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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 101 - No. 126 (1. Mai - 31. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44124#0439

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Expedition Brunnengaſſe 24.

Yeraulwortliher Redakteur Philipp Klausuer.

erger Tagebl

Heidelberger General-Anzeiger.

O
ls . W




Anzeigen: die I1-ſpaltige Petit-

Expedition Brunnengaſſe 24.



: 104.

Deutſches Reich.
Karlsruhe, 2. Mai. Die Regierung erklärt:
Baden habe bei der Ungleichheit der Intereſſen im
UC US ru eus q
_ bei der Anregung durch das Reich gegen eine mäßige
Erhöhung nichts einwenden, wenn die allg. land-
wirthſchaftl. Lage Deutschlands dies erfordert.
Berlin, 2. Mai. Windthorſt erſuchte das
Reichstagspräsidium, den Zentrumsantrag auf Be-
seitigung des Gesetzes wegen unbefugter Ausübung
der Kirchenämter (der seit langer Zeit eingebracht
iſt) nächster Tage zur Debatte zu stellen. Offenbar
wünſcht das Zentrum die Berathung des Antrags
vor der Entscheidung über das Sozialiſtengesetz.
Der Bundesrath verwies die Novelle zum Hilfs-
bſetir in der Faſſung des Reichstags an die
usschüſſe.
Berlin, 2. Mai. Es werden Wahlprüfungen
vorgenommen. Die Wahlen der Abgg. Cronemeyer
und Chlapowski werden für giltig erklärt, bezüglich
der Wahlen der Abgg. Boſtelmann und Gehren
werden die älteren Besſchlüſſe als erledigt erkärt.
Von verschiedenen Seiten wird beklagt, daß eine
unverhältnißmäßig lange Zeit zwiſchen der Wahl
und dem Tage der Wahlprüfung verfließe, und die
Nothwendigkeit eines beſchleunigteren Geſchäftsganges
bei der Ausstellung der Erhebungen betont. Be-
zügliche Anträge werden nicht geſtell. Sodann wurde
die kaiſerliche Verordnung, betreffend die Ausdehnug
der Zollermäßigungen zu dem deutſch- italieniſchen
und dem deutſch-ſpaniſchen Handelsvertrage, ge-
nehmigt. In der dritten. Berathung wurde das Geſset,
betreffend die Anfertigung von Phosphorzündhölzern,
in der Geſammtabſtimmung angenommen.
Darmſtadt, 2. Mai. Der deutsche Kronprinz
hat seine Abreise verschoben und heute Morgen das
hieſige Staatsarchiv besichtigt. Die Abreise erfolgt
heute Abend 6!/, Uhr mittels Sonderzuges. Prinz
Heinrich iſt heute Nachmittag nach Karlsruhe abge-
t kronprinzliche Familie bleibt vorläufig
noch hier.
Köln, 2. Mai. Die Kölniſche Volkszeitung er-



Die Fraukenburg.

; Roman von Marie Romany.



(22. Fortsetzung.)

Von der Mutter wurde die Ankunft des Bräuti-
gams mit Spannung erwartet, die Tochter war in
ſich gekehrter denn jemals; mit zitterndem Bangen
sah fie die Stunde herannahen, da sie das Ver-
sprechen der Treue in des fremden Mannes Hand
legen sollte; sie fühlte ja + ſei es nur offen ge-
standen + gegen den Fürsten eine beinahe unüber-
windliche Abneigun.

Er war ein Mann von nahezu vierzig Jahren,
von kleiner Statur, sein hageres Gesicht mit den
schmalen, lüsternen Augen, mit der Adlernasſe, dazu
die Glatze, machten keineswegs einen herzgewinnen-
den Eindruck; seine Geſtalt hätte faſt als ein Ku-
rioſum gegolten, wenn nicht die ariſtokratiſche Hal-
tung und die diſtinguirte Sprache den Mann von
hoher Geburt an den Tag gelegt hätten. Das junge
Kind wich unwillkürlich vor seiner Annäherung zu-
rück, sie hatte ja unaufhaltsam das vollendet ſchöne
Bild ihres Bruno vor Augen; mußte es ihr da
nicht schwer werden, dem Fürsten in Leutſeligkeit
fz tüberztirrier hit Fletch unbefangene Braut

en zu sein ? t.

Sanft borühtte Herr von Preſten ihre Stirn

mit einem Kuſſe. Möge dieser Tag, sprach er in
H feierlichem Tone, ein Tag der Freude für uns wer-

den, möge aus der Achtung, mit der wir uns ent-

gegenkommen, die Blume zarter Liebe sprießen und

dieſe unſerem Leben den Sonnenschein der Zufrie-
_ denheit verleihen. j :









Sonntag, den 4. Mai



SSL.



hält die Meldung aus Berlin, daß in den Ver-
handlungen zwischen Rom und Berlin über die
Perſon des Nachfolgers von Ledochowski, Weihbischof
Cybichowski von Gnesen, eine Einigung erfolgt ſei.

München, 30. April. Die deutſ. wiſſenſchaftliche
Kommission zur Erforschung der Cholera, bestehend
aus Geh. R. Koch und den Stabsärzten Gaffky
und Fischer, iſt geſtern auf der Rückreiſe von Jn-
dien über Venedig hier eingetroffen. Ein von der
mediziniſchen Fakultät unserer Universität den Gästen
angebotenes Banket wurde von denſelben dankend
abgelehnt, weil Dr. Koch sich zu angegriffen fühlte.
Die Mitglieder der Kommission werden am 2. Mai
die Rückreiſe nach Berlin fortsetzen.

Frankreich. _

Paris, 2. Mai. Der franzöſche Botſchafter
Wadington hat dem Lord Granville heute eine Mit-
teilung überreicht, in welcher die Gründe für das
Verlangen der franzöſiſchen Regierung, daß die
Berathungen der Conferenz nicht auf den von England
SETS CEN
beigefügte Memorandum ein und weiſt darauf hin,
daß der Nothſtand in der ägyptischen Staatskasse
durch die abenteuerlichen Unternehmungen herbeige-
führt sei, die man sich neuerlich eingelaſſen habe.
Die zum Unterpfande für die ägytiſchen Gläubiger
bestimmten Einnahmen könnten nicht gemindert werden
um die Kosten für derartige Expeditionen zu beſtreiten ;
denn wenn infolge der gegenwärtigen Umstände die
zum Unterpfand bestellten Einahmen angegriffen
würden, würde. dvs einen Präcedenzfall bilden, der
sich stets wieder erneuern könne.

England.

Birkenhead, 1. Mai. Der wegen Besittes von
Dynamitbomben am 1I. April verhaftete Daly
wurde heute vor die Aſssiſen verwieſen. Oberft
Majendi deponirte, er habe mit bei Daly gefundenen
Bomben Versuche vorgenommen und ſich von ihrer
äußerſt gefährlichen Beſchaffenheit überzeugt.

Italien.

Rom, 1. Mai. In der Kammer legte Indelli

den Bericht betresss der am 23. März in Paris ab-

Amen! lispelte die Braut. ~ ~~ +

Als nun der Abend kam, ſtrahlte die prächtige
Villa der Baronin im vollſten Glanze des Feſt-
schmucks; jeder Saal, jedes Gemach kündete die
Wonne an, mit welcher die Baronin diesem Tage
entgegenſah. Durch hundertfachen Kerzenſchein faſt
bis zur Tageshelle erleuchtet, glichen die weiten
Räume, doppelt belebt durch den Reflex der zahl-
loſen Spiegel, einem schimmernden Feenreich ; Wohl-
gerüche bezauberten die Luft bis weithin in die An-
lagen der Umgebung, und die Macht welche die
Musik auf die Gemüther ausübte, ſchuf diesen Tem-
pel der Freude an dieſem Abend zu einem Para-
diese um. Mit vor Entzücken strahlendem Antlitz
bewegte sich Leonka unter der Zahl ihrer Gäſte:
auch das Glück des Fürſten war makellos, und Ba-
roneſſe Jſa: o, über alle Begriffe anmuthig und
reizend, in einem Ballkleide von rother Seide, mit
Orangeblüthen garnirt, in deren Keichen unzählige
Brillanten als Thautropfen glänzten, Brillanten in
den Locken, war sie die Schönste der Schönen, des
rauſchenden Feſtes Königin. Ihre Augen wetteifer-
ten an Glanz mit dem Feuer der Steine, ihre
Wangen glühten, ein stolzes, entzückendes Lächeln
umſspielte ihren Mund; es war zum Erstaunen,
welch beſeligende Miene sie zur Schau trug, nicht
ein Zucken der Wimper ließ sie ahnen, daß ihr
Herz an dem sie umgebenden Glanze nicht Antheil
nahm. Baronesſſe Ja verſuchte ja, mit Gewalt sich
ſelber zu täuſchen; ſie betrachtetete ihr Schickſal,
welches ja durch der Baronin Machtwort entſchieden-
war, mit Klugheit; sie wußte ia, es blieb ihr nichts
übrig, als im Uebermaß des Luxus, in der Fülle

| des Bewundertſeins einen Erſat für die Leere des

J


































geſchloſſenen internationalen Convention zum Schutze
des induſtriellen Eigenthums vor. Orſini kündigt
anläßlich des Projects einer Weltausstellung in Rom
eine Interpellation an über die politischen und öco-
nomiſchen Verhältniſſe Rom's. Wegen Beſchlußun-
fähigkeit wurde die Siet: geſchloſsen. s
panien. h
Madrid, 1. Mai. Die in Catalonien ergriffenen
vierzehn militäriſchen Meuterer werden wahrschein
heute in Gerona erſchoſſen. Es zeigen ſich Erschei-
nungen einer tiefgreifenden Bewegung; neue Ban-
den bilden ſich.
Egypten. é.
Kairo, 2. Mai. Nach hier eingetroffenen briefe
lichen Meldungen hat Admiral Hewett, der am 26.
April in Odowa eintreffen sollte, seine aus 200
Baſchibozuks bestehende Begleitung zurückgeschickt,
da König Johannes die Uebersſchreitung der abeſſy-
niſchen Grenze durch diese Begleitung nicht gestattete.

Badiſcher Landtag.

Karlsruhe, 2. Mai. Die Zweite Kammer be-
gann heute Vormittag die Berathung des zweiten
Berichts der Commisſion zu der Vorlage, betr. die
Erhebungen über die Lage der Landwirthſchaft. Der
Bericht beschäftigt sich mit den in den Erhebungen
niedergelegten Vorschlägen, welche in dem Grund-
sate der Staatshilfe wurzeln und zwar zunächst
mit denjenigen, welche die Zollfrage, damit zuſammen-
hängend, das Eisenbahnwesen und sodann das Steuer-
wesen besprechen. In Bezug auf Schutzoll erklärt
die Commission, daß sie zwar eine ablehnende Hal-
tung gegen den Getreidezoll nicht einnehmen will,
daß sie aber auch eine vorgeſchlagene Erhöhung des
beſtehenden Satzes nicht befürworten könne. Betreffs
der Differentialtarife wird empfohlen, wie für Milch
bereits geſchehen, den von Marktplätzen entfernten
Orten behufs leichtern Abſatzes ihrer Produkte Fracht-
ermäßigung, etwa durch Einführung einer zweiten
Stückgutklaſſe zu gewähren. Hinſichtlich der Steuer-
frage geht der lebhafteſte Wunſch der Commission
dahin, daß der Uebergang von der Ertragsſteuer
zur Einkommensteuer nicht länger verzögert werde





Herzens zu suchen, und in der Ausbeutung dieses
Ersatzes ſuchte sie heute wie auch in der Zukunft
ihres Daſeins Glückseligkeit. .

Der Abend ging hin. Es fehlte nichts, um aus
diesem Feste ein Blendwerk für die hohe Gesellſchaft
zu machen; glänzender, als die Verlobung der Baro-
neſſe von Hagern + ſo hieß es in allen Kreiſen
am darauffolgenden Tage + mochte seit Jahrzehn-
ten in ganz Baden und der Hauptſtadt keine Ball-
nacht gewesen sein. ;

< Neuntes Kapitel.

Moritz Berg, der ehemalige Verwalter des Baron
von Tondern, war zur Zeit, da der alte
seine Villa am Vierwaldftädter Sce verkaufte,
seine Heimath zurückgekehrt und hatte sich, eingede
seines Alters und des Podagras, an welchem er seit
Jahren litt, in den Ruheſtand geset. Dank seinem
regen Eifer in der Austibung ſeiner Pflichten, Dank
auch der Rührigkeit und Sparsamkeit ſeiner kleinen
Hausfrau, war es ihm nach langen Jahren gelungen
ein für seinen Stand ganz ansehnliches Vermögen
gr rrenser. E hier ihm jest einen Lebens-
ug s
Vorstadt war unter billigen Bedingungen sein Eigen-
thum geworden, und Moritz, im Schaſfen und Wirth-
ſchaften treu, hatte fleißig Hand angelegt, um das
alte Gebäude in einen ansehnlichen Zuſtand zu ver-
seßzen; wie prächtig ihm dieſe Arbeit gelungen w
davon legte das anmuthige Aussehen des klei
Grundstücks das beſte Zeugniß ab. ;

(FFortsetzung folgt.)
 
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