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Expedition Brunnengaſſe 24.
Heidelberger General-Anzeiger.
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Expedition Brunnengaſſe 24.
M 113.
Der cineſiſch-franzöſiſche Friedensſchluß.
Der Kaiser und die Republik, des langen Haders
müde, haben Friede gesſchloſſen; einen Krieg beendet,
welchen überhaupt geführt zu haben nie jemand,
weder Frankreich noch China, recht hat zugeben
wollen. Die ſeit länger denn Jahresfriſt spielende
Tonking-Angelegenheit hatte ihren Ursprung in der
Sucht Ferry's, die Colonialpolitik der französischen
Republik zu erweitern; eine Politik, die sich inson-
derheit auf das Delta des Rothen Flusses erſtrecken
ſollte. Ehina, welches seine Hoheitsrechte dem wach-
senden französischen Einfluß nicht preisgeben wollte,
ſuchte vergeblich dem Ansturme zu begegnen. Aber
weder der Guerrillakrieg der „Schwarzflaggen“,
einer zuſammengelaufenen, aber doch ziemlich ge-
fährlichen Freibeuterſchaar, noch die Unterſtütung
dieser Elemente durch reguläre chineſiſche Truppen
hatte den gewünſchten Erfolg. Der chinesische Bot-
ſchafter in Paris, Marquis Tseng, siedelte auf seinen
andern Posten nach London über und der Krieg
zwischen China und Frankreich war im Gange, ohne
daß man dessen recht Wort haben wollte.
_ Das erste Drittel des neuen Jahres hat mit
der acuten Entwicklung auch die ſtrategiſche Ent-
_ HYtcheidung gebracht; die feſten Plätze wurden mili-
täriſch genommen, wenn auch die dabei aufgewen-
- dete Mühe nicht ganz der Größe des darob erho-
benen Siegesgeschreies entſprach. Weniger durch
diese militäriſchen Erfolge der Franzosen, als viel-
mehr durch bisher noch nicht ganz aufgeklärte Ein-
flüſſe wurde der Sinn der paolitiſchen Leiter am.
Hofe zu Peking umgestimmt, und der ſtreitbare
Marquis Tseng durch den in Berlin jedenfalls zu
_ andern Anschauungen und Schltiſsen gelangten Li-
Fong-Pao ersetzt. Damit war die Friedensſtimmung
am Hofe zu Peking offenbar geworden und so kann
die geſtern Nachmittag bekannt gewordene Nachricht
von dem Abschluß eines
mehr allzu sehr überraſchen.
Jules Ferry scheint auf Grund der neuen Lage
geſchicktt und schlau gehandelt zu haben; ein von
ihm mit geheimen Vollmachten an Li-Hung-Tſchang
Die Fraukenburg.
Roman von Marie Romany.
(30. Foryetzung.)
Zwölftes Kapitel.
Der Monat Auguſt hatte eine nie gekannte Hitze
über Stadt und Land gebracht. Das Gras ver-
dorrte, die Blumen senkten ermattet ihre Köpfe zur
Erde, das Laub welkte, der Landmann stöhnte, das
Vieh erkrankte im Sonnenbrand ; aber Clothilde von
Sternenberg ward nicht einen Augenblick wankend
in ihrem Vorsatz; sie eilte zur Hauptstadt, wo sie
im Hotel der „Vier Jahreszeiten“ ihr Absteigequartier
nahm. /
hi ruhig schüttelte der Profeſſor mit dem Kopfe.
Seit sieben Jahren war er als Erzieher des Knaben
auf dem Schlosse, aber niemals hatte er an Clot-
hilde eine derartige Laune bemerkt, auch gab die
| Dame mit keinem Wort einen Grund an; ſobald
der würdige Mann nur die entfernteſte Bemerkung
rückſichtlich dieses Aufenthalts in der Hauptstadt
fallen ließ, machte sie eine ungnädige Miene und
brach mit irgend einem despotiſchen Worte die Rede
ab. Bald nach ihrer Ankunft in München hatte
Clothilde eine Einladung an den Grafen ergehen
laſſen, und zu ihrer Freude leistete auch Victor dieser
Aufforderung Folge; er stattete ihr wiederholte Male
einen Besuch ab, und sein Entgegenkommen dabei
war ſtets frei, seine Rede gemeſſen und in jeder
Beziehung hochachtend und würden.
Graf Victor hatte in Berlamo dieselbe Nachricht
. erhalten, die ſchon vor Jahren Clothilde mit nach
Deutschland gebracht; er wußte jett, daß Annetta
Friedensvertrages nicht
Schlummer geplagt. ,
Yonnerftag, den 15. Mai
geſandter Fregattencapitän Fournier hat die große
That vollbracht und China zum Frieden mit Frank-
reich bewogen. Eine ſsolenne Feſtſchmauſerei hat
dieſen neuen Vertrag besiegelt. Die Bedingungen
scheinen für Frankreich sehr vortheilhaft zu sein,
und außerordentliche Begünstigungen des französischen
| Handels sind ja das Heilmittel, welches Ferry der
ſchwer darnieder liegenden franzöſiſchen Geschäfts-
welt zugedacht hatte ; daß Ferry im Parlamente
vorher anderes in Aussicht geſtellt hatte, darauf
kommt es für ihn nach diesem Erfolge nicht mehr an.
Freilich iſt der Friede zunächst nur zwiſchen den
beiden Regierungen abgeschkoſſen worden ; der kleine
Krieg wird wohl noch ein Weilchen fortdauern, da '
die chineſiſche Regierung selbſt auf die Schwarz-
flaggen und sonstigen Freibeuterſchaaren gar keinen
auf Frieden hinwirkenden Einfluß hat. Erſt neuer-
dings wird aus Haiphong vom Sonntag gemeldet,
daß eine franzöſiſche Abtheilung von 400 Mann
leichten algieriſchen Fußvolkes seit zehn Tagen die
Freibeuter im Elephantengebirge und in den öſtlich
von Quang-Yen gelegenen Höhenzügen verfolgt habe.
Nach vielen Scharmützeln ist es am Samſtag zu
einem vierſtündigen harten Kampfe gekommen, bei
welchem die Franzoſen einen Todten und fünf Ver-
wundete hatten; auch der franzöſiſche Befehlshaber
wurde schwer verwundet. In ähnlicher Weiſe wird
es wohl noch eine Weile gehen, und mancher ton-
kingeſiſchen nnd franzöſiſchen Mutter Sohn in das
Gras beißen mtüſjen, bevor das schwierige Land be-
ruhigt iſt und für die französischen Handelsinteressen
vollkommen nutbar gemacht werden kann.
Der französische Friedenserfolg hat aber noch
eine andere weitergehende politiſche Bedeutung, welche
ſich gegen Großbritannien richtet. Die englische Re-
gierung wird zu dieſem ſich hauptſächlich gegen sie
richtenden fränzösiſchen Erfolg sehr ſauer ſehen.
Was will sie aber beginnen? Bis an den Hals steckt
ſie im ſudanesiſchen Wüſtensand, der ihr die Augen
beizt und die Glieder lähmt. England wird wohl
oder übel die Thatsache hinnehmen müssen, daß der
unbequeme Rachbar in Oſtaſien feſtern Fuß denn
je gefaßt hat; muß es ſsich gefallen laſſen in dem
längst nicht mehr lebte, daß auch das Zwillings-
paar als todt zu betrachten sei; er hatte somit keine
Ursache, der nunmehrigen Gräfin von Sternenberg
nicht die Ehre zu geben, welche ihr als der Wittwe
seines Freundes gebührte und auf die sie auch im
vollſten Maße Anspruch érhob.
Somit wären im Entſtehen ſchon alle Händel
über dieſe Angelegenheit beseitigt gewesen, und Clot-
hilde hätte nicht nöthig gehabt, in dem Schlamme
zu wühlen, der ihr nicht im Wege lag; aber leider;
das menschliche Herz verſteht die Qual der Unge-
wißheit zu tragen, er will vor Augen haben, welches
Loos ihm das Schickſal entgegenführt, und koſte es
die Ruhe, die Gemächlichkeit des Lebens, es will
den Schleier zerriſſen ſehen, der in wohlthätiger
Afiett die zweifelhaften Verhältnisse mit Dunkel
umgibt. f ,
qu ichn Tage seit der Ueberſiedelung nach
München waren vorbei. Ihrer sonstigen Gewohn-
heit zuwider hatte sich die Gräfin in der früheſten
Morgenſtunde erhoben und verweilte nun an einem
Fenster, deſſen Aussicht ihren umherschweifenden
Blicken in Fülle Zerſtreuung bot. In den Straßen
wogte es in munterer Gesſchäftigkeit durcheinander :
Arbeiter, die an ihr Tagewerk eilten, bürgerliche
Hausfrauen, welche die Einkäufe für ihren Haus-
halt besorgten, Bauersleute, die zu Markte zogen,
ab und zu auch wohl ein Spaziergänger der beſſeren
Gesellschaft, den irgend ein Umstand an die Mauern
der Stadt gebunden hielt.
Aber nicht das Gewoge auf der Straße war es,
was den Sinn der Dame beſchäftigte ; ein anderer
Gedanke hatte während der verfloſſenen Nacht ihren
| auf den Hals rücken, datf . ..
| werden eine Ausfahrt machen, bevor es heiß wird
der Wagen ſteht bereit. .
Augenblick, wo der andere unbequeme Nachbar im
Mittelasien, Rußland, ihm gleichfalls ungestraft näher
Capitän Fournier
kann vielleicht das Ministerium Gladstone aus dem
Sattel gehoben haben ! .
Deutſches Reich. I.
Karlsruhe, 11. Mai. Durch die raſche Erledin
gung des Entwurfs über die Verwaltungsgerichte.
pflege hat die Zweite Kammer den Verlust bei dem .
Reuerecht, deſſen Verhandlung drei Tage währte,
wieder eingeholt. Die Einzeldebatte des Entwurfss
bot wenig Schwierigkeit, da Kiefers Bericht und die
Debatten in der Erſten Kammer ganz wesentlieh
vorgearbeitet hatten. So iſt denn dieser große Fore.
ſchritt der hitihuet Gesetzgebung friedlich und rah
“tecuht ufer 13. Mai. Der Reichstag genehmigte.
den Gesetzentwurf bet. Feingehalt von Gold- uw
Silberwaaren iu dritter Leſung nach den Beſchlüſſen
der zweiten Lesung. Der Reichstag nahm fodanmn
die Dotationsvorlage für die Cholera-Commisſion
einstimmig in dritter Lesung an. Virchow und Un-
ruhe-Bomſt dankten der Regierung für die. Vorlage
und der Commission für ihre Arbeiten. Der Geseßz-
entwurf, „Abänderung der Maaß- und Gewichtsord-
nung“ betr., wird nach unerheblicher Debatte in
erſter und zweiter Leſung genehmigt. Bei der fol-
genden 1. Berathung der Sprengſtoffvorlage erklärt.
Haſenclever, die Sozialdemokraten würden ſich der i
Abstimmung enthalten, Windhorst iſt für die Vre.
lage, womit die Regierung den Wünschen der großen.
Mehrheit des Hauſes entgegengekommen ſei. Sänmt.
liche Paragraphen wurden debattelos genehmigt. uf
Anfrage Windthorsſt erklärte Staatsſekretär Schellnn.
nur der wiſſentliche Beſit, von Sprengstoffen sole.
ſtrafbar sein. — Nach dem fünsten Petitionsven.
zeichniß bitten der Vorstand des Handels- und Ge.
werbevereins zu Tauberbiſchofsheim um Abänderung
des § 23 des Gerichtsverfaſſungs-Geſeßeße vom ä.
Januar 1877 bezüglich der Kompetenzerweiterunn
der Amtsgerichte, namentlich für solche Streitigkeiten.
über vermögensrechtliche Ansprüche, deren Gegenstand
Es steht mir ja kein Hinderniß im Wege, auch .
meinerseits eine Ausfahrt nach Mühlthal zu machen,
ſprach sie zu sich selber, auch mir bietet die kühle.
Waldluft Erholung bei der unerträglichen Hite der
Jahreszeit. Und wenn ich ihm dort begegne, nun,
was kann es sein? - ein Zufall! Machte er mi
nicht ſelbſt auf die Schönheit der dortigen Gegen
aufmerksam ? ; ..
Es wäre ja Thorheit, meinte sie weiter, ließe
ich eine so günstige Gelegenheit nutzlos vorüber;
Zu was Anderem denn kam ich nach München, a
zu dem Zwecke, über den Umgang und die Me
nung des Grafen unterrichtet zu sein? Da iſt e
wohl die Hauptsache, daß ich zu erfahren bemüh
bin, wer dieſes Weſen iſt, diese arme Waise, deré
Existenz mir wie ein Dorn unter Rosen ſcheint ; ei
Mädchen von niederer Herkunft, — pah! machte
ironisch; mein werther Herr von Hohenheim
werden bald in anderer Weise, als Sie es uns ;
zt fn laſſen, in den Verhältnissen unte
Sie wandte sich vom Fenster, zog die Glo
worauf sie dem Diener das Anspannen einer
page befahl, und begab ſich dann in eins de
liegenden Gemächer, wo auf ſeidenen Better
Knabe Alfred noch von den Armen des Sch
umfangen war. . ; .
_ Steh auf, mein Sohn, wiederholte sie, daes
Kind rüttelnd, einmal übcr das andere Mal; wi
Auch der Profeſſor ward von
Landparthie in Kenntniß gesch