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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 51 - No. 76 (1. März - 30. März)
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Expedition Brunnengaßſe 24.

Veranlworilicher Redaktenr Philipp Klausner.



Anzeigen: die
d

Expedition Brunnengaffe 24.



N

Öefterreich-Ungarn.

Budapeſt, 10. März. Das offiziöſe Blatt
„Nemzel““ bekämpft den europäiſchen Belagerungs-
zuſtand gegen die Anarchiſten und erklärt, daß die
Solidarität der Völker und die sittliche Grundlage
sowie die Machtmittel der einzelnen Staaten, gegen
die internationalen Verbrecher gentügten. Es würde
die gemeinſamen Maßnahmen gegen die politischen
Verbrechen als eine tödtliche Bedrohung der Frei-
heit betrachten. Es hofft auf die Erfüllung der in-
ternationalen Verpflichtungen seitens Rumäniens,
wo die Journaliſtik Siebenbürgen zu einem un-
gariſchen Irland machen wolle.

: Frankreich.

Paris, 11. März. Faſt alle Journale sprechen
ſich beifällig tiber das geſtern an die Kammer ab-
gegebene Votum bezüglich der Erhöhung der Lehrer-
gehalte aus und bezeichnen dasselbe als einen Akt
ſtaatsmännischer Klugheit, wodurch die Stellung des

NMiniſteriums befeſtigt werde. Prinz Napoleon
äußerte gestern beim Empfange der Journaliſten
der bonapartiſtiſch-reviſioniſtiſchen Partei: Es müsse
alles vor der Nothwendigkeit zurücktreten, dem Volke
das Beſtimmungsrecht wiederzugeben. Dieses allein
ſei unſer Herr und berechtigt, die Entscheidung zu
treffen : Der Prinz fügte hinzu: „Ich besitze nicht
Goid, wie die Prinzen von Orleans, sondern bin
arm und stolz hierauf. Aber ich habe die volle
Achtung vor der Souveränität des Volkes und den
festen Entschluß, mit Entschiedenheit alle zu be-
kämpfen, welche es verſuchen ſollten, diese Rechte
des Volkes an sich zu reißen. /

s î Rußland. ;; due

Petersburg, 11. März. Das , Journal de
St. Petersbourg“ leugnet die Exiſtenz des vom
„Standard“ mitgetheilten ruſsiſch-deutſchen Vertrages;
die ausſchlicßlich friedliche Tendenz des Einverneh-
mens der Kaiſermächte sei durch die deutsche Thron-

rede abermals beſtätigt, und das Jonrnal meint,

daß wenn der „Standard“ die Thronrede abgewar-
tet haben würde, er die angebliche Enthüllung ge-
wiß unterlassen hätte. - Dem , Regierungsboten“
zufolge überbrachte der Botschafter von Schweinitz

Donnerftag, den 13. März

dem ruſſiſchen Kaiſer bei der letzten Geburtstags-

gratulation einen eigenhändigen Brief des deutſchen

Kaiſers. - Admiral U.: iſt geſtern gestorben.
’gypten.

Kairo, 11. März. Baring dementirt die Mit-
theilung, daß Gordon die Rettung der egyptiſchen
Garniſonen im Sudan ohne eine ſtarke Truppen-
macht für unmöglich erklärt habe. -~ Aus Suatin
wird von gestern gemeldet, daß das 42. Infanterie-
regiment und das 10. Husarenregiment bei Zareba
lagern, 13 Km. von Suakin und 156 Km. von
Tamanieh, den Verſchanzungen Osmans entfernt.
Die übrigen engliſchen Truppen beginnen den Vor-
marſch Mittwoch früh. .

Ameriknee.

Newyork, 10. März. Aus allen Theilen des
Landes laufen Meldungen über heftige Stürme und

starke Schneefälle ein. Das Santa-Clara-Thal in

Kalifornien iſt überfluthet. Der in diesem Diſtrikte

angerichtete Schaden wird auf Dollars 500,000
geſchätt. Die Werksanlagen des neuen Emma-
Schachts in Alta (Utah) wurden durch einen La-
winensturz zerſtört, wobei zwölf Personen, darunter
zwei Frauenzimmer, das Leben verloren. – Der

Strike in den Hohlglashütten in Pittsburg !ù nach
gekommen.

achtmonatlicher Dauer zum Abſchluß
Die Arbeiter haben die Arbeit unter den früheren
Bedingungen wieder aufgenonmen. I
Waſhington, 10. März. Der deutſche Gesandte
Eiſendecher überreichte dem Staatsſekretär Freling-
huyſen heute Bismarck's Schreiben mit der zurück-
geſandten Lasker-Resolution. Präsident Arthur über-

sandte dem Repräſentantenhauſe die bezügliche Mit-

theilung Frelinghuyſens mittelst Botschaft. Im Hause
iſt eine Resolution eingebracht, welche Bedauern
über den Vorgang ausdrückt und wiederholt die
Theilnahme des Hauſes an dem Verluſte des deutſchen
Reichstags durch den Tod Lasker's bekundet. Der
Antrag wurde dem Ausſchuſſe für auswärtige An-
gelegenheiten überwieſen. Von einem anderen Mit-
gliede iſt beantragt, Frelinghuhſen zur Mittheilung
der Abschriften aller auf Sargent bezüglichen amt-
lichen Schriftstücke aufzufordern.







Aus dem Stift.

Erzählung von E. Hartner.



7. Fortsetzung.

„Gewiß, gewiß, Mama!“ Er sprach etwas hastig.
„Wenn ich dir bisher nicht gedankt habe “

„Von Dank ist nicht die Rede. Mein Dantk iſt,
dich arrangirt und ſchuldenfrei in die neue Stellung
eintreten zu sehen, die der Minister in Aussicht
stell. Du weist, daß du zum Legatiounssſekretär in
Wien designirt bist, sobald die Stelle vakant wird.
Freiherr von Pleſſen iſt schon‘ um ſeine Verſeßung
eingekommen. Die Frage iſt: Hat jene Summe
auch wirklich ausgereicht ?“ 112,9

„D ~ vollkommen!“ ;

Die Gräfin athmete erleichtert auf. qu

„Nun, Gott sei es getankt! Doch ich wollte dir
noch etivas sagen. Du würdest mir einen perſön-
lichen Gefallen thun, wenn du dich nicht weiter
. in f Angelegenheiten unserer Erzieherin mischen
i wolltet. ; ., | ? p:;

„Habe ich das gethan, Mama ?“ Graf Eberhard
machte ein ungeheuer erſtauntes Gesicht. 11:5

„Du haſt es zweimal gethan und beide Male
damit Anordnungen umgestoßen, die ich mit gutem
Bedacht getroffen hatte,“ fuhr die Gräfin unbeirrt

fort. „Jn unsern gegenwärtigen, nivellierenden |
Verhältniſſen iſt es ſehr ſchwer, die richtigen |

Scheidegrenzen aufrecht zu halten. Ich hatte dieſem

jungen Mädchen die ihr gebührende § tt ange- | Z ] ;
| wohlaufgehoben wußte, wollte die freie Zeit mit |

wicſen, du haſt dieselben verändert."

„Hntiu, Mama, cs thut mir leid, dein Miß- |



fallen erregt zuhaben, doch ſchien es mir grauſam,
dieses junge und offenbar sehr wohlerzogene Mäd-
chen leit und gelangweilt in seiner Stube ſitzen
zu laſſen.“ ;

„Ich verſtehe deine gute Absicht, allein dein
Benehmen kann ich deshalb nicht billigen!“ erwi-
derte die Gräfin. „Dieses junge Mädchen, das
mir persſönlich sehr zusagt, iſt hier, um meine
Töchter zu erziehen, nicht, um sich in einer Gesell-
schaft zu bewegen, in der sie im beſten Fall nur
geduldet sein könnte. Jhr Wirkungskreis iſt da, wo
unsere Kinder sind, nicht im Salon. ;

„Pardon, Mama; aber meines Wissens gehen
Amelie und Agnes um acht zu Bett !“

Die Gräfin erhob sich, halb ärgerlich, halb be-
lustigt. „„Mit dir iſt nicht zu ſtreiten ! Nach deiner
heutigen Bemerkung konnte ich nicht anders, als
fie in den Salon bitten. Wenn Graf Boleslav
und seine Gemahlin sie nun ihre Stellung fühlen
laſſen, so bin ich es nicht gewesen, die sie einer
demüthigenden Behandlung ausgesezt hatvnvn.

„Sondern ich!“ ſchloß Graf Eberhard, indem
er seiner Mutter lachend die Hand küßte. „„Es

wird folglich heute Abend meine Pflicht sein, zwei
Damen gleichzeitig die Kour zu machen!“ ;
“ Und Graf Eberhard lbſte die schwierige Auf

gabe dieses Abends mit einem Takt und einer Ge-

ſchicklichkeit, dem selbst seine Mutter die vollständigste !

Anerkennung nicht versagen konte. |

Die Gäſte verließen das Schloß am nächsten
Tage bald nach dem Mittageſſen. Viktorine, die
ihre Zöglinge in den Bércaſtunden des Pfarrers

Muſikbingen zubringen, wie sie gewöhnlich zu thun
s i .

w



F Lima, 10. März. Die Tf Nationalver-
sammlung bestätigte geſtern den Friedensvertrag
zwiſchen Chile und Peru. .



Badiſcher Landtag.

Karlsruhe, 11. März. 49. öffentliche Sttunn.
der Zweiten Kammer unter dem Vorſite des Penn.

sidenten Lamey. :
_ Am Regierungstiſch: Ministerialdirektor Eisen-
s Zittel und Bechert.
. Eingelaufen sind:

1

Sandhofen um Erhebung zu einer ſelbstſtändigen

| Gemeinde;

Heidelberger Tageblatt

1-spaltige Petitn.

Heidelberger General-Anzeiger &

.

hr , Landeskommiſsär Haas , ſpäter die Minn.

1) Bitte der Bewohner des Schaarhofes bei i

2) Bitte verschiedener Gemeinden der Amtsbe.

zirke Buchen, Mosbach, Eberbach, Werthheim und

Tauberbiſchofsheim, die landwirthſchaftliche Enqſute..

betreffend ;

3) Bitte der Gemeinden Wiesloch, Altwiesloch,
Baierthal, Schatthauſen und Maurer, die Straße
Wiesloch-Mauer betr.; übergeben von dem Abge-
ordneten Dimer;

4) Bitte der Gemeinde Roth, Amts Wiesloch,

um Belaſſung der Straße von Neulußheim übe
Roth nach Malsch im Landſtraßenverband und de

Straßen Nr. 27 von Roth nach Rauenberg, ne.
28 von Roth nach Walldorf und Nr. 30 vm RE ht.

nach Wiesloch im Kreisverband; übergeben von
dem Abg. Dimer; f
5) Bitte von Brauern des Bezirks Weinheim,

die Einführung der Braumalzſteuer betr. ; überbleen.

von. dem Abg. Förster.

Der Präsident gibt hierauf dem Hauſe Kenntniß: .
1) Von einem Schreiben des Präsidenten dee.

Großh. Ministeriums der Juſtiz, des Kultus und
Unterrichts vom 10. d. M., mit welchem ein Nach-

trag zu dem Budgetentwurf des Großh. Miniſte.

riums der Juſtiz, des Kultus und Unterrichts für
1884/85 - Tit. IR Unterrichtsweſen + unter
gleichzeitiger Zurückziehung des im außerordentlichen
Budget für 1884/85 unter Tit. IR s 18 ,Für

den Neubau eines Gymnasiums in Heidelberg“ ein.





pflegte. Der Flügel stand in der sogenannten.

Bibliothek, und sie machte heute um Jo lieber davon

Gebrauch, als sie wußte, daß die Gräfin in ihrem

Zimmer ſchlief und die Herren die fremden Gäſte
nach der Station begleitet hatten. Daß Lichtſchein
aus der Bibliothek drang, überaſchte ſie nicht, die
mehr benuttten Gemächer wurden ſtets beim Ein-

bruch der Duntktelheit erhellt. Sie erſchrak daher .

nicht wenig, als sie, eintretend, den jungen Grafen

auf zwei Stühlen ausgestreckt vor dem Kamin



liegen ſah. Sie wollte ſich raſch zurückziehen, deen.

er hatte ſie ſchon bemerkt.
„Fräulein Viktorine,

haftig nichts zu leide!
„Das glaube ich

so laufen Sie doch nicht U!

wie ein erſchrecttes Reh! Ich thue Ihnen wehr.
gern, Herr Graf, aber ich

würde Ihnen etwas zu leide thun! Sie wollen .

ſchlafen !“

.Wenn ich das wollte, hätte ich mich in meine

Stube zurückgezogen! Ich habe blos geträumt.“
„Mein Beethoven würde Ihre Träume stören!‘

werden, können wir denn nicht einmal ein Wort
zusammen sprechen ?“ |

Er ſagte das leichthin, während er noch einige j ;

„' Beethoven! — Etwas klaſſiſch für meinen w
Geschmack! Aber muß denn durchaus geſpielnee.



Stückchen Holz auf das verklimmende Kaminfeueren.
warf, einen Stuhl zurechtſchob und ein Fußktiſen.



davor stellte. „Nun habe
macht, ſeßen Sie ſicht“

.,„Sie ſind ſehr gütig, )
denke, ich kehre beſſer in mein Zimmer zurück!“



ich es Ihnen bequem ge.
Herr Graf, jedoch it .

„„Wo sie den unsäglichen Genuß haben werden,
mit anzuhören, wie der würdige Paſtor meinn_



 
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