nicht gewußt, daß Du zurück biſt.“
:
hie
Erſcheint täglich außer Montag.
Abonnemen t s preis
für Heidelberg: monatlich 45 Pfg.
mit Trägerlohn, durch die Poft
bezogen viertelj. 1 Mk. 40 Pfg.
Expedition Brunnengaſſe 24.
: Peranlworlliher Redakteur Philipp Klausner.
idelberger Tageblatt
Anzeigen: die 1-ſpaltige Petit-
zeile oder deren Raum 5 Pfg., f
Heidelberger General-Anzeiger.
Expedition Brunnengafſe 24.
Ne GS.
Deutſches Reich.
Berlin, 19, März. Das Abgeordnetenhaus be-
rieth Petitionen und überwies eine größere Anzahl
derjenigen, die eine Revision der Gebäudeſteuer
wtinſchen, der Regierung zur Berücksichtigung im
Stums der baldigen Entlaſtung der Grund- und Ge-
äudesteuer.
Darmſtadt, 19. März. Die erſte Kammer tritt
im April zuſammen.
Braunſchweig, 19. März. Ein außerordent-
licher Landtag iſt auf den 25. März einberufen.
; Frankreich.
Paris, 19. März. Die Kammer nimmt nach
langer Debatte das Schulgesetz mit 336 gegen 181
Stimmen an.
Paris, 19. März. Gestern Nachmittag erfolgte
in einer in der Ecke der Rue Saint Denis und des
Boulevard Bonne gelegenen Weinhandlung eine
Gasexplosion, wobei acht Perſonen, darunter der
Polizeikommiſſär des Stadttheils schwer, mehrere
andere leichter verlett wurden. Im benachbarten
Laden fand Vormittags ein ähnlicher Unglücksfall
ſtatt.
; England.
London, 19. März. Zebehr Paſcha bietet ſich
an, dem General Gordon in Khartum beizutreten,
falls Geld zur Aushebung schwarzer Truppen be-
schafft wird.
Serbien.
î OBelgrad, 18. März. Die Regierung bereitet
eine neue administrative Eintheilung des Landes und
eine tiefer greifende Verwaltungsreform vor. Eine
Anzahl ſerbiſcher Beamten soll in öſterreichiſchen
Dienst treten, um die öſterreichiſche Verwaltungs-
praxis kennen zu lernen. Eine diesbezügliche An-
frage in Wien fand uch: Aufnahme.
. panien.
Wie sich „Paris“ aus Madrid telegraphiren
läßt, hatten die Theilnehmer des daſelbſt entdeckten
Komplottes die Absicht sich des königlichen Schlosses
zu bemächtigen im Augenblick einer Sitzung des
Aus dem Stift.
Erzählung von E. Hartner.
13. Fortsetzung.
Am ſelben Tage zeigte Viktorine der Gräfin an,
daß sie eine Stelle in Rußland in Aussicht habe
und dieselbe sobald wie möglich anzutreten wünsche.
Die Gräfin war ſehr unangenehm überraſcht, doch
in dem großen Glück der Verlobung des Sohnes
überwand sie den Verluſt der Erzieherin und ebnete
ihr ſelbſt die weitern Wege. Es war noch tiefer
Winter, als Viktorine zum letttenmal die Vaterstadt
und die Gräber der Eltern beſuchte, sie fühlte wohl,
daß sie für immer Abschied nahm, sich für alle Zeit
von der Heimath ſchied.
Als die gräfliche Equipage in die Einfahrt des
goldenen Löwen fuhr, grüßte ein hochgewachsener,
breitſchulteriger Mann mit starkem, blonden Voll-
bart. Viktorine dankte, ohne aufzuſehen, sie war
es gewöhnt, Grüße zu erwiedern, die den Wappen-
knöpfen der Dienerſchaft galten. Sie fuhr erschrocken
auf, als kurze Zeit darauf an ihre Stubenthür ge-
pocht wurde und auf ihr mattes „Herein“ eine
männliche Stimme ſagte:
fommen ?“
„Wilhelm!“
„Ja,“ sagte er aufgeregt,
Dienerſchaft, daß Du das Schloß verlassen haſt,
daß Du unterwegs nach Rußland biſt + darf ich
noch Du sagen.. . ?
„Gewiß, Wilhelm! Sete Dich auch.
„Ich bin's. Darf ich
„ich höre von der
Ministerraths unter dem Präsidium des Königs
Freitag, den 21. März
Alfonso. Die Mittheilung klingt doch etwas un-
wahrscheinlich.
Rußland.
In Petersburg ist, wie das Bureau Reuter
meldet, vor Kurzem die erste Nnmmer eines neuen
Sozialiſtenblattes unter dem Titel „Swobodnoje
Slowo““ (das freie Wort) erschienen. Das Blatt
beginnt mit einem Aufruf an die Intelligenz der
ruſſiſchen Jugend, dieselbe auffordernd, ihre ganze
geiſtige Kraft zur Bekämpfung der gegenwärtigen
Regierung aufzubieten, wobei es mit Genugthuung
hervorhebt, daß kein Grund vorläge den Muth
ſinken zu laſſen. Jm Gegentheil, die ruſſiſche Staats-
maschine befinde sich in einem Zersetungsprozeß und
eile der Auflösung unhaltſam entgegen, die Unzu-
friedenheit wachſe in allen Schichten der Gesellſchaft.
Es fänden sich Stimmen, die jede Unterdrückung
des Volkes, von welch’ hoher Person sie auch ver-
übt werde, der öffentlichen Meinung vorführen; die
revolutionären Ideen wüchſen immer mehr und
drängeu schon in ſolche Kreise, die bis jettt als da-
gegen gepanzert angesehen wurden. Dies bewiesen
die lezhin so zahlreichen Verhaftungen im Militär.
Der Tag des Sieges iſt nahe. Durch eins unter-
scheidet ſich das neue Blatt von den anderen, z. B.
von der „Narodnoja Wolja“, „Tscherny Peredel“/ :
es prohorreszirt nämlich den Terrorismus gänzlich
und betrachtet den politischen Mord als durchaus
überflüssig, um obiges Ziel zu erreichen : im Uebri-
gen erſtrebt es eine Einigung aller sozialen Frak-
tionen Nußlands zu einer geſchloſſenen Phalanx
unter den Tendenzen der Geiſteskraft und nicht der
rohen Gewalt. ~ Aus Konstantinopel meldet
man dem „Standard“, daß sich im Kaukasus ein
mächtiges Armeniſches Revolutions-Comitee gebildet
habe, welches über große Mittel verfüge und revo-
lutionäre Prolamationen im Türkiſchen Armenien
vertheile. Die ruſſiſche Regierung dulde den Un-
fug. (Es wird immer schöner. D. R.)
Aus Nah und Lern.
):( Neckargemünd, 19. März. Eine Buberei
sondergleicher wurde dieser Tage von einem, bis
„Ich bin auch noch nicht lange zurück — ich
wollte gar nicht mehr heimkommen. Da schrieb mir
die Mutter, der junge Graf wollte Dich heirathen.
Da dachte ich, nun kannſt Du heimgehen, wenn sie
so hoch, ſo himmelhoch über Dir steht, wirſt Du
zur Ruhe kommen Es iſt also nicht wahr ?“
„Nein, Wilhelm. Der junge Graf hat sich mit
seiner Kousine verlobt.“
Er sah ihr ernst und forſchend in die Augen,
„Viktorine,“ sagte er endlich mit ausbrechender Be-
t MIO x
ſanft. „Ich weiß, Du meinſt es gut, aber es kann
nicht sein !“
„Bedenke es doch!“ bat er. „Sage nicht für
immer nein!“
Sie schüttelte den Kopf. „„Wilhelm, lieber Wil-
helm, Gott weiß es, wie tief ich Deine Treue em-
pfinde! Aber es kann nicht sein. + Du wirst Dich
verheirathen, wirſt eine Frau finden, die Dir recht
von Herzen gut ist, Du ſollſt nicht das zerbrochene
Spielzeug anderer aufnehmen!“
„Viktorine, iſt ein Unrecht an Dir begangen
2.1
were das, Wilhelm! ~~ Siehſt Du, ich will
es Dir gerade heraus ſagen, ich habe mich früher
für meinesgleichen zu gut gedünkt, da kam ich unter
ſolche, die ſich für mich zu gut dünkten. Ich habe
mit deiner treuen Liebe geſpielt, zum Lohn dafür
iſt mit meinem Herzen geſpielt worden. Jetzt bin
ich für jede Stellung verdorben, zu fein für eine
einfache Bürgersfrau und für die Gemahlin eines
Ich habe |
| einer halben Stellung zufrieden sein und den Weg
vornehmen Mannes nicht fein genug! Ich muß mit
1884
; .
~ t
jettt leider noch nicht ermittelten Individium hier
verübt, aus der man die Nutanwendung ziehen
sollte, mit dem Verkauf von gefährlichen Sprenge
stoffen sehr vorsichtig zu sein und diese Explosions-
stoffe nicht Jedem anvertraue.
Morgengrauen wurden nämlich die in der Nähs des
Neckars wohnenden Einwohner durch einen ſtarken.
dumpfen Knall ſehr erſchrect. Eine nähere Unter-
suchung ergab, daß entweder Dynamitpatronen der _
pures Dynamit von ruchloſer Hand in einen Kies-
nachen gelegt und dieser Stoff explodirt war. De
saubere Plan den Nachen auf den Grund zu boho _
ren, wurde aber glücklicher Weise vereitell, da die:
Wirkung sich mehr auf das Wasser als den Nacha
kl! gt so daß lettterer mit einigen Löchen.
avonkam. Ä
/\. Eberbach, 19. März. Mit dem heutigen
Festtage wird der letzte Gottesdienſtt in unserer
alten katholischen Kirche gehalten. Morgen sol mit
deren Abbruch begonnen werden und ein neues,
schönes Gotteshaus an dem Platze des jetigen er-
stehen. Die s. Z. ausgestellten Pläne versprechen,
daß unsere Stadt durch den Neubau um ein pracht.
volles Baudenkmal reicher werden wird, das ſchon
von ferne her die Blicke auf unser freundliches
Heim lenken dürfte. Während des Kirchenbaues
sollen die Frühmeſſen an Wochentagen in der im
Pfarrhauſe eingerichteten Kapelle abgehalten werden,
während die sonntäglichen Gottesdienſte in der
proteſtantiſchen Stadtkirche gefeiert werde. Wir
freuen uns dieses einträchtigen Zuſammenlebens der
beiden Bekenntnisse, das allein ein so duldſames
Aushelfen ermöglicht. Die Stadtgemeinde hat ge-
setlich Hand- und Fuhrfrohnden zu leiſten, wird
aber über ihre Pflicht hinaus, so viel wir aus zuverrn
lässiger Quelle hören, einen Beitrag zur inneren
Einrichtung der neuen Kirche nicht verweigern, deren
größter Theil Sache der kleinen und nicht eben
wohlhabenden katholiſchen Gemeinde sein wird.
Auch von Seiten der protestantiſchen Einwohner-
schaft sollen Beiträge hierzu in Aussicht stehen. Ein
ehrendes Zeugniß für den friedſamen Sinn. „Schön
und lieblich iſt es, wenn Brüder einträchtig bei
weitergehen, den ich nun einmal eingeschlagen habe !
„Ich will Dich nicht quälen!“ die Stimme des
Mannes klang gebrochen und heiſer. „Ich hatte
ja auch alles längſt aufgegeben und begraben, e
lebte nur auf einmal wieder auf, als ich Dich sah.
~ Viktorine, wenn Du je den Rath oder die Hille
eines queen brauchst, willſt Du dann an mih
titis Wilhelm, das will icht Und habe Dank
für jedes gute Wort, daß Du mir gesagt han.
So schieden sie. Viktorine that, wie sie gesagt,.
ſie trat ihre Stelle in Rußland an, sie lebte dort
lange, lange Jahre in strenger Pflichterfüllung, doch
sie war und blieb eine Fremde unter den Fremen.
Als die ihrer Obhut anvertrauten fürſtlichen Kkner
herangewachsen waren, sette ihr die dankbare Fa-
milie eine Pension aus, die ihr ein sorgenfreies
Alter ſicherte. Da duldete sie es nicht länger m
Urte
ein still zurückgezogenes, von allem Verkehr gänzlich
abgeſondertes Daſein. Die Gefährtinnen wunderten
ſich, verſuchten hier und da eine Annäherung un
gaben sie dann auf, nur in einem blieb sie allen
räthſelhaft, in ihrer Neigung für zerbrochenes Spiele
zeug. Wo sie immer weggeworfene, verſtimmelle_
oder vernachläßigte Spielsachen fand, suchte sie die.
selben an sich zu bringen. Was sie damit machte,
konnte Niemand begreifen, denn wenn sie gebeten.
wurde, etwas davon zu gelegentlichen Armenbescheer
ungen zu geben, ſo wies sie die Bitte jedesmal
schroff zurück. Gab sie Geschenke, ſo waren
neue Sachnn.. : ,
; ! (Schluß folgt.)
Vorgeſtern bem
:
hie
Erſcheint täglich außer Montag.
Abonnemen t s preis
für Heidelberg: monatlich 45 Pfg.
mit Trägerlohn, durch die Poft
bezogen viertelj. 1 Mk. 40 Pfg.
Expedition Brunnengaſſe 24.
: Peranlworlliher Redakteur Philipp Klausner.
idelberger Tageblatt
Anzeigen: die 1-ſpaltige Petit-
zeile oder deren Raum 5 Pfg., f
Heidelberger General-Anzeiger.
Expedition Brunnengafſe 24.
Ne GS.
Deutſches Reich.
Berlin, 19, März. Das Abgeordnetenhaus be-
rieth Petitionen und überwies eine größere Anzahl
derjenigen, die eine Revision der Gebäudeſteuer
wtinſchen, der Regierung zur Berücksichtigung im
Stums der baldigen Entlaſtung der Grund- und Ge-
äudesteuer.
Darmſtadt, 19. März. Die erſte Kammer tritt
im April zuſammen.
Braunſchweig, 19. März. Ein außerordent-
licher Landtag iſt auf den 25. März einberufen.
; Frankreich.
Paris, 19. März. Die Kammer nimmt nach
langer Debatte das Schulgesetz mit 336 gegen 181
Stimmen an.
Paris, 19. März. Gestern Nachmittag erfolgte
in einer in der Ecke der Rue Saint Denis und des
Boulevard Bonne gelegenen Weinhandlung eine
Gasexplosion, wobei acht Perſonen, darunter der
Polizeikommiſſär des Stadttheils schwer, mehrere
andere leichter verlett wurden. Im benachbarten
Laden fand Vormittags ein ähnlicher Unglücksfall
ſtatt.
; England.
London, 19. März. Zebehr Paſcha bietet ſich
an, dem General Gordon in Khartum beizutreten,
falls Geld zur Aushebung schwarzer Truppen be-
schafft wird.
Serbien.
î OBelgrad, 18. März. Die Regierung bereitet
eine neue administrative Eintheilung des Landes und
eine tiefer greifende Verwaltungsreform vor. Eine
Anzahl ſerbiſcher Beamten soll in öſterreichiſchen
Dienst treten, um die öſterreichiſche Verwaltungs-
praxis kennen zu lernen. Eine diesbezügliche An-
frage in Wien fand uch: Aufnahme.
. panien.
Wie sich „Paris“ aus Madrid telegraphiren
läßt, hatten die Theilnehmer des daſelbſt entdeckten
Komplottes die Absicht sich des königlichen Schlosses
zu bemächtigen im Augenblick einer Sitzung des
Aus dem Stift.
Erzählung von E. Hartner.
13. Fortsetzung.
Am ſelben Tage zeigte Viktorine der Gräfin an,
daß sie eine Stelle in Rußland in Aussicht habe
und dieselbe sobald wie möglich anzutreten wünsche.
Die Gräfin war ſehr unangenehm überraſcht, doch
in dem großen Glück der Verlobung des Sohnes
überwand sie den Verluſt der Erzieherin und ebnete
ihr ſelbſt die weitern Wege. Es war noch tiefer
Winter, als Viktorine zum letttenmal die Vaterstadt
und die Gräber der Eltern beſuchte, sie fühlte wohl,
daß sie für immer Abschied nahm, sich für alle Zeit
von der Heimath ſchied.
Als die gräfliche Equipage in die Einfahrt des
goldenen Löwen fuhr, grüßte ein hochgewachsener,
breitſchulteriger Mann mit starkem, blonden Voll-
bart. Viktorine dankte, ohne aufzuſehen, sie war
es gewöhnt, Grüße zu erwiedern, die den Wappen-
knöpfen der Dienerſchaft galten. Sie fuhr erschrocken
auf, als kurze Zeit darauf an ihre Stubenthür ge-
pocht wurde und auf ihr mattes „Herein“ eine
männliche Stimme ſagte:
fommen ?“
„Wilhelm!“
„Ja,“ sagte er aufgeregt,
Dienerſchaft, daß Du das Schloß verlassen haſt,
daß Du unterwegs nach Rußland biſt + darf ich
noch Du sagen.. . ?
„Gewiß, Wilhelm! Sete Dich auch.
„Ich bin's. Darf ich
„ich höre von der
Ministerraths unter dem Präsidium des Königs
Freitag, den 21. März
Alfonso. Die Mittheilung klingt doch etwas un-
wahrscheinlich.
Rußland.
In Petersburg ist, wie das Bureau Reuter
meldet, vor Kurzem die erste Nnmmer eines neuen
Sozialiſtenblattes unter dem Titel „Swobodnoje
Slowo““ (das freie Wort) erschienen. Das Blatt
beginnt mit einem Aufruf an die Intelligenz der
ruſſiſchen Jugend, dieselbe auffordernd, ihre ganze
geiſtige Kraft zur Bekämpfung der gegenwärtigen
Regierung aufzubieten, wobei es mit Genugthuung
hervorhebt, daß kein Grund vorläge den Muth
ſinken zu laſſen. Jm Gegentheil, die ruſſiſche Staats-
maschine befinde sich in einem Zersetungsprozeß und
eile der Auflösung unhaltſam entgegen, die Unzu-
friedenheit wachſe in allen Schichten der Gesellſchaft.
Es fänden sich Stimmen, die jede Unterdrückung
des Volkes, von welch’ hoher Person sie auch ver-
übt werde, der öffentlichen Meinung vorführen; die
revolutionären Ideen wüchſen immer mehr und
drängeu schon in ſolche Kreise, die bis jettt als da-
gegen gepanzert angesehen wurden. Dies bewiesen
die lezhin so zahlreichen Verhaftungen im Militär.
Der Tag des Sieges iſt nahe. Durch eins unter-
scheidet ſich das neue Blatt von den anderen, z. B.
von der „Narodnoja Wolja“, „Tscherny Peredel“/ :
es prohorreszirt nämlich den Terrorismus gänzlich
und betrachtet den politischen Mord als durchaus
überflüssig, um obiges Ziel zu erreichen : im Uebri-
gen erſtrebt es eine Einigung aller sozialen Frak-
tionen Nußlands zu einer geſchloſſenen Phalanx
unter den Tendenzen der Geiſteskraft und nicht der
rohen Gewalt. ~ Aus Konstantinopel meldet
man dem „Standard“, daß sich im Kaukasus ein
mächtiges Armeniſches Revolutions-Comitee gebildet
habe, welches über große Mittel verfüge und revo-
lutionäre Prolamationen im Türkiſchen Armenien
vertheile. Die ruſſiſche Regierung dulde den Un-
fug. (Es wird immer schöner. D. R.)
Aus Nah und Lern.
):( Neckargemünd, 19. März. Eine Buberei
sondergleicher wurde dieser Tage von einem, bis
„Ich bin auch noch nicht lange zurück — ich
wollte gar nicht mehr heimkommen. Da schrieb mir
die Mutter, der junge Graf wollte Dich heirathen.
Da dachte ich, nun kannſt Du heimgehen, wenn sie
so hoch, ſo himmelhoch über Dir steht, wirſt Du
zur Ruhe kommen Es iſt also nicht wahr ?“
„Nein, Wilhelm. Der junge Graf hat sich mit
seiner Kousine verlobt.“
Er sah ihr ernst und forſchend in die Augen,
„Viktorine,“ sagte er endlich mit ausbrechender Be-
t MIO x
ſanft. „Ich weiß, Du meinſt es gut, aber es kann
nicht sein !“
„Bedenke es doch!“ bat er. „Sage nicht für
immer nein!“
Sie schüttelte den Kopf. „„Wilhelm, lieber Wil-
helm, Gott weiß es, wie tief ich Deine Treue em-
pfinde! Aber es kann nicht sein. + Du wirst Dich
verheirathen, wirſt eine Frau finden, die Dir recht
von Herzen gut ist, Du ſollſt nicht das zerbrochene
Spielzeug anderer aufnehmen!“
„Viktorine, iſt ein Unrecht an Dir begangen
2.1
were das, Wilhelm! ~~ Siehſt Du, ich will
es Dir gerade heraus ſagen, ich habe mich früher
für meinesgleichen zu gut gedünkt, da kam ich unter
ſolche, die ſich für mich zu gut dünkten. Ich habe
mit deiner treuen Liebe geſpielt, zum Lohn dafür
iſt mit meinem Herzen geſpielt worden. Jetzt bin
ich für jede Stellung verdorben, zu fein für eine
einfache Bürgersfrau und für die Gemahlin eines
Ich habe |
| einer halben Stellung zufrieden sein und den Weg
vornehmen Mannes nicht fein genug! Ich muß mit
1884
; .
~ t
jettt leider noch nicht ermittelten Individium hier
verübt, aus der man die Nutanwendung ziehen
sollte, mit dem Verkauf von gefährlichen Sprenge
stoffen sehr vorsichtig zu sein und diese Explosions-
stoffe nicht Jedem anvertraue.
Morgengrauen wurden nämlich die in der Nähs des
Neckars wohnenden Einwohner durch einen ſtarken.
dumpfen Knall ſehr erſchrect. Eine nähere Unter-
suchung ergab, daß entweder Dynamitpatronen der _
pures Dynamit von ruchloſer Hand in einen Kies-
nachen gelegt und dieser Stoff explodirt war. De
saubere Plan den Nachen auf den Grund zu boho _
ren, wurde aber glücklicher Weise vereitell, da die:
Wirkung sich mehr auf das Wasser als den Nacha
kl! gt so daß lettterer mit einigen Löchen.
avonkam. Ä
/\. Eberbach, 19. März. Mit dem heutigen
Festtage wird der letzte Gottesdienſtt in unserer
alten katholischen Kirche gehalten. Morgen sol mit
deren Abbruch begonnen werden und ein neues,
schönes Gotteshaus an dem Platze des jetigen er-
stehen. Die s. Z. ausgestellten Pläne versprechen,
daß unsere Stadt durch den Neubau um ein pracht.
volles Baudenkmal reicher werden wird, das ſchon
von ferne her die Blicke auf unser freundliches
Heim lenken dürfte. Während des Kirchenbaues
sollen die Frühmeſſen an Wochentagen in der im
Pfarrhauſe eingerichteten Kapelle abgehalten werden,
während die sonntäglichen Gottesdienſte in der
proteſtantiſchen Stadtkirche gefeiert werde. Wir
freuen uns dieses einträchtigen Zuſammenlebens der
beiden Bekenntnisse, das allein ein so duldſames
Aushelfen ermöglicht. Die Stadtgemeinde hat ge-
setlich Hand- und Fuhrfrohnden zu leiſten, wird
aber über ihre Pflicht hinaus, so viel wir aus zuverrn
lässiger Quelle hören, einen Beitrag zur inneren
Einrichtung der neuen Kirche nicht verweigern, deren
größter Theil Sache der kleinen und nicht eben
wohlhabenden katholiſchen Gemeinde sein wird.
Auch von Seiten der protestantiſchen Einwohner-
schaft sollen Beiträge hierzu in Aussicht stehen. Ein
ehrendes Zeugniß für den friedſamen Sinn. „Schön
und lieblich iſt es, wenn Brüder einträchtig bei
weitergehen, den ich nun einmal eingeschlagen habe !
„Ich will Dich nicht quälen!“ die Stimme des
Mannes klang gebrochen und heiſer. „Ich hatte
ja auch alles längſt aufgegeben und begraben, e
lebte nur auf einmal wieder auf, als ich Dich sah.
~ Viktorine, wenn Du je den Rath oder die Hille
eines queen brauchst, willſt Du dann an mih
titis Wilhelm, das will icht Und habe Dank
für jedes gute Wort, daß Du mir gesagt han.
So schieden sie. Viktorine that, wie sie gesagt,.
ſie trat ihre Stelle in Rußland an, sie lebte dort
lange, lange Jahre in strenger Pflichterfüllung, doch
sie war und blieb eine Fremde unter den Fremen.
Als die ihrer Obhut anvertrauten fürſtlichen Kkner
herangewachsen waren, sette ihr die dankbare Fa-
milie eine Pension aus, die ihr ein sorgenfreies
Alter ſicherte. Da duldete sie es nicht länger m
Urte
ein still zurückgezogenes, von allem Verkehr gänzlich
abgeſondertes Daſein. Die Gefährtinnen wunderten
ſich, verſuchten hier und da eine Annäherung un
gaben sie dann auf, nur in einem blieb sie allen
räthſelhaft, in ihrer Neigung für zerbrochenes Spiele
zeug. Wo sie immer weggeworfene, verſtimmelle_
oder vernachläßigte Spielsachen fand, suchte sie die.
selben an sich zu bringen. Was sie damit machte,
konnte Niemand begreifen, denn wenn sie gebeten.
wurde, etwas davon zu gelegentlichen Armenbescheer
ungen zu geben, ſo wies sie die Bitte jedesmal
schroff zurück. Gab sie Geschenke, ſo waren
neue Sachnn.. : ,
; ! (Schluß folgt.)
Vorgeſtern bem