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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 101 - No. 126 (1. Mai - 31. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44124#0515

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ljeidelberger Tageblatt

Yerantworllicher Redakteur Philipp Klansver.



Anzeigen: die 1-ſpaltige Petit
zeile oder deren Raum 5 Pfg.,

Heidelberger General-Anzeiger. üs?

Rabattbewilligung.

Expedition Brunnengafſe 24.



_ Expedition Brunnengaſſe 24.
J 123.

Mittwoch, den 28. Mai

1884.



Deutſches Reich.

Karlsruhe, 26. Mai. So ſeltſam wie die Ver-
handlung über die Braumalzſteuer war auch ihr
endliches Schicksal. Ein Vermittlungsantrag der
Commission, dahingehend, daß denjenigen Brauern,
welche . weniger als 600 Doppelcentner Braumalz
verwenden, für die erſten 300 Doppelcentner grund-
sätzlich eine Rückvergütung gewährt werden und
daß dieſe Rückvergütung für die nächsten 3 Jahre
eine Mark für den Doppelcentner betragen ſolle,
hatte die Mehrheit erlangt. Die Regierung ver-
sprach, ihre Zuſtimmung wenigstens in Erwägung
zu ziehen. Bei der Schlußabſtimmung über das
ganze Gesetz ergab sich jedoch Stimmengleichheit
und durch die Stimme des Präsidenten Lamey kam
denn die ganze Vorlage zu Fall.

Berlin, 25. Mai. Der deutſche Kronprinz iſt
geſtern Abend nach Rumpenheim abgereist, um der
Vermählung des Erbprinzen Leopold von Anhalt
mit der Tochter des Landgrafen von Heſſen, Prin-
zeſſin Eliſabeth, welche auf Schloß Philippsburg
ſtattfinden wird, beizuwohnen. Auch die Kaiserin
von Rußland, die bei ihrer Durchreiſe durch Berlin
von dem Kaiser auf dem Bahnhofe aufs herzlichſte
begrüßt worden war und die auf der Rückreise einige
Tage am deutschen Kaiſerhofe verweilen will, und
die Großherzogin von Medklenburg-Strelit, haben
fich dahin begeben. Rumpenheim, das anläßlich der
Hochzeit plötzlich das Reiseziel ſehr vieler Fürſtlich-
keiten geworden ist, iſt ein freundliches ſtattliches

Dorf im rheinischen Charakter und liegt etwa eine |

Stunde mainaufwärts von Offenbach in fruchtbarer
und wohlangebauter Gegend. .

Berlin, 26. Mai. Im Prozeſſe gegen die Grün-
der des preußischen Leihhauſes wurden die Ange-
klagten Landecker, Waldmann und Geim der wiſsent-
lichen Verſchleierung der Bilanz, die letten beiden
auch der Untreue und Unterſchlagung schuldig er-
kannt. Landecker wurde zu 1500 ©2/k. Geldbuße,
event. 4 Monaten Gefängniß, Waldmann 10 Mo-
naten Gefängniß und 900 ck. Geldbuße eventuvell
2 Monaten, Geim zu 8 Monaten Gefängniß ver-
urtheilt. :

Die Frankenburg.

Roman von Marie Romany.

(39. Fortsetzung.)

Zu viel! stöhnde Elsa. Ist denn kein Retter zu-
gegen, der mich den Verfolgungen dieſes Grauſamen
entzieht ?

zh Knarren einer Thüre warf plötzlich einen
Hoffnungssſtrahl in ihr Geschick; aber auch an die
Ohren des Barons waren diese ihm ſo unpassend
scheinenden Laute gedrungen. Pfeilſchnell sprang
er auf die Füße und stand im nächſten Augenblick
als. tadelloſer Salonmann, mit den Blättern einer
Rosenguirlande tändelnd, an der Thüre des Balkons.
Nun wendete er, vornehm gelangweilt, den Blick
tt ue q last Ru U.



ſcende Seide gehüllt, ſo eben am Eingang des

kleinen Zimmers erschienen war.

Sie bot im die Hand.

Ich wollte mich der Ehre nicht berauben, als
erſter Gaſt mich nach Dero Befinden, schöne Gräfin,
zu erkundigen! näſselte der Baron, indem er die dar-
gebotene Rechte mit den Lippen bertihrte.

Aufmerksam, wie immer, gab Clothilde ſcherzend

lurück. Doch wie, auch Sie hier, Elſa ?

Eine kleine Privatangelegenheit, versicherte das
Mädchen bescheiden. ;

So müssen Sie es sich hier angenehm machen,
bis ich Zeit haben werde, entgegnete die Dame in
herablaſſendem Tone; es gibt immerhin Minuten,
wo ich nicht durch die Geſellſchaft in Anspruch ge-



Berlin, 27. Mai. Die „Nordd. Allg. Ztg.“ ver-
öffentlicht ein vom Reichskanzler in der Angra-Peg-
lena Angelegenheit unterm 24. April an den deut-
ſchen Conſul in Kapſtadt gerichtetes Telegramm, das
in der Uebersſeßung folgendermaßen lautet : „Nach
Mittheilungen des Herrn Lüderitz zweifeln die Kolo-
nial-Behörden, ob seine Erwerbungen nördlich vom
Orangefluſſe auf deutschen Schuß Anspruch haben.
Sie wollen amtlich erklären, daß er und seine Nieder-
laſſungen unter dem Schutze des deutschen Reiches
ſtehen. Bismarck.“ Hierzu bemerkt die „N. A. Z.",
h. bisher in dieſer Angelegenheit nichts Weiteres
vorliege.

EL ivarg; 21. Mai. Privatnachrichten zufolge
iſt die Corvette „Leipzig“ am 9. April Abends an
der Nordküste Borneo's auf eine Korallenbank ge-
stoßen und so beschädigt worden, daß drei Meter
hoch Waſſer im Schiffsraume stand. Mühsam hat
ſie am 15. April Singapore erreicht, wo sie aus-
gebeſſert wird.

Osterreich-Ungarn.

Petersburg, 26. Mai. Um 1- Uhr in der
Nacht vom 24. auf den 25. ds. entgleiſte der Mos-
kauer Expreßzug in der Nähe der Station Bologo.
Die Lokomotive, der Bagagewagen und drei Paſſa-
gierwagen zweiter Klaſſe ſind vom Damme hinab-
geſtürzt: der Direktor einer Moskauer Fabrik,
Namens Dutel iſt todt, ein Herr und eine Dame
tt;tsÑt j'hver verwundet und vom Zugpersonal
fünf verletzt.

; j Frankreich.

Paris, 23. Mai. Der ,[Matin“ veröffentlicht
folgende Depesche aus Tamatave vom 9. Mai via
Aden: „Der Admiral Miot, Oberbefehlshaber der
Madagaskar - Expeditonen, iſt angelangt. Der Ad-
miral hat zur Kenntniß der Konſuln gebracht, daß
der Blokus längs der ganzen Küſte nächstens erklärt
werden ſoll. So werden die Seehäfen Mahanooroo
Feneriva und Vohemar dem britiſchen Handel ge-
ſchloſſen, alle Verbindungen zwischen Tananariva
und der übrigen Welt unterbrochen sein. Die
Hovas sind immer zahlreich um Tamatave gelagert,
beſchränken sich aber ſtreng auf die Defensive. Man







nommen bin. –~ Zu Jhrer Verfügung, Herr Baron,
wendete sie ſich hierauf wieder an dieſen; wenn ich
bitten darf, in den Salon.

Bald war man in eine Unterhaltung vertieft,
selbſtredend nur die Details der in Aussicht genom-
menen Festlichkeiten betreffend, und nicht lange Zeit
währte es, ſo füllten ſich die Räume mit anderwei-
tigen Beſuchern jeden Alters an. Es wurden Be-
richte über die zurückgelegten Reisen erstattet, Ur-
theile über die verſchiedenen Badeorte gefällt; man
sprach von der Oper, dem Schauſpiel und hun-
derterlei anderen pikanten und unterhaltenden Dingen;
immer aber ſchloß man mit Komplimenten, die der

Dame des Hauſes dargebracht wurden, immer ent-

ließ die Gräfin ihre Gäste mit dem Wunſche, sie
bei ihrem nächsten Balle als Theilnehmer zu ſehen.

Auch der Fürſt Alexis von Preſten hatte heute
die Gräfin von Sternenberg aufgeſucht. Er war
jüngst im Hauſe der Freifrau von Merlbach der
hohen Frau vorgestellt worden, und diese hatte ihm
gegenüber den Wunſch ausgesprochen, ihn im Kreise
ihrer Freunde zu sehen; alſo nahm er Gelegenheit,
ihr heute zum erſten Male seine Aufwartung zu
machen, gleich die willkommen geheißene Nachricht
überbringend, daß gelegentlich des nächſten Balles
die Baronin von Hagern und deren Tochter Jſa-
bella, seine Braut, in München würden anwesend
sein. So umringt von Freunden und Bewunderern
ihrer Schönheit und ihres Reichthums ging der
Gräfin die Zeit wie im Fluge dahin; erſt, als
längst schon die Mittagsstunde vorüber war, trat
eine Pauſe in dem unaufhaltſamen Anmelden und

Verabsſchieden ein. Jett endlich erinnerte fich Clot-

hilde an Elsa, und sie begab sich daher in das





Tage verlobt. Verlobt?! stieß Clothilde hervor

kündigt an, sie hätten neue Versöhnungsverſuche
gemacht, wären jedoch von den Franzosen abgewiesen
worden.“ . Die Tranzportſchiffe „Nice“, „Tong-

king“, „Comorin“ und „Aveyron“ haben Befehlen. .

die französischen Expeditionstruppen nach Frankreich
zurückzubringen, welche mit Ausnahme des Ba-
taillons der Marinefüsiliere Tonkin verlassen werden.
~ Nach einer Meldung der „Polit. Corr.“ wird
in hiesigen diplomatischen Cirkeln der Zuſmmentritt

der Konferenz in London im Laufe des Monats . s

Juni als höchſt wahrſcheinlich angesehen. Inzwiſchen
dauert der Meinungsaustauſch zwiſchen Paris und
London noch fort. Es wird verfichert, das engliſche
Kabinet sei zu einigen Konsesſionen bereit. Der

„Polit. Corr.“ wird außerdem gemeldet, daß d'en.

Congo - Affaire wahrscheinlich durch eine Konferenz

von Vertretern der betheiligten Mächte
werden wird. s
Paris, 25. Mai. Ein strömender Regen hen.

heute Vormittag die Kundgebung der Communarden
auf dem Pere-Lachaiſe im eigentlichſten Sinne des
Wortes zu Waſſer gemacht. Nach 11 Uhr erschien
ein Zug von 150 Personen, die man ruhig gewähren
ließ. + Das Gegenprojekt zur Verfaſſungsrevifion,
welches Floquet einzubringen gedenkt, stellt folgende

Punkte auf: 1) Wahl des Senats durch allgemine. .

Abstimmung; 2) Aufhebung des Auflöſungsrechts
oder zum wenigsten der Intervention des Senats

in der Ausübung dieses Rechts; 3) Permanenz der . .
Kammern, welche ſselbſt den Zeitpunkt und de Duer.

ihrer Sessionen zu bestimmen hätten; 4) Herab-

setzung der Amtsdauer des Präsidenten der Republik. .

auf 5 Jahre.
Egypten.

Kairo, 26. Mai. Nunmehr wurden zehn Boote. ;

nach Khartum abgesendet. Andere gehen nach Don-
gola ab. Die neugebildete engliſche Nil-Flotille
zählt drei Dampfer mit je zwanzig engliſchen See-

soldaten, dieselbe soll unabhängig von Aegypten agiren.

Für den Herbsſtfeldzug sind bisher nur die Grund-
pläne fertiggestellt, ſonſt jedoch keinerlei Vorberei-
tungen getroffen. Die Engländer sollen gegen Suakin,
Berber und Khartum marsſchiren, die Aegypter sich

kleine Zimmer, wo das Mädchen immer noch, in
Schwärmerei versunken, auf dem Divan saß.

In Folge der Zerſtreuung, welche ihr die Unter-

haltung mit ihren Gäſten geboten, hatte sie voll-
ſtändig jenen befremdenden Eindruck vergesſſen, wel-

chen die Eleganz in des Mädchens Toilette an deem.
Morgen auf sie gemacht; sie blieb daher auch deeen.
Mal in Verwunderung ſtehen und meinte ewas ble.
troffen: Jetzt entsinne ich mich, daß Dein Aussgeſen.

mich auch heute Früh in Erstaunen gesetz. ;
Elsa wurde roth. Sie glaubte, dieſe Worte

auf ihr in Folge der Angriffe des Barons erregen. “

Aeußere zurückführen zu müſſen. Sie ſchlug die

Augen nieder und erwiderte ſtotternd: Die Shuenenn.
gnädige Frau, lag nicht an mir, ich habe dem Hern .

von Liptau nicht Veranlaſſung gegeben.

Herrn von Liptau? fragte Clothilde erstaunt. .

Was iſt es mit ihm? Ich harrte geduldig Ihrer
Ankunft, gnädige Frau, als zu meinem eigenen Be-
fremden der Baron in dieses Zimmer trat und mich
mit Reden und Versprechungen zu demüthigen anfing.

Clothilde war erstaunt. Wie sagst Du? fragte
ſie, der Baron von Liptau, und das in meinem

Hauſe ? Elsa nickte. Und wußteſt Du, daß er hier- u

her kommen würde? Ich sprach niemals mit ihm.

Warum denn trägst Du solche Kleidung? Wen. (

halb kamſt Du heute und zu so früher Stunde?
Clothilde wußte, daß das Mädchen nicht lüge;

nur um fie zu demüthigen, legte sie ihr auch diese .. .

Frage noch vor.




D, entgegnete Elsa lächelnd in ruhiger Freude,
ich suchte das Herz der Mutter; ich bin seit einem

Verlobt? und mit wem? Elſa merkte nichts

geregel.. .
 
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