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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 77 - No. 100 (1. April - 30. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44124#0343

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für Heidelberg : monatlich 45 Pfg.
mit Trägerlohn, durch die Poſt
bezogen viertelj. 1 Uk. 40 Pfg.

Expedition Brunnenguſſe 24.



„é 81.
i Bestellungen auf das „Heidel-
erger Tageblatt“ für das

E I]. Quartal 1884

werden fortwährend noch von allen Poſtanſtalten
und Landbriefträgern entgegengenommen. Preis
viertelj. bei der Poſt abgeholt 1 Mk., durch die Poſt
frei in's Haus gebracht i Mk. 40 Pf., in Heidel-
berg koſtet dasſelbe monatlich 45 Pf.

Deutſches Reich.

î_ Karlsruhe, 3. April. Ju der Kammer erklärt
bei Berathung des Berichtes über die Eiſ enbahn-
unfälle Kiefer, die Generaldirektion treffe kein
Tadel. Die Freisprechung bezüglich des Hugſtetter
Unglückes sei erfolgt, da eine etwaige Unpünttlich-
keit des Perſonals die große Schnelligkeit des Zuges
nicht verſchuldet habe; der Grund des Unfalles sei
aber allein die Schnelligkeit geweſen. Schneider
(Mannheim) erwartet eine beſſere Erfüllung der
Aufgaben, welche der Direktion obliegen, als bisher.
Junghannsttadelt das Verhältniß der Vorgesetten
zu den bedienſteten, welches Mißſstimmung hervorrufe.
Generaldirektor Eiſenl ohr nimmt in einſtündiger
Rede die Verwaltung in Schutz. Abg. Frideri
bemerkt, Baden habe jahrelang die beſte Bahnver-
waltung gehabt. Birkenmeyer macht techniſche
Vorſchläge. Neubronn



ſpricht die Verwaltung von

c' Said ct ges Unglücksfällen von Hugftetten

und Heidelberg frei.
. Karlsruhe, 3. April. Bei der Berathung des
Berichts der Eisenbahnunfall - Commisſion wurde
der Antrag des Abg. v. Feder ſchließlich einſtimmig
angenommen. . ;

Kaiserslautern, 1. April. Es iſt nunmehr be-
ſtimmt, daß die Generalverſammlung deutscher Ka-
tholiken in dieſem Jahre hier nicht stattfindet, da
einestheils kein großer Raum für die Abhaltung in
Folge der Reparatur der Fruchthalle vorhanden,
andererseits auch die nöthige Anzahl von Altären
zum Meſsseleſen fehlte. Bis jeßt iſt Paſſau als
Verſammlungsort in Aussicht genommen. Vielleicht
TERRE

., , . Nachdruck verboten.
Die Fraukenburg.

Roman von Marie Roman y.



; Erstes Kapitel.

Hart am Fuße der bayeriſchen Alpen, in einer
weiten Ebene, deren flacher Grund nur ab und zu
durch leichte Bodenſchwellungen unterbrochen wird,
zeigt sich in faſt übermüthiger Ausdehnung eine
prächtige Beſitzung, die seit mehr als einem Jahr-
hundert der vielgepriesene Landſitz der Grafen von
Sternenberg war. ;

_ . Das glänzende Schloß, ein Meisterwerk ſeines
Jahrhunderts, hatte eiuſt der ſelige Graf Herrmann,
der Urahne des jetzigen Besiters, erbaut; auch die
Anlagen, die in weiter Rundung das Wohngebäude

umgeben, danken ihre Entstehung seinem ausgezeich-
neten Geſchmacke, und Schönheitsſinn. Da gibt es
Als, was nur die Phantasie ersinnen, was das
Auge des Bewunderers zu entzücken mag; hier im
H N majestätischen Portal des Hauſes ge-

tits; die allmächtige Fontaine, die von acht

leinen Springbrunnen umgeben, aus einem Mar-
worbecken ihr Waſſer gen Himmel ſchickt; dort die.

Farbenpracht der Blumen, der Obſtgarten, die Baum-
ſchule, der Park mit seinen zahmen Rehen, Teiche
mit Gold- und- Silberfischchen, Pavillon und Lau-

< | Staaten in Savannah und Charleston Befehl er-



Veruutworilitzer Redakteur Philipp Klausner.

Vamſtag, deu 5. April
r.
wird die nächste hier abgehalten werden, da bis
dorthin sowohl die Fruchthalle-Reparatur wie der
Uu!tst het zweiten katholischen Pfarrkirche vollendet
ein wird. .. . ; ! ;
f t Amerika.
Aus Cineinnati wird vom 1. April gemeldet:
Das Gerichtsgebäude iſt nicht: so vollſtändig zerſtört
worden, als anfangs angenommen wurde. Ein großer
Theil der Dokumente iſt gerettet. Das Bürgercomits
hat 100,000 D. garantirt, um eine außerordentliche
Polizeimacht zu bilden. << Die Preſſe verurtheilt
die Verwendung der Miliz beim Ausbruch der Un-
ruhen und glaubt, daß die Polizei hinreichend stark
gewesen wäre, den Aufstand zu unterdrücken. Man
behauptet, daß das Volk durch das Eingreifen der
Miliz zum Aeußerſten gereizt worden sei und em-
pfiehlt, die Polizeimacht zu verſtärken und die Ge-
richtspflege wirkſam zu machen. Es iſt nunmehr
feſtgeſtellt, daß während der Straßenkämpfe 51 Per-
sonen getödtet und 155 verwundet wurden; man
weiß aber auch, daß mehrere Fälle von Verwundeten
nicht zur Anzeige gelangt sind. +41 Da nach Was-
hington gemeldet worden iſt, daß.in Keyweſt, Florioa,
eine Flibustier-Expedition gegen \ Cuba vorbereitet
werde, ſo haben die Zolldampfer der Vereinigten









halten, energiſch alle Verletzungen des Völkerrechts
zu verhindern.

Newyork, 3. Aprtl. Die Truppen verlaſſen
jekt Cincinnati, einige derſelben werden indeß noch
dort verbleiben. + Das Dorf Oatville, Indiana,
iſt durch einen Orkan zerſtört. Fünf Personen wur-
den getödtet und fürfzig verwundee. .. j

Waſhington, 3. April. Das Repräſentanten-
haus erledigte gestern die Vorlage, bezüglich der
Einziehung und Umprägung der Trade Dollars.









Türkei. |

Das türkiſche Reich iſt gegenwärtig mit 10
Officieren im preußiſchen bezw. deutſchen Heere ver-
treten; dieselben sind am 1. April vollſtändig in
den Verband eingetreten und haben vollkommen die
Rechte und Pllichten preußiſcher Officiere. Es iſt
dies eine Neuerung, denn bisher wurden fremdlän-

Förſter und Gärtner aus dem grünen Buſchwerk
hervor; wahrlich! die Frankenburg + so war der







ben, und tief unten in der Waldung Kaskaden und
Höhlen von Moos und Stein, so künſtlich zuſammen-
gebildet, daß ſelbſt das geübteſte Auge hier über



Natur oder Kunst im Zweifel bieibt. Und verfolgt
Man weiter die verſchiedenen Pfade nach allen Sei-
ten, ſo lachen reizende Häuschen der Verwalter, der

Haufe eingestellt. Er lebte in scheuer Zurückgezo-
genheit von der Welt und ihren Freunden; es gab

Name der Beſitung + mußte während der frohen
Jahreszeit ein kleines Himmelreich sein! -

Bis vor einigen Jahren hatte auch der Sonnen-
ſchein ungetrübter Glückseligkeit dies Paradies nach
allen Seiten beherrscht; kein Kummer wohnte unter
dieſem Dache, kein Unfall war gaſchehen, kein Lei-
den hatte den reinen Ather dieſes Himmels durch-
brochen ; Alles war Freude, war Glück; ſelbſt für
den Gedanken an ein Ungemach ſchien unter dieſem
Haage kein Plätzchen übrig zu ſein.

Nun aber war es anders geſchehen; eine dunkle
Wolke hatte mit ihren Schatten all diese innere
und äußere Glückſeligkeit umhüllt. – Der Frohsinn
war dahin. Nicht, daß Uneinigkeiten oder gar
Zänkereien die ſtille Ruhe, den Frieden des Fami-
lienlebens untergruben, nein, zwischen den beiden
Gatten hatte man niemals den geringſten Wort-

wechſel gehört; aber die Tage, welche ſie mit ein- |

ander verbrachten, gingen in ſtets melancholiſcher
werdendem Stillschweigen dahin; es wagte Niemand
die Lautloſigkeit, welche die erhabenen Räume un-
heimlich machte, zu brechen, es lebte Niemand, es
ſprach Niemand, wenn es nicht das zweijährige
Söhnchen des noch in üppigſter Jugend strahlenden
Ehepaars war..; . ~ s j i

î Auch einen Verkehr mit den Familien der Resſi- | ſch

denz und der Umgebung gab es nicht mehr. Graf
Udo hatte ſich oft und auf's Hartnäckigste geweigert,
Einladungen, welche an ihn ergangen waren, Folge
zu geben; er ſselbſi hatte alle Feſtlichkeiten in seinem

¡w v M..
! wu § : 1 V
“]

Heidelberger General-Anzeiger. :::

Land; ein ſchneidender Nordwind peitſchte die Fluren

:



Ö Expedition Brunnengafſfe 24.




























dische Officiere nur als „Commandirte“ zugelassen,
ohne in den Officiersverband ſelbſt einzutreten. Wie
die Kölnische Zeitung hervorhebt, sollen die in das
preußische Heer übergetreten frühern türkischen Offi-

.

gewöhnt sind. Jedenfalls hat die deutſche
mit der in Rede stehenden Maßregel,
welche doch als eine große Auszeichnung gelten
muß, der Türkei einen neuen Beweis gegeben, wie
ernſt man es ſich bei uns angelegen ſein läßt, die
luste Reorganisation der Türkei nach Kräften
zu fördern. .es

Badiſcher Landtag. "cu
Karlsruhe, 3. April. 60. öffentliche Sitzung
der Zweiten Kammer unter dem Vorsitze des
erſten Vicepräſsidenten Betzinger. Am Regierungs-
tiſche: Geh. Rath Ellſtätter, Generaldirektor Eisen-
lohr und Betriebsdirektor Schupp. Eingelaufen sind
und werden durch das Sekretariat verloſen: Vor-
ſtelung von 400 Fabrikanten der Stadt Pforzheim
betr. den dem Reichstage vorliegenden Gesetßentwurf
über die Regelung des Feingehaltes der Gold- und
Silberwaaren. Die Bitte geht dahin, Hohe Zweite
Kammer wolle diese Petition als eine dringende be-
handeln und beschließen, Großh. Regierung zu er-
ſuchen, ihren Einfluß im Bundesrath in der Riche
tung geltend zu machen, daß die alle Intereſſen.
jenes Fabrikplates schädigenden Bestimmungen des
vorliegenden Gesetzentwurfs, soweit ec die Gold-
ivaaren betrifft, nicht zum Vollzuge gelangen. Die
Petition wurde übergeben von den Abgg. Schober
und Herrmann. Den einzigen Gegenstand der heu-
tigen Tagesordnung bildet die Berathung des vom
Abg. v. Feder erstatteten Berichts der Eiſenbahnunfal..
Kommission über die Eisenbahn-Unfälle im Jahre
1882/88. Die Debatte, welche für die Eisenbahn-
Verwaltung einen äußerst günſtigen Verlauf nahm,
indem alle Redner jeden ursächlichen Zusammenhang
zwiſchen den von jener getroffenen Maßregeln un
dem Eintritt der Eiſenbahn-Unglücksfälle von dr

Regierung









nur eine Leidenſchaft, die Zucht von Pferden und
Hunden, welcher er seine ganze Aufmerksamkeit lieh.

So glich die Frankenburg nun feit Jahren ſchon
einer todten Natur; die Läden, Zimmerthären in
den oberen Geschoſſen blieben verſchtoſſen; die be
tagte Wirthſchafterin hielt es nicht für angemessen,
den hehren Räumen stets aufs Neue ein friſchsse\
Aussehen zu verleihen. Die würdige Dame, sie
hatte es kam ihrem Alter zu Gute — gar
wenig zu schaffen; war das Anordnen der Mittags
und Abendmahlzeiten vorüber, dann rüickte sie mit
ihrem Strickſtrumpf ungehindert in den Seſſel, um :
sich der Nuhe zu freuen. wtf

>

Ein kalter, ftürmiſcher. Oktobertag zog über das

und trieb das dürre Land der Sträucher und Blu-
men raſchelnd umher.

Im Hauſe ging es trübseliger vor ſich, denn
jemals. Mochte nun die Stimmung der Familie u
unter dem Einfluſſe der Witterung leiden, oder fee.
sonst eine besondere Bewandtniß zu Grunde: gleich-
viel: der kleine Zirkel saß stumm und theilnahmlos
neben einander, die Tafel, welche unter der Schwere
des auf ihr laſtenden Silbergeräths und der köſt-
lichen Braten und Weine. zu brechen vermeinte,
ſchien nur ein Vorwand, denn die Speisen erfrey-
ten sich kaum welcher Berührurg und nur das kind-
liche Geplauder des kleinen Alfred, der unruhig auf
den Knieen der Amme umherrutſchte und bald nach
dieſem, bald nach jenem Gerichte verlangte, unter-



Net t ausgeſpannt. 12.41;

brach die Stille, die in dem ſtolzen Speiseſaale ihr


 
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