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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 26 - No. 50 (1. Februar - 29. Februar)
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î Stelle aus der in Budapest erſcheinenden „Zukunft,

wo biſt du?“



Erſcheint täglich außer Montag.
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für Heidelberg: monatlich 45 Pfg.
mit Trägerlohn, durch die Poſt
bezogen viertrij. 1 Mk. 40 Pfg.

Expedition Brunnengaffe 24.

M 43.

Deutſches Reich.

Berlin, 19. Febr. Der Kriegsminister Bron-
ſart von Schellendorf, sowie der ruſfiſche Militär-
bevollmächtigte am hiesigen Hofe, Fürſt Dolgorucky,
find von Friedrichsruhe zurückgekehrt. Die Meinung,
daß ihr Zuſammentreffen beim Reichskanzler kein
zufälliges gewesen sei, gewinnt an Glauben.

Berlin, 19. Febr. Der ruſsſiſche Militärbevoll-
zs: U Uercülmte tinte Ble rst:
die Herr v. Giers in Friedrichsruhe in Betreff der
Abhilfe der Beſchwerden Bismarcks über die Natur
der ruſsiſchen Truppendislokaſionen in den westlichen
Gouvernements ertheilt hatte. Thatsache iſt, daß
den ruſſiſchen Annäherungsverſuchen hauptsächlich
diese Frage im Wege stand, die in manchen Augen-
blicken ſelbſt ernſtere Verſtimmungen hervorrief. Die
ruſsiſche Diplomatie iſt insofern in eine neue Phase
getreten, als dieselbe nunmehr von der absolut fried-
lichen und den aller Aggression fremden Charakter
des Bundes zwischen Deutſchland und Deſterreich
ſowie von der Unlösbarkeit deſſelben überzeugt ist.
Folglich kann auf die früher nöthig erachteten Vor-
ſichtsmaßregeln verzichtet werden. Dieser Umstand,
sowie die Entsendung Orkow's nach Berlin, und die
unverkennbare Befehle an die rufsiſchen Diplomaten
im Orient Ruhe zu halten, bilden werthvolles Re-
ſultat der Begegnungen des Herrn von Giers und dem
Grafen Kalnoky. Dieselben gelten zugleich als Zei-
chen dafür, daß diesmal eine längere Ruhepauſe als
nach der erſten Reiſe des Herrn von Giers eintreten
werde.

; Oesterreich-Ungarn.

Wien, 19. Febr. Das Haus der Abgeordneten
lehnte den Antrag Schönerer um Unterſtützung der
Familien Ausgewiesener mit 155 gegen 25 Stimmen
ab, nachdem Graf Taaffe mitgetheilt hatte, daß
23 Ausländer ausgewiesen und 215 Inländer theils
internirt, theils ausgewiesen seien. Er verlas eine

in welcher die Familien der Betroffenen aufgefordert
werden, jede Unterstützung der Staatsbestie“ zurück-



zuweisen.

jeidelberger Tageblatt

Heidelberger General-Anzeiger.

Yerantworlliher Redakteur Philipp Klausner.
Donnerſtag, den 21. Februar

Frankreich.

Paris, 19. Febr. Der König von Anam drückte
in einem Telegramm an Grevy seine Genugthuung
über die Kabellegung aus und sprach die Hoffnung
aus, daß der neue Vertrag mit einigen Milderungen
für Anam bald ratifizirt werde.

England.

London, 18. Febr. ,Die förmliche Unter-
werfung der Merv - Turkomanen unter die Herr-
ſchaft Rußlands“, ſagt der „Observer“, wurde hier-
zulande unstreitig mit großem Gleichmuth aufge-
nommen, worüber uns die ruſsiſche Preſſe viel
Schmeichelhaftes zu ſagen weiß. Wir fürchten, die-
ſes Lob nicht zu verdienen, es iſt sogar peinlich,
dasselbe zu empfangen, da wir wissen, daß unsere
majestätiſche Ruhe einfach ihren Grund in dem Um-
ſtand hat, daß wir der Sache noch keine Aufmerk-
merkſamkeit gewidmet haben. Wir haben den Kopf
und die Hände so voll mit unsern Schwierigkeiten
in Egypten, daß wir gegenwärtig auch nicht einen

Augenblick unsern Beziehungen mit Rußland in |

Mittelasien widmen können. (Allerdings hat der
Engländer, welcher dem Ausbreiten der russischen
Macht in Mittelaſien mit großem Gleichmuth zu-
sſthauen kann, eine verzweifelte Aehnlichkeit mit dem
Fuchs, welcher die ihm zu hoch hängenden Trauben

. für ſauer erklärte.)

London, 19. Febr. Reuter's Bureau meldet
aus Kairo vom Heutigen : Auf Ansuchen des engli-
schen Generalkonſuls Baring beschloß die englische
Regierung, die engliſche Okkupationsarmee in Egyp-
ten zu verstärken. Ein Bataillon Infanterie und
eine Batterie Artillerie gingen heute aus Malta nach
Egypten ab; ein weiteres Bataillon aus Gibraltar
wird nachfolgen. : .

London, 19. Febr. Nach einer Meldung der
„Daily News“ aus Suakim von geſtern, iſt das
Transportſchiff „Jumua!“ Nachmittags mit 739
Mann engliſchen Truppen daſelbſt angekommen.

Rom:, 18. Febr. Yol. süacigs zwiſchen





en: die l-ſpaltige Petit- .
r

Anzei d
zeile oder deren Raum 5 Pfg.,
für auswärts 10 Pfg. ;.
Bei mehrmaligem Erſschanen.
Rabattbewilligung. ;

Expedition Brunnengaſſe 24 . +
18842.
haftung erfolgt. Der Inhalt der Flasche it noh
nicht feſtgeſtellt. Zahlreiche Glückwunſch-Telegramme
sind aus Italien und dem Auslande im Quirin
ttf G Zule!un ru ne
Papſt ließ schon gestern zu Fus .. des .
Königs seine Indignation ausdrücken. „Fanfulaen.
+rsfitt tz: Sybikrietion zu einem Geschenk für .
tt ttt G GſRocm e d
des März anberaumt worden. .
Rom, 19. Febr. Die gegen den Gendarmn
geſchleuderte Flasche iſt 15 Centimeter hoch um
enthält 175 Gramm Feuerwerkspulver. Die Een.
hebungen dauern fort. z .
Egypten. : ..

Kairo, 19. Febr. Beim sonntägigen Angriff den.
Rebellen auf Suakim wurde Baker Paſcha in ſinem
Zelte beinahe erſchoſſen. Tokar iſt stark bedroe.
Eine Schlacht vor Suakim wird erwartet. -
Suaktim, 19. Febr. Zweihundert Mam der
Garniſon von Tokar machten einen Ausfal un
griffen die Jnsurgenten an. Sie tödteten unn ve
stsss Hittf und erbeuteten eine Anzahl Vieh §

Aus Nah und Lern. _

S Handſchuhsheim, 20. Febr. Am 18. d8.

Mtis., Nachmittags 3 Uhr starb hier der ehrwürdigen.
und seit 1848 weithin bekannte Kirchenrath Christian







Aunguſt Eberlin, Dekan und proteſt. Pfarrer vm

Handschuhsheim im Alter von 81'/, Jahrne. Dem
proteſt. Pfarr- und Trauvuerhauſe gegenüber, nur.
durch die ſchmale Hauptstraße getrennt, liegt ds.
Gasthaus „zum Adler.“ Hier fand am Todessgaze.
des hochverdienten Pfarrers der Ball des Sinn.
Vereins statt. Gewiß ein Kontraſt der an . s
Städte und deren Herzloſigkeit erinnert. Der Her.
Vicar vermochte es, troß Einsegung seiner Autorität.
nicht, das Feſtcomitee zur Aufgabe jenes geräuſclhe.
vollen Feſtes zu bewegen. Hersctüchtgt man, dase.

Montalto und Corneto iſt bisher noch keine Ver- | der hochwürdige, verewigte Herr Kirchenrath mehr.
. s6: §







mCm a T mem nin

Das weiße Schiff.

Ein See-Ro man von Adolph Nort.

15. Fortsetzung.

Allein auf dem sinkenden Wracke eines Schiffes,
das Zeuge seiner Leiden und Freuden gewesen, auf
dem ihm jeder Span lieb geworden, das geſtern ſich
noch stolz auf den Wogen erhoben hatte, jetzt gebro-
chen, verunstaltet, wie ein Sterbender auf seinem
letzten Lager sich hin und herwirft. Kaum wagt Jan
seinen ſschütjenden Aufenthalt zu verlassen, jeder
Schritt zeigt ihm neue Schrecken und zerreißt ihm
das Herz. Aber unthätig darf er hier den Tod
doch nicht erwarten. ;

Vielleicht gelingt es, in das Logis zu dringen.
Er will ſich eben aufraffen, als Fvlth eine be-
kannte Stimme an sein Ohr ſchlägt: „Jan, Jan,

Aufs Höchſte erſchrocken, obwohl während der
Nacht an ſonderbare Zufälle gewöhnt, dreht er sich
nach der Richtung, aus welcher der Schall kommt,
und erblickt draußen auf dem Deck zu ſeinem
größten Erstaunen Otto Bruder in Begleitung von
_ fünf andern Seeleuten.

VII. Die „Martha.“
„Nun Jan,“ ſagte Otto in ziemlicher Haſt, „da
biſt du ja endlich, wo steckt ihr denn alle? Na, so
komm doch,“ rief er dann dem noch Högernden

zu, „euer Kasten pfeift auch auf dem letzten Loch,
es wird Zeit, daß wir fortkommen. Wo, zum



Teufel, sind die andern ?“
„Fort,“ antwortete Jan einſilbig.



„Ha, ha, verſtehe! Und das Großboot ?“

„Zerſchlagen !“ s

„Nun, dann kommen wir aus dem Regen in
die Traufe!“
„Aldebaran.“

„Ja, wo kommt ihr denn her?“ fragte Jan.

„Von der Aldebaran !“ erwiderte Otto. „Unsere
Leeſeite hat allzu intime Bekanntschaft mit einem
Amerikaner gemacht. Tief geladen waren wir
auch noch, und da iſt das Waſserſchlucken unserem
Schiffe allzuſchlecht bekommen; es sank vor vielleicht
!! Nuus: ur G L tts ut 16:
ſprungen. Aber zum Schwaten iſt jett keine gat,
hier iſt unsers Bleibens auch nicht. Hurtig, hurtig,
Steuermann, ratet !“

„Ich wüßte nur eiu Mittel,“ entgegnete dieser,
„es iſt zwar gewagt, aber es bleibt kein anderes
übrig.“

„Also redet, ſprecht!“ drängten die anderen.

„Jeder rettet sich ſelſt. Wir binden uns gegen-
seitig feſt an Lebensretter, wenn ſolche zu finden,
Spieren oder anderes Holzwerk.r“n. t

„Wohl denn, ans Werk!“

Die Zeit begann wirklich zur Eile anzutreiben ;
die Maury ſank immer ſchneller, in dem Maße,
wie sich das Leck der Wasserlinie näherte.

Stricke waren genug vorhanden. Zuerst wurden

entgegnete der Steuermam der

die Jungen an Spieren gebunden, dann die Ma:

troſen. Nur der Steuermann blieb noch; aber jett
schien auch das Material erſchöpft. Doch nein, da
zeigte ſich 4t Vocpertheite. Ft UU uu
Pc gu s ius Nothfloß dienen. :



stehende Strudel alle mit





Wer aber beschreibt ſein Erstaunen, als er ble.
reits einen Inſaſsen drinnen vorfan. 5-
„He, Bursche, was ſchaffst du hier?“ herrſchen.
er denſelben an. M.
Langsam richtete der Schlafende sich auf un.
entgegnete : „Jan hat den Austkiek !“ .
Der Schläfer war — Hannes, der, bei An.
bruch des Sturmes dieſen Zufluchtsort ſucheaen.
gegen Morgen darin eingeschlafen war, und auf
diese ſonderbare Art seine Rettung gefunnen.
Doch auch für dieſen fand ſich ein Nothbehelf
und auf zwei verſchnürten Tonnen angebunden,
war er der erſte, der troß seines Widerſtrebens
über Bord geworfen wurde. ,
Der Strom (es war Ebbezeit) trieb !
licher Schnelle nach Oſtnordoſt, wo sich jeßt kaum
anderthalb Meilen entfernt, deutlich Greenisland
itstt: ; so ſeltſam erzwungene Rettung wurde .
hierdurch ziemlich wahrfſcheinlich; jedenfalls wäeen.
es eine Waghalſigkeit ſondergleichen gewesen, je.
noch an Bord auszuharren. ;
In weniger als einer Vietelſtunde mußte die
Maury ſinken, und unfehlbar der dadurch enn.
in. die Tiefe rien.







mit ziem-

Die noch zurückgebliebenen Männer befahlen : .
sst hr. Seele und sprangen zu gleicher gait in .

Tief tauchte Jan durch die Laſt der herabzieheen.
den. Spieren, an die er gebunden, in die Welle
aber bald kam er wieder an die Oberfläche.

(Fortsezung folgt).
t
. ( ; ;


 
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