ſeoſſger ut
London, 18. März. Die „Daily News“ de-
mentirt ausdrücklich die Gerüchte von dem Rücktritt
Gladſtone's. + Dem ,Standard“ wird aus Sua-
kin gemeldet, daß Osman Digma an dem Ausgange
des Tamanib Thales neue Schaaren ſammle. Die
schwarzen Truppen in Suakin weigerten ſich geſtern,
den Befehlen ihrer Vorgesetten zu gehorchen, worauf

40 Rädelsführer gepeiſcht und ein Officier verhaffen.

wurde.

London, 18. März. „Daily News“ meldet aus
Suakin: Osman Digma reizt zweitausend seiner
Anhänger, nahe bei dem früheren Lager zum Re-
ligionskrieg auf und verſpricht ihnen Erfolg in der
nächſten Schlacht. Die Scheiks, welche die Belohnung
für das Einfangen Osmans lasen, wieſen mit Ver-

achtung den auf seinen Kopf gesetzten Pries vm
ſich. Zwei Scheiks, welche entfliehen wollten, vurnſn

in Feſſeln gelegt. Die Anhänger Osmans sind
demoraliſirt. Osmans Vorposten bei Handcob ſind
angewiesen, die Marodeure der engliſch gesinnten
Stämme zu iödten. j
HRußgzland. :

Petersburg, 18. März. Das „Journal de

St. Petersbourg“ konstatirt den ruhigen Charaklen.

der Debatten im engliſchen Oberhaus bezüglich
Merw’'s; man könne annehmen, daß ein Einver-
nehmen über die Abgrenzung der beiderseitigen Ein-
flußzonen werde gefunden werden; die früheren Be
fürchtungen über einen Kampf bezüglich Indiens
seien heute geſchwunden und es dürfe nichts ge-
schehen, was den aſsiatiſchen Völkern den Glauben



Aus dem Stift.

Erzählung von E. Hartner.



12 Fortsetzung. :

Sollte man ihr als Weihnachtsgeſchenk die An-
erkennung ihrer Verlobung vorbereiten? Am Tage
vor dem heiligen Abend enthielt die Brieftaſche wie-
derum zwei Briefe, die der Graf sofort an ſich
nahm, für dieſes Mal erkannte Viktorine die Hand-
schrift mit Sicherheit. Sie fühlte, daß die Entſchei-
dung gekommen, der Wendepunkt eingetreten war.
Der Graf entfaltete erſt das eine Schreiben, las es
mit ſichtlicher Befriedigung und steckte es ein. Dann
erbrach er das andere, deſſen Wappen die neunzinkige
Grafenkrone trug. . h.

„Liebe Ulrike,“ sagte er sodann, ,„\diese Mitthei-
lung war dir zwar eigentlich zum Weihnachtsgeschenk
bestimmt, doch sehe ich nicht ein, warum ich so lange
damit zögern soll. Bleiben Sie, liebes Fräulein,“
jz h an Viktorine, als diese Miene machte,
ich zu entfernen. .

Tic haben mit so ſelbſtloſer Aufopferung unſere
Sorgen mitgetragen, daß Ihnen billig auch ein voller
Antheil an unsern Freuden gebthrt! -- Eberhard
hat sich geſtern mit Emma Borowska verlobt, ſie
werden morgen alleſammt hier eintreffen, und wir
werden, so Gott will, ein frohes, frohes Weihnachts-
feſt zusammen feiern !“ / ff.

Damit küßte er seine Frau und reichte Viktorine
in überſtrömender Herzensfreude die Hand. Sie

gab ihm die ihre, sie küßte der Gräfin die Hand,

die sie zärtlich umarmte, dann eilte

sie in ihre Stube,
die sie hinter sich verſchloß. G



| begleiten, liebe Viktorine ?“





Ein heftiges Pochen an der Thür brachte sie
wieder zum Bewußtsein. Hatte sie geträumt, ge-
schlafen? Sie wußte es nicht. War es wirklich
ſchon Abend geworden, oder hatte ſich die Welt ver-
dunkelt ? Sie tastete nach der Thür, der Diener
ſtand vor derſelben, ein brennendes Licht in der
Hand. „Gott sei Dank, daß Sie aufmachen !“ sagte
er, sie ängfllich anstarrend, „ich habe schon dreimal
ſettzet und gerufen, ich dachte es ſei Ihnen etwas
zugeſtoßen !“

Sie lachte! „Nein, nein, ich habe nur so furcht-
bar feſt geſchlafen! Verrathen Sie mich nicht, Hein-
rich! - Bin ich ſchon vermißt worden ?“

„Die gnädige Frau ſchickt mich, sie hätte mit
Ihnen zu reden.“ '

„Es ist gut, Heinrich, ich komme gleich !“

„Sie haben mich lange warten lassen,“ rief ihr
die Gräfin aufgeregt entgegen. „Nun, entschuldigen
Sie sich nicht, am Tage vor Weihnachten hat ein
jeder das Recht, in erſter Linie seine Privatangele-
genheiten zu besorgen, O, liebe Viktorine, welch
ein frohes Feſt werden wir morgen feiern, wie bang
war mir dagegen im vorigen Jahr zu Mnthe, als
dieses Schmerzenskind dieser Eberhard nicht kam!"

nicht antwortete. „Mein ganzes Weihnachtspro:
gramm ist mir durch dieſes freudige Ereigniß auf
den Kopf gestellt. Meinen Sohn zu beschenken war
ich natürlich vorbereitet, aber nun kommt noch eine
Tochter und deren Eltern dazu. Ich muß morgen
mit dem Früheſten in die Stadt fahren und zuſehen,
| was es dort für Geſchenke gibt, wollen Sie mich



„Wie Sie befehlen Frau Gräfin.“







„Doch zur Sache!“ fuhr sie fort, als Viktorine



| Folgen haben könnte. Sei's denn!



„Ich befehle nichts; Sie würden mir nur einen
großen, großen Gefallen thun! Ich bin so glücklich,
daß es mich ganz verwirrt, und ich weiß ja, daß
Sie an meinem Glück theilnehmen, liebes Herz!

Also Sie kommen mit mir, helfen mir ausſuchen?“.

„Gewiß, Frau Gräfin !“

Als sich Graf Eberhard am Abend des nächten.
Tages in sein Zimmer zurückzog, überreichte hum..
der Diener einen kouvertierten, nicht adreſſirten Bien.
„Fräulein Hagen hat ihn mir übergeben, sie hae.
ihn gefunden und meint, er sei des Herrn Eiznn.

thum.“ :

„Es ist richtig, der Brief muß mir aus der

Taſche gefallen sein,“ sagte Graf Eberhard. „Ih.

danke Ihtien!.

_ Er riß das Blatt auf,
U za"gen M OU arts Spiel setße, weiß ich, —
es liegt mir nichts daran. Laſſen Sie mich nicht
vergebens warten, verschulden Sie nicht auch noch
meinen Wahnsinn.“

Graf Eberhard ſeufzte tief, nachdem er dieſen.
| flüchtig hingeworfenen Zeilen geleſen hatte. „Fenn.

tal,“ murmelte er dann, während er den gettel
verbrannte und die Ache ſorgfältig zerſtreute
„Höchst fatal! In Wien die Wuthausbrüche der
kleinen Teneriffa, und hier noch
ſchen Ton ! Ich haſſe Szenen !“

Er sann eine Weile und überlegte, ob er uicht
doch lieber fortbleiben sollte? Jn seiner Stube war
er ja sicher! Dann aber ſchüttelte er den Kopf.
„Sie hat ſich heute Abend gut gehalten, reize ich
ſie, ſo provozire ich einen Auftritt, der unliebſc

an einen Conflikt zwiſchen den beiden Großmächten : ;

„Wenn alles zur Ruhe .
e ich Sie in der Bibliotke.

Szenen im tragie. .






 
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