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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 1 - No. 25 (3. Januar - 31. Januar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44124#0097

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Erſcheint täglich außer Montag.
ent spr eis
für Heidelberg: monatlich 45 Pfg.
mit Trägerlohn, durch die Poft
bezogen viertelj. 1 IMk. 40 Pfg.

Expedition Brunnengaſſe 24.

Heidelberger G



Yeranlworilicher Redakteur Philipp Klausner.

eneral-Anzeiger.



Anzeigen: die 1-ſpaltige Petiin.
zeile oder deren Raum 5 Pfg.
für auswärts 10 Pfg. ;

Bei mehrmaligem Erſchzaeen..
Rabattbewilligung. J

Expedition Brunnengaſſe 24.



N 24.

Bestellungen auf das

„Heidelberger Tageblatt“

für die Monate Februar und März zum
Preiſe von 96 Pfg., frei in's Haus, nehmen
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In Heidelberg bei unsern Trägern und
Trägerinnen, sowie auf unserm Comptoir
zum Preise von monatl. 45 Pf. mit Trägerlohn.

Mit dem 1. Februar beginnen wir mit
dem Abdruck des äußerſt ſpannenden

JW“ Sce-Roman: “My
„Das weiße Schiff,“

worauf wir unsere geehrten Leſer und Lese-
rinnen jetzt ſchon aufmerksam machen.
Inſserate ſind bei der großen Verbrei-
tung des „Heidelberger Tageblatt“ in hiesiger
Stadt und Umgegend, insbesondere aber auch
im ganzen Odenwaldgebiet vom wirksamsten
Erfolg, bei billigster Berechnung.
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das Tageblatt von heute bis Ende dss. Mts.
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Expedition des „Heidelb. Tageblatt“
(Heidelberger General-Anzeiger)
Brunnengasse No. 24.

Die Ermordung des Geheimpoliziſten
Blöch in Wien.
Aus Florisdorf, demselben Vororte, in welchem
in der Nacht des 16. Dezember v. J. der Polizei-
Beamte Franz Hlubek meuchlings erſchoſſen wurde,



Ein Millionär.
Original-Novelle von F. Kliuck.



Fortsetzung.
Martha unterbrach sich. Die Erinnerung über-
wältigte sie und nur mit Mühe hielt ſie ihre
Thränen zurück.
„Was ſoll ich Ihnen Alles so umſtändlich aus-

Pauſe fort. „Sie haben ja das Elend gesehen, in
welchem wir zuletzt lebten, und so war es schon
lange, lange vorher. Das ging ſso nicht mehr, wir
hatten oft kaum zu esſen, und die Dame nahm uns

das Kind unter einem nichtigen Vorwande wieder

fort. Dagegen hätte ich nichts einzuwenden gehabt,

_ vbgleich mir das Kind an's Herz gewachsen war,
ich hielt es nicht zurück.

Nun war aber der letzte
Verdienst fort und ich ſuchte Arbeit. Ich fand keine,
auf den Knieen flehte ich die Dame an sie möge
mich wieder aufrichten - sie wies mich kalt ab.

/ Das hatte ich nicht verdient, gewiß und wahr-
haftig nicht und die Behandlung that mir in tief-
ſter Seele weh. Ich fragte nach dem Kinde. Sie
sagte mir, es sei geſtorben, ſchon seit langer Zeit.

Das konnte und wollte ich nicht glauben, denn
das Kind war kräftig und gesund gewesen. Mein

. Herz sehnte sich, es wiederzuſehen + und ich war

feſt entſchloſſen, den Aufenthaltsort desselben aus-
findig zu machen. Mit welcher Ausdauer habe ich
meinen Plan verfolgt, und endlich erfuhr ich, wo
fich der Knabe befand." U .
„Sie wisſen es ?“ unterbrach sie Dr. Gutherz,



|



Mittwoch, den 30. Januar

kommt heute abermals die Nachricht von einem
ebenſo feigen als verruchten Morde. Der dem Po-
lizei - Commissariate Florisdorf zugetheilte Geheim-
poliziſt Ferd. Blöch iſt am 25. Jan. Morgens 8 Uhr,
als er auf dem Wege von ſeiner Wohnung am
Mühlſchüttel zum Commissariat gehen wollte, beim
4 gie einer Schottergrube meuchlings erſchoſſen
worden.

Ueber die Ausführung des Mordes und die
Ergreifung sowie die Person des Mörders gibt die
„Neue Freie Preſſe“ folgende Mittheilungen: Blöch,
B s BU tupsus tests

. : zei-
Commissariat in Floridsdorf begeben. Der Weg
führt durch eine Grube, die ungefähr 2 Meter tief
iſt. Blöch war ungefähr in der Mitte der Grube
angelangt, als ein Mann auf ihn zutrat und aus
einem Revolver großen Kalibers einen Schuß gegen
ihn abfeuerte. Die Kugel drang dem Poliziſten in
die rechte Schädeldecke oberhalb des Ohres. Die
Verwundung war tödtlich, und Ferdinand Blöch
ſtürtzte, ohne einen Laut von ſich gegeben zu haben,
todt zusammen. Das Geräuſch, welches der Schuß
hervorgerufen hatte, bewirkte, daß von verſchiedenen
Seiten Perſonen herbeiliefen. Der erste war der
Schuhmacher Johann Zicker, deſſen Garten an die
Grube grenzt. Er eilte zu der Gartenplanke und
sah dort, wie ein Mann ſich tiber einen andern
beugte, der auf dem Boden lag, und demſelben die
Uhr aus der Taſche riß. Ehe Zicker aber zu der
betreffenden Stelle gelangen konnte, hatte der Un-
bekannte bereits die Flucht ergriffen und wendete
sich gegen das alte Strombett der Donau. Zicker
lief unter lautem Rufen dem Enteilenden nach, und
alsbald schloſſen sich demſelben zahlreiche Personen
an. Der Mörder lief mit großer Geschwindigkeit
querfeldein, und nach wenigen Minuten angeſtreng-
ten Laufens hatte er das Ufer des alten Donau-
bettes erreicht und übersetzte den seichten Donauarm,
indem er über die ins Waſſer gelegten großen
Steine hinwegsſprang. Am jenseitigen Ufer waren
mehrere Taglöhner beschäftigt. Diese, die schon den
großen Lärm von Weitem gehört hatten und nun

nicht länger fähig, seine sich steigende Aufregung |

zu bewahren.

„Ja,“ entgegnete Martha finster, „Sie sollen
es erfahren. Zuvor aber noch etwas anderes. Durch
Zufall hatte ich die Bekanntschaft einer Frau ge-
macht, welche vormals im Hauſe meiner Herrschaft
viel verkehrte. Dieſelbe verfolgte einen gleichen oder
ähnlichen Zweck, wenigstens begegnete ich ihr wieder-
holt, wenn sie heimlich dasſelbe Haus umſchlich,

. einanderſetzen,“ fuhr Martha erſt nach einer längeren [ tz: Hh vesbadtett M.huzlgtgt!. tus ss

nicht wußte, wußte die andere, und wir waren ent-
ſchloſſen, unseren Vortheil zu verfolgen. Verachten
Sie mich nicht, Herr Doctor, weil ich schlecht genug
war, so zu handeln. Wer so tief wie ich im Elend
und in der Sünde ſteckt, der hat kein Gewissen
keine Ueberlegung mehr, Ich kannte keinen andern
Zweck, als Geld zu erlangen.

Sie wissen ja die Namen Derjenigen, von wel-
chen ich rede. Sie kennen den Mörder meines Mannes
und ich stehe nicht an, zu sagen, daß er auch der
Mörder seiner Schweſter war, deren Kind er mir
überbrachte. Anfangs war ich der Meinung, er
wolle nur das Kind den Augen der Welt verbergen,
wenn ich auch nicht klug genug war, das Warum
zu erkennen. Später, nachdem ich die Frau Wei-
gelt kennen gelent, da wußte ich, warum, da wußte
ich auch, daß die Frau Hansen keines natürlichen
Todes gestorben war. Bringen Sie die Frau zum
Verhör, und ich bürge dafür, Sie werden Alles er-
fahren + Sie iſt im Besitze wichtiger Papiere.“

“Wo wohnt jene Frau!“ : i

„In einem Hötel garni, in der D . . ſtraße.'

Der Doctor notirt es ſich.



Ä
ſahen, wie ein von einer großen Menge verfolgter.
Mann über das Waſſer daherkam, erwarteten dn
Flüchtling, um ihn gleich beim Betreten des Ufers
festzunehmen. Der Unbekannte aber schwang in
der Hand einen Revolver und drohte jeden nieder.
zuſchießen, der sich ihm nähern würde. Die meiſen
wichen vor dieser Drohung ſcheu zurück, und de
Mörder wäre möglicherweiſe entkommen, wenn sich
nicht einige muthige Männer gefunden hätten, de.
die Lebensgefahr nicht achtend, auf den Mörder zuu
gingen. Es waren dies die Taglöhner Ferdinnn.
Mellon, Johann Piller, Leopold Stroh und Auguſt.
Birner. Mellon war der erſte der den Flüchtigen
erreichte. Der Unbekannte feuerte raſch hintereinander
aus einem ſeiner Revolver zwei Schüſſe gegen
Mellon ab, die denselben am rechten Beine ſchwer
verwundeten und sofort hinſtreckten. Aber als sich
der Mörder anſchickte, den dritten Schuß abzufeuenm.
ſtrauchelte er plötllich, der Schuß ging fehl, uw
in dieſem Augenblick hatten ihn ſchon Stroh un.
Piller gepackt und ihm die Revolver aus der Haan
gewunden. Die beiden genannten Arbeiter, die
jeder eine Hand des Mordgeſellen feſthielten, führen.
ihn dann, unterſtütt von der mittlerweile herbeigzſen.
kommenen Wache, auf das Commiſssariact. t§szt

Auf dem Wege dahin verſuchte der Verhafttee.
einen teuflichen Plan auszuführen. Er mache
nämlich seine linke Hand ein wenig locker, griff.
in ſeine Taſche, als wollte er ſein Taſchentuch her-
vorholen, zog aber ſtatt deſſen eine Dynamitpatrne.
hervor, die er mit voller Kraft zu Boden ſchleudere.
Der Mörder hatte gehofft, daß die Dynamitpatrone
auf einen Stein auffallen, zur Exploſion kommen
und eine fürchterliche Verheerung anrichten werde;
glücklicherweise kam dieser entſetßliche Plan nicht zur
Ausführung, weil die Patrone auf weiches Erdreich
auffiel und darin stecken blieb. s.

Als man den Mörder auf das Polizei - Cn
missariat brachte, drohte das Volk, in welches die..
Kunde von dem entſezlichen Verbrechen gedrungen.
den Verbrecher zu lynchen. Dieſes Vorhaben vuene
durch die raſch erſchienene Wache, welchh um dn
Arresſtanten einen Cordon geſchloſſen, verhindere.

„Haben Sie mir noch etwas Weiteres zu sagen?“.
„Nicht viel mehr. Das, was den Tod meine.
Maunes anbetrifft, wiſſen Sie. Mein Mann wolte.
den reichen Herrn veranlassen, ihm Geld zu gene
ESU . ..
Doctor weiter. ; . .:
„Das Kind ist bei einer Frau Schmidt, dr in _
Nähe von Blankenese, untergebracht. Es iſt en
prächtiger, kleiner Knabe, das Ebenbild der verſtoen.
benen Mutter. Hätten Sie die gekannt, Sie wäre.
den auch das Kind erkennen. Wollen Sie, was ih
nach Ihrem Eifer, mit welchem Sie all den Dingen
nachforſchten, vermuthe, gegen den Mörder mine.
Mannes einschreiten, ſo fteht Ihnen auch nicht das
mindeste im Wege, aber dann beeilen Sie sich, e .
wird fich vorſehenr.. ; .
Der Doctor sann einige Augenblicke nach. cr
athmete tief auf. Das lette Glied war eingefügt,.
das Kind, deſſen Aufenthaltsort nicht zu ermitten.
...
digen zuſammenziehen zz.! E ur. vorfichtig w
BE U t s
wie nahe sein Verhängniß, wurde der Kaufmann
fist 1sttt in seinem ganzen Thun und Treiben
eobachtet. j u
Dem Doctor blieb nur noch eins zu thun übrig,
oder vielmehr nicht ihm, ſondern der Gerechtigkeit.
Man mußte ſich unverzüglich der Frau Weigelt be-
mächtigen, denn jedenfalls mußte sie nach Martha's
Aussagen den letten Aufschluß geben.
: ; (Fortsetzung folgt.)





 
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