Heidelberger Tageblatt
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t! tu v uo arzt sr zu .
_ Deutſches Reich.
Karlsruhe, 28. April. Mit großer Mehrheit
nahm heute die Zweite Kammer den Antrag an,
die Regierung wolle bei dem Bundesrath dahin
wirken, daß von Seiten der Reichsregierung eine
zweckmäßige Colonialpolitik eingeschlagen werde,
welche die deutsche Auswanderung so leitet und
sichert, daß sie den Auswanderern, wie dem Mutter-
lande zum Nuten gereicht. Alle Redner waren
darüber einig, daß es sich für das Großherzogthum
Baden keineswegs darum handle, die Auswanderung
zu unterstützen, da es im Lande thatſächlich an Ar-
beitskräften fehle. Vielmehr könne der Zweck des
Antrags nur der sein, die Auswanderung als vor-
hztzets und leider unvermeidliches Uebel wenig-
tens in ſolche Bahnen zu leiten, daß den Ausge-
wanderten ihr Volksthum und ihr politischer und
wirthſchaftlicher Zuſammenhang mit dem Mutter-
lande thunlichſt erhalten bleibe. Die Verhandlung
ſelbſt beschäftigte sich faſt gar nicht mit dem ab-
fichtlich ganz allgemein gehaltenen Inhalt des An-
trags, sondern mehr mit der Ueberbürdung der Ge-
meinden und insbesondere mit der ſteuerlichen Be-
laſtung des sogenannten Allmendgenuſſes. Als That-
ſache wurde dabei feſtgeſtelltt, daß zwar in einzelnen
Ortſchaften des Landes bei geringem landwirth-
ſchaftlichem Areal eine locale Ucbervölkerung ſtatt-
finde, weil die jüngeren Einwohner theils aus Liebe
zum Heimathsort, theils aber auch aus Trägheit
an der Scholle kleben bleiben, daß aber von einer
Uebervölkerung des Landes im ganzen durchaus
nicht die Rede sein kann. Der Gesetzentwurf über
die Braumalzsteuer hat wenig Hoffnung darauf,
zum wirklichen Geseß erhoben zu werden, da von
allen Seiten — nicht allein von den kleinen Brauern
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Die Frankenburg. "
Roman von Marie Romany.
' ;
(19. Fortsetzung.)
Wenn der erſte Mai vorüber und also dem
Prater-Korſo sein landüblicher Tribut gezollt iſt,
dann hält es die nach Freiheit und Ungebundenheit
haſchenden Gemüther der Wiener in den engen
Mauern der Stadt nicht mehr; dann rührt und
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ſtreuung in der Romantik der freien Schöpfung zu
ſuchen, die sich bekanntlich auf viele Meilen in der
Umgebung der glänzenden Hauptstadt der reichsten
und üppigsten Pracht erfreut. .
Die Villa der Baronin befand sich am Ende der
langen Allee, welche einen der frequentirteſten Aus-
gangspunkte des Ortes bildet, und zeichnete sich vor
vielen anderen durch die Eleganz ihrer Einrichtung
und mehr noch durch die Größe und Pracht des sie
brgehgrrer Pathes - " th L "t ü.ihie
schen Nationalbank gewesen ~ in dem Städtchen
allgemein nur mit dem Namen : das Goldparkhaus.
Die Baronin gehörte, wiewohl sie kaum fünf-
unddreißig Frühlinge zählte, schon mehr als ſechs-
zehn Jahre dem Wittwensſtand an; und gar Man-
chen, der sie kannte, nahm es Wunder, daß sie, die
eben so geiſtreiche und liebenswürdige, wie vermö-
gende junge Frau fich sträubte, zum zweiten Male
ein Ehebündniß einzugehen, um so mehr, als es für
Niemanden ein Geheimniß war, daß Leonka einſt
aus Konvenienz dem Baron von Hagern zum Trau-
altar folgte; denn dieser gab ſich damals Mühe,
Donnerſtag, den 1. Mai
~ der Steuerſaß von 10 Mk. für den Doppel-
centner als unerträglich angesehen wird, die Regie-
UU; st U 1,214 ze Vr:rr geb.
ht; “sz solle von .der Berathung des Gesetzes
absehen.
Karlsruhe, 28. April. Die in dem Berichte
des Geh. Raths Dr. Schulze enthaltenen Vorschläge,
soweit dieselben eine neue gesetzliche Grundlage für
die Erhaltung ganzer „Landgüter“ (Landgüterord-
nung) ſchaffen wollen, wurden bereits besprochen.
Außerdem enthält aber der Bericht auch noch ſolche
Vorschläge, welche darauf abheben, das bisherige
Recht der sog. geſchloſſenen Hofgüter nach dem Edikt
von 1808 auf eine erweiterte Grundlage zu ſtellen
und eine Zerſchlagung derſelben da zu verhindern,
wo dieselbe wirthſchaftlich nachtheilig wirken müßte.
Der größere Theil dieser Vorſchläge läßt sich auf
dem Wege der Verordnung durchführen; ein Gesetz
wäre nur für die neue h uu bezüglich des
Taxwerts der Uebernahme nothwendig, welcher ſich
nicht mehr nach dem augenblicklichen Verkehrswerth,
sondern nach dem wirklichen nachhaltigen Ertrags-
werth richten ſoll.
Karlsruhe , 29. April. Der Großherzog be-
gibt sich, wie lettes Jahr, zu mehrwöchentlichem Kur-
gebrauch nach Kissingen.
Berlin, 29. April. Die Unfallversicherungskom-
miſſion nahm heute in ihrer Abstimmung über die
§§ 9— 11 die Anträge der vereinigten Conſervativen
und Klerikalen, welche gegen den Fortbeſtand der
Privatversicherungen und gegen die Versicherung auf
Gegenſeitigkeit gerichtet sind und die territorial ab-
gegrenzte Berufsgcnoſsenſchaften zur Baſis der Ver-
sicherung machen, an.
Berlin, 27. April. (Ein Reichsfürſten-Palais
in Berlin.) Die regierenden Fürsten des deutſchen | i
Reiches sollen durch direkte Unterhandlungen von
Hof zu Hof dahin übereingetommen ſein, sich ein
u tt Uu. y .der rágtszet
ſiget su g: Prinz den kaiserlichen Hof und Berlin
beſuchte, so geſchah dies immer nur bei außerge-
sein weißes Haupthaar dunkel zu färben, während
ſeine Braut im vollſten Schmucke der erſten Jugend
war. Mancher eitle Schwäzer wollte ſogar wiſſen,
daß Leonka durch die Heirath, welche sie einging,
eine Wunde heilte, die zuvor den Vermögensver-
hältnissen ihrer Eltern geſchlagen war, und daß als
Gegendienst für seine Freigebigkeit der Baron von
seiner Gattin das Versprechen dauernder Wittwen-
ſchaft nahm. Doch, wie dem auch sein mag, die
Baronin stammte aus geachtetem, doch armen und
bürgerlichem Hauſe, sie reichte als kaum erblühte
Jungfrau einem Greise ihre Hand. Kaum ein Jahr
ſpäter hatte der Baron sie zur Wittwe gemacht.
Seit dieser Zeit nun lebte sie abwechſelnd bald in
Wien, bald in Baden, auch hatte sie manchen Som-
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im dunkeln Grün der Bäume, die ihr angehörten,
fand ihre Sehnſucht Ruhe und ihr Herz die volle
Zufriedenheit.
Die Baronin hatte eine Tochter, ein ſtrahlend
schönes Mädchen von nicht ganz siebzehn Jahren,
die in der ganzen Umgegend als die ſchönſte unter
den Damen galt; und diesen hohen Titel trug die
junge Elfe nicht mit Unrecht, denn keine der ariſto-
kratiſchen Geſtalten kam ihr auch nur annähernd
gleich ; kein Wuchs war ſo geschmeidig, kein Auge
funkelte so glänzend, kein Haar fiel in so üppig
schönen Locken nieder, wie der Baroneſſe Jda von | l
Hagern ſchwarzlockiges Seidenhaar. ;
Mutter und Tochter ſah man immer vereint.
Auf der Promenade, im Theater, in der Meſſe, auf
Bällen und Gesellschaften, überall suchte das ent-
zückte Auge der Baronin mit Wohlgefallen nur den
1884.
wöhnlichen feierlichen Anlässen und auf direkte Ein-
ladung Seitens des Kaisers und eo ipso war die
kaiserliche Gastfreundschaft geboten, da Keiner unser
deutschen Regenten, wie beispielsweise der Kaiſer
von Rußland, ein eigenes Palais in Berlin beſitt,
das ihm und seiner Hofhaltung die entsprechennſe
und wünſchenswerthe räumliche Ausdehnung ge-
ſtattet. So sind die meiſten deutschen Geſandtſchafts-
hotel in Berlin allenfalls geeignet, däs Geſandt-
ſchaftsperſonal aufzunehmen und dem Vertreter ein
Monarchen die Veranstaltung einzelner Feſtlichkeite
zu geſtatten, keineswegs aber, den Monarchen ſelb
und ein größeres Gefolge bei einem in Berlin b
absichtigten Beſuche zu beherbergen. Jn dieser E
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nahegebracht worden ſein. .
Berlin, 29. April. Die Sozialiſtengeseßcem.
mission beſchloß mit dreizehn gegen sieben Stimmen,
dem Antrage Windthorſt gemäß, den zweiten AbſahpsV
des Paragraphen 9 zu streichen. Im Laufe der
Debatte hatte Miniſter Puttkamer erklärt, das Ge.
seß stelle nur ein Minimum der Vollmachten dar,
welche die Staatsregierung benöthige; die verbün-
deten Regierungen könnten keinem Amendement zu-
ſtimmen. Aus dem Standpunkt Windthorſt foljze.
consequent die Verwerfung des ganzen Gesetzes. Die u
Handhabung erfolgte scharf aber geſeßmäßig; er
halte den erwarteten Erfolg als einen Damm für
die Weiterverbreitung. Der Z’nstand der Beängſti-
gung ſei f und die Sozialdemokratie vo
der Oberfläche verschwunden, allerdings unter Stär
kung der geheimen Machinationen. j
Darmftadt, 27. April. Die hiesigen Blätte
nehmen freudig Notiz von dem Beschluß des Bundes
dings für das Gedeihen der Anstalt ſehr förderlich
ſein, da die letttere in Folge deſſen zur Abhaltung
pharmaceutiſcher Staatsprüfungen berechtigt ien.
Darmſtadt, 27. April. Wie man hört, soll die.
zu gründende Arbeiterkolonie für das Großherzogthum
Herzensſchaß ihrer einsamen Tage, ihr Kind. ..
Mit dieſem Kinde hatte es eine Bewandtniß !
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Fragen der neidisſchen Geſellſchaft. :
Als sie das Licht der Welt erblickte, so erzählte
einſt die Baronin, war sie kränklich und schwach, ſo
zart und so krank, daß ich mich bewegen ließ, fie
von mir zu geben, denn nur durch die reine Luan.
luft war es mir möglich, ihr Leben zu retten, des
sonst unfehlbar verloren war. uu
Andere Leute aber erstatteten hierüber einen
anderen Bericht. Man wollte ſich durchaus nicht.
entſinnen, daß der Baron von Hagern jemals die .
Geburt eines Kindes bekannt gegeben habe; aueh
wußte Niemand einen Umstand, der Veranlaſsung
bieten konnte, daß man ein ſolches Ereigniß ver.
borgen hielt; dennoch wagte man es nicht, irgean
tin bis Ueentn zus Baronsse von Hacks tt
pf allen Kreiſen der Geſellſchaft hochgeſchätzt s beliebt.
Es mochte zu Ende Juni sein, als eines Abends,
ganz wider ihre sonstige Gewohnheit, Baroneſſe Ira
allein in ihrem Parke spazieren ging. Schweigen
tändelte sie einen Pfad entlang, welcher sich durch
das Dunkel der grünen Wallnuß- [und Ahornbäume
bis an das unterſte Ende des Gehölzes erſtrecte.
es ſchien, daß sie ſuchte, denn als sie jett nach einer
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doch stets verſchloſsenes Pförtchen auf die hinters
Landſtraße führte, wendete sie voll Unmuth das
Köpfchen und schickte sich an, mit eilenden Schrit
zurückzugehen. . Fortſ. fo