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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 26 - No. 50 (1. Februar - 29. Februar)
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NAbonnementsprei

Expedition Brunnengafſe 24.

N 19.

Ö Deutſches Reich.
Berlin, 26. Febr. Der Großfürst Michael mit
der rusſiſchen Gratulationsdeuptation ist heute früh
um 61/, Uhr hier eingetroffen und auf dem Cen-
tralbahnhofe von dem Kronprinzen und ſämmtlichen
Mitgliedern der russiſchen Botschaft #0Lnÿangen wor-
den. Die Begrüßung des Kronprinzen mit dem
Großfürsten war äußerſt herzlich, dieselben umarm-
ten und küßten sich wiederholt. Der Kronprinz ge-
leitete den Großfürsten nach dem Botſchaftshotel.
Die der Deputation zugetheilten Mannschaften er-
Ur fle Guster n ius
. . r /
des Kaluga-Regiments, begrüßte im Botſchaftshotel
den Großfürſten Michael nebſt Deputation. Die
Majesſtäten empfingen darauf im Beisein der Ge-
Flügeladjutanten die ruſſiſchen Gäſte.
Der Großfürst beſuchte auch das Kronprinzenpaar
und die übrigen Mitglieder der Königsfamilie und
empfing dann die Gegenbeſuche.

Berlin, 26. Febr. Kaiser Wilhelm ist, wie
man hört, von dem Eintreffen der ruſſiſchen Abord-
orbens begtückwünſchle, Achlrs fett? tts Georgs:
Die Abordnung iſt Mittags empfangen worden.
Kaiser Wilhelm hat derselben ſeine volle Freude
über ihr Erſcheinen und einer lebhaften Genug-
GENE Gti
nung iſt heute zu dem Faſtnachtsbaÿle im Schlosse

geladen worden. Sie wird Donnerſtag Berlin wie-
der verlaſſen. - Fürſt Orlow reiſt nicht über Ber-
lin, sondern über Brüſſel nach Paris, um daſelbſt
ſein Abberunfungsschreiben zu übergeben. Man
ſchließt daraus, daß derselbe seinen Weg über Fried-
richsruh nehmen wolle, jedenfalls wird der Bot-
ſchafter noch vor dem Geburtstage des Kaisers Wil-
helm hier ſein Beglaubigungsſchreiben überreichen.

Bielefeld, 26. Febr. Erſatwahl zum Reichs-
tag. VBisher ſind gezählt für Ungern-Sternberg
(konservativ) 6382, fur Rechtsanwalt Windthorft

Das weiße Schiff..

Ein See-Ro man von Adolph Nork.

neral- und

Schluß.

„Chin, Chin, Hei hol ich auch Papier aus
Wasser, wenn es ist gut Silber, entgegnete diese
?reudeſtrahlend. Da, nimm alles, mein Jan, Hab
ich geholt heute Nacht alles Gold aus Martha
herauf, nimm, viel, viel Geld!“ ——

Am 18. Juni 1881 hatte ſich an der Ladungs-
| brücke der Hamburger Dampfschiffe in St. Pauli eine
| ansehnliche Menge Neugieriger versammelt, welche
Alle zu dem Zweck gekommen zu ſein ſchienen, ein
| rinlaufendes Schiff zu muſtern. ; *
„Was hat es denn mit jener Bark für eine Be-
| Vwandtniß ?“ fragte ein augenſcheinlich fremder Herr,
vHdaß ſie ſolche Aufmerksamkeit hervorruft ?

z „Vie, Sie kennen daß weiße Schiff nicht,“ ant-
| Vortete dieser sehr redſelig, „ih — das weiß ja
| ledes Kind am Hafen. Scheit Sie, der Kapitän
| Carlſen, der jüngste in dieſer Stadt, der es aber
| Vielleicht eher verdient zu sein, als mancher ältere,
| bat nämlich ſeltſame Schickſale erlebt, + doch es
| i eine lange Geschichte. ~ Nun ist er vor ſiebzehn
| Fonaten mit der Martha > ſo iſt der eigentliche
tame des Schiffes, obwohl wir's im Hafen nur








1 on dort wieder in See gestochen, um
| "ach hier zu ſegeln. Alle Welt glaubte sie schon
| erkoren, als wir plötlich geſtern lasen, daß sie
< endlich in Kuxhaven eingelaufen ſei. Da war
zropl! — Was er durchgemacht
ben soll ist erſtaunlich, na, man wird's jett bald

[ ;
für Heidelberg: tfrttw: t Vfg. ô eide [l (' ( l (1 (' ne ral-
mit Trägerlohn, durch die Post | [ w
bezogen viertzlj. 1 Mk. 49 Pfg.













| §%8 weiße Schiff nennen, – nach Valparaiso ge: ,



Yerautvorlliter Redakteur Philipy Älausuer.
Donuerſtag, den 28. Februar

(Fortſchritt) 3159, für Schreiner Hegemann (So-
zialdemokrat) 2173 Stimmen. Die noch aussſtehen-
den Stimmen dürften faſt ſämmtlich Ungern-Stern-
berg zuzuzählen ſein, deſſen Wahl im ersten Gange
hiernach höchst wahrscheinlich iſt.
Öeſterreich-Uugarn.

Wien, 56. Febr. Szaparh konferirte hier über
den Ausbau der bosnischen Eisenbahnen. - Vom
Erzherzog Johann wird demnächſt eine Schrift über
den Spiritismus erſcheinen.

Frankreich. t

Paris, 23. Febr. (Plon-Plon.) Der Fasching
hat auch den „dicken Prinzen“ wieder in den Vor-
dergrund gebracht. Prinz Napoleon empfing gestern
80 Delegirte des Reviſioniſten-Comites von Paris
in Gegenwart ſeines Sohnes Prinzen Victor, und
beantwortete deren Adreſſe wie folgt: „Die An-
wesenheit der Delegirten beweise, daß, wenn es ſich
um die Vertheidigung der nationalen Souveränetät
und der Volksrechte handele, man ſich stets an einen
Napoleon wenden könne. Er sei erfreut, seinen
Sohn an der Seite zu haben; dies beweiſe, daß

Einigkeit in seiner Familie herrsche, und daß es

unmöglich sei, den Vater vom Sohne zu trennen,
wie es unmöglich sei, die Napoleons von der Sache
des Volkes zu trennen. Der Prinz erklärt ſodann,
der böse Wille Einzelner entſtelle die friedliche und
gesetzliche Agitation. Die Conſtitution von 1875
ſei durch orleaniſtische Intriguen eingeführt, sie
unterordne alles dein Parlamente und liefere die
Regierung unverantwortlichen Majoritäten aus. Dies
ſei die Ursache des Uebels, woran Frankreich leide,
deſſen Symptome bereits beunruhigende würden.
Die Opportuniſten wollten eine Revision in die-
sem Jahre verhindern. Redner hoffe, es werde
ihnen dieſes nicht gelingen. Man werde nicht auf
die Leute hören, welche großſprecheriſche und auf-
rühreriſche Politik predigen ; man werde vielmehr
die große loyale Politik der gerechten Volksansprüche
ct po Setzen Sie Sich kühn an die Spitze der
Bewegung, das Volk wird Ihnen folgen. Ich

| erfahren. Jedenfalls ift das Schiff uud die Ma

ſchaft erhalten, man ſagt, theilweise durch den Muth
der Frau des Kapitäns, einer Chinesin. Und sehen
Sie dort das beflaggte Haus, - das gehört dem
Besitzer der Ladung, die Kapitän Carlſen jettt heim-
bringt. Heute abend geben sämmtliche Kapitäne
im Hafen ein großes Diner, dem Carlſen zu Ehren.
. Ah da!“ ſagte er, mit der Hand nach der
Martha zeigend, die kleine Dame auf der Hütte?
das iſt die Frau Carlſen unn –“

ie übrigen Worte verhallten in dem nun aus-
brechenden Jubel und Hochrufen der Verſammelten
welches von den im Hafen liegenden Schiffen immer
kräftig erwidert wurde. Hier und da donnerte auch

noch ein blinder Schuß irgend eines besonders be-

freundeten Schiffes dazwischen, das auf diese Weise
seine außerordentliche Freundſchaft bekundete.
Zahlreiche Jollen umkreisten die Martha und
zz {tur sestttn z. bas §:x 1
beglückwünschen wollten, und kaum war es unter
solchen Umständen der eigenen Mutter möglich durch-
zudrängen und ihr ſchon verloren geglaubtes Kind
ans Herz zu drucken. Lange nachdem das weiße
Schiff ſchon verkettet im Hafen lag, wimmelte es

noch von Fremden und Neugierigen an Bord, und

erſt gegen Abend gelang es der Familie ſich die
Kajütte zum alleinigen Gebrauche zu erobern.

Aber auch noch andere Bekannte finden wir jetzt
an dem Tische in derſelben zum Mahle versammelt.

An der Seite der Frau Carlſen sitzt der greisſe
Winfried, den es nach dem Tode ſeiner Schwester
nicht mehr an Land gelitten, und der nun wieder
mit hinausgefahren war. Eine eigentliche Stellung
bekleidete er nicht, und doch werden wir bald sehen,
daß er nur ſchwer zu miſſen war. !

.

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ewilligung.

fut vue:

Expedition Brunnengaſſe 24.

1884.
ſpreche zu Jhnen weder von mir, noch von meinem
Sohne, ſondern blos von dem Prinzipe, welchs
ich vertrete. Dem Volke gehört das Recht, feine.
Regierung zu conſtituiren und denjenigen zu wählen,.
den es für fähig hält, es zu führen. Die Anspraeie
hat keinerlei Eindruck gemacht. Die Republiknner
latett yarstec: und das „Pays“ Caſſagnacs schweine.
gänzlich. ; i
Paris, 26. Febr.
Schramm ſsind gestorben.
U . England. .
London, 26. Febr. Jn der vergangenen Nacht.
um 1 Uhr fand im Gepäckraume des Victoriabahnn.
hofs eine Explosion statt. Zwei Männer wurrhen.

die Generale Wimpffen und : .



verletzt, mehrere Theile des Daches in die Luft ge.
ſprengt, Fenster zertrümmert und die benachharrn.
Gebäude stark beſchädigt. Die Ursache der Exploſon.
iſt vermuthlich Dynamit. h ...

London, 26. Jebr. Nach einer Mittheilung de
„Daily News“ aus Kairo wird General Graham
in Trinkitat 5000 Mann unter seinem Kommannſo
haben. Die Behauptung, daß die Expedition sich
lediglich darauf beschränken n
Bßelei bei Teb Gefallenen zu beerdigen, wird offizien.















dementirt. + HKwei Bataillone egyptiſche Truppltn.
haben Befehl erhalten, sich morgen mit 2 Gatlinn.
Kanonen und 20 Tons Munition nach Aſuan ze.
begeben. Aus Khartum meldet man der „Timess,.

daß die aus Fellahen beſtehenden Truppen gesfahn.
los nach Omdurman (nördlich von Khartum, am .
Nil) übergeführt worden ſind. o
welche reichlich zu Markte gebracht werden, sinn im
Preiſe um die Hälfte gefallen. .

Rußland. j .

Kaſau, 26. Febr. In einem c
feuerte geſtern Abend ein Student Namens Miche.
ilow zwei Revolverſchüſſe auf den früheren ftelen.
vertretenden Prokureurgehilfen des Bezirksgericte.
in Jekaterinenburg, Balutin, ab, wobei dieſe an..
der Hand und der Seite verwundet wurde. Dſo.

Kapitän Carlſen gegenüber, ~~ an deſen Seiten.
die jett in europäische Tracht gekleidete Frau Kapitin.
Juli Carlsen, geborne Acoo, in Srhönheit un
Liebenswürdigkeit ſtrahlte, manche Europäerin über-
treffend, ~ ſaß der Obersſteuermann der Martha,
Otto Buder, der jetztt das Glas zum ersten Toa
erhob und den Kapitän, ihren Lebensretter, leben ließ.

Seine etwas lange und ſtiliſtiſch unbeholfene,
wenn auch darum nicht weniger herzlich gemeinte
Rede wurde zu mehreren Malen unterbrochen vn.
zwei allerliebſten Buben im Alter von vier ue.
drei Jahren, und nur dem energiſchen Eingreifen
des „Onel Winied“ gelang es endlich, die kleinen.
Schreihälſe zum Schweigen zu bringen, indem er Ü
den einen auf sein Bein nahm und reiten ließ und .
den andern mit dem Zuckerwerke tröſtete, welches J
Omama mitgebracht. + e '.

Aber der Kleine mochte wohl in letter Zeit an
robuſtere Koſt gewöhnt sein, denn bald kam er zur
Mama und gab dieſer, was er noch nicht zu schätzen
vukit.. Mama, gib Omama, nich gut !

Lachend nahm die Mutter ihn auf den Schooß
und tat den kleinen Weltbürger, der ganz unver-
üs str zt Rede Ottos ihrem
Ende, um endlich in einer tiefgedachten Phrase den :
Gipfelpunkt zu bilden, indem er die Frau Kapitäan.
die Tochter des himmlischen Reiches, als eigentliche:
UUctaulaſerin ihres jeßigen Glücks mit in seine

ede ſchloß. jz:.50 .

Zz erhob sich Juli, schon von der Kultun_
beleckt, indem sie ihr Glas ergriff: .;.

„Zch danke; un +- wie heißt Jan?“

AUnvorbereitet wie ich bin!“ ß dieſse:
lachend sie in seine Arme ſchließen .







 
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