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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 26 - No. 50 (1. Februar - 29. Februar)
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Expedition Brunnengafſfſe 24.

Teidelber

Yerantwortlicher Redakteur Philipp Klausner.

Rabattbewilligunge

Expedition Brunnengaſſe 24.



M 27.

Deutſches Reich.

Berlin, 31. Jan. Die heutige erſte Ausfahrt
iſt dem Kaiser sehr gut bekommen. Im Palais des
Kronprinzen fand heute ein größeres Diner ſtatt,
woran der russiſche, türkiſche und französische Bot-
ſchafter und desſen Gemahlin, der Minister Graf
Hatzfeld, General Caprivi, Staatssekretär Stephan
und Andere Theil nahmen. An das Diner ſchloß
ſich eine größere Soirée, welcher der Prinz nnd die
Prinzeſſin Wilhelm und die Meiningen’ſchen Herr-
ſchaften beiwohnten.

Darmſtadt, 30. Jan. Man ſchreibt der ,„N.
Fr. Pr.“: „Es gewinnt immer mehr den Anſchein,
als ob die Verlobung der Prinzesſin Eliſabeth, der
zweiten Tochter des Großherzogs mit dem Großfür-
ſten Sergius von Rußland wieder gelöst werden
würde. Wie verlautet, sind es Bedenken konfesſio-
neller Natur, die zur Aufhebung dieſes Bündnisses
führen dürften. Wenn es heißt, daß Verhand-
lungen bezüglich des Uebertritts der Prinzessin zur
ttt t. § cu z
kung darüber, daß die Treue, mit welcher die Mit-
glieder des großherzoglichen Hauſes zu der evang.
Kirche ſtehen, jeden Verſuch derartiger Verhandlungen
von vorherein ausſchließen.

Dresden, 29. Jan. In der ſächsiſchen zweiten
Kammer wurde heute der Antrag, die Regierung
zu erſuchen, dem gegenwärtigen Landtage noch ein
Gesetz vorzulegen, wonach böswillige und ſchuldbare

Steuerreſtanten einem Verbote des Beſuches von |

Schank- und Tanzſstätten unterworfen werden dürfen,
nach heftigen Angriffen von Seiten des ſolialisſtiſchen
Abgeordneten Bebel zur Schlußberathung verwießen.
Wegen der ſchweren Erkrankung der Prinzeſſin
Georg, in deren Befinden eine Beſſernng nicht ein-
fp f wurde der auf morgen angeſettte Hof-
ball abgesagt.

Desterreich-Ungarn.

Im öſterreichiſchen Abgeordnetenhauſe iſt
geſtern endlich die große Sprachendebatte zum Ab-

Ein Millionär.
Original-Novelle von F. Klinck.

(Schluß).

Seine Verbrechen kamen nicht offen zu Tage,

sher man erfuhr doch genug, um ihn nicht zu be-
auern. : , ;

"en. Gutherz verlebte seine leßten Tage in
Erich's Hause, aber prakticirte noch, fo lange es ihm
möglich war. Alle Armen und Unglücklichen waren
ſeine Kinder und manches stille Gebet folgte dem
würdigen Greiſe, als er abgerufen wurde aus dem
Leben, welches er einzig und allein der leidenden
_ YMenſchheit gewidmet hatte.
Martha Helms hatte er in einem Privat-Kranken-
hauſe als Wärterin untergebracht, in welchem
dieſelbe noch heute eine Stellung bekleidet, die sie
vollkommen vor Mangel und Sorge ſchütz.
Frau Weigelt mußte eine Gefängnißſirafe ver-
büßen; sie gerieth nach Ablauf derſelben in Noth
§ j ts tu Emilie ?
/ Es war ein enges, dunkles Zimmer in einem
Uuisitts W. mäßüher' ie ß cue
Frau. Sie war, in Anbetracht ihrer Umgebung,
lr ur z 14:4
îrmliches Gewand. Der reiche Sammetbesat des
leides war abgeſchabt, die Seide dünn und faden-
&heinig geworden, und der Feten eines Schleiers
umrahmte ein bleiches, ſcharf markirtes Geficht, um













Hamttag, den 2. Februar

schluß gelangt. Ueber die Sitzung, die überaus
ſtürmiſch verlief, meldet man aus Wien: „Nach
einer Rede des Generalredners Czartoryski, welcher
verſucht, den Vorwurf der Poloniſirung zurückzu-
weisen, nach einer faſt dreiſtündigen Rede des Re-
ferenten Sturm, der die Berechtigung der deutschen
Staatssprache mit glänzendem Erfolg nachweiſt, nach
einer faſt zweiſtündigen gewandten Rede des Re-
ferenten Nadejski, welcher in der deutschen Staats-
ſprache eine Beeinträchtigung der übrigen Nationali-
täten erblickt, wird zur namentlichen Abſtimmung
über die von Grocholski beantragte motivirte Tages-
ordnung geſschritten, welche mit 174 gegen 167
Stimmen abgelehnt wird. Koloſſaler, dreimal wieder-
holter jubelnder Beifall auf den Galerien. Präſi-
dent Smolka droht mit Räumung der Galerien.
Die Ministerabgeordneten fehlen bei dieſer Abstim-
mung. Dann folgt die namentliche Abstimmung
über die einfache Tagesordnung, welche mit 184
gegen 156 Stimmen abgelehnt wird. Wieder großer
Beifall auf den Gallerien. Nachdem sich für den
Antrag Schoenerer nur zwei Stimmen erhoben,
kommt der Minoritätsantrag Wurmbrand zu nament-
licher Abstimmung. Die früher fehlenden Miniſter-
abgeordneten erscheinen jetzt; lautes, anhaltendes
Gelächter auf der Linken, „Dho“ und Zischen auf
den Galerien; wenn ein Minister mit „Nein“ stimmt,
wüthendes Ziſchen, „Hört, hörk'“ und „Pfui“ auf
den Gallerien, besonders bei der Abſtimmung Falken-
hayn's und Pino's. Der Präſident bittet das Haus,

den parlamentariſchen Anstand zu bewahren. Schoer-

nerer ſchreit ; „Das Parlament kann in jedem Lande
ſein Mißfallen äußern!“ Der Antrag wird ſchließ-

lich mit 186 gegen 155 Stimmen abgelehnt, da

der Coronini-Club und die Deutſchconservativen bis
auf den einzigen Abgeordneten Lienbacher, der unter
Bravos „Ja !“ sagte, dagegen stimmen, und die
Ruthenen sich entfernt haben. Vorher hatten Fuchs
und Neumayer mit Lienbacher gestimmt. Die Ver-
kündigung des Reſultats wird mit betäubendem
Lärm, Pereatrufen, Stampfen und Zischen auf den
Galerien aufgenommen. Der Präſident ordnete die
Räumung an, welche den Hausordnern große Mühe



f deſſen Mund ſich ein Zug unaussſprechlicher Härte |

und Bitterkeit gelegt hatte.

Der Abend brach herein. Die Frau erhob ſich
von ihrer Arbeit, einer feinen Stickerei + sie konnte
nicht mehr ſehen. Aus einem Wandſchränkchen nahm

| sie eine kleine Lampe, zündete dieselbe an und nahm

ihre Arbeit wieder auf. ;
Stunde auf Stunde verrann. Sie nähte mit un-
ermüdlicher Geduld, ob auch die Hände erstarrt

waren und die Augen ſchmerzten. Die Mitternachts-

ſtunde hatte die nahe Thurmuhr bereits verktindet,
da ließ sie die Hand mit der Nadel sinken – denn
die Lampe war im Verlöſchen. ;

Es bedarf nothwendig eines Commentars zu
dieſer Situation, in welcher ſich Emilie Hochheimer
befand, denn Niemand anders als sie, die einſt viel-
bewunderte und gefeierte Gattin eines Millionärs
war die arme Frau in dieſer trüben Umgebung,
welche sich von dem kümmerlichen Erwerb ihrer
Hände ihr einsames Dasein friſtete.

Hierher war sie geflohen und hier wollte sie
bleiben. Hier fragte Niemand, wer ſie sei, hier ſah
man nicht mit Verachtung auf sie herab.

Damals als sie mit einem namhaften Vermögen
in der Taſche das Haus ihres Gatten verließ, und
den Mann aufsuchte, der sie zu lieben vorgab, und
von dem sie erwartete, daß er ihr mindeſtens ein
genußreiches Dasein verschaffen würde, ſah sie sofort
ein, daß sie sich in ihm getäuſcht; aber es war zur
Umkehr zu spät. Der Lieutenant Reinfeld suchte
bald den Kopf aus der Schlinge zu ziehen, worin

er sich gefangen hatte. Eines Morgens fand sich | ,,

Emilie allein + ohne ein Wort des Abschieds war

er abgereiſt. Wohin? Sie hörte nie mehr etwas





England.

London, 30. Jan. Es iſt nunmehr entgil,ng.
feſtgeſtelt, daß die Königin bei der Hochzeit ihren.
Enkelin, der Prinzeſſin Victoria von Heſſen:- Damm
stadt mit dem Prinzen Ludwig von Batteblenez.
zugegen sein wird. Sie verläßt Windſor im de.
zweiten Hälfte des März um ſich nach ihrer vlan.
in Baden-Baden zu begeben. Von dort reiſt ſe an
15. April, dem für die Hochzeit feſtgesetßten Tee.
nach Darmstadt, und kehrt am ſelben Nachmtza a.

nach Baden zurück. Auch der Prinz und die Prin-

zeſſin von Wales, der Herzog und die Herzogn .
von Albany ſowie der Herzog von Cambridge weren.

der Hochzeit beiwohnen.

London, 31. Jan. Wie den „Daily Nwsn.
aus Trinkita vom 28. d. M. gemeldet wird, lannten.
Baker Paſcha mit 1600 Mann. Weitere 2000wWiren.
morgen von Suakim erwartet. Baker Paſcha une.

188.

macht. Dann wird auch noch Corinini's Vermite.
telungsantrag gegen den Coroni-Club abgelenten.

ger Tageblatt

Heidelberger General-Anzeiger.

Anzeigen: die Il-ſpaltige Petit- ie
zeile oder deren Rum 5 Pfg.
für auswärts 10 Pfg. tc

Bei mehrmaligem Erſcheinen .



handelte mit den zwischen Maſſaua und Triniten.

beſindlichen Araberſtämmen, um den Vormaſch zum
Entsatz von Tokur zu ſichern. /

Rußland.

Die Londoner Telegraphen-Agentur „Central u
News“ veröffentlicht folgende ihr angebiei z aan.



Charkow vom 26. d. M. zugegangene Nachricht:. .
„Der Gendarmenoffizier Ssoboljew, welche vm.

dem Oberſt Sſudeikin hierher gesandt worden war, .

um Unterſuchungen über die nihiliſtiſche Organisa-

tion anzuſtellen, wurde heute Abend erdolcht. Durch .
dieſes gräßliche Verbrechen zu größerem Eifer ange. .
feuert, verdoppelte die Polizei ihre Ansſtrngugm

und entdeckte am nämlichen Abend eine geheime



Druckerei, in welcher eine Maſſe von Briefen ve.

gefunden wurde, die zwischen den Führem de..
Terroriſten gewechselt worden sind. Die Dokumnte.
bewiesen, daß ein allgemeiner Bauernaufſtann imm
Klein-Rußland geplant worden war und das en.
Komplott bestand, einen Angestellten der kaiſerlienen.
Bäckerei zu bewegen, das für die kaiserliche Familen.

bestimmte Brod mit Strychnin zu vergiften. Zahl- .



von ihm und veräußerte ihre lettten Koſtbarkeiten, .
es war nicht viel mehr geweſen + nur Kleinigke ien.

Kaum ein Jahr, nachdem Emilie ihren Gen.

verlaſſen, begann für ſie ein Leben voll Ent:
behrungen. Nur durch die Wohlthaten ihrer Familie

friſtet sſie noch heute ihr fluchbedecktes Leben.

Die Strafe des Himmels hatte die Schullien.
ſchnell ereile. Der einst so angesehene Million.
endete + im Jrrenhauſe und seine einſt ſo hoen.
müthige, stolze Frau war eine + Bettleen.



Ö. Zu früh. Ein Doktor, der bei einervornhmen .
Dame seine Krankenbeſuche gewöhnlich ungefälr um

zwölf Uhr des Mittags abgemacht hat, kommt eines
Tages ſchon um neun Uhr. Zofe (die ihn empfängt):
Ach Gott, Herr Doktor, da müſſen Sie ſchon et-
was später noch einmal wieder kommen, so früh iſt
unsere gnädige Frau noch nicht krank.“



~ Kindermund. Agnes. Warum weinſt Du
denn, Tante Roſa? — Tante Rosa: Ich habe mir

eben einen Zahn ziehen laſſen und das schmerzt
sehr. Agnes. Biſt Du aber empfindlich, Tante..
Meine Mama nimmt ſich jeden Abend alle Zähne z

heraus und verzieht keine Miene dabei.



Im Theater. Zwei Landleute gehen ins Theate
wo ein Schauſpiel gegeben wird. Jm zweiten Ac
kommt ein Gewitter vor; kaum war der zweite










 
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