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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 204 - No. 228 (2. September - 30. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44124#0927

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f Freitag,
H rtl. Redakteur Philipp Klausner in Heidelberg.

' Jutz: äglich außer Montag. . Abonnementspreis für
k bezogen vieretjthrt. 1 Mart ehr Guhtolungngedühte
Ösen viertetjzährl. 1 Mart ohne Zuſtellungsgebüh

M 225.

Abonnements-Einladung.








6 Nit dem 1. Oktober beginnt wieder ein neues
[j!artal, verſäume man deshalb nicht, auf die bil-
qiiîte, täglich erſcheinende, unparteiiſch
; ‘haltene Zeitung des ganzen bad. Landes

> <§rrtet Eegrrst
Wonniren. Dasselbe koſtet durch den Briefträger
aus gebracht nur 1 Mk. 40 Pfg. pro !/, Jahr,
Üorer Poſt abgeholt nur 1 Mk. Neueintretende
1 z1ten gehts das Blatt von jetzt ab bis

















breitür, Inserate haben infolge der starken Ver-
end J, hier sowie in der ganzen unteren Landes-
I bei billigster Berechnung den besten Erfolg.

Deutſches Reich.



?nde Ankunft der deutschen Kaiserfamilie und
Großherzogs und der Großherzogin von Baden,
e der kronprinzlichen Herrschaften, welche, wie
VÖtelen Jahren den Geburtstag der Kaiserin am
J. M. dahier zu feiern beabsichtigen, freut man
dahier allgemein. Ueben doch die Anwesenheit
thgohen und höchſten Herrſchaften mit dem zahl-
'n Gefolge und die damit in Verbindung ſtehen-
: 179 1: 4;85§ 253

q Fibt der Saison einen würdigen Schluß. ~
Jlich der hiesigen Wohnungsverhältniſſe wird
; krichtung eines Wohnungsburequs beabſichtigt,
r ür den Vermiether nur angenehm sein könnte.
hh önnen einem ſolchen zweckmäßigen Unter-
en nur vollkommen beiſtimmen und glauben,
Plehes von gutem Erfolg sein dürfte.

i erlin, 24. Sept. Der Kaiser der die An-
“Jungen der letzten Wochen glücklich überstanden
hej, vird nach dem Schluß der Festlichkeiten im
Wlande einen Monat hindurch im Großherzogthum



Im Hauke des Verderbens.

Criminalroman von R. Ortmann.



(24. Fortſetzung)

Ste begann fich Vorwürfe darüber zu machen,
ſie ihm bisher all’ seine brüderliche Freund-
[] ' ztts trssſts hte dss | rt
j U und daß nur an ihr allein die
pid liege, wenn er es jett nicht über ſich ver-
[ L § Gulet:
Aber von heute an ſoltte es damit anders wer-
M das gelobte sie fich feſt und heilig! Sie
q chor ttiſanen Nawe it §uturſt niht wur
| ame und dienstbereite chweſter, sondern
j.l\e und liebevolle Freundin sein: sie wollte

q
Us Krer gr le "riet
Ut wie heute auf ſeiner Stirn gesehen.
eh ~, die Ausmalung all’ der unbestimmten
i §üollen Bilder, welche ihr unwillkürlich aus
w! vß dieser veränderten, unbekannten Zukunft
ez egen, waren Stunden vergangen, ohne daß
tert merkt und ohne daß sie ihre Stellung ver-

hätte. Der Mond war längst untergegangen

îwiſchen den Baumſtämmen hindurch verrieth

Yen langſam wachsender weißlicher Streifen
h fdämmern des nahenden Morgens. Der Luft-
îtel,„eJann schärfer zu werden, so daß Elsbeth
jk zuſammenſchauerte und sich erhob, um das
_ '’ das nur ungefähr fünf Fuß vom Boden

Vaden-Baden, 23 Sept. Auf die nahe bevor-

' einen eigenthümlichen Reiz auf die Bäderſtadt

t en helfen, was das Leben Schweres für





Baden, zumeiſt in Baden-Baden verweilen. Wie

wir hören, hat sich der Monarch über die Manöver

des 7. und 8. Armeecorps mit überaus großer

Befriedigung ausgesprochen. Das Kronprinzenpaar

wird die erſten Wochen des künftigen Monats in

dcr Schweiz verbringen. :
: Frankreich.

Paris, 23. Sept. Der „Temps“ bringt folgende
Privatdepesche aus Tonkin: Hai-Phong ist voll von
Truppen, die Einen sind mit dem ,„Rio-Negro‘’ an-
gekommen, die Anderen sollen auf diesem Schiffe
heimbefördert werden. Elf Menſchen sind aus Un-
vorsichtigkeit ertrunken. Sie hatten ein kleines Fahr-
zeug beſtiegen, um im Flusse ein Bad zu nehmen,
und das Schiff schlug um. Die Chineſen haben
die Steuern auf dem linken Ufer des Cua Thai-
Binh in Phu-Man-Sach aufgehoben. Das Fort
Dang-Trien wird durch ein Detachement des afri-
kaniſchen Bataillons beseßt werden. Das Kanonen-
boot „Mousqueton““ kreuzt augenblicklich in dieser
Gegend. – Geſtern fand eine Verſammlung der
beſchäftigungsloſen Arbeiter in Lyon im Alcazar
statt, die von etwa 4000 Personen besucht war.
Vom Beginn derselben an herrſchte die größte Ord-
nung und der Vorsitzende wünſchte von vornherein
jede politiſche Rede ausgesſchloſſen zu wissen. Der
Bericht, der hierauf zur Verleſung gelangte, erwähnt
die Thatſache, daß augenblicklich an 6000 Färber,
10,000 Weber und im Ganzen an 25,000 Arlbeiter
unbeschäftigt seien. Der revolutionäre Pariser Ge-
meinderath Vaillant sprach sich für die Schaffung
von National-Werkſtätten aus. Die Opposition der
Lyoner Gemeindeverwaltung sei unnütz, da ſelbſt
die Regierung sich nach der Versammlung der un-
beſchäftigten Arbeiter in Paris, die in der Salle
Levis ſtattfand, dem Beſchluſſe des Abgeordneten-
hauſes auf Einsetzung einer Enquetekommisſsion fügen
mußte. Er beantragte, auf der Stelle eine Depu-
tation an den Maire zu entsenden, womit die Ver-
sammlung einverſtanden war. Um 11!/, wurde
die Sitzung geſchloſſen und um 4 Uhr Nachmittags
wieder eröffnet, um das Resultat der an den Maire
entſandten Delegation zu vernehmen. Die Zahl

entfernt war, zu schließen. ~ Ein leises Geräuſch
dicht unter ihr erregte dabei ihre Aufmerksamkeit;
sie beugte sich ein wenig vor und gewahrte die zu-
sammengekrümmte und versſchrumpfte Gestalt eines
sehr alten Weibes, das ganz leise ſherangesſchlichen
sein mußte und vielleicht ſchon geraume Zeit unter
der Fenſterbrüſtung gestanden hatte. Trotz der ge-
t gu tut t tivi. U
benachbarten Neudorf, welche sich mühselig mit Bin-
senschneiden ihr kärgliches Brot verdiente, und von
der die abergläubigen Dorfbewohner sagten, daß ſie
sich auf allerlei verſteckte, Heil und Unheil bringende
Künste verſtände. Die Anwesenheit des alten Weibes
mit dem sie nur vor längerer Zeit einmal bei einer
zufälligen Begegnung einige freundliche Worte ge-
wechſelt hatte, war für Elsbeth sehr überraſchend,
und noch mehr erstaunte sie, als die Binſenmarthe
auf die Frage nach dem Zweck ihres Kommens eine
rt. stete ret 123 etzt 1r

„Seien Sie ganz still, Fräulein“, flüſterte sie
in ihrem ſchwer verſtändlichen heimathlichen Dialekt.
„Es soll niemand erfahren, daß ich hier bin, hat sie
mir gesagt, und ganz heimlich sollt" ich Ihnen den
Zettel zuſtecken.“ ;

Elsbeth zögerte, den Brief aus der emporgeſtreckten
dünnen, braunen Hand der Alten zu nehmen.

„Ich weiß nicht, was Ihr wollt, Martha, sagte
ſie. „Von wem redet Ihr denn? Mir ſcheint, Ihr
seid an die falsche Stelle gerathen.“

Das Weib ſchüttelte energiſch den Kopf.

„Geht zu Fräulein Elsbeth Werner, der Schwe-
ſter des Obergärtners,“ hat ſie mir geſagt, und ich



tidelberger Tageblatt

Verkündiguugsblatt für die Bezirke Heidelberg, Weinheim, Schwehingen, Wiesloch, Sinsheim, Eppingen, Mos-
bach, Netkarbiſchofsheim, Eberbach, Buchen, Walldürn, Adelsheim, Cauberbiſchofsheim & Wertheim.

26. Yeptember

Druck und Verlag von Wurm & Pfeff er in Heidelberg.
Expedition Brunnengaſsse 24.

Anzeigen: die 1-sſpaltige Petitzeile oder deren Raum 5 Pfg.,
für auswärts 10 Pfg. Bei mehrmaligem Erscheinen Rabatt.

1884.

der Anwesenden war inzwischen bedeutend gewachsen.
Der Maire hatte erklärt, daß er für ſeinen Theil
nichts thun könne, ohne vorher mit der Regierung
sich benommen zu haben. Der Bürger Paulo be-
antragte demnach, an den Ministerpräſidenten nach-
stehende Depesche abzuſenden : „„Die Lyoner Arbeiter,
in der Zahl von 10,000 im Saale des Alcazar
von Lyon verſammelt, bitten den Präsidenten des
Ministerrathes, gütigſt die Gemeindeverwaltung
dieſer Stadt einzuladen, unverzüglich die vom Maire
den beschäftigungsloſen Arbeitern versprochenen Werk-
stätten zu eröffnen.“ HDie Verſammlung stimmte
dem Antrage zu und vertagte sich auf Mittwoch,
um die Antwort des BMztiſecs zu hören. tt
elgien. :
Brüßsel, 24. Sept. Der gestrige Abend verlief
abermals unruhig, Mehrere Volkshaufen durch-
zogen lärmend und ſchreiend die Stadt und vor die
Redaktion des „Patriote“, wo sich der Lärm fort-
setzte; indeß gelang es der Polizei die Ruhestörer









zu zerſtreuen. Gegen 11 Uhr konzentrirte ſich die .

Bewegung hauptsächlich auf dem Münzplatze; hier
ſchritt die Bürgergarde ein, säuberte Platz und
nahm mehrere L-hsteu.1 vor.

j alien.

Rom, 24. Sept. Nach dem Eholerabericht von
geſtern erkrankten in Neapel 311 und starben 151,
davon in der Stadt Neapel 246 bezw. 126, in ;
Cueno 23 bezw. 14, in Carſerta 19 bezw. 10, in
Cremona 10 bezw. 2, in Genua erkrankten 36 und
ſtarben 10, in Spezi 21 beg: 6 Personen.

ußland. j

Odeſſa, 18. Sept. jlaus. die ſibiriſche Peſt
wird der „N. F. Pr.“ von hier geschrieben: In
letterer Zeit tauchten zu wiederholt en Malen Nach-
richten über den Ausbruch der ſibiriſchen Peſt in
verschiedenen Gegenden Rußlands auf, die anfangs
von Petersburg aus in herkömmlicher Weiſe abge-
leugnet und dann in den ruſſiſchen Blättern gang
unterdrückt wurden, ohne daß dafür Sorge getragen
worden wäre, daß dieſe Epidemie nicht weiter ver-
ſchleppt werde. Inzwischen hat aber dieselbe einen
ernsten Charakter angenommen, ſodaß ſich der Odeſ-

denke doch, das sind Sie, nicht wahr?“ ~ Aller-
t! . Aber wer ist es denn, der Euch ge-
ickt hat ?“

„Weiß ich nicht,“ meinte die Alte mit einem
bedeutſamen Grinsen, „aber es wird wohl in dem
Briefe stehen. So nehmen Sie mir ihn doch end-
lich ab, Fräulein, vergiftet wird er ja wohl nicht
sein! Es wird immer heller, und wenn ich hier noch
länger ſtehe, ſo wird man mich sehen, und sie wird

schlimm mit mir umſpringen! + Gott befohlen!“

Elsbeth nahm das Billet in die Hand und be-
trachtete die zierlichen, aber energiſchen Schriftzüge,
die ihr vollſtändig unbekannt waren. Unwillkürlich
mußte sie bei ihrem Anblick der unheimlichen, schwarz-
haarigen Fremden vom gestrigen Tage gedenken,
und als sie sich nun auch jener letten Worte er-
innerte, in denen ja von der Binſenmarthe die Rede
gewesen, stand es plötzlich mit aller Klarheit vor
ihrer Seele, daß nur die unbekannte Warnerin die
Absenderin dieses Briefes sein konnte. Haſtig riß
ſie ihn jezt auf und überflog die wenigen geilen,
die groß und deutlich genug geſchrieben waren, um

selbſt in dem unbestimmten Licht der begi mene.

Dämmerung lesbar zu sein. Sie lauteten:

„Ich erfahre ſoeben, daß der Baron von Bran-
denstein in dieser Nacht geſtorben sei. Hat meine
gestrige Warnung denn gar keine Wirkung auf Sie
gehabt ? Noch darf meine Anwesenheit und mein

Aufenthalt nicht verrathen werden, die Zeit des.

Handelns iſt für mich noch nicht gekommen; aber
ich kann mich nicht enthalten, Ihnen einen Finger-
V V. su wr t; Ust vr
von einem fremden Arzte unterſucht worden? —
 
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