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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 150 - No. 176 (1. Juli - 31. Juli)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44124#0647

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Heidelberger Tageblat

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nzeig en: die l-ſpaltige Petits
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j ür auswärts 10 Pfg.

Rr Heidelberger General-Anzeiger. üs!

?zogen vierteli. 1 Wk. 40 Pfg.

. Expedition Grunnengaffe 24.
KA 155.Â

Deutſches Reich.
Berlin, 3. Juli. Der Bundesrath steht im
egriff, sich zu vertagen. Wahrscheinlich wird am

Samstag die lette Sitzung in dieſer Seſſion abge-

halten und dann eine Wiederaufnahme im Herbſt
rfolgen, und zwar früher oder später, je nach der
Einberufung des neuen Reichstages. Es ſcheint, daß
Man auch den Zollanſchluß Bremens zunächſt noch
rledigen möchte; bisher war es ganz entschieden
im Plane. Wir ſind daher geneigt, eine Nachricht
zu bezweifeln, welche wiſſen will, diese Angelegen-
it ſollte erst nach der Vertagung abgemacht werden.
In der Sache ist der Bundesrath zum Abschluß ge-
langt ; man wird bezüglich des springenden Punktes,
der Freihafenfrage, Bremen immerhin entgegen-
kommen, wenn auch nicht in dem von dort ge-
Wünſchten Umfange. . Die Aussichten der Lon-
doner Conferenz über die ägyptiſche Frage geſtalten
fich augenblicklich nicht eben. günſtig. Hier hat man
er ganzen Angelegenheit von vornherein sehr kühl
HÜegenüber geſtanden und das Ganze als einen Handel
wiſchen England und Frankreich angesehen. Die
itſche Regierung wird denn auch aus ihrer bis-
?rigen gewiſſermaßen neutralen Stellung nicht her-
streten und nach wie vor lediglich bemüht sein,
. r jep hen Intereſſen bei Abwicklung der Frage
u wahren. ;
._. : Frankreich.
Paris, 4. Juli. In Toulon ist die Lage un-
verändert, bis Vormittags 11 Uhr waren ſieben
holeratodtesfälle angezeigt. Unter den Todten
findet ſich auch der Arzt «rſter Claſſe Dr. Borel.
IM Marseille sind bis heute Mittag zwei Todtes-
t s infolge der Cholera vorgekommen. Alle Stadt-
heile von Marseille ſind von der Cholera heim-
Fesucht, ausgenommen der Stadttheil Mempento,
vo sich eine Schwefelfabrik befindet. - Dr. Koch
, | um 1 Uhr in Toulon angekommen. Auf den
l gunſch des deutschen Botschafters, Fürſten Hohen-
he, iſt ihm alles, was zur Unterſuchung dienen
Inn, bereit geſtellt worden.
q Paris, A. Juli. Ferry konferirte heute mit
Vaddington.

; Der Marineminister erhielt ein weiteres Schrei-



ben des Dr. Rochard aus Toulon, worin derſelbe

inte wiederholt dahin ausspricht, daß die Epidemie
| üch oulon im Erlöschen begriffen iſt; dieſelbe könne
Ct Gt N ss r:
fte hygieniſche Konſultativcomite ſprach fich für
dus, ts'chtehung ; U t:. tit
îoßer f cri. vermeiden. rem

England.
ge 4. Juli. gn von Frankreich vor-
hrg achten Einwände gegen das englische Finanz-
hi gramm ſind folgende: Frankreich beſtreitet erſtens
drs Richtigkeit der Zahlenaufstellungen, aus denen
. Uſa von England vorgelegte ägyptiſche Budget sich
fe mmengesett; behauptet zweitens, daß die Herab-
: üneng des Zinsfußes durch Erhöhung der Einnahmen
Unt, Verminderung der Ausgaben überflüssig werde.
| hutßerdem tritt die Frage auf ob das Darleihen
ſej 2 Millionen zu niedrig oder zu hoch gegriffen
. ges Die Dauer der Conferenz wird auf 3 Wochen

. London,

ff.. Aus Nah und Lern. :
hi Mosbach, 3. Juli. Heute Vormittag wurde
?r die Prämiirung von Zuchtstuten und Stuten-

r . derjenigen Pferde vorgenommen, deren Besi-
uh um einen Staatspreis beworben hatten. Es
fr der Musterungskommission, bestehend aus den
ÚÊn : Oberst v. Chelius und Medicinalrath Lydtin

: qZarlsruhe, Bürgermeister Maßholder von Dau-
"th VBügermeisſter Ludwig vou Auerbach, im








— Li-Fong-Pao iſt hier angekommen.



#5 Pferde, 20 Stuten zur Zucht und 15

Veraniworilicher Redakteur Philipp Slansuer.
Sountag, den 6. Juli

ein- zweijährige Füllen, sowie die beiden Hengſte,
welche bei den Pächtern Vierling und Stähle ein-
gestellt sind, angemeldet bezw. vorgeführt. Nachge-
nannten Landwirthen: Vierling von Kirrſtetterhof,
Hillengaß von Breitenbronn, Negerer vom Mittelhof,
Schüßler von Neckarelz, Groß von Breitenbronn und
Schroff von Obrigheim wurden je eine Prämie von
40 Mark zuerkannt. ;

* Neckarbiſchofsheim, 3. Juli. Unsere Stadt
beging geſtern unter allgemeinſter Theilnahme des
Bezirks in erhebender Weiſe einen Freuden- und
Ehrentag, das Feſt der Wiedererrichtung des gr.
Amtsgerichts dahier. Vor allem prangte das in
jugendlicher Schönheit erſtrahlende neue Gerichtsge-
bäude in stolzeſtem Feſtgewande und von ihm zum
Rathhaus glich die Hauptstr. einer via triumghalis.
Schon in der Frühe des eigentlichen Feſttages be-
lebten sich die Straßen mit froh gesinnten Feſttheil-
nehmern und wurde das Bild ein noch farben-
reicheres, als um 9 Uhr eine Musikkapelle ihre heitern
Weisen, durch die Stadt marschirend, ertönen ließ.
Nachdem ſchon Abends zuvor der Vertreter der
Staatsregierung, Miniſterialrath Dr. von Jagemann,
hier eingetroffen war, versammelten sich dieſer und
die übrigen geladenen Feſtgäſte um 11 Uhr im
Rathhaussſaale hier. Vom Rathhaus aus bewegte
ſich dann der Feſtzug unter Vorantritt einer Abthei-
lung Feuerwehr mit Musik, an die sich die Vertreter
der Staatsregierung, der Stadtvorſtand, Bürger-
meiſter Neuwirth, die übrigen Festgäste, die Bürger-
meiſter des Bezirks, der hiesige Gemeinderath, die
Geistlichkeit, das Feſtkomite und die hiesige Ein-
wohnerſchaft, dazwischen auch der Kriegerverein und
der Gesangverein Singverein mit ihren Fahnen, an-
ſchloſſen, unter Böllersalven nach dem neuen Amts-

gerichtsgebäude, woselbſt in dem prachtvoll verzierten

Schöffengerichtsſaal der eigentliche Feſtakt und die
f U Jec Turgce, VM r § ss
der verſäume nicht, jett in die Weinberge zu N
um den Blüthenduft der Weinreben zu genießen.
Eine solche Blüthen- und Samenmenge an den Reb-
ſtöcken haben wir lange Jahre nicht gesehen. Das
Abblühen geht ziemlich gleichmäßig vor sich bei dem
jekigen heißen Wetter und dürfte bis Mitte nächster
Woche in allen Lagen vorüber sein. Wenn alles
hängen bliebe und reifte, würde es bei uns einen
überreichen Herbſt geben.

* Lauda, 2. Juli. Kaufmann B. von hier,
welcher seit einigen Jahren sein Geschäft mit großem
Schwung betrieb und anscheinend mit beſtem Erfolg,
iſt seit einigen Tagen + mit Zurücklaſung seiner
Familie — verduftet. Man vermuthet nicht mit
Unrecht das Land der neuen Heimat deſſelben möge
Amerika sein. Die hinterlaſſenen Schulden ſollen
ebenfalls ,„schwunghaft“ sein. + Der Stand der
Reben ist äußerſt befriedigend, da die Blüthe raſch
vor sich geht. Wie überall, wird sich in nächster

Zeit auch hier Futtermangel fühlbar machen.

* Borberg, 3. Juli. Von der Regierung wurde
der hiesigen Stadt gestattet, jeden ersten Mittwoch
eines Monats Viehmärkte abzuhalten und fand der
erſte dieses Jahres geſtern statt. Es waren etwa
400 Stück Großvieh von ausgezeichneter Beſchaffen-
heit beigetrieben und wurden einige 40 Stücke ver-
kauft. Bei der Neuheit des Marktes war dieser

:| Anfang ganz zufriedenstellend.

* Tauberbiſchofsheim, 3. Juli. Der Gautag
des Gauverbands der Gewerbevereine des Kreiſes
Mosbach findet nächſten Sonntag, den 6. Juli, im
Rathausſaale in Buchen statt. Wir laden unsere
Gewerbtreibenden dazu ein. Die Tagesordnung iſt:
1) Ablage des Rcchensſchaftsberichs; 2) Sollen
Zwangsinnungen oder freie Innungen eingefüh
werdén? ((Bericht des Gewerbevereins Tauberbischofs-
heim) hieran anſchließend 3) Bericht des Gewerbe-
vereins Mosbach über die Organisation des Hand-



werks ; 4) Bericht des Gewerbevereins Eberbach über



Rabattbewilligung.

Expedition Brunnengafſfe 24.
1884.

Lehrlingsausſtellungen und Lehrlingsprüfungen. +
Herr Geheimreferendär v. Stöſſer und vf leu
auch Herr Landeskommisſär Miniſterialrath Frech
wohnen der Situng an. . i G

VBermiſchtes.

-- Die geretteten Bergleute in Schwie n-
tochlo wit (Schleſien) haben folgende Aussagen
ft. lt hs r CO R
der Deutſchlandgrube, 200,000 Cubikmeter Waſſer
und Schlamm stürzten mit donnerndem Toſen herab;
in der Grube befanden sich 48 Bergleute, welche
sofort, die Katastrophe ahnend, sich in die höher
gelegenen Stollen flüchteten. Das Waſſer dringt
nach und sperrt ihnen jeden Ausweg ab; endlich
gewinnen 36 Mann eine geſchützte Stelle, Bruſt an
Bruſt, auf einigen Metern Raum zuſammengepfercht,
mit den Füßen im eiſigen Wasser, erwarten sie die
Rettung; von Zeit zu Zeit heben sie einen Choral-
geſang an, um ihren Muth zu stählen und ihren
Aufenthaltsort anzudeuten. 2 Lampen sind trop
eiliger Flut brennend geblieben und erhellen das
unterirdiſche Gefängniß, ringsum sind feuchte niedrige



Schwarzkohlenwände, zu den Füßen, ſtellenweiſe bis

an die Knie reichend, graue gurgelnde Wasſſermassen.
Am Freitag den 20. Juni mittags war der Einbruch
erfolgt, 3 Tage später, am Sonntag, beginnt das
Waſſer zu fallen, bis dahin hatten die Bergleute
den Rest ihres Lederzeuges zur Stillung des Hungers
gekaut, als Getränk wurde das Schlammwaſſer be-
nutzt. Nachdem das Brauſen des abziehenden Waſ-
ſers nachgelaſſen, hören die Verunglückten aus dem

benachbarten Schachte ein leiſes Rufen. Am Strick

wird ein Bergmann in die Dunkelheit hinabgelassen,
der Strick reißt, der in die Tiefe ſtürzende Berg-
mann bleibt aber in dem weichen Schlamme unver-
lest und findet 7 andere verschüttete Bergleute.
Den 35 im höheren Schachte verlöſchen wegen
ſchlechter Luft am 5. Tage die Lampen und an
Ende beginnen die Hungerdelirien. Im halben To-
deskampfe werden noch einige Dynamitpatronen ent-
zündet, dieſelben explodirten ohne Schaden und ge-
ben den nahenden Rettern das letzte Zeichen. Alle
werden nach 170 Stunden des Lebendigbegraben-
seins gesunden; im Augenblick der Rettung haben
die Bergleute 40 Pulsſchläge in der Minute, ale

| sind fürchterlich schwach, aber die Herstellung sicher.

Der Grubenbesißker, Graf Donnersmarck, schenkte
dem Steiger Reifland, welcher todesmuthig die Retz
tung leitete, 3000 Mark. | .

Lokales.

* Heidelberg, 5. Juli. (Verſammlung der Wähler
der Mrittelbeſteuerten.. Die auf geſtern Abend in die Har-
monie anberaumte Versammlung der Mittelbesteuerten
war ebenfalls schwach besucht. Herr Rektor Thorbecke
führte in derselben den Vorsitz und ergreift zuerſt Herr
Dr. Fehr das Wort. Er empfiehlt den Wählern nur err



probten Männern, welchen nachgewiesenermaßen das LGyh! Ä
der Stadt am Herzen liege, die Stimme zu geben. Die
Commiſsion habe diesen Standpunkt ebenfalls eingenommen
und deßhalb die bewährten Kräfte wiederum s:; die Li e -
gesetzt, die Namen derjenigen aber weggelassen, welche das
weiſ tu has ſrltverhäutai) dur Yiillteiizuctien gejen:
über den Höchſtbeſteuerten in der vorliegenden Liste hin,

worauf ihm nachgewieſen wurde, daß dies doch nicht dere
Fall iſte Herr Privatmann Schweiß tadelt den Modus,
immer wieder die gleichen Leute zu wählen, nicht nur im
den Bürgerausschuß, sondern auch in alle Kommissionen ec.
Wer einmal etwas in Händen habe, der behalte es,
ohne Rücksicht auf andere Leute, die das gleiche Interesse
an der Stadt und die Jleiche Befähigung hätten, was
Herrn Ditteney zu der Bemerkung veranlaßt, daß man

ja die Leute trotz der größten Anstrengungen nicht hei-

bringe, wenn alle das gleiche Intereſſe zeigten wie der
Vorredner, wäre momentan der Saal der Harmonie mit

Wählern gefüllt, so seien es aber nur 45. Herr Schwe

weißt darauf hin, daß man es leider in der Stadt Zur:
berg gewöhnt sei, daß in der Harmonie alles gemacht
werde. Er habe auch ein Herz für seine Vaterſtadtt unn
als alter Heidelberger ein großes Interesse an deren Wo
und Wehe. Herr Anwalt Leonhard weiſt den Vorwu

zurück, als wollten ſich


 
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