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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 101 - No. 126 (1. Mai - 31. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44124#0507

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mit Trägerlohn, durch die Poſt
bezogen viertelj. 1 zk. 40 Pfg.

Expedition Brunnengafsſe 24.

nt täglich außer Montag.

Heidelberger Tageblatt

Heidelberger General-Anzeiger. ::

Peraniworlliher Redakleur Philipp Klansuer.



vie 1-ſpaltige Petiien. .
deren Raum 5 Pfg.,

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swärts 10 Pfg.
hrmaligem Erscheinen
abattbewilligung.

Expedition Grunnengaſſe 24.





Me 121.
Deutſches Reich.

Karlsruhe, 23. Mai. Der vierte Bericht betr.
die landwirthſchaftliche Enquete beantragt, die Regie-
rung möge die Errichtung einer Landeskreditkasſe
für landwirthschaftlichen Immobiliarkredit und die
Errichtung einer Landeshagelversicherung mit Zwangs-
beitritt erwägen.

Leipzig, 21. Mai. Kraszewski wird kein Gnaden-
geſuch überreichen. Der. zweite Verurtheilte Hentſch
wurde heute in's Zuchthaus nach Halle abgeführt.
Die geſammten Prozeßkoſten im Betrage von nahezu
10,000 Mark muß, wie die Wiener Blätter erfahren,
Kraszewski allein bezahlen, weil Hentsch gar kein
Vermögen besitzt.

Rußland. :

St. Petersburg, 16. Mai. Die Skandalkronik
über unser Beamtenthum weis täglich Neues zu
melden. In Kaluga paſſirte ein „höchſt räthsehafter“

Diebstahl, indem aus der beim Regimentskomman-

deur befindlichen und fortwährend ſcharf bewachten
Kaſſe des Regiments 26,000 Rubel verſchwanden,
ohne daß auch nur die Siegel an der Kasſe verletzt
waren. Man hegt darüber die ſonderbarſten Ver-
muthungen. – In Fateſch (bei Kursk) zeigte das
Kreisrentamt dem Gouvernement die erfolgte Abſen-
dung von 6000 Rubel an, doch kam das Geld
nicht an und es wurde nachgeforſcht; als der Poſt-
direktor Jerſchow. letzteres erfuhr, ſchickte er 4090
Rubel ab, öffnete weitere 128 Geldbriefe und ſuchte
den Rest zuſammenzubringen, als ihm das aber nicht
gelang, nahm er noch 2 weitere Poſtſäcke mit Werthen
die inzwischen eintrafen mit sich und brannte durch.
Hierbei waren ihm wiederum 14,000 Rubel Kron-
gelder und eine Anzahl deutſcher Wechsel in die

Hände gefallen, deren Ausſteller wohl noch kaum

ahnen, daß sie für ihr Papier vorläufig nichts be-
kommen werden. + Bei der Zentralverwaltung der
Staatsbahnen entdeckte man gleichfalls „Mißbräuche“
wie hier der technische Ausdruck für Staatsdiebereien
lautet. Es hat bereits eine Reviſion stattgefunden
und ergab dieselbe, daß bei der Nikolaibahn (von
hier nach Moskau) rund 830 Millionen Rubel „un-
geſetzlich verausgabt“ worden, d. h. theils baar ge-
ſtohlen, theils für an sich sehr mangelhafte und ſo-
gar gefährliche Bauten zu viel in Rechnung geſtellt
worden find. Das Ergebniß hat einen sochen Schrecken
verhreitet, daß eine beſondere Verſammlung des Ver-
waltungsrathes deßwegen anberaumt ist, um die
Aktionäre zu beruhigen und Börsenwirkungen zu
verhüten. Der Czar hat sogar befohlen, daß eine
genaue bauliche Untersuchung der ganzen Bahn durch
Militärtechniker ſtattfinde. Hierzu kommen wieder
Fälle, in welchen die Geschworenen überführte und
geſtändige Mörder freigeſprochen haben und ferner
die ſoeben auf kaiſerlichen Befehl erfolgte Ausweisung
eines dänischen Offiziers, der wegen verbrecheriſcher
Aneignung russiſcher Feſtungsbaupläne hier in St.
Petersburg ſelbſt feſtgenommen worden war.

Badiſcher Landtag.

: Karlsruhe, 23. Mai. Die Zweite Kammer
begann heute mit der Spezialberathung des Ein-
kommenſteuergeſeßzes. Der Abg. von Feder hatte
wichtige Bedenken gegen den Ausdruck „allgemeine
Einkommenſteuer.“" Nachdem von der Regierungs-
bank der Ausdruck erklärt worden, brachte der Abg.
Fischer den Antrag ein, nach welchem der Artikel 1
heißen würde: „Jm Großherzogthum Baden wird
eine allgemeine Einkommenſteuer erhoben, deren Er-
trägniß zur Ausgleichung und Ermäßigung der
übrigen direkten Steuern verwendet werden ſoll.

Dieſer Antrag wird befürwortet durch die Abgg.

Lender und Schneider (Mannheim.) Von der Re-

gierungsbank wird erklärt, wenn der Antrag sich

darauf beſchränke, daß bei der erſtmaligen Kata-
ſtrirung das Ergebniß der Einkommensteuer zur Er-
mäßigung der andern Steuern verwendet werde, so
würde die Regierung unbedenklich zuſtimmen. Wenn





Vonutag, den 25. Mai

aber damit geſagt werden ſoll, daß ein jeder Pfennig
der späterhin aus der Einkommenſteuer reſultirt, zur
Ermäßigung gebraucht werden ſoll, so iſt das nach
dem Erachten der Regierung zu viel. § 1 wird
mit dem Antrag Fiſcher zur neuen Redaktion an die
Kommission zurückverwieſen. ++ Schneider (Karls-
ruhe) erklärt, daß er in Rücksicht auf die Belastung
welche Handel und Verkehr durch das vom Bundes-
rathe eingebrachte Stempelsteuergeseß erfahren wür-
den, gegen den § 1 stimmen werde. Desgleichen
Abg. Kopfer, welcher noch zur Vorsicht in der Ge-
seßgebung der Einzelſtaaten räth. Nach längerer
Geſchäftsordnungsdebatte wurde Art. 1 in der bis-
herigen Faſſung angenommen. Nach Berathung des
Antrags Fiſcher in der Kommission soll über den Zu-

L

Jatz nochmals abgestimmt werden. Art. 2-4 wer-
den nach kurzer Debatte angenommen. Art. 5:

Nach der Regierungsvorlage ſollten nur phyſiſche
E Steuer unterworfen werden, während
die Kommission auch die Aktien- und Kommandit-
Gesellſchaften zur Steuer heranzieht. Pflüger be-
antragt, die Actiengeſellſchaft von der Einkommen-
ſteuer zu befreien. Jn diesem Sinne sprechen Feder
und Kopfer. Der Finanzminister meint, daß wenn
man die Aktiengesſellſchaften besteuert, man auch die
Einkommensteuer der Aktionäre zulaſſen müſſe. Es
folgt eine längere Diskussion, bis ſchließlich die Sitzung
auf 5 Uhr Abends vertagt wird.

Aus Nah und Fern.

[’ Mannheim, 23. Mai. Das von den Mann-
heimern so gerne beſuchte Milchgütchen war gestern



der Schauplatz einer solennen Schlägerei, die mit
schweren Körperverlezungen endigte. Der Kampf

war so heiß, daß die herbeigerufenen Sicherheits-
urgane nicht ausreichten, demſelben Einhalt zu thun,
ſo daß man sich genöthigt ſah, militärische Hilfe in
Anspruch zu nehmen. Die Hauptexzedenten wurden
in Haft genommen und ſehen nun ihrer Strafe ent-
Fegen. Maunhyheim, 23. Mai. Ein früherer Nota-

riatsgehilfe Namens Bürk aus Wiesloch, welcher

aus Gnad und Barmherzigkeit als Bureaugehilfe in
der Zimmer'ſchen Fabrik über dem Neckar, in welcher
er als Fabrikarbeiter eintrat, Anstellung gefunden
hatte, benütte das in ihn gesetzte Vertrauen, die
Summe von 3500 Mk., welche ihm zur Einzahlung
auf der Poſt übergeben wurde zu unterſchlagen und
damit flüchtig zu gehen. In seiner Wohnung fand
ſich ein ihm ebenfalls übergebener couvertirter Wechſel
im Betrag von 6000 Mk., vor den er glücklicher-
weise zu discontiren sich nicht getraute, oder aber
denſelben in der Eile mitzunehmen vergesſen hatte.
Der Thäter wird verfolgt. |

> Baierthal, 23. Mai. In lettter Nacht
wurde hier ein Einbruchdiebſtahl verübt und nicht
allein Kleidungsſtücke, als Stiefel, Schuhe, Hemden,
Hoſen 2c. sondern auch Zucker, Kaffee tc. mitge-
nommen. Die Thäter sind bis jett noch nicht er-
mittelt, doch wird auf dieſelben lebhaft gefahndet.

H Triberg, 22. Mai. Gestern Nachmittag hat
der verſammelte Bürgerausſchuß einstimmig die
Mittel zur Herstellung der für Triberg so wichtigen
Beleuchtung der Stadt durch elektriſches Licht, be-
willigt, so daß dieser Beſchluß des Bürgerausschuſſes
sofort großh. Regierung mit der Bitte um Genehmi-
gung vorgelegt werden kann, auf deren Erlangung
wir zuverſichtlich hoffen. Von dem Tage des Ein-
treffens der Genehmigung an wird innerhalb 6

Wochen die Beleuchtung erſtellt seyn, ſo daß im

Monat Juli d. J. noch ſämmtliche Straßen Tri-
bergs in elcktriſchem Licht glänzen dürften und Tri-
berg binnen Kurzem ſich rühmen könnte, die erste
Stadt Deutschlands und über deſſen Grenzen hin-
qus zu sein, welche das elektriſche Licht durchgehends
als Straßenbeleuchtung eingeführt hat. Ferner
wurden auch die Mittel für clektriſche Beleuchtung



158L. :

RE ITE TT C T TDT MTM TT T Ty . A
unseres Waſſerfalles vorgesehen, ſo daß auch dieses .
in sicherer Aussicht ſteht und freuen wir us mt.
Recht ſchon auf den eminent magischen Effekt, wle.
cher dadurch erziehlt werden wird. .
= Aus dem Odenwalde, 23. Mai. Geſten.
wurde in Waldmühlbach der Grundstein zu der det.
neu zu bauenden Kirche gelegt. Die neue Kirhlen.
für deren Erbauung, wie man hört, ein. Summe J
von 90,000 Mark ausgeworfen wurde, kommt a
die Stelle der alten auf eine inmitten des Orts sich.
erhebende Anhöhe zu stehen und verspricht, nach den.
bis jetzt sichtbaren Arbeiten und nach den aufgestellten
Plänen zu urtheilen ein schöner und impoſanter Be.
eine Zierde des Ortes zu werden. Intereſſant ittn.
daß man bei Ausgrabung des Fundaments mehree.
Statuen und mit Inschriften bedeckte Steine as.
der Römerzeit fand, welche, da sie hiſtoriſchen Werth.
haben, nach Karlsruhe verbracht und der doritgn.
Sammlung von Alterthümern einverleibt werden
sollen. Die gestrige Grundsteinlegung gestaltete ich.
zu einem Feſte, ſo ſchön und so zahlreich besuch.
wie es Waldmühlbach wohl noch ſelten gesehene.
Von angenehmsten Wetter herbeigeloct, wer auen.
allen Orten der näheren und zum Theil auh de
entfernteren Nachbarschaft eine überausgrogße Men.
schenmenge im Orte zuſammengeſtröómt. Von dn
benachbarten Standesherrn beehrte Graf Leinninge.
Billigheim mit seiner Anwesenheit die seltene Feien.
zu welcher eine große Anzahl geistlicher Herren.
sowie zahlreiche Beſucher aus der nahen Amtsſsteaun.
Mosbach sich eingefunden hatten. Durch Gesänge.
und Gebete wurde gegen 3 Uhr die Feier eingeleiteen.
während gleichzeitig auf den benachbarten Hügeln w
Böllerſchüſſe dröhnten und weithin den Wider.
weckten. Nach dem die einleitenden Gesänge beenint.
waren hielt Pfarrer Maier von Billigheim die ſchöóne.
Festpredigt. Nach ihm verlas Pfarrer Schll vm.
Waldmählbach die auf die Feierlichkeit bezüglieien.
Urkunde, welche in den Grundſtein gelegt wur.
In dieser Urkunde ist u. a. erwähnt, daß der Bſu
der Kirche zu einer Zeit erfolgt, in welcher dem
Landmann kein guter Stern leuchtet und in Folge
von Mißernten und Entwerthung der Bodenprodukte
durch Concurenz des Auslandes die Landwirth=chaft
darniederliegt. Nachdem noch unter abwechſennoen.
Gesängen und Gebeten die üblichen Ceremonien ſche.
vollzogen hatten, endigte nach 4 Uhr die erhebende
Feier, welche in dem Gedächtniſſe der Bewohner
Mähibachs noch lange fortleben wird. Nach Schluß
der Feier verlief sich die anwesende Menſchenmenge
in den verſchiedenen Wirthschaften, um die ſich geltend
machenden Bedürfniſſe des Körpers zu befriedigen.
Im Gaſthaus zum Roß unterhielt die Feſttheil-
nehmer noch lange durch seine Concertvorträge, der
Musikverein von Unterſchefflenz, der ſich in der
kurzen Zeit seines Beſtehens unter der Direktion
des Lehrer Schleicher ein gutes Renomme zu
werben gewußt hat. ; '
>} Aus Baden, 22. Mai. Lehrer H. von
Obereggingen, welcher mit seinen Schulkindern vor
einigen Tagen einen Ausflug nach Bonndorf, bezw.
Steinabad machte, iſt mit seiner Begleitung auf dem
Heimwege im Walde verirrt; ein Theil der Kinder
kam erſt ſpät in der Nacht, ein Theil erſt des andern
Tages bei ihren besorgten Eltern an, der 61jährige
Lehrer fehlt noch. Man fürchtet, es sei ihm ein
Unglück begegnet. - Der neugebaute Gasthof am
Titiſee wird demnächſt feierlich eröffnet werden.
Man rühmt die ebenſo praktiſche, als geschmackvolle
Einrichtung des neuen Anweſens. ~~ Zu Radyfs-
zell befindet sich im Besitze des dortigen Flaſchners
Hügle ein lebendiger Rabe mit 4 vollkommen aus-
gebildeten Füßen. ++ JIn Kluftern bei Markd
wurde die zehnjährige Tochter des Xaver Knobel
dem dortigen Friedhofe von einem inſtirtegren
. Offen-

















Grabſteine getödtet. + In Geoldſcheuer,
burg, hat ſich eine 2jährige. geiſtestranke
deren Mann sich voriges Jahr erhängte, erſ


 
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