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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

DOI Kapitel:
No. 150 - No. 176 (1. Juli - 31. Juli)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44124#0643

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G Expedition Brunnengaſſe 24.

eidelberger Tageblal

Heidelberger General-Anzeiger. ü

Verantwortlicher Redakteur Philipp Klansuer.




Anzeigen: die 1-spaltige Pe

Rabattbewilligung. z

Expedition Brunnengaſſe 24.



R H.

Der 1hineſiſche Friedensbruch.

Gleich nach Bekanntwerden des Friedensschluſses
zu Tientſin wurde der Befürchtung Ausdruck ge-
geben, daß dieser Frieden keineswegs diejenigen
Garantien bieten würde, wie ein zwiſchen europäi-
chen Mächten abgeſchloſſener Vertrag. Wir ſind
auch überzeugt, daß man ſich deſſen in französischen
Regierungskreiſen vollkommen bewußt war; der
Friedensſchluß kam aber Herrn Ferry so & propos
daß er keinen Augenblick zögerte, zu erklären, nun

wäre Alles in Tonkin geordnet und nichts Schlimmes
mehr zu befürchten.

Ganz unerwartet iſt das Unglück aber nicht ge-
kommen. Etwa acht Tage nach dem Friedensſchluß
ſchrieb die „Agence Havas““, daß in Folge des in
China herrſchenden Syſtems die Centralregierung
in Peking keinen direkten Einfluß auf die Vicekönige
habe und daß es deshalb nöthig ſei, die wichtigsten

ſtrategiſchen Punkte im Norden und Stiden von
Tontkin zu besetzen, daſelbſt Sperrforts zu errichten,
alle unnützen Feſtungswerke im Innern des Delta
| Wie: machn u RO eL. E kh
Ur ue tn att ſrne; t U rf
Wasser und zu Lande übernehmen. Diese Anord-
nung entſprach vollkommen der Sachlage, aber der
französische Obergeneral hatte sich einer unberech-
tigten Sicherheit hingegeben und deshalb die Be-
; hy dth tzictgen Punktes sang:Sqt tzur die
. En, Ss r ;;.
Manx tontivefifche Ht!fstruppen, fig ihm ge-
| Eupen t E s sto
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legt hattet und verloren bei dieſem Treffen 7 Todte
übrigen ner grertcct hele beruht wethet
fahrung während des ganzen Feldzuges lehrt.

v Am 26. Juni kam der Utberfalk in der fran-

Die Prophezeiung der Zigeunerin.
, Höiiſtoriſche-Erzählung von E. D.

. (17. Fortsetzung.)

. H Die Sängerin saß auf einem niedrigen Divan
. em der Zimmer des orientalischen Hauſes, vor
ff ſtand der unglückliche Unternehmer der Öper,
gs ey einfr ferſt.s tihmanarürt die glück-
merh, Bürgerin, welch ein Jammer! Und von
f jgent Decorationen, von den Coſttimes, Nichts
ur. r Nh. mehr! f > bankerott, ich bin
: ct ! e Dame zuckte die Achſeln und drehte
_ ' kine Papiercigarette.
. hugs. i. fer. ſtrics. ?§. wollen Sie? Sie
q. "Aber woift es, n ! jammerte der arme
garn. „Alles verloren! Und glauben Sie, daß
Ec I Er h U rst U
nie , nur Soldaten und Arbeiter, hat er
PE LO;
! kd h die Cigarette Fat h tf
gittt; r iſt wieder da?“ fragte die Sängerin, gleich-
drr ſcheinend. ~ „„Gott sei Dank“, antwortete
mc



. undte; wie Cäsar. Wenn er auch ſchon gegen mich
auf sflich war, ich bin dennoch als Franzose ſtolz
. braydieſen Mann. Wiſſen Sie, was er zu thun
eh tigt ? Es ift noch Geheimniß, aber ich habe
thr erlauſcht und gehört ; man ſagt, er würde sich
. Murad-Vey verbünden.“ .. ..




Vamſtag, den 5. Juli

zöſiſchen Kammer zur Sprache und Ferry erwiderte
auf eine Anfrage Tenot's, daß der Gesandte Pate-
notre angewiesen wurde. sich nach Peking zu be-
geben, um wegen der. Vorgänge bei Lang - Son
Genugthuung zu verlangen; gleichzeitig habe Admiral
Courbet den Befehl erhalten, mit zwei Geschwadern
nach Norden aufzubrechen, um Patenotre's Sendung
Nachdruck zu geben. Um den unangenehmen Ein-
druck, welchen die Nachrichten aus Tonkin in Frank-
reich hervorgebracht haben, abzuſchwächen, berichtet
der „Temps“, daß nach der Versicherung der chineſsi-
schen Gesandtschaft die Regierung in Peking den
Vorgängen von Lang-Son gänzlich fern stehe. Nach
der Ansicht der Gesandtſchaft sind die Angreifer
nicht reguläre chinesische Truppen, sondern Deser-
teure und JIrreguläre, welche zu den Banden von
Luhvinhpuoc gehören und nicht auf chinesiſches Ge-

biet zurückzukehren wagen, sondern das von ihnen | g

besetzte Terrain zu halten verſuchen. Die Auffaſſung
der Gesandtſchaft hat Vieles für sich, nur isſt die
Unterscheidung zwischen Regulären und JIrregulären
wahrscheinlich unzutreffend, denn sonst würden die
Angreifer nicht unter dem Befehl chinesiſcher Gene-
rale ſtehen, deren Namen bisher während der Kämpfe
in Tonkin noch niemals genannt wurden.

Die Annahme liegt nahe, daß die aus Bacninh
und Hang-Hoa so ſchimpflich geflohenen Anamiten
und Chinesen sich inzwischen gesammelt und mit der
entflohenen Garniſon von Sontay vereinigt haben,
um die erlittene Niederlage zu rächen, und daß der
Vicekönig, unter welchem sie ſtehen, die Sache unter-
ſtütt hat, um in Peking wieder zu Gnaden aufge-
nommmen zu werden. Eine so ſtraffe Organisation,
wie wir sie in Europa gewohnt sind, kennt der
Chinese nicht, die großen Entfernungen von der
Centralregierung und die Unzulänglichkeit der Ver-
bindungen mit dem Sitz derselben bringen es in
China mit sich, daß die Vicekönige in der Haupt-
sache nach Gutdünken schalten und sich um Befehle
nicht viel kümmern. Was wisſſen die in Anam
stehenden Truppen vom Frieden von Tientſin ? Viel-
leicht iſt ihnen dieser Vertrag bisher noch gar nicht
amtlich mitgetheilt, und nun erſt die Banden der

„Wer sagt Das ?“

„Ah Bürgerin, das ist Sache der Discretion.
Aber stellen Sie sich vor, dieser Mann, welchen man
hart wie Kiesel glaubt, er hat seine kleine Liaison.“

„Pah!“ warf die Sängerin hin, „was wissen
Sie ? eine Liaiſon, mit wem ſollte er sie haben? er
iſt ein Bauer. Man hat Ihnen ein Märchen auf-
gebunden.“ „Ich bin nicht so leichtgläubig, Bür-
gerin“, antwortete der beleidigte Schauſpieler, „und
um Ihnen einen Beweis zu geben, werde ich Ihnen
auch meine Quelle verrathen. Die Schwester meines
griechiſchen Wirthes, Jrene ~

„Ah, die ist es ?“ : .

„Iſt eine vortreffliche Dame,“ sprach der Fran-
zoſe mit Nachdruck. „Ich hege für sie die größte
Verehrung und wenn ein günstiges Geschick dem
Wunſch zweier Herzen sich geneigt zeigt “

„So werden Sie dieſe Dame heirathen“, unter-
brach ihn die Sängerin lebhaft; „aber das iſt Ihre
Liaiſons, nicht die Kleber's. js. : |

„Sie laſſen mich nicht ausreden, ich wollte Ihnen
sagen, daß das Dach meines Gaſstfreundes. an das
Dach des Palaſtes Murad Bey's grenzt, und daß
man von dort einen Blick in ſeine Gärten hat: ich
war noch nicht oben, natürlich, die Sitten des Orients

sind streng, und da auf den Dächern die Frauen |
unverschleiert promeniren, so begreifen Sie wohl –

uud in dieſem Falle iſt die Discretion Galanterie.“

„Aber mein Gott, Bürger Euſtache, kommen Sie
zu Ende !“ rief die Sängerin, welche ihre Ungeduld
faſt nicht mehr bemeiſtern konnte. „Man sieht von



dem Dache des Hauſes Ihrer Freunde in Murad
Bey's Gärten, und da tO .
.. „Ah sprach der Franzose mit gedämpfter Stimme




























als bis sie vollständig vernichtet sind. ..

China hat das Protectorat über Anam c
Frankreich abgetreten, es kann der besiegten Mac
aber nicht zugemuthet werden, daß sie Alles au
bietet, um dem Sieger das Leben in Tonkin u

Friedensinstrument genügt, sondern daß das Lan
ſchrittweiſe erobert sein will, und dies dürfte d
Franzoſen noch viele und schwere Opfer kosten.



Deutſches Reich. '.

Mannheim, 3. Juli. Wie man ſich erinne
wird, war am 10. Juni 1880 eine Delegirtenve
ſammlung rheinischer und süddeutscher Handels- un
Gewerbekammern in Mannheim versammelt, welch
unter anderem auch die Frage der Surtaxe d’'enn
t. ci tr E ONE
Sache vom Generalsecretär Buck, Dr. Natorp unn
Geheimen Commercienrath Heimendahl widerſprochn
worden ist, wurde die Handelskammer Mannhim
t Te t îa U v te E E!
seitens der Reichsregiernng geschehen ſollten, d
entſprechende weitere Anregung zu geben beſtimm
wurde. Dieser Auftrag dürfte heute allerding
kaum mehr zu Recht bestehen. Immerhin hat d
Mannheimer Handelskammer ſich für berechtigt e
achtet, angesichts der neueſten Beſtrebungen Ha

„da findet sich zuweilen Kleber ein zu einem Rende

vous mit der Frau des Bey's. Meine Freundi §
hst. h... Augen und feine Ohren. Was sage ! .

„Ich? ich? oh Nichts!“ rief die Sängerin si
abwendend und die bebende Hand auf die vor Au|
regung zuckende Lippe preſſend; aber dann gewal
ſam den Sturm ihres Innern niederringend, wand
sie ſich mit ihrem süßesten Lächeln zu dem Scha
spieler. „Aber Sie, Euſtache, Ihre Neigung, d
iſt es, was mich intereſsirt, Ihre Jrene möchte ieh
kennen lernen, um als Ihre alte Freundin und ke
meradin sagen zu können, welche vortrefflichen Eigen.
ſchaften Sie besiten, um es ihr klar zu mache
einen wie großen Vorzug die Männer des Occident.
vor den Männern des Orientes verdienen !“ (!

„Sie sind eine Göttin!“ rief der Franzose ent
zückt. „Wann erlauben Sie mir, daß ich Sie z
Jrene Vocos begleiten darf?“ „Sobald als mö
lich, mein Freund, jetzt, wenn cs Ihnen angenehm i

Der Schauſpieler erschöpfte sich in dankenden
und anerkennenden Phraſen, während Emilia in
try! t! F sale
drapirte und mit ihm in den Garten hinaus traen

Es war nicht das eigentliche Wohnhaus desBey,
was die Sängerin bewohnte, denn dieser wohne.
mit seinem Harem in einem weitläufigen Gebäude
außerhalb Kairo's, diese zeitweilige Stadtwohnung,
deren beschränkte Räumlichkeit einer Familie nicht
Raum geboten hätte, war den größten Theil des
Jahres nur von einigen alten Dienern bewohn,,
welchen jedoch seit einiger Zeit ein junger, schweine.
ſamer Mameluke sich zugeſellt hatte. Dieser ſa
 
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