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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 77 - No. 100 (1. April - 30. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44124#0359

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Anmerika-Dampfers „Daniel Steinmann ,“

vorwärts nnd lothete jede Stunde.



Erſcheint täglich außer Montag.
Abonnement s preis
für Heidelberg: monatlich 45 Pfg.
mit Trägerlohn, durch die Poſt
bezogen vierteli. 1 Mk. 40 Pfg.

Expedition Brunnengaſfſe 24.

Heidelberger Tageblatt

Heidelberger General-Anzeiger."

Yerautworlliher Redakteur Philipp Klausner.



nzeigen: die 1-ſpaltige Pein.
ile oder deren Rum 5 Pfzgl,.

für auswärts 10 Pfg. e
Bei mehrmaligem Erſcheinn i
Ra

b actcwiltigung .

Expedition Brunnengaſſe 24.



NM S5.

Bestellungen auf das „Heidel-
. J Tageblatt“ für das
I. Quartal 1884

werden fortwährend noch von allen Poſtanſtalten
und Landbriefträgern entgegengenommen. Preis
viertelj. bei der Poſt abgeholt 1 Mk., durch die Poſt
frei in's Haus gebracht i Mk. 40 Pf., in Heidel-
berg kostet dasſelbe monatlich 45 Pf.

„Untergang des Dampfers „Daniel
Steinmann".

Die Hoffnung, daß bei dem Untergang es
eine
deutschen Familien betheiligt sein würden, hat sich
leider nicht bestätigt. Im Gegentheil stellt Deutsch-
land die Mehrzahl der Verunglückten; denn Baden
allein stellt 3, Baiern 20, Elſaß 1, Preußen 12,
Sachsen 1; Außerdem waren im Zwiſchendeck noch
39 Passagiere, darunter fünf Frauen und 24 Kinder,
aus England, Holland, Italien, Belgien, Luxemburg
und der Schweiz, welche dem fürchterlichen Unglück
zum Opfer gefallen. Von den bei dem Schiffbruch
des „Daniel Steinmann“ untergegangenen Personen
iſt noch keine einzige als Leiche an die Küſte ge-
trieben worden. Die Bewohner der Inſel Sambro
behaupten, im Gegensatz zu den Aussagen der Mann-
ſchaft, betreffs Nebelwetter, es sei ſo helles Wetter
gewesen, daß man den Dampfer, als er Schiffbruch
erlitt, hätte ſehen können. Der Kapitän des Schiffes
bleibt aber dabei, .daß. es neblig geweſen ſei
und daß die Lärmpfeife des Leuchtthurms zur War-
nung des Dampfers nicht getönt habe. Außer dem
Kapitän ſind noch 8 Personen gerettet. Der Dampfer
hat Antwerpen am 20. März verlaſſen und ſtach
Tags darauf in die See. + Der Kapitän Zwanzig
macht folgende Aussagen: Nach mehrtägigem Nebel
und heftigſtem Oſt-Sturme ſah er am Donnerstag
Abend zuerst Licht, welches er für das Leuchthaus
von Chebueto hielt; er dachte 25 Meilen davon
entfernt zu sein, ging unter Dampf sehr langſam
Um halb zehn
Uhr ſah er durch den Nebel ein schwaches Licht,

Die Fraukenburg.

Roman von Marie Romany.

(4. Fortsetzung.)

So ſtanden die Verhältnisse, als ſpät am Abend
eines der erſten Dezembertage Clothilde von Ster-
" ze M!rrühtsl h sntgewettt wh.
ſchwarzes Kaschmirkleid, ein N §eruantel ein ſchlich-
ter, ſchwarzer Hut machten ihre ganze Toilette ;
eine kleine Reiſetaſche war das einzige Gepäck, wel-
ches sie bei fich trug. +
_ Es war eine lange, eine trübſelige Fahrt für
die arme Frau gewesen, die Reiſe von der Franken-
burg bis hinunter an die Küſte des Mittelmeeres.
Wie viele bunte, wirre Phantaſiegebilde hatten sich
nicht vor ihrem Geiste entfaltet, wie viele ängstlich
qualvolle Gedanken ihr armes Herz zuſammenge-

nürt ?

Ih Vielleicht - ach vielleicht! ~+ war ja ihr ganzes
Bangen, ihre Sorge umsonst! Vielleicht! + hatte
niemals ein enger Bund zwischen ihrem Gatten und
dieser Annetta beſtanden ! Vielleicht hatte nur eine
heimlich glühende Leidenschaft dieses Bürgermäd-
chen irre geleitet, vielleicht, weil ihre Gefühle keine
Erwiderung fanden, ihr das Leben auf dieſer Erde
zur unerträglichen Laſt gemacht!

Clothilden's Herz blutete ſchwer. Sie hatte
ihren Gatten mit Innigkeit geliebt, hatte ihr ganzes
Daſein, ihre ganze Seele uneigenützig ihm zu eigen
gust vas Vo tirts stvcetn Reitt
im Stande gewesen sein konnte, fie aus seinem Her-
zen zu verdrängen, traf wie ein giftiger Pfeil ihr











Triumph für die freiſinnige

Donnerſtag, den 10. April

welches zeitweilig verschwand und welches er immer
noch für das Leuchthaus von Chebueto hielt. Er
sondirte den nämlichen Kurs und ſondirte zwanzig
Faden Tiefe. Zehn Minuten darauf fand er, daß
das Licht von dem Sanmbro-Leuchthaus ſtamme,
gleichzeitig glaubte er das Chebueto-Leuchthaus zu
ſehen und sondirte 26 Faden Tiefe. Er befahl
raſcheſtens das Steuer umzulegen, allein im nämlichen
Augenblick fuhr der Dampfer sehr heftig auf, glitt
jedoch sofort von dem Felſen ab. Es wurden die
Anker ausgeworfen. Alle Passagiere rannten auf
Deck. Er befahl die Bvote herabzulaſſen und Weiber
und Kinder hineinzuſeßzen. Das Schiff zerrte fort-
während an dem Anker und gerieth mehr unter die
Klippen der Küſte. Die See brach ſich furchtbar,
cr Br§ o Cin nice tet E
lauter als der heulende Sturm, dann sank das
Schiff. Als es auftauchte, befand er sich auf dem

Maſtkorb, zwei Fuß tiber dem Waſſer; er zog die |

anderen Menschen herauf. Sie hielten sich entkleidet
ſprungbereit sieben Stunden, bis sie gerettet wurden.
Der Kapitän meint, außer dem Nebel müßten un-
ewöhnliche Strömungen seine Kompaſſe beeinflußt
q; Fünf Leichen, darunter diejenige des erſten
Offiziers, wurden bisher aufgefiſcht.

Deutſches Reich.

Berlin, 8. April. Die „Nordd. Allg. Ztg.“ tritt
der Behauptung entgegen, der Bundesrathsbeſchluß
in Betreff der Reichsminiſterien sei ein großartiger
Partei. Zu dem Vor-
gehen des Bundesrathes, bemerkt das Blatt, war
dringender Anlaß vorhanden. Wenn man die Be-
ſtrebungen der sogenannten freiſinnigen Partei nicht
sofort als dasjenige gekennzeichnet hätte, was sie
ſind, als Verſuche, die beſtehende Verfaſſung und
das monarchiſche Prinzip zu beseitigen (!) und eine
parlamentdkiſche Regierung einzuführen, ſo würde
ſich in kurzer Zeit ein Sprachgebrauch ausgebildet
haben, wonach das Ersſtreben von verantwortlichen
Reichsminiſterien und ähnlichen Verfaſſungsbrüchen
als etwas ganz Natürliches und Erlaubtes erſchienen
wäre.

trauerndes Gemüth. Weiter aber in ihrem Ge-

dankengange wollte die Gräfin nicht ziehen. Zu
was sollte es ihr nützen? Sie hatte ja ohnehin ihre
Trübsal; denn so kummervoll, so traurig, wie ſich's
ihr in der Folge gestaltete, hatte sie sich eine Ver-
bindung mit dem Grafen von Sternenberg im Vor-
aus nicht gedacht! -

Die Sonne stand hoch am Himmel, als am
Morgen nach ihrer Ankunft die Gräfin sich endlich
von ihrem Lager erhob. Sie zog die Glocke, welche
den Kellner herbeirief, öffnete ein Fenster, das ihr
die Aussicht auf die Brandung gewährte, und trank
mit vollen Zügen die friſche Meeresluft ein.

Werden die gnäd’ge Frau lange hier verweilen ?
fragte der Kellner, da er die Chokolade brachte, mit
der seinem Stande eigenen Unterwürfigkeit.

Das kann ich noch nicht sagen, war die Ant-
wort, es wird davon abhängen, wie es mir bei
Ihnen gefällt.

Dieſe Antwort hatte ihre Wirkung, denn kaum
noch war das Frühstück begonnen, als, leiſe an die

Thüre pochend, mit dem ſchönſten Putze angethan,

die Wirthin hereintrat.

Die gnäd'ge Frau werden erlauben, daß ich
meine Aufwartung mache, begann sie; mein Name
iſt Ulrici ++ ich hin die Eigenthümerin des Hotels.

Clothilde reichte ihr die Hand. Es freut mich
daß Sie ſich zu mir heraufbemühten, sagte sie freund-
lich, denn da ich . . . “1. ..

O, unterbrach ſie die Wirthin, es iſt meine Ge-
wohnheit, Damen, die bei mir abzusteigen geruhen,
zu Dienſten zu ſein. s
; Ss! es Damen, die dieſes Städtchen be-
uchen.



Mündchen, 8. April. Der Reichsrath ſtimmte i
einſtimmig dem Finanzetat in der Faſſung dr le..

geordneten zu, ebenſo dem Etat der unvorherznen.
sehenen Ausgaben. Beide Häuſer sind sonhaam

vertagt. vw
ü _ Frankreich. emu
Paris, 7. April. Der Senat lehnte mi 17170N.
gegen 63 Stimmen den Gesetzentwurf für die Pariſee..
Gemeinderathswahlen im Ganzen ab. Somit iſt jeen.
Hoffnung auf die Erziehlung eines Einverſtändnisſſen.
des Senats und der Kammer geſchwunden, dae.
verbleibt es beim Alten, wonach jedes Stadtvieten.
1 Mitglied des Gemeinderaths wählt. „.
England. ; ..

London, 8. April. Die Abreiſe der Königin.
nach Darmstadt iſt auf den 14. April feſtgesſetnn.
die Prinzeſſin Beatrix begleitet die Königin. u u:
Rußland. l

Petersburg, 5. April. Im Gouvernement Kkſan _ _
herrſcht in Folge einer Mißernte ein entſeßslihſene.
Nothstand. Die Bauern nähren ſich vo Spree.
Eichelmehl und Baumrinde und faſt in allen Dörken.
wtithet der Hungersthphus. + In der adligen Vor-
mundſchaftsbehörde in Poltawa sind in der letten









Zeit, wie dem „,Jushni Kraj“ geschrieben wird,
unglaubliche Verſchleuderungen und Mißbräuche ent- ..
deckt worden. Der Hauptſchuldige iſt der Schritten.
führer der erſtgenannten Behörde, der gleichzeitint.
das Amt eines Geschäftsführers in der anderen Be.
hörde bekleidete. Bei der Reviſion der Vrmunnn.
[tft Hl. fitt treuiger f Lee Wehrpflichts: “
behörde ist noch nicht beendet, hat aber bereits uten.
der Bevölkerung Poltawas eine ungeheure Pit.
hervorgerufen, denn schon der erſte oberflächliecen.
Einblick in die Geschäfte ließ erkennen, daß vellen.
Militärpflichtigen widerrechtliche Vergünſtigungenezen.
geſtanden wurden, angeblich unheilbare Kranke enn.
wiesen sich als völlig geſund. 11
Amerika. . w

New-York, 6. April. Zwei Nachrichten übern.
Eiſenbahnunfälle find eingelaufen. Die eine melde.
daß auf der Texas Pacific-Eiſenbahn in Texas ien.

O! machte die Wirthin, beſonders in den leten.
Jahren! + J Freilich, fügte ſie hinzu, die Grän.
etwas mißtrauiſch von der Seite betrachten es.
gibt wenig Damen, die ohne jede Begleitung sik.
hierher bemühen. + Die gnädige Frau bleiben
längere Zeit bei uns hier im Hauſe ? :

Das hängt von den Umständen ab. Sehen Sie,
meine gute Frau Ulrici, ich bin Witwe...

Wittwe! rief dieſe erstaunt. Noch ſo jung und
schon Wittwe! U

Leider raubte mir der Tod nur zu früh meinen
Gatten; ich wurde Wittwe, da ich kaum zwei Ighre
verheirathet war. .

Es wird Ihnen bei uns gefallen, gnäd'ge Frau,
versicherte die Wirthin; es gibt ja an der ganzen
Küſte keinen so entztickenden Ort, wie unser reizen.
t Verlärräfin lächelte. :

Und mit was darf ich aufwarten? Suppe?
Braten ? ein friſcher Seefiſch? oder . ...

Frau Ulrici würde vielleicht noch lange in disfee.
Weise fortgeplaudert haben, aber Clothilde, die weder.
Verbindlichkeiten eingehen wollte, noch ſonſstvon diem.
Gespräche gefesselt war, brach die Unterhaltung kurz
ab.. Sie gab vor, daß fie an Kopfschmerzen leide
und einen Spaziergang am Strande des. Meeres zu
"ua gedenke, bis zur Tiſchzeit werde sie zu-

tgekehrt sein. ; y

Uiſo empfahl sich die Wirthin, nachdem sie zuvulre.
Alles ordnungsmäßig notirt, indeß Clothilde un-
mulhig den Kopf an die Fenſterſcheiben drückte, er-
zürnt über ihre Unfähigkeit, ein Mittel zu erſinnen,
wie sie dem Geheimniſſe auf die Spur komme, deſſen
Löſung ſie ja lediglich hierher geführt. (Fortſ. folg







 
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