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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 51 - No. 76 (1. März - 30. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44124#0311

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Expedition Brunnengaſfe 24.

é 73.



Deutſches Reich.

Berlin, 23. März. Der Kaifer hat dem Com-
mandanten S. M. Schiff „Sophie“, Corvettencapitcäin
Stubenrauch und der Mannſchaft der Corvette für
die entſchloſſene und geschickte Durchführung einer
Landung zum Schutze deutscher Ansiedler gegen feind-
liche Neger in Little Popo an der Weſtküſte Afrikas,
seine Allerhöchſte Anerkennung aussprechen laſſen
und gleichzeitig befohlen, daß ein altes Neubranden-
burgiſches Geſchütz, welches die Corvette „Sophie“
aus dem alten Fort Groß-Friedrichsburg an der
Küſte von Weſt-Afrika, an Bord genommen hat, einen
Platz in der Geſchützſammlung des Berliner Zeug-
hauſes erhalten soll. Der erſte Öffizier der „Sophie“,
Capitainlieutenant von Trütſchler und Falkenſtein,
der die Landungstruppen (120 Mann mit den Lieute-
nants von Usedom, von Dombrowsk und Bachmann)
bei Little Popo befehligte, erhielt den Rothen Adler-
Orden. Bei der Landung Follen 1 Schwarzer ge-
tödtet und 11 Schwarze verwundet worden ſein ;
zwei Häuptlinge wurden gefangen genommen und
werden dem Vernehmen nach bei Rückkehr der
„Sophie“ in Wilhelmshaven abgeurtheilt werden.

Die Stärke der Fraktion im Reichstage iſt
augenblicklich folgende: Deutsch - Conservative 52,
Deutſche Reichspartei 24, Centrum 106, Polen 18,
Nationalliberale 45, Deutſch-Freiſinnige 99, Volks-
Y! , Sttigldetuskeatez 13, Wilde 27, erledigte

andate 3.

Schwerin, 24. März. Herzog Paul Friedrich
hat für ſich und seine Descendenz auf alle Erb-
folgerechte in Mecklenburg verzichtet, und zwar in
der Weiſe, daß seine nachgeborenen Brüder und
deren Descendenz ihm und seiner Descendenz vor-
gehen, nach deren Aussterben jedoch das Erbrecht
des Herzogs und ſeiner Descendenz wieder unter
der Bedingung in Kraft tritt, daß der Erbfolgebe-
rechtigte zur protestantischen Kirche überzutreten hat.
JFrarnkreicg.

Paris, 25. Rt yr!tete. von der äußerſten
Linken, begründete seine Interpellation Betreffs Ma-
dagaskars und verlangte, ohne die Politik der Re-



Die heimliche Ehe.

Eine wahre Criminalgeſsſchichte.



3. Fortſezung.
tu 2:60: 24!.;
ſäule da stand, ohne daß sie der Sprache mächtig
war. Endlich begehrte sie allein zu sein. Sie blieb
es über eine Stunde, ſchickte dann nach dem Rich-
ter, der ihre Unterſuchung führte, und ließ ihn um
ein augenblickliches Verhör bitten.

„Rath H., ein sehr braver, achtungswerther
Mann, verwunderte sich sehr, daß Agnes, ohne ihren
Rechtsbeiſtand zu Rathe zu ziehen, zu solch unge-
htte Zeit sich wollte vernehmen lassen, doch ging
er zu thr.

v fand Agnes ungewöhnlich blaß, jedoch in
in ziemlicher Gemtthsruhe, im Zimmer auf und
niedergehend. ,Verzeihen Sie,“ redete sie den ein-
tretenden an, „vaß ich Sie zu ſolch ungewöhnlicher
Zeit zu mir bemühe, allein ich habe Ihnen ein Ge-
ſtändniß abzulegen, daß keinen Aufschub leidet.
Meine Mutter iſt, wie ich höre, todt, ich darf nun
nicht mehr fürchten, ihren Kummer zu vergrößern,
ich darf vor ihrem Fluch nicht mehr zittern, und
ſo bekenne ich, das Verbrechen, deſſen ich ange-
klagt bin, das ich so lange leugnete, ich bin die
Mörderin meines Kindes.“

„Sie, mein Fräulein, die Mörderin Ihres Kin-
des? Unmöglich,“ unterbrach sie Rath H. „Sie sind
krank, den Schmerz über den Tod Ihrer Mutter



Heidelberger



H







Verantworllitzer Redakteur Philipp Klausner.

Vouuerſtag, deu 27. März

TRI:

gierung kritiſiren zu wollen, Aufklärungen. Sämmt-
liche Redner sowohl der Rechten wie der Linken
ſtellten die Rechte Frankreichs auf Madagaskar als
unbeſtreitbare und unbestrittene dar und forderten
V Mt ts teten ret Zu
vertagt. Morgen wird die Kammer die Wahl der
Budgetkommission vornehmen. In Folge der Er-
klärungen der die Mehrheit bildenden Gruppen, die
M Budgetkommission auszuſchließen,
beſchloſſen die Mitglieder der Rechten, morgen an
der Berathung in den Bureaux der Kammer nicht
Theil zu nehmen.

Paris, 25. März. Einer Havasmeldung aus
Madrid zufolge hätte die spanische Regierung der
deutſchen Regierung die Errichtung einer Kohlen-
und Proviantſtation für die deutſchen Kriegsſchiffe
auf Fernandv Po in der Bai von St. Iſabella geſtattet.

Italien.

Ronmr, 25. Merz LL „Raſſegna“ zufolge soll
die neue Kabinetsbildung bis morgen Abends er-
folgen. Der Kanditat des Ministeriums für die
atruerprähdentttnkt. soll Hianthet sein.

j en.

In der Umgegend uu Suakin machen die eng-
liſchen Truppen faſt täglich Rekognoszirungen in
immer entferntere Orte und heute ſollte die ganze
Streitkraft an einem Punkt 15 Km. nordwestlich von



iſt. Es gilt einen Handſtreich auf Osman's gegen-

lich gesinnt gegenüber der rekognoszirenden Kavalle-
rie. Von Berber waren 40 Männer, Weiber und
Kinder von dem Brunuſtamme in Kokabi zu Central-
afrika angekommen; ſie sehen erbärmlich aus und
es ſcheint, als ob sie Sklaven wären.“ Sie verließen
ihre Heimath vor zwei Jahren und beabsichtigen,
nach Mekka zu gehen. Es sollten noch 200 Leute
von demſelben Stamme ankommen; ſie hatten an-
geblich nichts vom Mahdi gehört. Den Weg von
Berber fanden sie offen und die Araber sahen sie
nach dem Weſten zu fliehen. i





mich entfernen und Ihnen einen Arzt herſenden.
Morgen, morgen, wenn Sie ruhiger find, will i
Sie sprechen und das Verhör wieder mit Ihnen
aufnehmen, bis dahin will ich glauben, daß Sie
mich getäuſcht haben.“

. „Agnes bestand darauf, sie rede die Wahrheit,
und nur aus Schonung für ihre Mutter habe ſie
das Verbrechen, das auf ihrem Gewisſen laſtet, bis
jießt geleugnet. Der Tod habe ſie dieſer Pflicht,
* für die sie es gehalten, :- entledigt, und nun
wäre sie entſchloſſen, alle näheren Umſtände von dem
Morde zu entdecken.

„Was konnte Rath H. machen? Mit Entsetzen,
Schmerz und Mitleid schrieb er ihre Aussage nie-
der, und eilte dann zu meinem Manne, dem er
mittheilte, was er ſo eben vernommen hatte.

„Wie sehr dieser erſchrack, können Sie denken;
eine einzige Viertelſtunde hatte nun alle seine Be-
mühungen, seine Sorgen, seinen Fleiß und seine

GeneralIn

Suakin marsſchiren, wo eine neue Seribe hergeſtelltt | S

wärtiges Lager, 15 Kni: von der erwähnten Seribe | i
entfernt. Die Eingeborenen zeigten sich bisher freund- | gege















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Expedition Brunuengaſſe 24.

tz’

Aus Nah und Lern.

H.. Rohrbach, 25. März. Unserer Gemei
ſteht eine sehr seltene Feier bevor, welche ich n
unterlassen will, Ihnen mitzutheilen. Am 7. Ap
begeht nämlich das Kaltſchmid'ſche Ehepaar das Feſt
der diamantenen Hochzeit. 60 Jahre haben sie nun
in Friede und Eintracht gelebt und freut ſich Ju
und Alt mit ihnen die Feier feſtlich zu begehen.

[?] Mannheim, 24. März. Samſtag, 22.
Nachmittags 4 Uhr, fand in den Baumſchulgär
die feierliche Grundsteinlegung zum neuen Log
gebäude der Geſellſchaft „Karl zur Eintracht“ sta
In den Grundstein wurden eingelegt: das Statut
der Geſellſchaft, ein Mitgliederverzeichniß derſelben,
sowie je eine Nummer der an diesem Tage hier
erſchienenen Tagesblätter. Etwa 40 bis 50 . Mit:
glieder hatten dem Atte beigewohnt. s

© Heddesbach, 25. März. Vergangenen Frei:
tag ließ eine Frau ihre beiden Kinder von 2 und.
3 Jahren in der Küche allein um Waſſer zu hole
Gleich darauf hörte der hiesige Acciſor Heiß das-
Jammergeschrei der Kinder. Das jüngste Kind kam
Herrn Heiß in Flammen entgegen, mit aller Mü
konnte er das Feuer löſchen, wobei er selbſt Bran
wunden erlitt. Trot ärztlicher Hülfe erlag heu
das arme Knäbchen seinen entſetzlichen Leiden.
# Tauberbiſchofsheim, 23. März. Es hat d



Auszahlung: 1878 2550 Mk., 1882 4630 Mk,
1883 6590 und 1884 8200 Mk. Rechnet mam zu
den lettten noch die Familienstipendien, so beläuft
ſich die Summe der 1884 zur Vertheilung kommen-
den Stipendien auf rund 10,000 Mek. u

Wertheim, 283. März. Die am 298. d. hien.
vorgekommene Ver ſpätung von tber einer Stunne
bei dem um 2 Uhr 10 Minuten nach Mergenthim
abgehenden Nachmittagszuge ist auf die Entgleiſung











Anstrengungen vernichtet, hatte ihm einen neuen
Kampf mit dem Geschick auferlegt. ;
„Mein Mann eilte augenblicklich zu Agnes, bat
und beschwor sie, doch genau zu überlegen und mit
ſich zu Rathe zu gehen, ehe ſie ſich eines ſo ſchweren
Verbrechen bezichtige, vergebens, sie hörte nicht auf
ihn. Vergebens warf ich mich in ihre Arme, und
flehte unter Thränen, doch zu bekennen, was sie zu
dem unseligen Schritte nun mit einem Male be-
wogen, da ſie doch früher, und gewiß mit Recht,
behauptet habe, sie ſei unſchuldig, sie blieb aber bei
der Erklärung: „Ich habe gemordet und verlange
den Tod; denn ich verdiene ihn.



hat Ihnen die Sinne verwirrt. Was Sie mir so
eben ſagten, geſchah in höchſtem Fieber, ich werde



„„Mit der größten Genauigkeit erzählte sie, daß
ſie das Kind unmittelbar nach der Geburt in ihrem

tigte. t6s an demUnglücke seiner
Fe
tes Ieſgite der ihr seine Verzeihung zufichert,
übergeben r .
Augenblicke ihres Todes erleichtere.

— „erſährt die Unglückliche, welch Schicksal sie er-
wartet? Und kann ich ſie wohl sehen, zu der Zeit,
wo sie es erfährt?“ :












des Tenders der leeren Maſchine in der Nähe eins..
Erzenters zurückzuführen. ;

Bette erſtickt, bevor sie es ihrem Kammermädchn

c< | übergeben habe, die in dem Wahne gestanden. den.

ſelbe sei todt zur Welt gekommen. Ohne Bedenken habe
daher Rosette die heimliche Bestattung der Leiche
übernommen. .
„Nach dieſem Geständnisse, das Agnes ohne die

geringſte Abweichung bei jedem Verhöre wieder-
holte, wurde ſie nun zum Tode verurtheilt, und
s ;;;;6 > ti Tag,' an dem ſich ihr ſchreckliches
Schicksal erfült. Lt;

fut ſchloß die Frau meines Freundes ihre
Erzählung — will sie seit längerer geit ſchon nicht
mehr ſehen, sie beſchäftigt ſich blos mit Lesen geist:
licher Bücher, ihr Gemüth iſt ziemlich ruhig; über
die Vergangenheit ſpricht sie nur dann, wenn ihre
Richter sie dazu auffordern. Herr von Lindau ist“ .
ſchon seit einigen Monaten auf einer weiten Reiſſen.
begriffen, um nicht gegenwärtig zu sein, wenn das
enlſeßliche Urtheil an seinem einzigen Kinde voll
zogen wird. Das Bekenntniß von Agnes Schuld

Bewußtsein, vielleicht

zu sein, muß ihm quälende Empfindunen.
Er hat dem Gerichte einen Brief an Ag-

dem letzten Morgen ihres Lebens

ſoll, damit sein Inhalt ihr die

„Morgen alſo“ — fragte ich meinen Fremd.

_ cForsezung folgt)
 
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