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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 282 - No. 306 (2. Dezember - 31. Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44124#1159

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| | Berantwortl. Redakteur Philipp Klausner in Heidelberg.
. _ Erſteint täglich außer ;
| Ker qUherg:. vierteljährl. 1 Mark ohne Zuſtelungsgebühr.











Dienſtag,



bonnementspreis für

Montag. A! t
eidelberg: monatlich 45 Pfg. mit Trägerlohn, durch die

J Mr Bestellungen auf das „Heidel-
] berger Tageblatt“ für den Monat
| Dezember

' " zum Preise von 47 H frei ins Haus werden von allen

] Poſtanſtalten und Landbriefträgern angenommen. Bei
] unsern Trägern und Trägerinnen hier und nächste Um-
| gebung fürmonatlich 45 Z. Zurechtzahlreichen Beſtel-

| lungen ladet ergebenſt en. Die Expedition.

Deutſches Reich.

I Karlsruhe, 28. Nov. Das Poſt-Sparkassſen-
| vVeſen dürfte wohl in ganz Süddeutschland auf Wi-



| derstand stoßen, ſieht man doch nicht ein, welchen
] virthſchaftlichen Vortheil eine so straffe Zentralisa-
| tion des Kapitals, das man unserem wirthſchaftli-
| chen Verkehr entzieht und massenhaft da anhäuft,
| vo es uns nicht mehr nützen kann, für uns haben

| lolltte, nachdem dem längst wachen Sparſinn unserer
| Bevölkerung durch die Ausbreitung der Gemeinde-

| und Privatkaſſen ausreichend genügt wird. Ist ein

| Gleiches in den Reichslanden nicht der Fall und
- bedarf es dort, wo noch ſo wenig deutscher Sinn
(wozu auch das Sparkaſsenwesen gehört) herrscht,

| der Poſtſparkaſſen um den Sparſinn zu wecken, so
ILV;

| Poſtſparkaſſen weder eine nationale noch patriotische

| Angelegenheit ſondern eine.. geldliche. und. in Geld-

J ſachen hört bekanntlich die Gemüthlichkeit auf.
| Berlin, 29. Nov. Unter die Mitglieder der
L VWeſstafrikanischen Conferenz iſt erſt heute der Ent-

| Vurf der Congo- und Nigerſchifffahrtsacte vertheilt
| worden. Die Urkunde hebt in ihrer Einleitung her-
| Vor, daß der Wiener Congreß gewisſſe Grundſtze
| in Bezug auf die Flußſchifffahrt feſtgestellt habe,
| deren Befolgung eine internationale Bedeutung ge-
| wonnen habe, und die, da sie in Bezug auf mehrere

Flüſſe Europas und Americas zu steter Anwendung

| gekommen, auf das Gebiet des Völkerrechts überge-
| gHangen seien. Dieselben Grundſätze sollen auch die

| Schifffahrt auf dem Congo und Niger regeln. Zu

Schwarz-Elle.

[ Roman aus dem Thüringiſchen von F. Klink.



(10. Fortsetzung.)

Die Vermögensverhältniſſe seines künftigen
Schwiegersohnes waren Müller Brand kein Ge-
heimniß, aber ihm würde es nicht im Traum ein-
Jefallen sein, daß man seine Elſe um ihres Geldes
willen begehren könnte. Er hatte eines Tages um
ein ganz armes Mädchen gefreit, weshalb ſollte
nicht auch einmal ein armer Mann um ein reiches
Mädchen freien, ohne daß dabei der Geldpunkt
überhaupt in Betracht gezogen werden mußte?

_ Weihnachten ging vorüber, ein seliges Chriſtfest.
Es war in der Herrenmühle gefeiert worden und
Kurt glaubte nicht, daß ihm der Weihnachtsbaum
in dem großen Saale des Schloſſes jemals so hell
geleuchtet, als der in dem traulichen Wohnzimmer
der Mühle, Else hatte ſich glückselig an den ge-
liebten Mann geschmiegt, von dem sie eines Tages
To böſe Dinge gedah. '

_ Es war ſeltſam, daß der verhängnißvolle Brief
[z immer eine gewiſſe Rolle in ihren Gedanken
elte. .
Neujahr war für Kurt von Eßlingen ein höchst
fataler Tag. Ganz plößlich wurde ihm eine be-
deutende Hypothek gekündigt, welche der verstorbene
Baron erſt in den ketten Jahren aufgenommen hatte,
und zwar mit einem dreimonatlichen Fälligkeits-
termin. Ob er die große Summe in verhältniß-
mäßig so kurzer Zeit würde beschaffen können, war
Mindestens problematiſch und die ganze Geſschichte
hatte unzweifelhaft für ihn ein Heer von Unannehm-



dem Behuf haben sich die Mächte über eine Reihe
von Bestimmungen geeinigt.

Darmſtadt, 27. Nov. In der heutigen Sitzung
der Zweiten Kammer wurde von dem Präſidenten
des Finanzminiſteriums Weber das Budget pro 1885
bis 1888 vorgelegt. Nach demſelben betragen die
ordentlichen Ausgaben 17,000,0000 Mark, zeigen
mithin ein Mehr von 700,000 Mk. gegen das lau-
fende Budget; die ordentlichen Einnahmen decken die
Ausgaben. Die fich aus den neuen Steuergesetzen
ergebenden Steuern ſollen zur Herabsetzung der alten
Steuern dienen. Das geſammte Budget ſchließt mit
einem Restbetrag von 37,000 Mk. ab. Nach der
vollſtändigen Begebung der für die Brückenbauten
bei Mainz und bei Koſtheim, für Nebenbahnen und
zur Deckung der durch die Ueberſchwemmung er-
zeugten Rothstände bewilligten Anleihen wird die
Zunahme der Staatsſchuld 6,085,682 Mk. betragen,
troßdem mehr als eine halbe Million bei den Schul-
den getilgt worden ist. Die gesammte Staatsschuld
wird sich auf 40,797,898 Mk., darunter nahezu
34,000,000 Mark Eisenbahn-Schulden belaufen.
5,000,000 Mk. von den Anleihen sind noch nicht
begeben und 1,000,000 Mk. derselben sollen gar
nicht begeben werden. Den Passiven stehen 24,222,962
Mk. Js und der Kapitalwerth der Staatsbahnen
gegenüber.

Leipzig, 26. Nov. Das Attentat am Nieder-
walddenkmal, von dem zuerſt nur myſteriöſe An-

deutungen laut wurden, die Eugen Richter zu einer

bezüglichen Anfrage im Reichstage veranlaßten,
wird, nachdem es alle Stadien eines Schauerdramas
in der Preſſe durchlaufen, nunmehr ſeinen letzten
Akt vor dem Reichsgericht erleben und möglicher
Weise mit einem Todesurtheil gegen die Haupt-
attentäter abschließen. Denn die Anklage lautet
nicht auf vorbereitende Handlungen zu einem hoch-
verrätheriſchen Unternehmen, worauf als höchste
Strafe Zuchthaus steht, sondern auf Hochverrath
selbſt, auf den mit Tod bedrohten versuchten Mord
des Landesherrn. Vor dem vereinigten IL. und II.
Strafsenat des Reichsgerichts, unter Vorsitz des
Präsidenten Drenkmann, wird die Hauptverhand-

lichkeiten im Gefolge. Wenn er dem Müller, seinem
künftigen Schwiegervater, davon sagte, so konnte
die Sache mit leichter Mühe arrangirt werden, aber
hct einmal der Gedanke daran kam Kurt von Eß-
ngen. .
Mit Noth und Mühe gelang es dem Baron,
die Summe zuſammenzubringen. Einen Moment
hatte er in seiner großen Unruhe daran gedacht,
ob die Hochzeit nicht beſchleunigt werden könnte,
aber er verwarf den Gedanken wieder ~ es düntkte
ihn ſchmachvoll, Elſe's Namen nur mit dem Ge-
danken an Geld zuſammenzubringen.

Ein Wucherer hatte ihm das Geld geschafft, nur
auf vierzehn Tage; aber Kurt zog diese Art und
Weise dennoch vor, als seinen Schwiegervater von
dem wahren Stand der Verhältnisse in Kennniß zu
eten. : :
tt Anfangs April war die Hochzeit und die kleine
Dorfkirche prangte in festlichem Schmuck. Aber
auch der Himmel hatte ein Feſttagskleid angelegt.
Die Erde prankte im erſten Frühlingsgrün und
die Sonne küßte den Brautkranz und tanzte auf
Elſe's Scheitel.
tw W uU
Schloßherrſchaft war hier zuvor noch Keiner ge-

traut worden, Kurt von Eßlingen war der

Erste. :

Else war wie eine Fürſtin gekleidet, in lang-
ſchleppendem Brautgewande von weißem Atlas, die
Myrte im dunklen Haar, welches ein kostbarer
Spitzenschleier verdeckte; an Hals und Armen ſah
man gelbliche Perlenschnüre von großem Werth,

den Familienſchmuck der Eßlingen.

Schatten huſchte es vor ihr über den i
den Fuß in die Rotenburg setzte. ' Sie ſchalt she.
selbſt im Stillen thöricht und furchtſam. Alles wBluen



jeidelberger Tageblatt

(General-Anzeiger.)

Ö [ As M82 | Verküudiguugsblatt für die Hezirke Heidelberg, Weinheim, Zcwebingen, Wiesloch, Siusheim, Eppingen, Uos-
* bach, Yeikarbiſchofsheim, Eberbath, Buchen, Walldürn, Adelsheim, Carberbiſchofshein & Wertheim.

2. Dezember

Druck und Verlag von Wurm & Pfeff er in Heidelbeere.
Expedition Brunnengaſſse 24.
s



die 1-ſpaltige Petitzeile over deren Raum 5 Figre zs
rts 10 Pfg. Bei mehrmaligem Erſcheinen Rabatt. ts

1884.
|
lung gegen das anarchiſtische Komplott Reinsdorf
und Genoſſen am 15. December bezinnen. Die
Unterſuchung iſt mit großer Sorgfalt und Umficht,
mit einer nahezu peinlichen Gewissenhaftigkeit ge-
führt worden, die Akten sind dickleibig angeſchwollen

Anzeigen :
für auswä





und die Offizialvertheidiger werden längere Zeit zu

ihrer Information bedürfen. Als solche werden
genannt die Herren Rechtsanwälte Fels, Lewald
und Erythropel, doch bleibt Beſtätigung abzuwarten.
Unter den Beweissſtücken, die dem Gerichtshof ven
liegen werden, befinden sich auch zwei Baumstämme
vom Thatorte, in denen Dynamitpatronen gefunden
worden ſind. Das Beweismaterial iſt ein die An-
geklagten schwer belaſtendes. Zweifel an der Absicht
der Angeklagten, den Kaiser zu tödten, sollen gänzlich
ausgeschloſſen sein. Ob diese Absicht durch eine.
„höhere Macht“, die über dem Willen der Ange-
klagten stand, vereitelt worden iſt, oder ob dies in
Folge des Durchschneidens der Zündſchnur seitens

eines der Attentäter geſchehen, wie derselbe behaupte.

dürfte auch in der Hauptverhandlung nicht aüûfge-
klärt werden. :
Frankreich. : :

Paris, 29. Nov. Eine Depesche des Admirals
Courzet bestätigt die aus engliſcher Quelle stam-
mende Nachricht von der Exploſion eines Dampf-
keſſels auf dem ,Rignault“ ; Ursache unbekannt.
Zwei Maſchiniſten, elk Matroſen und der Heizer
wurden getödtet. Admiral Courbet ließ 5 andere
Daripfkeſſel prüſen, von welchen einer den zerſtörten
ersetzen ſoll. Die Probe fiel befriedigend aus. De
* u kann also ferner an den Operationen

eilnehmen.

Aus Nah und Lern.



* Karlsruhe, 26. Nov. Wenn ſich die Aufre- . .
u. Str hitſüuce tit ü
dem vielen hier Gebotenen nicht eine Spur vVm



einem gereizten Gefühlszuſtande bei den Residenzbe-

w ohnern vorhanden sein, denn was auf beſagten

Gebieten geleistet wird, überſteigt faſt das Menschen-

mögliche. Alle Sonntage Konzert in der Feſthale.

Die Kirche war gedrängt voll von Menschen,
alle im Sonntagsgewande. Nach der Trauung trat

das junge Paar ſofort die Hochzeitsreiſe an, wähle.

rend Müller Brand in der Herrenmühle noch eine
große Festlichkeit arrangirt hatte, an welcher Jeder
theilnehmen konnte, wer wollte.

î Bereits vierzehn Tage nach der Hochzeit kehrte

Kurt mit seiner jungen Braut nach der Roteeburg
zurück. Else hätte noch gar gern ein Stück vonder.
großen, schönen Welt mehr sehen mögen, aber de
Baron legte eine furchtbare Unruhe an den TTR
So hatte die junge Frau sich willg den Wünſhne
des geliebten Mannes gefügt und bereits in dn
erſten Tagen des Monats Mai hielt das jnen.

Paar auf der Rotenburg seinen Einzug.

Die Welt ringsumher stand in üppigſter Blüthen-
pracht und das alte Schloß lag da, wie von einem
Rosengarten umrahmt. Es war ein Mai, para-

dieſiſch ſchön für zwei Liebende, die die Hand ds.
Prieſters verbunden für's Leben. Elſe mochte een

was fühlen von der Seligkeit, die in dem Zauber
einer solchen Umgebung lag und de . e

Leben, Liebe und Seligkeit, was ſollte im Stande

sein können, ihr Glück zu trüben, das ihrer.
an der Seite des geliebten Mannes wartete? Arms,
vertrauendes, gläubiges Frauenherz! Die düſteen.
Schatten sollten bald Gestalt gewinnen, un dm
Engel des Friedens und des Glückes bald, ah gere
ſo bald von der Stätte dieses neuen Heims ven.

trißttt raplit, Arm in Arm, durchwanderten Kurt .



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