Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

DOI Kapitel:
No. 127 - No. 149 (1. Juni - 29. Juni)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44124#0539

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext










Erſcheint täglich außer Montag.
Abonnemen t spr eis

flir Heidelberg: monatlich 45 Pfg.

mit Trägerlohn, durch die Poſt

bezogen vierteli. 1 Mk. 40 Pfg.

x Expedition Brunnengafſe 24.
M 188.

Bestellungen auf das „Heidel-
.. J Tageblatt“ für den Monat
u

nehmen alle Poſtanſtalten und Landbriefträger
entgegen. Preis bei der Poſt ZW, s. Fit:
Ur rie or rh, loſiei rasſelbe tronaclich 45 Pig:

Deutsches Reich.

Karlsruhe, 30. Mai. Die wiederholt von aus-
wärts hierher gemeldete Nachricht von der Verlobung
unseres Erbgroßherzogs mit der Prinzessin Hilda
von Nassau gilt hier ſchon ziemlich lange als eine
mit Bestimmtheit zu gewärtigende Thatsache. Diese



Erwartung war durch versſchiedene Reiſen des Erb-

großherzogs im Laufe des letten Winters noch wesent-
lich verſtärkt worden. ~ Der Abschluß des Budgets

q iſt durch die großen Nachtragsforderungen im In-

tereſſe der Gewerbe, der Landwirthschaft, der Lehrer
und der Hinterbliebenen der Staatsangestellten, ferner
durch die Entlaſtung der Kreise hinsichtlich der Land-
ftraßen und der Landarmenpflege kein so günſtiger
us : Ft der velute “%s; Brus os
kaſſe zur vollständigen Deckung der Ausgaben. Da-
bei darf nicht vergeſſen werden, daß aus allgemeinen
Staatsmitteln noch immer ein Zuſchuß von 1°/, Mill.
Mark an die Eiſenbahnſchuldentilgungskasse geleistet
werden muß. So lange dies nöthig iſt, kann man
nur bedingt von einer durchaus günstigen Finanz-
lage sprechen. Die Trennung des Eiſenbahnetats
vom allgemeinen Staatshaushalt besteht nur rech-
turssathis aut per Paget: otcr ~ cute
der Eisenbahnen unmittelbar auf die Finanzlage
des Landes einwirken muß. Diesen Rückschlag zu
vermeiden, steht nicht in unſerer Macht; am aller-
wenigsten, wenn die Ermäßigung der Tarife und
die Beſeitigung der Differentialtarife als politische
und wirthſchaftliche Forderung in den Vordergrund
gestellt wird. Man wird es daher der badischen
Finanzverwaltung Dank wissen, wenn sie bei der
Aufstellung des Budgets mit der größten Vorsicht



Die Fraukenburg.
Roman von Marie Romany.
, êq(44. Fortjetzung.)
Und doch hätten wir Ihnen Herr Graf Viktor



von Hohenheim, eine ſolche Handlungsweise nicht

zugetraut! Würden wir die mindeſte

von ſolch unglücksſellgem Ende ihrer thörich-

Ahnung

ten Neigung gehabt haben, wir hätten nimmermehr

Ihren Augen sich an dem Anblick des reinen Engels
zu weiden erlaubt! |

Still, still, mahnte beruhigend der Andere, Euer
Eifer, iſt edel, doch hier nicht richtig am Plate. +
~ Habt Ihr nie von einem Baron Edwin von
Liptau gehört? Baldrian war verdutzt. Edwin

von Liptau! War das nicht jener Herr, der Elſa

im Theater verfolgte ?
Derselbe, mein Freund, der sie in's Theater ge-

. leitete. Das jſt nicht wahr! fuhr der Alte auf.

Kein Baron Edwin von Liptau g.leitete sie in's
Theater; mein Bruder Morit selbſt hat sie hinge-

_ führt. Der alte Morit ? Der Graf lachte. Und

zu welchem Zweck? :
O, was Sie einfältige Fragen ſtellen können, Herr
Graf ! Nehmen Sie einer derben, doch treuen Seele

_ dieſen Ausdruck nicht übel. Zu was denn ſonſt

konnte Elſa das Theater beſuchen, als auf Ihr Ge-

heiß? Victor lachte laut auf.

Herr Graf, Sie sind boshaft, brachte jett der
Alte mit bebender Stimme hervor. Zuerſt ſenden
Sie ein Briefchen, legen ein Billet bei, und dann
wenn Elsa zufolge Ihrer Aufforderung im Theater

L fitt, wird sie von diesem Baron in der unehrenhaf-

ten Weise der Welt molestirt ; sie flüchtet, erblickt



Perantworlliher Redakteur Philipp Klansnen.
Mittwoch, den 4. Iuni

zu Werke geht und allzu weit gehenden Anforde-
rungen mit einer klaren Darlegung der Verhältnisse
entgegentritt, zumal auch die Einnahmen vom Reiche
H letten Jahr die erwartete Höhe nicht erreicht
aben.

Karlsruhe, 1. Juni. Wie man vernimmt, wird
der Erbgroßherzog auch nach ſeiner Beförderung

zum Major zunächſt noch in ſeinex militäriſchen

Stellung im Gardeulanenregiment zu Berlin ver-
bleiben. + Die erſte Kammer hält ihre nächste
Sitzung Mittwoch und hofft in 2 Tagen mit den
noch unerledigten Geſchäften, insbesondere der Ein-
kommensteuer und der Fürsorge für die Hinterbliebenen
der Staatsangesſtellten zu Ende zu kommen. Die 2.
Kammer hätte dann ebenfalls nur noch 2 Sitzungen
zu halten; der feierliche Kammerſchluß würde Mon-
tag 9. d. M. stattfinden. +- Wegen des früheren
Kammerſchluſſes iſt auch der badische nationalliberale
Parteitag auf den 8. d. M. verlegt worden, da an
diesem Tage die Kammermitglieder noch hier an-
wesend ſein wrden. M!
Berlin, 31. Mai. Die Unterhandlungen zwi-
schen Frankreich und England in Bezug auf Egypten
werden geheim gehalten, jedoch weiß man, daß mit
denselben beabsichtigt wird, die vorherige vollständige
Verständigung zwiſchen den beiden Ländern über
die politiſche Seite der Frage herbeizuführen, sodaß
die Konferenz, deren Zuſammentritt jetzt wieder wahr-
scheinlich geworden ist, sich hauptsächlich, wenn auch
vielleicht nicht ganz ausschließlich, mit der Regelung
der Finanzſchwierigkeiten zu beſchäftigen haben würde.
Darmſtadt, 30. Mai. Die Versetzung in den
Ruhestand des Staatsministers Frhrn. von Stark
iſt, wie die D. Ztg. amtlich meldet, auf ſein An-
suchen und in dankbarer Anerkennung treuer und
ausgezeichneter Dienstführung erfolgt. Der Geh.
Staatsrath Finger iſt zum Präsidenten des Mini-
ſteriums des Innern und der Juſtiz ernannt und
gleichzeitig beauftragt, bis auf Weiteres die mit
dem Amte des Staatsministers verbundenen Geschäfte
wahrzunehmen. Die genannte Zeitung bemerkt
weiter, daß das Geſuch des Frhr.. v. Starck um
Verſezung in den Ruheſtand am 2. Mai gestellt







igen:

oder d tz:
für auswärts 10 Pfnge. J
Bei mehrmaligem Erſcheinen
Rabattbewilligung. ;

Expedition Brunnengaſſe 24.
1884.

und am 24. Mai erneuert worden sei, weil der
Minister in einer wichtigen Sache mit seinem Rath
nicht durchzudringen vermochte. Die Persönlichkeit
des neuernannten Ministers Finger biete Bürgschaft
dafür, daß die Geschäfte in demſelben Geiſte, wie
bisher, fortgeführt werden würden. ; :
Darmftadt, 31. Mai. Die Zweite Kammer
tritt am 10. Juni hier zuſammen. :
Oesterreich-Ungarn - t
Wien, 30. Mai. Der Kaiser empfing Nach-
mittags 2 Uhr den Fürsten von Bulgarien in mhr
als viertelſtündiger Audienz. ut
Wien, 31. Mai. Die Wiener Zeitung ver
öffentlicht ein kaiserliches Patent vom 29. Mai,
durch welches die Landtage von Nieder- und Obere
öſterreich, Salzburg, Steiermark, Kärnten, Buko:
wina, Mähren, Schleſien, Voralberg aufgelöſt und
die Neuwahlen angeordnet werden. :
Betgien. .
Antwerpen, 31. Mai. Der mit
Ladung von Ergaſteria kommende .
delsdampfer „Prinz Friedrich Karl“ iſt infolge eines
Zuſammenſstoßes mit dem von Hamburg kommenden
Dampfer „Bahrenfeld“ gesunken. Man hofft, den-
selben jedoch wieder flott zu machen. Der engliſche
Dampfer iſt nur leicht beſchädigt. i .
England.
London, 31. Mai. Bald nach den gemeldeten
vier Exploſionen wurde auf der Trafalgar-Square



Mineralien in

cine Taſche mit 17 Päcken Dynamit nebſt Zündern,

gegen die Nelſonsäule gelehnt, aufgefunden und pt. |
der Polizei mit Beschlag belegl. e
_ Egzypten.

Kairo, 31. Mai. Zwei

Marſch nach Oberägypten bereit zu halten. Es

wird beabsichtigt, die Besatzungen Korosko und . ;
Wadi- Halfa bis auf je ein Bataillon zu verſtären.

da von den arabiſchen Kundſchaftern die Nachricht

nach Korosko gebracht wurde, daß eine Abteilung !
Aufständische in Murad zwiſchen Abuhamnd un.

Korosko angekommen ſei und die Absicht zeige, gegen

Korosko forzugehen. _9 Nach dem Abmarsch der er- .





| ihren Geliebten, erhofſt von ihm Hülfe und Schutz,

er aber wendet ihr den Rücken und läßt sie mit
jenem Unhold allein. Zum Schluß jetzt suchen Sie
die ganze Sache von ſich abzuleugnen. Kann Graf
Victor, der edelmüthige Retter unserer Elſa, auch

| ſolch einer Handlung fähig sein?

Victor wußte vor Erstaunen nicht, wen er vor
ſich ſah. Er hätte dem Alten zürnen mögen ob der
reſpektwidrigen Sprache, doch kannte und ſchätte er
die gute Absicht, welche ihn zu ihm geführt. Er
verharrte einige Minuten im Schweigen, dann reichte
er dem Manne in gutmüthiger Freundlichkeit die
Hand. Sett Euch, sprach er; ich ſehe ein, es liegt
ein Mißverſtändniß hier vor. Elsa, ſagt Ihr, meine
Elſa erhielt einen Brief?

Ei, nun freilich, entgegnete der Alte, an dem-
selben Tage, da sie am Abend in die Oper kam.

Die beiden Männer sahen einander an. Bal-
drian, sagte der Edelmann, ichzebe Euch mein Wort
ich ſchrieb ihn nicht. Der Alte verzog den Mund.
Die Handschrift des Grafen Hohenheim trägt en.

Unmöglich! platzte Victor hervor. Doch zum Be-
weiſe + wo iſt der Brief ?.

Elsa trägt ihn seit jenem Tage stets bei fich —
ein letztes Pfand, welches ihr die Liebe ließ. . f'

In der That, mein Freund — ein ſeliges Lächeln
verklärte des jungen Edelmannes Züge, — ich
möchte dieſes Schreiben wohl sehen. ;

Das wird ja auch sehr leicht möglich sein, wenn
Euer Gnaden nicht verſchmähten, unſere Schwelle
zu . . .û . Niemals! platte Viktor mit Heftigkeit
hervor, niemals, ſo wahr Gott lebt, werde ich wie-
der eine Wohnung betreten, die ein Wesen birgt,



das mich um den Frieden meines Herzens betrogen



hat! Nehmt meine Heftigkeit nicht für ungut, alter '
Mann, fügte er gemäßigter hinzu; nicht, daß ichs.

Eurer Familie übel vermeinte, im Gegentheil, ich
achte und ſchäte Euch und Eurer Aller Biederkeit
sehr. -+ Aber Elſa! Elſa! o, Ihr wißt, Baldrian,
was sie mir angethan hat! + ~ Ich liebte dieſes
Mädchen, ging er nach einer qualvollen Pauſe weiter

und liebe ſie noch heute mit einer Innigket uwun.
Gluth, die meine Sinne verrückt! ich baute fett af.
ihre Unschuld, kein Wesen auf dem Erdrund hätte.
mir jemals den Glauben an sie und ihre Tre.
geraubt! Ihr Wort, der Blick ihrer heimlich ſchhnnn..
Rugen war für mich eine Seligkeit, eine aneee.
Weit! . --. D, warum hat ſie mich betrogn?kn.
Warum riß ihre tollkühne Hand den zauberiſhen.
Schleier ſo unermeßlich ſüßer Träume von enim.

ſie in Wahnsinn vergötternden Herzen fort?".

Ich weiß in der That nicht, begann in ruhigen.
Tone der Alte, ob mein Ohr die Worte des gnän.

digen Herrn Grafen richtig verſtanden hat. Das
arme Kind iſt aus Liebesleid nahezu von Sinnen,

der Thränen und des Jammers gibt es kein Ene,
und überdenkt man erst, was sie heute für ene.
thörichte Reiſe gemacht “ —— bei Gott, Herr Gres
Victor, wäre ich nicht ſelbſt dem Mädchen in Liblen.
ergeben, Elſa weilte in dieser Stunde nicht mhr.

unter den Lebendigen!

Der Graf riß seine Augen in ihrer ganzen Größe
auf. Was? stotterte er, was iſt das? was wäre
mit ihr geſchehen? \ i

Der Alte blickte dem Grafen mit ruhiger Würde
in die Augen und ſagte dann bebend: Sie hatte
sich dem Tode geweiht. t

Stieren Auges ſaß der junge Edelmann da.

weitere ägyptiſche w
Bataillone haben Weisung erhalten, sich für n


 
Annotationen