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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 77 - No. 100 (1. April - 30. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44124#0339

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'..





Erſcheint täglich außer Montag.
Abonnemen t s preis
für Heidelberg: monatlich 45 Pfg.
mit Trägerlohn, durch die Poſt
bezogen viertelj. 1 IUk. 40 Pfg.

Expedition Brunnengaſſe 24.



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eidelberger

Heidelberger General-Anzeiger. ü

Veranlworlliher Redakteur Philipp Klausner.





n: die 1-spaltige Petit
r aum 5 Pfg.,

Expedition Brunnengaſſe 24.



„é SO.

Bestellungen auf das „Heidel-
. Tageblatt“ für das
II. Quartal 1884

werden fortwährend noch von allen Poſtanſtalten
und Landbriefträgern entgegengenommen. Preis
viertelj. bei der Poſt abgeholt 1 Mk., durch die Poſt
frei in's Haus gebracht 1 Mk. 40 Pf., in Heidel-
berg koſtet dasſelbe monatlich 45 Pf.

Deutſches Reich.

Karlsruhe, 2. April. Zweite Kammer. In
Feders Bericht über die Eiſenbahnunfälle wird
in dem Schlußantrag dem Bedauern über die
Bahnkataſtrophen Ausdruck gegeben und die Er-
wartung ausgeſprochen, es werde durch sorg-
ſame Dienstüberwachung und strenge Handhabung
der gebotenen Disziplin, ſowie durch die beſchloſſenen
Sicherheitsmaßnahmen gelingen, das Land vor ähn-



: lichen Kataſtrophen zu bewahren.

Berlin, 2. April. Die Unfallverſicherungskom-
miſſion beſchloß heute, die Karrenzzeit von 13 auf
4 Wochen herabzuſeteen, die Karenzzeit für einen
keiner Krankenkaſſe angehörenden Arbeiter gänzlich
zu beseitigen, die Versorgung in den ersten vier

Wochen dem Atbeitgeber aufzulegen; sie nahm den

Antrag an, daß Auslagen, welche die Krankenkassen
für unfallmäßig beschädigte Arbeiter über die vier-
u Uttu1."11; bett cas. yrs:
bei theilweiſer Erwerbsunfähigkeit die Rente ünfzis
Prozent nicht überſteigen dürſe, sowie, daß der vier
Mark überſteigende Arbeitsverdienſt bei Berechnung
der Rente nur mit einem Drittel zur Anrechnung
komme, beseitigte ferner die Beſtimmung, daß die
Hinterbliebenen auch dann Versorgungsansſprüche
haben, wenn der Verlette den Betriebsunfall vor-
sätzlich herbeiführte, endlich erhöhte «die Kommission
die Bezüge von Waisen auf 15, von Doppelwaisen
auf 20 Prozent vom Arbeitsverdienſte des im Be-
triebe verunglückten Vaters.

Berlin, 2. April. Das wiederholte Ansuchen
Bismarcks auf Entlaſſung von der preußischen



Die heimliche Ehe.

Eine wahre Criminalgeſch ichte.



(Schluß.)

„Dieſes Zeugniß eines alten achtzigjährigen
Greiſes that ihre volle Wirkung, worauf meine Ag-
nes von dem Verdachte des Mordes freigesprochen
und ihr nur diejenige Strafe zuerkannt wurde, die
suf “tt: heimlichen Geburt und Beerdigung des

indes stand. j

„Herr von Lindau, den sein Gewissen unſtät
herumtrieb, hörte nun die glückliche Wendung von
dem Schicksal seiner Tochter und eilte in die Resi-
denz, wo er sich seinem Landesvater zu Füßen warf
und um Erlaſſung der Strafe für ſein einziges
Kind flehte. Früher hatte Herr von Lindau dem
Staate große Dienste geleiſtet; erſt als Militär und

dann mit bedeutenden Aufopferungen seines Vermö-
9ens, ohne eine andere Belohnung zu verlangen
pet. j! erhalten, als die ihm sein Bewußtſein

„Jett machte er seine früheren Verdienſte gel-

| tend, denn es betraf die Ehre seiner Familie.

„Er that keine Fehlbitte : der Fürſt begnadigte
2gr©.. war indeſſen als Gefangener tief nach

Stkbirien gebracht, wo ich meine Tage in einem

î verzweiflungsvollen Zustande, in Kummer und Angst

um meine Gattin verlebte,“ - fuhr nun Herr Du-

pre in seiner Erzählung fort, „war unsere Ver-
D

bindung von Folgen, hatte meine Agnes ein

Ñ ſchreckliches Schicksal von ihrem Vater zu befürch-







Freitag, den 4. April

155T -



Miniſterpräsidentschaft wurde vom Kaiser nolth nicht
gewährt. Die Unfallkommiſſion lehnte mit
Stimmengleichheit den Antrag Eyſoldt auf fakultative
Versicherung der Land- und Forſtwirthſchaft ab.
§§ 2 und 3 wurden mit geringen Veränderungen
angenommen. § 4 wurde gegen Zentrum und 1
konservative Stimme angenommen in der Jaſsſung,
daß die Pensionsansprüche der Beamten durch das
Unfallgeſeß nicht berührt werden. In Fällen, wo
den Beamten nach Maßgabe dieses Gesetzes ein Ent-
ſchädigungsanſpruch zusteht, geht letterer bis zum
Betrage der Pension auf Reich, Staat oder Kom-
munalverband über. f L
Berlin, 2. April. Der 12. deutsche Handelstag
wurde heute Vormittag durch Geheimrath Delbrück
eröffnet. + Staatsminister Bötticher heißt den Han-
delstag Namens der Regierung willkommen. Die
Hoffnungen, welche er letttmals ausgesprochen, seien
in Handel und Induſtrie Dank den Segnungen des
Friedens großentheils verwirklicht. Dem Gewerbe-
fleiß und dem Unternehmungsgeiſt eröffneten fich
weitere Bahnen. Die deutschen Leiſtungen werden
auch vom Auslande anerkannt. Er begrüße freudig,
daß der Handelstag auch mit dem Üttiengeſet, ſich
beſchäftige. Es werde für die Regierung von hohem
Werthe sein, die Meinung des deutſchen Handels-
tages hierüber kennen zu lernen. Der Minister
bittet aber, den Vorwurf fallen zu lassen, daß die
Vorlage vom Mißtrauen gegen die Träger des
Handels diktirt sei. Dies ſei keineswegs richtig.
Den Vorwurf kleinlicher Rücksſichten verdiene die
Regierung nicht. Das Unkraut, welches dcr Unter-
nehmungsgeiſt hervorgebracht habe, solle entfernt,
das Gute aber gefördert werden. Der Minister
wünſcht, daß die Arbeiten des Handelstags dem
Vaterlande zum Segen gereichen und schließt: „Gott
ſegne deutſche Arbeit.“ - Die Versammlung kon-
ſtituirt ſich, nachdem ein dreimaliges begeiſtertes
Hoch auf den Kaiser ausgebracht iſt. Das vorige
Bureau wird wiedergewählt. - Ruſſel (Diskonto-
gesellſchaft) referirt über den Gesetzentwurf bezüglich
der Kommanditgesellſchaften auf Aktien. Er be-
zeichnet die Vorschriften bezügl. der Gründung von





ten, wenn er erfuhr, daß sie ohne ſein Vorwissen
ſich mit mir verheirathete. Ich ſchrieb einigemale
nach Deutschland, aber hatte sie diese Briefe auch
erhalten? Ich mußte daran zweifeln und irrte mich
nicht.

d slit ward mir meine Freiheit; ich benutzte
ſie augenblicklich, um zu meiner Agnes zu eilen, die
ich über Alles liebte.

„Mein Weg führte mich an dem Kloster vor-
über, in dem der Geistliche lebte, der uns getraut;
man berichtete mir seinen Tod, der kurze Zeit nach
meiner Entfernung aus dieſer Gegend erfolgt war.

„Nun forſchte ich nach der Familie des Herrn
von Lindau. Urtheilen Sie von meinem Schreck,
als der Prior mir antwortete: „Lindau? der Name
iſt mir nicht fremd! Ach! nun besinne ich mich, so
hieß das Mädchen, die in N. vor einiger Zeit wegen
eines Kindesmordes enthauptet wurde.“

„Ich glaubte in die Erde zu ſinken, und stürzte,
als ich mich ein wenig erholt hatte, wie ein Wahn-
ſinniger nach meinem Pferde, um im Galopp nach
dem Landgute des Herren von Lindau hinzu-



hze"z späten Abend komme ich dort an, ſteige
ab und eile mit beflügelten Schritten nach der mir

| aus früherer Zeit noch bekannten Wohnstube. Ich

höre mehrere Stimmen darin sprechen, reiße die
Thüre auf, und liege nach einem Augenblick vor

meiner Agnes auf den Knieen, der das Erstaunen, ſi

die Freude, mich + den Todtgeglaubten ~ê wie-
der zu sehen, das Bewußtsein raubte. |



„Der Ton der Liebe, mit dem ich widerholt
ihren Namen rief, das Vestreben Paulinens und

ges

Gesellſchaften bez. der Befchränkung der Vorrechte.
der Gründer und bezüglich des Resſervefonss ales

wesentliche Verbeſſerungen; die Beſtimmungen übler
die Organe der Geſsellſchaft zeugten aber von Mike.
trauen, welches, wenn es geſetlich legitimirt werdſe.
eine bedenkliche Lähmung des Unternehmungsgeien.
herbeiführen müſſe. Grade die beſten Männer wür- Ff
den von der Theilnahme an der .

Aktiengesellſchaften zurückgeſchreckt werden. G
Berlin, 2. April. Der Kaiser iſt seit geſtenn.

erkältet. Er wird in Folge dieser Erkältung einge.

Tage ans Zimmer gefesselt sein. .
Berlin, 2. April. Der Kronprinz iſt heute früh

Tl. Uhr nach London abgereist.

Darmstadt, 2. April. Die erſte Kammer be-
harrte in der heutigen Situng auf dem Entwurf,

wonach ſämmtliche Mitglieder des großherzoglichana t

Hauſes von der Kapitalrentensteuer befreit werden
fUr ornis, 1. April. Eine Verſammlung von -

84 Mitgliedern der hesſiſchen Fortſchrittsparti aesen
Stadt und Land faßte am letzen Sonntzg hen.

einſtimmig den Beschluß, dem Heidelberger Pro-

gramm voll und ganz beizutreten; ferner wurde,, ü
tvie das F. J. mittheilt, beſchloſſen, dem am nächſten

Sonntag in Darmſtadt wieder zuſammentretendſen

verstärkten Landesausſchuß die Annahme der Ren.
solution Oſann und zwar deren gesammte Einlei- .
tung, sowie von den speziell aufgeführten Punkten.

die Nummern 1, 2, 3 und 7 ganz besonders zu

empfehlen. Es wurde daher ein diesbezügliche.

Schreiben an den Vorsitzender des Landesausſchuſſes,
Herrn Dr. Oſann in Darmſtadt, gerichtet, ferner
ein Vertrauensvotum an den Reichstagsabgeordneten

Profeſſor Dr. Marquardsen in Berlin abgeſante.
und ebenso ohne Debatte einstimmig die Abſennn.
eines Glückwunſch- und Vertrauensſchreibens an den ~

Fürſten Bismarck beschlossen.
Osterreich-Ungarn.

Wien, 2. April. Der Buchdruckereibeſiter Gnſen.

iſt wegen Anfertigung falscher Coupons ruſſiſcher :

Staatspapiere und ruſsiſcher Aktien, besonders vo §

Agrarbankaktien, geſtern verhaftet worden. Eine

ihres Gatten, die zugegen waren, sie zu ermuntern,
brachten Agnes in das Leben zurück.

„Und nun, welche Scligkeit! wir vergaßeenn.

Alles um uns her, ſelbſt die Gegenwart des Herrn

von Lindau, der längst in das Zimmer getreten .

war, ohne daß wir ihn bemerkt hatten.

„Als wir ihn endlich gewahrten, warfen vie- . z
uns vor ihm nieder und flehten um seinen Segee...
„Jedes Unglück iſt mit meinem Glück verein.

wäre es auch nur, daß das Unglück nicht ſo groß
iſt, wie es ſein könnte.
riges Geschick das Gute bewirkt, daß Herr von Lin-
dau ein milderer Menſch wurde. Innig gerührt

hob er uns auf, drückte uns an sein Herz, un hien.
uns ſeine Kinder. Nun erſt erfuhr ich die gaze.

ſchreckliche Geschichte meiner Agnes. Gott im Him-

mel, wie Vieles hatte sie erlitten, un ieh wn.

ful. . ten in meine Arme schließend, küßte ich
die Thränen von ihren [Wangen, welche die Erin-
tens z1.11!: s'ſen ib: etſtehte. ind gelobte nit
uit teu Liebe zu vergelten, ſo viel §:z@ t
möchte.

„Nur wenige Wochen blieben wir noch bei un-

krt!§ Lebta, dann folgte mir Agnes in mein Va-

„Sie zog es vor, hier mit mir zu leben, um
recht weit von dem Schauplatz entfernt zu sein, wo
e so unausſprechlich litt.

„Roſette lebt mit ihrem Manne ganz in unserer
Nähe und besucht uns oft; im Frühjahr aber er-
warten wir auch Herrn von Lindau, der künftig bei
uns wohnen wird.“



So hatte Agneſens tua.


 
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