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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 101 - No. 126 (1. Mai - 31. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44124#0491

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Expedition Brunnengafſe 24.

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Heidelberger General-Anzeiger. ct

Perautworllicher Redakteur Philipp Klausner.

Anzeigen: die 1-spaltige Petite .
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Expedition Brunnengaßse 242.2.



e 117.
Deutsches Reich.

Karlsruhe, 17. Mai. Heute wurden unter den
Abgeordneten zwei Berichte vertheilt; der eine be-
trifft die Ansicht der Majorität der Petitions-Kom-
miſſion zur Bitte vieler Rhein- und Kinzig-Gemeinden
um Aufhebung bezw. Ermäßigung der Fluß- und

Dammbaubeiträge, der andere die der Minorität

der Kommission. Die Majorität beantragt: 1) daß,
soweit in den Petitionen um Beſchränkung der Fluß-
baubeiträge auf das im Ueberſchwemmungsgebiet
liegende Gelände nachgeſucht wird, zur Tagesord-
ordnung überzugehen ſei; 2) daß die Petitionen,
soweit darin a) um Minderung der Fluß- und
Dammbaubeiträge oder um Wiederherſtellung der
Kinzigdämme ganz auf Staatskoſten und b) um
ausgiebigere Anwendung des Art 73 des Wasser-
geſetes nachgeſucht wird, großh. Staats-Miniſterium

zur Kenntnißnahme zu überweisen. 3. daß dieſelben

endlich, soweit um Erhebung der Fluß- und Damm-
baubeiträge mit den Staatsſteuern nachgeſucht wird,
Großh. Staatsminisſterium empfehlend seien. + Die
Minorität dagegen beantragt : Hohe Kammer wolle

die vorliegenden Petitionen Großherzogl. Staatsmi-

nisterium in der Richtung empfehlend tiberweiſen,
daß die Aufhebung, oder doch die Minderung der
Fluß- und Dammbaubeiträge im Wege der Geſetz-
zebücg hrthegefthn wette. Die zweite Kammer
verweiſt die Petitionen für die Wutachthalbahn, ſowie
Eppingen - Steinfurths zur Kenntnißnahme an die

Regierung ohne Aussicht auf Ausführung.

“Munchen, 16. Mai. Der Statistiker und
Schriftsteller Georg Friedrich Kolb, bis zum Jahre
1870 Hauptsſtütze der großdeutſchen und volkspar-

teiiſchen (demokratischen) Richtung in Bayern, iſt

heute gestorben. Er war geboren am 14. September

1808 zu Speyer. :
' ÖDesterreich-Ungarn. '
Wien. 17. Mai. Erſt um 1 Uhr Nachts konnte

der Stadttheaterbrand gedämpft werden. Aus den

| im Paterre und Mezzanin befindlichen Geschäfts-

lokalitäten, ſowie aus der Garderobe, den Bureaux
und den Privatwohnungen wurde alles Werthvolle

rr

Die Frankenburg.

Roman von Marie Romany.



HG34. Foriſetzung.) ;

Weine nicht, mein Kind, meinte die Gräfin be-
gütigend; der Himmel schreibt uns manche düſtere
und unheilvoll scheinende Wege vor; aber ſeine all-
mächtige Hand waltet stets nur mit Weisheit nach
ſeinem höheren Plan. Auch den Schmerz dieſes Er-
tigrghs Hi ze ge rethR ſchluchzte
das Mädchen, kummervoll und traurig; denn ſtehe
ich jetzt nicht einsamer, verlassener, als ich es jemals
gewesen, allein auf der weiten Erde dak

Du bist nicht verlassen, erwiderte Clothilde eifrig;
bin ich nicht da und bin ich Dir nicht im eigent-
lichen Sinne des Wortes verwandt? Wirst Du die
Hand der Mutter nicht anerkennen, die sich für-

orgend auf Dein verlaſſenes Haupt zu legen bereit

iſté Willſt Du die Theilnahme, die ich Dir ent-
gegenbringe, von Dir weisen, ohne daß Du ihren
Scgen erprobteſt? + Du ſiehſt michan! +
Du versſtehſt mich nicht? + + Komm her in meine
Arme ! Ich will Dir, die Du Dich verlassener glaubst
als jemals, eine treue und liebevolle Mutter ſein!

Verwirrt starrte Elſa in das Antlitz der Dame.

War es Täuſchung, was sie hörte? Irrte ſie oder
war es Wahrheit? ~ Deffnete die Gräfin in allem

Ernste die Arme, um sie an sich zu drücken? —
§ar . die Liebe einer Mutter,! was aus ihr

Im Uebermaße des Erstaunens. und der Freude
“t; fie konnte ſich ja nicht faſſen ~ warf sie ſich







JDienſtag, den 20. Mai

rechtzeitig gerettet. Die Privatwohnungen ſelbſt sind
durch die von den Theaterräumlichkeiten trennenden
Feuermauern und eisernen Thüren intakt geblieben.
Das Innere des Theaters ist in einen Trümmer-
haufen verwandelt, nur die Fasade steht noch auf-
recht.. Der eiſerne Vorhang ſchützte die Bühnen-
räume, zwei Stunden lang vor den Flammen, die
ſich dort erſt ausbreiteten, nachdem der Dachstuhl,
an welchem der eiſerne Vorhang befestigt war, ein-
ſtürzte. Es iſt konſtatirt, daß die Feuermeldung
17 Minuten später gegeben wurde, als von dem
Thurme des Sanct Stefans Doms. Vor vier Uhr
Nachmittags wurde schon Brandgeruch verspürt.
Von den verschiedenen Versionen über die Ent-
ſtehungsursache gilt als die wahrscheinlichſte, daß
das Feuer in dem unter dem Dach befindlichen
Malerſaale ausgebrochen iſt. Außer ſämmtlichen
Feuerwehren Wiens und der Vororte war die
ganze disponible Polizei und nahezu Tausend
Soldaten wie ein Theil der Juſtizwache auf-
geboten. Bei den Löſch- und Rettungsarbeiten
iwurden fünf Personen verletzt, denen die freiwillige
Rettungsgesellſchaft die erste Hilfe leiſtete. Das
Theater ist bei der Geſellſchaft Franco Hondroise
um viermalhunderttauſend Gulden versichert und
dürfte wohl nicht mehr aufgebaut werden. Die
polizeiliche Vernehmung des techniſchen Theater-
perſonals stellt nahezu als gewiß fest, daß durch die
Nachläsſigleit eines auf dem Luſterbodenraum beschäf-
tigt gewesenen Zimmermanns der Theaterbrand ver-

urſacht wurde. ;
' Frankreich.
Paris, 16. Mai. Der Ministerpräsident und

Miniſter des Aeußern, Jules Ferry, hat gestern durch

den Präsidenten der Republick ein Dekret unter-
zeichnen laſſen, durch welches Herr Poitevin, Kanzler
iy. tun Konsulat in Newyork, seines Amtes
entsetzt wird.
Paris, 17. Mai. Bei seiner Ankunft in Saigon
wird Patenotre den Befehl vorfinden, ſogleich nach
Peking abzugehen, um mit China zu unterhandeln.
Jules Ferry will das Zuſtandekommen des endgiltigen
Schlußvertrags mit China möglichſt beschleunigen.

in die Arme, die sich ihr öffneten; sie lehnte das
thränenſchwere Haupt an die Bruſt der hohen Dame
und weinte Zähren tiefer Rührung; war es doch
das erſte Mal in ihrem jungen Dasein, daß man
ihr mit solch! bethörend ſüßen Worten entſigenkam!

Ich kannte Dich nicht, meinte Clothilde wieder
in heuchleriſchem Tone, ich hatte keine Ahnung, wer
mir gegenüberſtand, als ich Dich ſah. Es muß
wohl die Sprache der Verwandtschaft gewesen ſein,
die mich führte, als ich das Anerbieten Deiner
Freundin zurückwies und das Verlangen hatte, nur
Dich um mich zu ſehen.

Ich liebe Dich, fuhr sie fort, da Elsa keine Er-
widerung hatte, und werde, soweit es in meinen
Kräften liegt, das Glück der neu gefundenen Tochter
zu fördern bemüht sein. — Und Du, was versprichſt
Du dagegen mir?

Ich werde meine Pflicht erfüllen, gab das Mädchen
zur Antwort, und vertraue, daß ich unter Ihrer
Leitung glücklich sein werde, fügte ſie langſam hinzu.

Dann sind wir also einverſtanden mit einander,
meinte die Gräfin freudig; und um uns besser zu
begreifen, wollen wir jett einen Blick in unsere
gegenseitige Stellung thun. Kennst Du das Ver-
hältniß, in welchem Deine Mutter zu ihrem Gatten
geſtanden hat? , :

Rein! entgegnete Elſa. Meine Mutter ſprach
zu uns, die wir kleine Kinder waren, über derlei
Verhältnisse nie. Wenn ich aber in ſpäteren Jahren
über Alles nachdachte, ſo drängte ſich mir der Glaube
“tf als ob die Mutter von ihrem Gatten verlassen
worden sei. - ;

m fel. us Antlit triumphirte. Etwas Aehn-

liches war auch der Fall, meinte sie eifrig, wenn

JOrdonnanzensindvomPetersburger Grenadierregiment



sein mag. Ich erwähne dies aus dem Grunde, als



1884.

weil er fürchtet, engliche Treibereien könnten sich

geltend machen. + Eine Anzahl von Infanterie:
bataillonen und Batterieen wird dem Vernehmen na
nächstens nach den Alpen und Vogesen ausrücke!
um während der Monate Juni, Juli und Augu
eine Reihe von Märſchen und Manövern auszuüben.
Auch ein Bataillon und eine Batterie der auf Cor-
ſica stehenden Truppen werden auf der Inſel Ende
Mai ähnliche Uebungen machen. j

Petersburg, 14. Mai. Ein Telegranm der
„Köln. Ztg.“ meldet: Zziemliches Aufsehen erregt hier
der Selbstmord des ältesten Schreibers beim Chef
des Obrutſchew. Ilia Iwaſchenko (so heißt der
Mann) machte am 9. Mai 5 Uhr Morgens den
Verſuch, sich den Hals abzuſchneiden, und da dies
mißglückte, ſtürzte er sich vom 3. Stock aus auf das
Straßenpflaſter herab. Er starb, während er ins
Hospital gebcacht wurde. Er genoß das vollklommenſte_
Vertrauen seines Vorgeſeßten und ſcheint dasselbe
schwer gemißbraucht zu haben. ...

Petersburg, 17. Mai. Prinz Wilhelm wurde
im Winterpalais empfangen, herzlichst begrüßt, in
die Appartements geleitet, wo der Prinz den Beſuch
sämmtlicher anwesenden Großfürsten empfing. Bald
darauf begab ſich der Prinz zur Familientafel ins
Anitſchkowolais, wo die Kaiserin und die Groß-
fürſtinnen verſammelt waren. Den Ehrendienst beim
Prinzen hat Generalmajor Graf Lambsdorff; die





König Friedrich Wihelm. Die Herren v. Schweiniß,
v. Werder und Graf Bismarck waren bis Gatſchina
entgegengefahren. j ;

Petersburg, 17. Mai. Prinz Wilhelm mit.
Gefolge iſt wohlbehalten hier angelangt, am Bahn-
hofe empfangen von den Großfürsten und den Spitzen
der Behörden, dem Personal der deutschen Botschaft.
Die Begrüßung war eine ſehr herzliche. Auf dem
Bahnhofe war eine Ehrenkompagnie des Sremeo-
now'ſchen Leibgardegrenadierregiments nebſt Jahne
und Musik aufgeſtell. Der Prinz fuhr in das
Winterpalais, woſelbſt er abstieg. Die Straßen,
welche der Prinz paſſirte, waren geflaggt. Das

auch nicht in dem Sinne, wie Du es Dir denkst.
Es iſt eine ſehr dunkle Geſchichte, die Geschichte
Deiner Herkunft, fügte sie mehr zögernd hinzu, in-
dem sie das Mädchen, Vertrauen erweckend, zu sich
heranzog, und faſt denke ich, daß ich Dir, da Du
ſo jung biſt, dergleichen beſſer nicht erzählen ſoll.
Und dennoch, wenn ich Deine Vernunft, die Reife
Deines Verstandes betrachte. + + Ich ſelbſt hatte
keine Ahnung, daß dies Alls geschehen sei, nahm
sie wieder eine andere Wendung; wäre ich im Stande
es ungeſchehen zu machen, ſo würde ich es thun.
Es iſt eine Schuld meines ſeligen Gatten, Deines
Vaters, die er mir in den letten Augenblicken seines
Erdenwallens vertraute; und wir, die wir unter
ihren Folgen leiden, wollen ihm dieſe Sünde von
Herzen vergeben! . uu

D, gewiß! fügte Elſa bei. uu .

Bath“ zehn Zehte fut sector ettdem tt. au







ewig von uns Abſchied nahm.
einer nicht zu verſcheuchenden Schwermuth, die auch
wohl mit Ursache ſeines plötzlichen Todes gewesen

es an demſelben Tage war, da er mir das Geſtänd-
niß ſeiner Jugendsünde abgelegt hatte. . .

Elsa seufzte; sie lehnte das Köpfchen rückwärts
und hing mit der größten Aufmerkſamkeit an den
Worten der Gräfin, die alſo weiter ſprach: .

Mein seliger Gatte befand ſich während der
Jugendjahre meistens auf Reisen, die er nach allen
Richtungen hin unternahm und oft bis in die ent-
fernteſten Länder ausdehnte; und gelegentlich e
solchen Ausfluges war es, als er in ein kleine
Fiſcherdorf kam, deſſen pittoreske . ihn längere
Zeit an dieſem Orte verweilen ließ.


 
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