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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 26 - No. 50 (1. Februar - 29. Februar)
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NM 32.

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für Heidelberg: monatlich 45 Pfg.
mit Trägerlohn, durch die Poſt
bezogen viertelj. 1 Mk. 40 Pfg.

Expedition Brunnengafſe 24.

Yerantwortliher Redakteur Philipp Klausner.

A en: die
e
abattbewilligung.

Expedition Brunnengaſſe 24.



Ereitag, den S. Februar



Deutſches Reich.

Berlin, 6. Febr. Die Steuerkommission sette
die Berathung des Paraphen 4 des Einkommen-
ſteuergeſeßzes (Steuerbefreiung) fort und nahm mit
großer Majorität die Steuerbefreiung aller Per-
sonen an, deren Jahreseinkommen neunhundert Mark
nicht überſteigt. Im Laufe der Debatte erklärte
der Finanzminister, der innigſte Wunſch der Re-
gierung sei die Aufhebung der ganzen Klassensteuer.

Straßburg, 5. Febr. Das ,„E. J.“ schreibt:

Bei den Unterredungen in Friedrichsruhe zwischen

dem Fürſten Bismarck und dem Statthalter von
Manteuffel wäre die Rede davon gewesen, Lothringen

von Ehgaß zu trennen und es mit Preußen zu ver-

einigen, während Elsaß einen Sonderſtaat bilden
würde, der bis zur endgültigen Entscheidung über
sein Loos, von einem Statthalter regiert werden ſoll.
Das Blatt bemerkt dazu: Dieſer Plan hat schon
einmal den Reichskanzler beschäftigt. Er hat ihn
im Jahre 1879 aufgegeben, aber es wäre nicht un-
möglich, daß er ihn jetßt wieder aufgenommen.

Oesterreich-Ungarn.
Wien, 5. Febr. Im Wiener Gemeinderathe

wurde ein Dringlichkeitsantrag eingebracht, betreffend

eine Petition an den Reichsrath, wonach die von
der Regierung entlaſſenen Ausnahmeverfügungen
nur beſchränkte Anwendung finden sollen. Ueber
diesen Antrag wurde mit 65 gegen 21 Stimmen
eine motivirte,Tagesordnung beschlossen.

Wien, 5. Febr.
poliziſten Blöch in Floridsdorf bei Wien ſpielt in
ihren Folgen noch mehr, als dies ſchon mit dem
Erlaß der Ausnahmemaßregeln der Fall gewesen,
auf das politiſche Gebiet hinüber. Der Mörder
Blöchs, der bisher hartnäckig seinen Namen ver-
ſchwiegen hat, iſt ein gewisser Hermann Stellmacher
aus Grottkau (Schlesien), Schuhmacher, Deserteur
eines ſächſiſchen Regiments und lebte zulettt in
Zürich. Wie die „Neue Züricher Zeitung““ meldet,
ſind bei Stellmacher ſocialdemokratiſche Schriften
gefunden worden und ein Kiſtchen gehacktes Blei.

î_ Das weiße Schiff.

Ein See-Ro man von Adolph Nork.



b; Forifehung.

„Mutter,“ sagte Jan plötzlich aufspringend,
„ietßt mußt du's erlauben, daß ich zur See darf;
ich habe meinen Fingerzeig, und der genügt. Ich muß

die „Martha“ finden, ich muß, und ich werde es auch.“

„Nein, Jan,“ sagte Frau Carlsen beängſstigt,
és darfst nicht fort, dich will ich nicht auch ver-
ieren !“

„Mutter,“ entgegnete Jan, sich stolz empor-
richtend, und seine Augen glänzten hell, von un-
beſiegbarem Feuer und Durst nach Thaten beseelt.

„Mutter, ich will! - Nicht der Hang zum
Gelde treibt mich hinaus, nicht der Muthwille Ge-
fahren zu beſtehen, nicht die Sucht nach Abenteuern,
nein, Mutter, es iſt ein höheres Gefühl, das Erb-
theil meines Vaters zu retten, den uns heiligen
Boden, auf dem er lebte, wieder zurückzuerobern;
und wir ſind nicht so gestellt, ein so reiches Ver-

mögen nutlos verkommen zu laſſen, wir dürfen den

geheimen Schatz, von dem du mir häufig erzähltesſt,

nicht vermodern laſſen; ich werde ſuchen und ich

werde ihn finden, finden für dich.
Einer solchen Sprache des Kindes gegenüber

war die Mutter machtlos, und als Jan sich nun
gar aufs Bitten verlegte, mußte sie endlich nachgeben.




Jan, bis dahin Kaufmann, sollte Seemann
wertet. Isochen später hatte er durch den Wasser-

Die Ermordung des Geheim- :



ſchaut eine Stellung als Decksjunge auf der Hame .

s

Der , Frankf. Ztg.“ wird aus Zürich gemeldet :
Stellmacher war vor einem Monat noch in Zürich,
wo seine Frau als Modiſtin lebt. Er wohnte in
der Brunngaſſe, dann am Züricherberg. Er ver-
trieb die Moſt'ſche „Freiheit“ unter der Hand und

kam einmal mit der Polizei in Conflict. Seit einer |

Woche entwickelte die ſchweizeriſche Polizei die leb-
hafteſte Thätigkeit. Es heißt, die Anarchiſten
hätten im letten Jahre den Beschluß gefaßt, das
Asylrecht zu compromittiren und die Socialdemo-
kraten so zur Action zu bringen. Man fand in
Stellmachers Wohnung ein Kiſtchen gehacktes Blei
für Bomben, viele socialistische Zeitungen, aber keine
Privatcorreſpondenz. Die Stimmung in Zürich ist
aufgeregt, weil ein neuer diplomatiſcher Feldzug
befürchtet wird.

Bei den lettten Haussuchungen, die in der Um-
ÿ r Vs uma tr § zit
. Dynamitpatronen vorgefunden worden. In der
„Gazeta Narodowa“’ verurtheilt heute ein angesehe-
ner politischer Parteimann die Haltung des Polen-
clubs in der Sprachendebatte. Die Polen, ſo meint
er, hätten sich für keinen Fall damit exponiren und
den Czechen die Kastanien aus dem Feuer holen
sollen. Unklug sei das brüske Auftreten Haus'’ners
fete Ve Dy n eren. reren echten .e
ordnete ohne jeden Vorbehalt zurückgewiesen hat.

; England. ;

London, 6. Febr. Nach einem Telegramm des
„Standard“ aus Suakim isſt die Niederlage Bakers
der Unzuverläsfigkeit der egyptiſchen Truppen zuzu-
schreiben. Während die Armee Bakers am Montag
Morgen vorrückte, zog sich der Feind zurück. Da
brach plötzlich ein Regenſturm los, was von den
Arabern als ein günstiges Zeichen und als direkte
Einmischung des Himmels zu ihren Gunſten ange-
sehen wurde. Die Araber griffen daher ſofort an,
worüber die Egypter so erſchreckt waren, daß ſie
es verſäumten ein Carré zu bilden. Der Feind
konnte in Folge deſſen ihre Reihen durchbrechen

burger Klipperbark „Maury“, Kapitän Petersſen,
zhsut Schiff war vorläufig nach Singapore be-
stimmt und sollte dann sich längere Zeit an der
oſtasiatiſchen Küste aufhalten, war also vollſtändig
für die Pläne Jans geeignet.

Winfried war wieder nach Fehmarn zurückge-
lt.: Mutter hatte sich in den Entschluß ihres
Sohnes zu finden gewußt, seine Ausstattung zum
Theile eingekauft, und an den lettten Stücken derſelben

arbeitete ſie noch eigenhändig.

Der 31. Oktober 1873 war als Tag der An-
muſterung festgeſeßst. Am Abend vorher ſaß Jan
im Speiſeſaal des Seemannshauſes mit der Ab-
sicht, dort vielleicht einige der zu erwartenden Kame-
raden kennen zu lernen. ;

„Auf welchem Schiffe biſt du denn zulett ge-
fahren?“ fragte ihn einer der Matrosen.

„Ich war noch nicht zur See,“ entgegnete Jan.
fe „Potz Stern du mußt doch mindestens achtzehn
ein:?

„Zwanzig schon.“ ;

„Und jetzt willſt du noch hinaus ?“ , :

Jan erzählte theilweiſe seine Gründe, wenn er
auch die Hauptſache, die Aufsuchung des väterlichen
Vermögens verschwieg. is;

Einer der eifrigſten Zuhörer ein junger Ma-
troſe, wendete ſich, nachdem Jan geendet, mit beson-
derem Intereſſe fragend an ihn: „Ihr ſucht die
„Martha“, da könnt ich Euch vielleicht an die Hand
gehen ich diente zwar nur vierzehn Tage auf dem
Schiffe, aber.



„Ihr gehörtet zu der damaligen Mannschaft

1884.

und nun warfen sich die Egypter zu Bodſn um
baten um Gnade. Alle Verſuche dieselben zu ſanmmkme
waren vergeblich. Baker und sein Stab ſchlugen ich.
durch bis zu den Erdwerken von Trinkitat, af de.
ganzen Strecke von den Arabern verfolgt. An den
Erdwerken verſuchte Baker die Türken zu en
Angriſf zu bewegen, um die Flüchtlinge zu deen.
allein nur Abas konnte die Soldaten dazu binnen
eine Linie zu bilden und dem Feinde entgegen zune.
treten, als die Verfolgung ein Ende n<ehm. In
Trinkitat würden die Egypter bei dem Verſuche e
entkommen, die Boote zum Sinken gebracht hab.
wenn nicht die engliſchen Offiziere mit dem Revle.
ver in der Hand dieselben zurückgedrängt hätten.
~ Der engliſche Admiral hat in Suakim 1120
Marinesoldaten gelandet, um Hilfe zu leiſten, falle.

die Stadt angegriffen würde.
London, 6. Febr.

dung über die Niederlage Baker's an alle nach In-

dien unterwegs befindlichen Truppenſchiffe telegraphiſh .

der Befehl, Halt zu machen.
Amerika.

New-Yort, 4. Febr. Es sind + dem „Stan.

dard’ zufolge — wieder Gerüchte über bevorſtehende

Aenderungen im Kabinet des Präsidenten verbreiten.
Man nimmt an, daß der Schatſekretär Folzherim
März den Herrn Brewſter als Attorney Genral..

erſeßen und daß Brewſter an Stelle Morton's Ge-

sandter von Frankreich werden ſoll, ſo daß Moro
die Stelle Folger's übernehmen könnte. Als Gum
für diese Veränderungen wird angegeben, daß Fon.
ger leidend sei und daß Brewster in Folge ſene.
Niederlage in dem Sternroutenprozesſe zurückzutreten.
wünsche, allein als Hauptgrund wird der Wwunſhe _
des Präsidenten Arthur bezeichnet, seine Poſiton.
wegen Nominirung zum Präſidentschaftskandinate.
zu stärken, und daß der Poſtminiſter Greshanm es
einzige Mitglied des Kabinets sei, welches ſännenn.
Staat zu Gunsten Arthur's ,kontroliren“ könne.
Man meint, daß Morton einen ausgezeichneten Shaeen.

sekretär abgeben werde.

„Martha“ ? fragte Jan nicht ohne ein gewiſſes Miß- . :

trauen.

„Nun ja doch, ich, war Deckjunge und ging als.
ſie die Flagge wechselte, mit dem Schoner „Jris.

nach Hongkong.

„Sie hat die Flagge gewechselt ?“ fiel Jean ihm
haſtig in die Rede. .

„Gewiß ; sie wurde in Bangkok verkauft!“.
„Und trat in siameſiſchen Besitz ?“

„Sv üſ es!!. 6
„Und was wurde aus dem Steuermann“.
„Den hielt der Koch in Gewahrsam. Ich wußte

ja nicht, daß der Kapitän eine Frau hier hatte,
ſonſt hätte ich vielleicht früher ein Wörtchen fallen
laſſen. Es war manches nicht ſo richtig an Bord,
und ich war froh, daß ich so fortkommen konnen.
aber hier, meine Hand, ich will Euch beim A
suchen der „Martha“ behilflichſein! — Die „Martha“

Heidelberger Tageblatt

© ) [) nzeiger 1-spaltige jzeiit. . ;
ZH ô [l zeile oder deren Raum s Pfauen.
eidelberger General-Anzeiger.

; ( @ Bei y!ſttzgen Erſcheinen LV

Wie der „Daily Telegraph“ .
meldet, erging unverzüglich nach Empfang der Mee.



wird zwar abenteuerlich genug zugestutt sein, ich .

kann mich kaum ihrer noch errinnern, - ich glaube.

ſie war weiß mit 'nem rothen Strich.“

„O, ich habe ein vortreffliches Bild von i § :

warf Jan dazwischen.

„„Nun, dann kann's uns ja gar nicht fehlen! §
Exiſtirt sie überhaupt noch, so werden wir sie

draußen noch zu Gesicht bekommen!“
„Jhr kommt mit auf die Maury ?“

,Das nicht, ich habe die „Aldebaran“ gemustert
nach Yokohama, aber draußen treffen wir uns ja

immer wieder !“ ;
„Wohl, ich danke Euch, doch verzeiht, nun muß

ich zur Mutter, ihr mitzutheilen, was ich erfahren, :

~~ aber, wie heißt Ihr denn ?“ :
(Fortsetzung folgt.) ..,


 
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