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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 77 - No. 100 (1. April - 30. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44124#0407

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p heicetrt täglich außer ÄMettäg:

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entgegen. Preis bei der Poſt abgeholt 85 Pfg.,







onn emen tsprei
für Heidelberg: monatlich 45 Pfg.
mit Trägerlohn, durch die Poft
vierteli. 1 Mk. 40 Pfg.

Expedition Brunnengaſſe 24.

bezogen

Heide [V erger î agel

Heidelberger General-Anzeiger.

PYerantworllicher Redakteur Philipp Klausner.



blait

Anzeigen: die 1-ſpaltige Petite
zeile oder deren Raum 5 Pfg.,
für auswärts 10 Pfg.

Bei mehrmaligem Erscheinen
Rabattbewilligung.

Expedition Brunnengafſſe 24.



56.

| Beſtellungen auf das „Heidel-

] .. JM Tageblatt“ für die Monate
. Mai und Juni

Poſtanstallen und Landbriefträger

durch die Poſt frei in's Haus gebracht 97 Pfg., in
Heidelberg koſtet dasſelbe monatlich 45 Pfg.

Die egyptiſche Frage wieder international.
Wäre in Egypten Alles nach Wunſch gegangen,



so würde das Kabinet Gladſtone sich ſchwerlich ent-

ſchloſſen haben, eine Konferenz nach London zu be-
rufen und die Mitwirkung der Großmächte zur Be-
reinigung der finanziellen Schwierigkeiten in Egypten
zu erbitten. Daß eine Regelung der Finanzfrage
rechtmäßigerweise zuletzt nicht ohne Betheiligung der
anderen Mächte geſchehen konnte, stand bei den all-

gemeinen Intereſſen, die hier auf dem Spiele stehen
und bei den bestimmten Verpflichtungen Englands

gegenüber den Bondsbesitern, außer Frage. Es
war aber weiſe von den Mächten, sich nicht vor-
zeitig und ungebeten einzudrängen, vielmehr ruhig
abzuwarten, bis Gladstone mit seinem Latein zu
Ende war und ſelbſt die Mitwirkung der bisher

| zur Seite geſchobenen Mächte anrief. Seit der Be-

ſchießung Alexandriens hat England thatſächlich
jeden anderen Einfluß in Egypten beseitigt, sich die
ausschließliche Kontrole der Verwaltung des Landes
angemaßt. Und es hat nicht an einer starken Strö-
mung in England gefehlt, welche darauf drang,
daß dieser Ausſchluß fremden Einfluſſes dauernd
und endgiltig sei, England ohne weitere Rückſicht
die ganze Verantwortung für die Regierung in
Egypten, offen das Protektorat übernehmen mùſse.
Dieſer Strömung hat aber Gladstone ſelbſt stets

EI widerſtanden und noch eben erklärte der Minister

des Innern, Sir W. Harcourt, daß die Regierung
noch immer an ihrem Programm feſthalte, das Pro-
tektorat oder die Annexion abzulehnen, Egypten viel-
mehr durch die Egypter regieren zu laſſen. So
wurde nach wie vor die Politik der Nichteinmiſchung
proklamirt, während doch thatſächlich kein Wille
galt, als der engliſche. Es entstand dadurch ein

mk MI;hhhhhdhghghdhgcccc==ch itE.SIIDNTES

Die Frankenburg.
Roman von Marie Romany.

(14. Foriſezung.)

Nun ließ Madeleine den ausgedungenen Lohn
von fünf Francs in die Hand des Mannes gleiten,
dann blickte sie triumphirend um sichjz ~ wenn-
gleich einer Leiche ähnlich, wenngleich am ganzen
Körper gebrochen und Elſa bewußtlos ; sie war wohl
geborgen mit ihrer doppelten Beute auf sicherem
Boden angelangt. (

Fünftes Kapitel.

Drei Jahre waren vergangen, doch die äußeren
Verhältnisse Aller, die wir bis jetzt kennen gelernt,
zeigten wenig oder gar keine Veränderung. Die
Sorge der Gräfin von Sternenberg begann zu
schwinden, je länger die Zeit verſtrich, ohne daß ein
Ungemach über ſie hereingebrochen wäre; keine Klage
störte ihre Ruhe, Niemand erschien, um ihr das An-
recht auf die Beſitzung streitig zu machen; also hatte
ſie fich wieder gewöhnt, die Frankenburg als ihr
Eigenthum und ſich als die rechtmäßige Trägerin
des Namens von Sternenberg anzuſehen.

Auch in Berlamo war Alles geblieben, ſo wie
es stand. Frau. Martini hatte zwar das von Clot-

hjilde erhaltene Geld als Belohnung für den Wieder-

bringer ihrer Kleinen auf der Polizeiverwaltung
niedergelegt, aber alle Nachforschungen waren ver-
geblich gewesen ; die Kinder blieben verschwunden,
so sehr auch die Matrone fich abhärmen und ruhe-
los umherirren mochte, ſo wahnsinnig sie sich ge-
berdete, es brachte ihr nichts und Niemand die

Kleinen zurück.





Freitag, den 25. April

Zuſtand der Unsicherheit und Zweideutigkeit, welcher
zunächſt auf den Krieg im Sudan lähmend wirkte
und der mittlerweile die Finanzen des Landes in
die schlimmste Lage gebracht hat. Die alten Laſten,
von denen das Land bedrängt iſt, die Koſten der
Et S C s su:
bei der Ungewißheit, wer eigentlich im Lande re-
giert, in sämmtlichen Zweigen der Verwaltung ein-
geriſſen iſt, das alles hat das Finanzwesen des
Staats dermaßen erſchüttert, daß der brit. Regie-
rung nichts übrig blieb, als entweder doch den Ent-
schluß zu faſſen, Egypten rückſichtslos unter ihre
unmittelbare Herrſchaft zu nehmen, oder aber mit
den anderen Großmächten zu berathen, was weiter
geſchehen soll. Gladstone hat den lettteren Weg ge-
wählt. Er hat dieſen Schritt gethan in dem Augen-
blick, in dem das Parlament wieder zuſammentrat,
um von Neuem Rechenschaft über die englische
Politik zu verlangen, und in einem Augenblick,
da die Dinge im Sudan eine ganz hoffnungs-
loſe Wendung genommen haben und der Versuch
Gordons, mit einem „goldenen Esel“ dort Ordnung
zu schaffen, allgemein als gescheitert angesehen wird.
Nach der Ankündigung Gladstones wird England
auf der Konferenz einen bestimmten Plan zur Rege-
lung der Finanzfrage vorlegen. Dies wird aber
nicht möglich sein, ohne daß die Regierungsver-
hältniſſe in Egypten überhaupt geordnet werden.
Und damit hängt zulett auch die er: zusammen,
was mit dem Sudan geschehen ſoll. So iſt denn
endlich doch Aussicht vorhanden, daß der Wirrwarr

der egyptiſch-sudanischen Fragen, die durch die eng- |

liſche Politik zu einem unlösbaren Knäuel geworden
sind, mit Hilfe Europas glücklich wieder ausein-
andergewickelt werde. Ob die Konferenz dem von
Rebellen eingeſchloſſenen und so gut wie gefangenen
Gordon viel helfen wird, iſt eine andere Frage.

Deutſches Reich.
Berliu, 22. April. Nach einer „Stefanimeldung“
aus Kairo befinden sich die italieniſchen Gefangenen
des Mahdis alle wohl und werden gut behandelt.



Doch wenden wir unsere Aufmerksamkeit auf
eine andere Seite.

# Ey
*

Graf Viktor von Hohenheim bewohnte mit einem
Oheim aus zweiter Linie, dem pensionirten General
der Kavallerie, Baron von Tondern, eine reizende
Villa, deren Anlagen sich in romantischer Schönheit
bis an die Ufer des Vierwaldſtädtersees 'zogen uno
also in entzückender Weise die Idylle des Landlebens
mit dem Anblick des ewig grünen Wassers vereinigten.

Der Baron, ein greiſer Alter von nahezu acht-
zig Jahren, hatte sich auf diese Beſitung zurückge-
zogen, um, entfernt von dem bunten Getümmel des
großen Lebens, in Ruhe sein Ende zu erwarten.

Er hatte viele Stürme erlebt, der alte Mann;
fünfzig Jahre lang hatte er seinem Vaterlande in
Treue gedient, hatte in manchem Feldzug einen Or-
den mit Ehren erworben, er hatte ſeine Gattin ver-
loren und nach ihr vier erwachſene Söhne in's Grab
gelegt; also stand er, ein greiſer Wittwer, verein-

samt im Leben. Er verkaufte seine Villa in Mün- | gang ! ;
bis ſein Beſizthum nebſt Allem, was ‘er sein Eigen

chen, seinem Heimathsorte, und zog sich auf die Be-
ſizung am Fuße des Pilatus zurück. Hier ſtörte
nichts die Ruhe, die er sich auserwählt, keine frem-
den Gesichter kamen und gingen, kein lautes Treiben
beunruhigte ihn, die Perſonen seiner Umgebung er-
wiesen ihm Gefälligkeiten und Dienste, und dies ge-
rie hn mel lsBaſeins eqn d
fr j§r et . yyts. wie der Baron, gefiel ſich
Graf Viktor auf der Beſißung am See bei Luzern.
Wohl fehlte es ihm in materieller Beziehung an
gar nichts, denn Pracht und Luxus umgaben ihn,



.

Kiel, 22. April. Behufs Probemobilmchnn.

iſt, wie dem „Fr. J.“ telegraphirt wird, soeben

Generalmarſch geschlagen worden. v. Caprivi iſt

angekommen; um 1 Uhr erfolgt die Indienſtſteluun.

des ganzen Geschwaders.
Amberg, 22. April. Die Generalverſammlung

der Katholiken Deutschlands soll, guten Vernehmen i yz

nach, im Herbsſte hier stattfinden.

Oeſterreich-Ungarn.
Wien, 22. April. Die „Neue Preſſe“ macht
darauf aufmerkſam, daß Kaiſer Wilhelm bald nach

Wiesbaden gehe, daß vielleicht Franz Joſeph d'en. -

Kaiserin in Heidelberg beſuche und beim Prinzen

Alexander in Darmſtadt oder Jugenheim einkehre. _

Dies sei eine bloße Kombination, aber nicht un-
wahrscheinlich. Es scheint, daß die Frage der
Entrevue noch nicht ſo weit gediehen, daß überhaupt
poſitive Angaben nur möglich wären.

Wien, 22. April. Taaffe äußerte heute zum
Bürgermeiſter, die Regierung erließ die Marktord-
nung, um notoriſche Uebelstände zu beseitigen, ins-
besondere den beſtehenden Ring zu brechen. Er
rechnete hierbei auf Mitwirkung aller Faktoren. Da
sich dieſe Voraussetzung nicht erfüllte, werden Maß-
regeln erwogen, um eine Approvisiontrung Wiens zu
sichern nnd dem Wiener Markte die bisherige Be-

deutung zu erhalten. + Die Geschworenen ſprachn .

den Herausgeber der „Deutschen Zeitung“, Abge-
ordneten Reſchauer, frei von der Anklage auf Ehren-
beleidigung, begangen an den klerikalen „Tiroler
Stimmen“ durch eine ſcharfe Zurückweiſung der

Beschuldigung, daß die „Deutsche Zeitung“ Schween.
gelder von der Galiziſchen Transversalbahn age.

nommen habe.
England.

London, 21. April. Es werden ernſte Ruhe-
ſtörungen in Kairo befürchtet. Die Griechen beab-
ſichtigen, morgen die Metzeleien vom 11. Juni 1882
zu rächen. Die Behörden ergriffen Vorsichtsmaß-
regeln. Die britische Flotte, welche nach Malta
abſegeln ſollte, erhielt Befehl, in Alexandrien zu
bleiben. Morgen werden auch Kundgebungen der
Eingeborenen vor dem Abdinpalaſt erwartet.

aber die Verhältnisse, unter denen er ſich hier auf-
hielt, waren so eigenthümlich, daß sie das Herz des
jungen Edelmannes in der unangenehmſten Weiſe
berührten und wohl angethan schienen, ihn wünschen
zu laſsen, er sei ferne von hier. ;

Graf Viktor war der Sohn des weiland ſeligen
Grafen Hubert, eines Edelmannes aus altem Ge-

schlecht, der durch den unübertrefflichen Luxus, wee t

chen er nach jeder Richtung entfaltet, in allen Kreiſen

der großen Geſellſchaft als ein Kavalier cemme ] _ §

faut geehrt worden war. Natùürlicherweiſe hatte

man ihn für einen Mann von unendlichem Reieine.
thum gehalten, zumal es bekannt war, daß sene.

Gemahlin ihm einstmals Millionen zugeführt; en.
es hatte wohl Niemand eine Ahnung von denLeinineen.
schaften, welche der alte Graf beseſſen, die fee.

Wohlhabenheit untergruben bis zum Ruin.

Hierzu gehörte vor allen anderen das Spiel.

In wenigen Jahren fiel sein ungeheures Vermögen
diesem Teufel zur Beute. So oft und inständig ihn
seine Gattin beschwor, ſo drohend ihm sein Unter-
ang winkte, Graf Hubert folgte diesem Dämon,

nannte, der Subhaſtation verfallen war.
Die Gräfin ertrug dieſen Schlag nicht: einige
Wochen ſpäter schloß sich über ihre Leiche die Erde.
Graf Viktor, zu jener Zeit kaum zwanzig Jahre,

hatte in vollſtändiger Unkenntniß eines solchen Ver- .

hältnisses gelebt und war natürlich jetzt durch das

Unheil, welches so plötlich über ihn hereingebrochen ;

wie vom Sszjlie gerührt. Er, seit seiner früheſten
Jugend im Ucbermaß von Lurus erzogen, hatte nie

daran gedacht, daß er irgend welchen Beruf zu seiner

Lebensaufgabe erwähle; es waren Jahre vergangen,


 
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