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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 101 - No. 126 (1. Mai - 31. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44124#0503

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Expedition Brunnengaſſe 24.

„ 120.

ur Bestellungen auf das „Heidel-
berger Tageblatt“ für den Monat
nehmen alle g Jr t n Landbriefträger
§166: nſbctetF ttt ts ;
pres elberg kostet dasſelbe monatlich 45 u

Eine engliſch-deutſche Streitfrage.

Die bereits mehrfach erwähnte Angelegenheit von
Angra Pequenna ist neuerdings wieder mehr in den
Vordergrund getreten. Angra Pequenna ist eine
unterm 26. Grad stidlicher Breite an der westlichen
Küſte von Südafrika gelegene Bucht, welche die
günſtigſten Landungsverhältniſſe an jenen Küſten-
strichen bietet; am nördlichen Ende der Bucht liegt
die Guano-Jnſsel Itſchabu.

Wie schon erwähnt, hatten sich deutsche Handels-
kammern wegen eines kürzlich zwischen England und
Portugal abgeſchloſſenen Vertrages an die deutsche
Reichsregierung Beschwerde führend gewendet, und
der Reichskanzler Fürſt Bismarck hat dieſerhalb
einen Notenaustauſch mit der englischen Regierung
veranlaßt, bei welchem die Wahrung der deutschen
Handelsintereſſen in der beregten Gegend wohl ge-
nügend betont sein wird. ,

Unterdeſſen hat man aber auch auf engliſcher
Seite eine große Rührigkeit entfaltet. Eine Ab-
ordnung südafrikanischer Kaufleute hatte in London
Vorstellungen gemacht und ersucht, daß die Regie-
rung Englands Ansehen in jenen Gegenden aufrecht



| und fremde Einmischung fern halte. Dies gab dem

Staatssekretär für die englischen Kolonieen Grafen
Derby Anlaß zu einer bemerkenswerthen Erklärung.
Zunächst stellte er fest, daß England Angra Pe-
quenna nie für britischen Besitz erklärt habe. Nun
iſt aber im Jahre 1861 die Bucht ſammt der Insel
Itschabu von England in Besit genommen; man
legt alſo offenbar jetzt keinen Werth mehr auf diese
Thatſache.

h . erklärt Graf Derby, daß sich England
das Recht vorbehalten habe, fremde Mächte von der

Die Frankenburg.

Roman von Marie Romany.
(37. Fortsetzung.)



Fünfzehntes Kapitel.
Die Gluth des Sommers hatte einem kühleren

| Herbſte Plat gemacht; der Landmann seufzte nicht

mehr unter der Laſt ſolch entsetlicher Schwüle,
Feld und Hain boten wieder einen verlangenswerthen
Aufenthalt. Die hohe Geſellſchaft von München,
die aus der Hauptſtadt geflohen war, um im Gebirge
vder auf dem Lande Schut und Erholung zu ſuchen,
war in die Residenz zurückgekehrt; ein animirender

| Verkehr entfaltete sich nach allen Seiten, denn man

traf die Vorbereitungen zu den in Aussicht ge-
nommenen Festlichkeiten der kommenden Saison.
; Auch Clothilde von Sternenberg öffnete ihre
Salons. Zum ersten Male nach so langen Jahren
der Zurückgezogenheit war es ihre Absicht, die Freu-
den der Geſellſchaft zu theilen; sie wollte leben,
wollte den ungeſchwächten Glanz ihres Reichthums
entfalten, wollte – mit einem Worte gesagt —
zum erſten Male eine der Gefeierten in den ariſto-
kratiſchen Zirkeln der Hauptſtadt sein. Diese Auf-
gabe konnte ja der Trägerin eines ſo hohen Namens
nicht viel Schwierigkeit bieten, welche Vorausſeßzung
sich auch nur zu bald als Wahrheit erwies; denn
wenige Wochen waren, seitdem die Saisons ihren
Anfang genommen, verfloſſen, so fand sie ſich auch
ſchon von Freunden und Schmeichlern nach allen
Seiten umringt; die Soireen, welche sie veranſtal-
tete, wurden von zahlreichen Vertretern der höchsten
Kreiſe in Anspruch genommen, und auch ihrerseits



] erhielt sie Aufforderungen und Einladungen in solcher

sie ihn hineinzuziehen bemüht war, widerstand in



um das ganze Sein und Leben des jungen Edel-
mannes in Banden zu legen, denn Viktor von Hohen-

Heidelberger General-Anzeiger.

Yerantworiliher Redakteur Philipp Klansuer.
Hamſtag, den 24. Mai

nordwestlichen Küſte Afrikas bis hinauf zu den
portugiesischen Beſißungen auszuſchließen. Das iſt
aber eine Küſtenſtrecke, die, vom Oranje bis etwa
zur Ambrosio-Bucht, nahezu 10 Breitengrade durch-
ſchneidet! Und in dieſer ungeheuren Länderstrecke hat
England nirgends als auf einer kleinen Guanoinſel
Fuß gefaßt. Diese Thatſache ſtellt die britiſche An-
maßung an ſich ſchon in ein recht grelles Licht.
Nun aber zu den ferneren Erklärungen des

Grafen Derby. Vor einigen Monaten, sagte er, sei
an die Regierung der Cap-Kolonie von dem Aus-
wärtigen Amte die Anfrage gerichtet worden, ob ſie
bereit sei, Angra Pequenna und damit zugleich die
Verantwortung für die Aufrechterhaltung ber Ord-
nung daſelbſt zu übernehmen und die Kosten zu
tragen. Hu dieser Zeit habe die Cap-Regierung
geglaubt, daß ihre Auslagen keine weitere Steige-
rung ertragen, und erklärt, mit der Sache nichts
zu schaffen haben zu wollen. Während der letten
Tage ſei die Anfrage telegraphiſch wiederholt wor-
den. Infolge der inzwischen in der Capſtadt aus-
gebrochenen Ministerkriſe habe jedoch die Regierung
um eine kleine Friſt zur Antwortertheilung erſucht.
Deutlicher kann doch wohl die Sachlage nicht ge-
kennzeichnet werden, als wenn die Cap-Kolonie, als
nächſte britische Intereſſentin, mit der ganzen Sache
nichts zu thun haben zu wollen erklärt. Die Phanta-
sieen, welche Graf Derby dann noch über etwaige
Kolonialpolitik des deutschen Reiches zum Beſten
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anſprucht, sind eben frühere Anſprüche null und
nichtig ; denn Graf Derby ſpricht als Vertreter der
Regierung, als welcher er auch der Cap-Kolonie die
Besſitergreifung von Angra Pequenna freigestellt hat.
Dieſe Cap-Kolonie hat aber verzichtet, und so dürfte
es denn doch wohl andern Nationen freiſtehen, ihre
Intereſſen in der dortigen Gegend zu schützen, ohne
vorher bei dem anmaßenden England um Erlaubniß
anzufragen.

st wurde eine deutsche Niederlaſſung dort

Anzeigen:
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Expedition Brunnengaſſe 24.

mit der deutſchen Regierung ſtatt.

Thatſächlich iſt dort niemals eine englische Nieden.

Heidelberger Tageblatt

1881.

liſchen terre fr gegenwärtig ein S chriftrrecßfet . j

laſſung weder vom Mutterlande noch von der Ccſſe

Kolonie aus verſucht worden. Und wenn jjett

daß engliſche Großſprecherei ihnen das Errungene

Deutsche den Verſuch gemacht haben, das unbenutt H
daliegende Land durch ihrer Hände und Köpfe Fleen.
nutzbar zu machen, ſo wird man nicht dulden können,

streitig mache. Die englischen Ansprüche stehn aaf.

ſehr ſchwachen Füßen und sind niemals ausgenützt

worden. Soll wirklich England das Recht habe,
Kolonialverſuche anderer Nationen auf volllonmm
unbewohnten, unbenutzten und herrenloſen Länder

strecken zu verhindern? Und bloß, weil einmal vor

Deutſches Reich.

Karlsruhe, 21. Mai. Die zweite Kammer be- (.

90 Jahren ein englischer Seebär dort geankert han.

sſchäftigte sich heute mit dem Einkommensteuergeseen.

Außer dem Berichterſtatter und dem Abg. Schneider

(Mannheim) haben dazu die Abg. Fiſcher, Roßhir,e,

Mays, Burg, v. Buol und Kiefer welch letterer
sehr entschieden für das Gesetz eintrat, das Wort

ergriffen. Finanzminister Ellſtätter wendete sich in

längerer Rede gegen die Einwürfe und erklärte aus- .
drücklich, daß sich die Regierung auf probeweise Ein.

führung des Gesetzes nicht einlaſſen könne. Die De-

batte wird abgebrochen und soll um 5 Uhr wieder.

aufgenommen werden. Voraussichtlich werden in

derselben die Abgg. Kopfer und v. Feder das Wot.

ergreifen.

Karlsruhe, 21. Mai. Die erſte Kammer be- !

endigte die Berathung über die landwirthschaftliche ;
Enquete und nahm die geſtellten Anträge einſin.

mig an.

Karlsruhe, 21. Mai. Die Börsenſteuer und de

mäßige Getreidezoll waren geſtern volle 9 Stunden .
lang Gegenstand der Verhandlung in der Ersten

Kammer. Mit der erſten ging es auffallend ſchwan-

kend; sie wurde ein wenig ab absurdum geführt.



errichtet; doch begründet dies an und für sich einen
Anſpruch nicht. In Betreff des Schutzes der eng-

Fülle, daß an ein Erwidern all dieser Aufmerksam-
keiten faſt nicht zu denken war.

Glaubte nun aber Clothilſe – was ja im
Grunde genommen die Ursſache gewesen + durch
solches Hervorthun ihrer Person dem Grafen Hohen-
heim ein Blendwerk zu bieten, so wurde sie ent-
täuſcht. Nicht eben, daß Viktor absichtlich an ihren
Zirkeln vorbeiging, aber der Taumel, in welchem

jeder Beziehung seiner Geſchmacksrichtung und seinem
Biederſinn. Es iſt ſchon einmal erwähnt, daß der
junge Edelmann kein Freund von rauſchenden Luſt-
barkeiten gewesen; zudem empfand er für die Gräfin
selbſt n cht besonders viel Sympathie, und der Um-
stand, daß sein ganzes Denken und Fühlen ſich
nach einer anderen Richtung gewendet, vermehrte
in hohem Grade die Unluſt, mit welcher er an dem
§ztderltrnt der Gräfin von Sternenberg Antheil
nahm. |
Victor von Hohenheim liebte, liebte innig, mit
der ganzen Gluth seines edlen Herzens, mit der
r hr ten .;!
austilgbaren Zeichen waren die Züge ihres Namens
in seine Seele gepreßt. Der Glanz ihrer Augen
war sein Himmel, das Lächeln ihres Mundes die
Glückseligkeit seiner Welt; ihre Unschuld, die ſchmach-
voll erröthende Wange hielten ſeine Sinne gefangen,
der Glorienſchein der Anmuth, welcher über all ihren
Bewegungen lag, beſeligten ihn; es hätte nicht erst
der Herzlichkeit und Treue ihres Charakters bedurft,

durch den Nachweis, daß es sich um die Börse specie.

gar nicht handle, sondern vielmehr um eine ſogen.
heim lebte hinfort nur für Elſa, und die holdſelige |

Feen-Erſcheinung + so däuchte es ſeinem verliebten.

Herzen – war nur für ihn.

Als er nun eines Tages den Riegel der Pforte
zurückſchob und in den Garten des greiſen Verwale.

ters trat, schlug sein Herz in einem Uebermaß des

Entztickens, wie er es, ſo lange er gelebt hatte, nee..
mals gekannt. Die Luft, welche er in des Mä.

chens Nähe athmete, ſchien ihm geheiligt; es dünktte_
ihm sogar eine Entweihung seiner Gefühle, seine..

Absicht, die Glocke zu ziehen; er drückte auf de..
Klinke, öffnete und stieg behutſam, um von Nieman ;

den gesehen zu werden, die Treppe hinan.
Das Mädchen war allein. Im ersten

Augen- .

blick durch die Ungewöhnlichkeit seines Auftreten.
erſchrocken, blickte sie ihm mit angstvoller Befr.
dung in's Antlit, doch nur einige Sekunden; en

zärtliches Wort des jungen Edelmannes ſscheuchte
mit leichter Mühe ihre Beſorgniß zurüick.

Elsa, ſprach er innig, es iſt umsonst, daß Du
mir Deine Gefühle verheimlichſt, Dein Denken unn
Athmen steht mit leuchtenden Chiffren auf Deinem
Angesicht. Rede zu mir, mein Liebchen, laß mcih
hören, welch’ erhabenes Glück Dich beſeligt; ſprien
es aus, was uns mit einander glückſelg machte.
Ich weiß es ja doch was Du denkſt und fühlte.
meine Elſa; Du verehrſt in mir nicht mehr dn
Freund Deiner Kindheit, mir gehört die reine Lieen_

der Jungfrau an!

Seine Lippen bewegten sich nicht, nur ein Hauch i
war an das Ohr des Mädchens gedrungen; war e

doch zu viel der Wonne, die seine Wange erglühen.



gemacht! Auch sie redete nicht, auch ihr Blick ſuchte .

ja im Uebermaß der Glückseligkeit die Erde;



 
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