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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 26 - No. 50 (1. Februar - 29. Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44124#0129

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Heidelberger Tageblatt

Erſcheint täglich außer Montag.
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für Heidelberg + mortsslith 45 Pfg. EI Ü el er enera : n el e | für auswärt 10 Pfg. s
gt Fr°gettel tr p hl.. © Bei mehrmaligem Erſcheinn. :

Verantwortlicher Redakteur Philipp Klausuer.



: die l-ſpaltige Petit- e

Anzeigen
l d Raum 5 Pfg.
s

Rabattbewilligung.

Expedition Brunnengaſſe 24.



Deutſches Reich.

Karlsruhe, 4. Febr. Landwirthſchaftliche Con-
sumvereine, Bauernvereine und die Frage der Ar-
beitercolonie stehen gegenwärtig an unserm politi-
schen Horizont. Man darf namentlich darauf ge-
spannt sein, ob es dem vor einigen Tagen veröffent-
lichten Aufruf zur Gründung eines Bauernvereins
(welcher auf 17. Februar eine Verſammlung in
Weildorf ausgeschrieben hat) aus verschiedenen Or-
ten des Seekreiſes gelingt, den badiſchen Bauern-
stand in eine agitatorisſch-politiſche Bewegung zu ſetzen,
bei welcher ausschließlich eine Einwirkung auf den
Staatsorganismus zur Geltendmachung der bäueri-
ſchen Intereſſen eingeleitet werden soll. Zunächst
würde dieſe Bewegung ihren Einfluß, ſofern sie
einen solchen erringt, bei den Reichstagswahlen be-
thätigen wollen. In unserm Lande ist das Ver-
î fommnis völlig neu und trifft zuſammen mit den
schon von Seiten der Regierung und der Stände
getroffenen Vorbereitungen, um auf dem Wege der
Gesetzgebung und Verwaltung eine Verbesſſerung der
landwirthſchaftlichen Verhältniſſe herbeizuführen.
Die Errichtung einer Arbeitercolonie rückt der Ver-
wirklichung sichtbar näher und findet nach einem
von dem leidenden Ausſchuß dieſer Tage erlaſſene
Aufruf vielfache Förderung in allen Gegenden und
in allen Lebenskreiſen des Landes. Der Großherzog
hat sein Intereſſe ſchon durch eine Spende von 3000
Mk. bethätigt. Man wird die Mittel, welche ſchon
jett dem Comité zur Verfügung oder in ſicherer
Aussicht stehen, wohl auf 25000 Mk. veranschlagen
dürfen. Einer in dieſem Frühjahr ſtattfindenden
_ größern Verſammlung kann wahrscheinlich ſchon ein
beſtimmtes Projekt zur Beſchlußfaſſung vorgelegt
werden. Es soll u. a. ein größeres Gelände zwiſchen
Freiburg und Neustadt vorläufig für die Anlage ins
Auge gefaßt worden sein.

Karlsruhe, 5. Febr. Am Donnerstag, den 7.
d. Mits., findet im großh. Schloß ein Kammerball
statt, zu welchem gegen 400 Einladungen ergangen
ſind. + Bei der gestern ſtattgehabten Wahl von 16
Stadtverordneten Seitens der 3. Klasse der Wahl-

Das weiße Schiff.

Ein See-Roman von Adolph Nork.



4. Fortsetzung.

In den lettten Tagen war es dem Steuermann
zur festen Gewißheit geworden, daß Franz und kein
anderer der Mörder des Freundes ſei.

Durfte er ihn fortlaſſen? Sollte der Tod des
Kapitäns ungerächt bleiben ?

Es zuckte in den Armen Winfrieds; ein plötz-
licher Unfall, und der Koch fand den Tod in den
Wellen des Menams.

Aber durfte er der Gerechtigkeit vorgreifen ?
Und dann, Winfried war alt, wenn auch noch
rüſtig, Franz aber in der Fülle der Manneskraft !
- Er mußte auf einen andern Ausweg ſsinnen.
Wie, dachte er, wenn ich ihn durch Liſt nur einige
Augenblicke in der Nähe des Pluto zurückhalten
ann, den Käpitän und ſeine Leute in Kürze ver-
Ftändige, und diese ihn dann E W B
mùßte es gehen! i

hu gleicher Zeit durchkreuzten ähnliche Gedanken

den Kopf des Kochs. |

Winfried war der einzige Mitwisser ihres Ge-
heimnisses, der ihnen entgegengeſtanden. Franz wußte,
daß er s nächſte Gelegenheit benußen würde, ihn

u verderben. \ ;
, h Zwar durfte er durch ſeine Vorsichtsmaßregeln

hoffen, daß er und seine Kameraden der augen-
: blicklichen Strafe entrinnen würden, allein die
Möglichkeit war nicht ausgeschloſſen, daß sie ein
JYgufall unter andern, Winfried günſtigern Umständen
wieder zuſammenführen würde.



Dounerſtag, den 7. Februar



berechtigten hat die Seitens der Liberalen aufge-
stellte Kandidatenliſte mit überwiegender Stimmen-
zahl den Sieg errungen.

auf dem Hofballe anwesend und verweilte dort län-
ger als eine Stunde. Er unterhielt ſich mit vielen
der Feſtgäſte. Das Befinden des Kaisers iſt heute
ausgezeichnet ; er nahm Vormittags Vorträge ent-
gegen, empfing den commandirenden General des

eine Ausfahrt. \

Straſßzburg, 2. Febr. Das akademische Plenum
hat heute den Profeſſor der Rechte Dr. Sohm zum
Rektor für das künftige Studienjahr gewählt.
Die Leiche des vorgeſtern dahier vorſtorbenen Pro-
feſſors der indischen Sprache, Dr. Goldſchmidt wird
morgen mit feierlichem akademiſchen Geleit zum
Vhutd! gebracht, um in Kaſſel der Erde übergeben
zu werden.

. Oesterreich-Ungarn. :

Wien, 4. Febr. Die Eruirung der Persönlich-
keit des Mörders Blöchs iſt der Dresdener Polizei
zu verdanken, welche durch dem Amtskonzipiſten



Rößler auf die Spur führte. Stellmacher, so iſt
sein Name, war vor Monaten aus der Schweiz,
wo er der Moſt'chen Partei angehörte, nach Wien
gekommen, wv er unter falſchem Namen in einer
entlegenen Vorstadt wohnte. + Ein großer Theil
der Linken wird für Zuweiſung der Ausnahms-
verfügungen an den Ausschuß ſtimmen. - Die „Corr.
Wilh." erſucht ſocben die Blätter sie möchten alle
Notitzen, welche über Geſtändniſſe des Mörders
Blöchs ausgesſchickt würden, zurückziehen, da die
Erztsmpust sonſt die Journale konfisziren
müßte.
England.

London, 4. Febr. Nach einem Telegramm der
„Daily News“ aus New-York haben sämmtliche
Arbeiter in 51 Baumwollfabriken zu Fall River in
Massachuſets Strike gemacht. Dadurch sind 8000
Personen beſchäftigungslos geworden.

London, 5. Febr. Bei dem gestrigen Meeting
der hiesigen Handelskammer theilte der Abgeordnete

Die Gelegenheit, diesen einzigen Mund für immer
verſtummen zu machen, war ihm gegeben, und schon

Feindes zu befreien. Doch gleichzeitig erſcholl die
Stimme der Wache des Pluto: „Gig ahoi! und
Franzes schwarzer Plan war vereitelt.

„Werft das Tau!“ antwortete Winfried. „ich
will an Bord!“
Wenige Minuten danach ergriff er das ihm zu-
geworfene Tau und hißte die Gig zum Fallreep des
Pluto; ohne daß es Franz bemerkte, zog er es
durch einen eiſernen Ring am Stern der Gig und
erſtieg eilend die Stufen, sprang auf Deck, der
Wache mit leiſer Stimme zurufend : „Schnell, wo
iſt der Kapitän und einige Matrosen?“

„Alles an Land,“ rapportierte die Wache.

„Verdammt,“ knirſchte Winfried und „leb wohl,
Steuermann !“ ertönte zu gleicher Zeit die Stimme

in den Schatten des manneshohen Schilfes führte.
Das Tau war durchsſchnitten! -
„Ihr seid allein?“ fragte der Steuermann in
größter Haſt noch einmal. r 2
„„Die Jungen sind noch an Bord,“ antwortete
t Bek ginge,“ murmelte Winfried, „iſt ein Boot
tar t ic Sloop liegt vorn. _ ;
Winfried ſah nach der Richtung, in der Franz
Doch jettt brach der Mond durch die Wolken und
zeigte deutlich die Umrisse der Gig, die oberhalb
des Pluto im Schilf lag. w.
Sie war leer! j ' ]





Berlin, 5, Febr. Kaiſer Wilhelm war geſtern

8. Armeecorps von Los und machte Nachmittags



erhob sich Franz, die Gig von der Laſt seines |Ä

des Kochs, der mit kräftigen Rudersſchlägen die Gig | h

entflohen war. Tiefe Nacht deckte den Menam.





ê1884. .
Chaplin, weléher den Vorsitz führte, mit, es sei seine
Absicht, die Frage wegen der Einfuhr kranken Vieh
im Parlament zur Sprache zu bringen und ein bee
zügliches Amendement zu der Adresſe an die Königin 2
zu beantragen. ; t
London, 5. Febr. Nach einer Mittheilung des
„Standard“ aus Suakim hat ein Ocſterreiche.
welcher aus dem Lager der Rebellen zurückgekehrt
iſt erzählt, daß Osman Digma 3000 Mann zu
seiner Verfügung habe. 3000 Rebellen umſchlien
Sinkat und 4000 Tokar. Die Rebellen hätten ge.Ö
nügende Lebensmittel, es fehle ihnen aber an Mun
nition. - Aus Kapstadt wird der „Daily News“
berichtet, das deutsche Schiff „Nautilus“ sei vn
Angra Pequenna zurückgekehrt und habe die Nach _
richt überbracht, daß die Firma Lüderik u. Cie. Aar
spruck auf die ganze Weſtküſte von Angra Pequema
bis zum Orange-Fluſſe erhebe; es Jſei beabsichtigt.
daſelbſt eine deutſche Z!k zu griine...
merita. .
Waſhington, 4. Febr. Die Tarifbil Morin.
sons iſt heute dem Repräſentantenhauſe vorgelegt
worden. Darnach soll der Zoll für zahlreiche Ar- z
tikel um 20 pCt. ermäßigt werden, in einigen Fällen.
iſt die Ermäßigung größer oder geringe. Do.
Gesetz soll am 1. Juli in Kraft treten. Die Een.
mäßigung um 20 pCt. betrifft Baumwolle, Bun.
wollwaaren Hanf, Jute und Flachsstoffe (ausge
nommen Jutebutts), ferner Wolle, Wollſtofe un.
Metalle (ausgenommen Erze), Bücher, Papier, Zucken.
Tabak, Holz, Holzwaaren, Steingutwaaren, Gan.
waaren, Proviſionen, Kurzwaaren (angenommen.
Edelsteine), Salz, Kohlen, Borsten, Leim und chemiſlen.





Produkte. Der Werthzoll auf Baumwolle und Baume .

wollſtoffe darf nicht 40 pCt., der auf Metalle niente.
50 und der auf Wolle, Wollſtoffe, ungeſchliffenee.
ertrafeines und ordinäres Fenſterglas, geſchliffenee.
unamalgamirtes Spiegelglas von über 24/60 Quan .
ratzoll, Salz in Säcken und Fäſſern, in anderer
Verpackung oder lose nicht 60 pCt. übersteigen. Ven.
schiedene Artikel sind vom Eingangszoll befreit,

darunter Eiſen, Kupfer, Erze, Schlacken, Aſche, bitu-

minöſe oder Schieferkohle, Surrogate für Kaffee,

Franz hatte sich den Händen des Rächers entzogen .

' 'I. Der Sohn des Kapitäns.

Der Kieler Personenzug war in den Perrn
des Altonaer Bahnhofs hineingebrauſt, die Thür
der Waggons geöffnet, und die Paſſagiere im B
griff durch die Bahnhofshalle ins Freie zu gehe

Unter den Angekommenen befand ſich der u
acht Jahre gealterte Winfried, deſſen ehemal.
graues Haar jett in weißen Strähnen unter dem,
in den Nacken geſtülpten Strohhut hervorquolle

An seiner Stelle ging ein junger Mann, d
ihn, vor dem Bahnhofe angelangt, die Hand zum
Abschied reichte. / . g -

„Alſo auf Wiedersehen, morgen früh." sagte
Winfried, den Gruß erwiedernd und sich langſanm
auf den Weg gen Hamburg machend. H
Seit jener Reiſe, auf der wir ihn kennen gelen.















atte er den Seedienſt aufgegeben und zurück: _
best. uit Luer g vo L
auf Fehmarn gelebt. w
Auch jett wäre er nicht zu ſFolch extravagantem
Ausflug nach Hamburg zu bewegen gewesen, hätte
ihn nicht jener obenerwähnte junge Mann, der
ihm ſeit länger bekannt, gebeten, beim Ankauf eines
zu verauktionierenden Schiffes behilflich zu sein.
Der beanſpruchte Dienst ſchmeichelle dem alten
Seemanne, und gern hatte er eingewilige.
Jetzt aber wollte er erſt zum Hafen hina
den lang ontbehrten Anblick der dort liegend
Schiffe zu genießen. Er hatte aber kaum die Häl
des Wegs zurückgelegt, als er plötzlich wie geban
ſtehen blieb, gefeſſelt durch die auffallende
 
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