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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 282 - No. 306 (2. Dezember - 31. Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44124#1191

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_ Erscheint täglich auße





Donnerktag,

Berantwortl. Redakteur Philipp Klausner in Heidelberg.

ußer Montag. Abonnementzpreis ftr
eivelberg: monatlich 4% Psg. mit Trägerlohn, durch ie





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eneral-Anzeiger.)



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11. Yerxember



Druck und Verlag von Wu r m & Pfeff er in Heidelberee.

Expedition Brunnengaſſse 24.

Anzeigen: die 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum 5 Pfg, .
für auswärts 10 Pfg. Bei mehrmaligem Erſcheinen Rabatt.



„koft bezogen vierteljähri. 1 Mark ohne Zuſte ungsgebühr.

é 291.

Deutſches Reich.

Berlin, 8. Dez. In der heutigen Kommissions-
itzung wurde über die Schifffahrtsfreiheit des Kongo
und des Niger eine Uebereinstimmung erzielt, die
Neutralisſirungsfrage jedoch noch nicht erledigt. Die
internationale Kontrole ſoll nur für den Kongo ein-
treten, für den Niger übernehmen England für den
Unterlauf, Frankreich für den Oberlauf durch eine
Deklaration die Verpflichtung zur Aufrechterhaltung
der Freiheit der Schifffahrt. Die anderen Mächte,
die dort Territorium erworben, übernehmen eine
gleiche Verpflichtung.

Berlin, 8. Dez. Die „Germania“ erhält Fol-



fte zur Veröffentlichung : Verschiedene Zeitungen
SESIS tt gttsess
in Salzburg zur Verfügung gestell.. Zu meinem
großen Bedauern iſt jedoch erwähnte Mittheilung
: egen tÒbegrduet *läteGh. den 5. Dezember
| . Karl Fürſt zu Löwenstein.

| Berlin, 9. . Die Budgetkommission geneh-
th" USE
vom Reichstage jüngst an die Budgetkommission zu-
rückverwieſenen Gehaltszulagen.

Darmstadt, 7. Dez. Die Regierung hat den
Ständen einen Gesetzentwurf zugehen laſſen, wonach
in Anwendung der Gewerbeordnungs - Novelle von
1883 das Hufschmied-Gewerbe vom I. Januar 1886
an von der Ablegung einer Prüfung vor einer
in einem Bundesstaat staatlich bestellten oder aner-
kannten Prtifung abſehen. Sämmtliche Provinzial-
vereine hatten sich für ein ſolches Geseß ausge-
ſprochen. ~ Die dritte ordentliche Evangeliſche
Landessynode iſt zur Konstituirung auf Montag
den 15. d. Mts. einberufen.

Bremerhaven, 9. Dec. Urtheil des Seeamts
in Sachen des Dampfers Hohenstaufen. Der lettere
hat sich dem Geſchwader unnöthigerweise genähert
und trägt indirekt Schuld an dem Zusammenstoß
während die Handlungsweise der Korvette Sophie
direkten Einfluß auf den Zuſammenstoß gehabt hat,

Schwarz-Elle.

Roman Aus dem Thüringiſchen von F. Klink.
(17. ssortsetzun:;.)

| O, es war Zeit, daß sie diesem tollen Treiben
ein Ende machte, daß ſie zurückfloh in die ſtille
| Einsamkeit des alten prächtigen Schloſſes, um dort
| in ernſtem Nachdenken wieder Recht von Unrecht
| unterscheiden zu lernen, um ihr Herz von häßlichen
| Schlacken wieder frei zu machen, die sich ſo leicht
| daran gehängt. Und wenn es denn nicht ſein
| konnte, daß auf eine ehrliche Weiſe Frieden ge-
macht wurde, dann lieber wollte sie allem irdiſchen
| Glück r: als im Schmut, des Alltagslebens
| untergehen.
] egen. Else diesen Entſchluß gefaßt, war es
| ruhiger in ihr geworden. Sie athmete ordentlich



| erleichtet auf, und als Kurt kam, um seine Frau
| für die Vorſtelung im Schauſpielhauſe abzuholen,

| fand er fie ruhiger und freundlicher als seit langer

| | t Schauſpielhauſs ſettte ſie ihre Betrachtungen
| fort. Sie war hierhergegangen, um Kurt zu be-
| dobachten, wenn ihre vermeintliche Nebenbuhlerin auf

| der Bühne erschien, aber auch das eiferſüchtigſte
| Auge vermochte Nichts in des Barons Zügen er-
| kennen zu laſſen, was einem Argwohn Nahrung

| geben konnte. Er saß wie immer in der Ede der
| tet, türig rau bercthck shes re hüche

| ſten Grad von Theilnahmlosigkeit als irgend wel-

ches Interesse.
Die Vorstellung war beendet. Kurt legte seiner

C







VPerkündigungsblatt für die Bezirke Heidelberg, Weinheim, Schwehingen, Wiesloch, Sinsheim, Eppingen, Mos-
bath, Netkarbiſchoſsheim, Eberbach, Buchen, Walldürn, Adelsheim, Cauberbiſchofsheim & Wertheim.

denn hätte die Korvette ihren Kurs gehalten und
wäre, nachdem der Zuſammenſtoß unvermeidlich ge-
worden, Backbord ausgewichen, so wäre Alles klar
gegangen. Dem Antrage, dem Kapitän des Hohen-
ſuufct das Patent zu entziehen, wurde nicht ſtatt-
gegeben.

England.

London, 8. Dez. Das Blaubuch, betreffend die
Angelegenheiten Südafrikas, enthält eine Depesche
Derbys an den Kap-Gouverneur vom 11. November
worin mitgetheilt iſt, daß die Regierung Englands
den Bedingungen, unter welchen ein deutsches Pro-
tektorat an der Küſte des Namaqualands und des
Damaralands hergestellt werde, zuſtimmt. Es wäre
daher nicht dem internationalen Brauche entſprechend,
das Teritorium zu annektiren, welches unmittelbar
an bestehendes deutſches Gebiet grenzt. Die bri-
tische Regierung beabsichtige nicht, von irgendwelchen
Theilen Namaqualands und Damaralands Besitz
zu ergreifen, sei dagegen geneigt, die Herſtellung
einer britiſchen Jurisdiktion über das Kalahariland
in Erwägung zu ziehen.

. Egypten.

* Kairo, 9. Dez. Das unterm 2. d. Mts. ge-
fällte, heute verkündigte Urtheil des Gerichtshofs
im Prozeß der Staatsſchuldenkaſſe gegen die ägyp-
tiſche Regierung verurtheilt die Regierung, alle un-
gesetzlich erhobenen Summen an die Staatsſchulden-
kaſſe zurückzuzahlen und erklärt den Finanzminister,
die Diudirs und die Generaleinnehmer der Provin-
zen, deren Erträgnisse für die Tilgung der Staats-
schuld bestimmt sind, ſowie die Herren Lemeſurier
und Caillard persönlich verantwortlich für die von
ltr 2.1 Rugerute abt a dW Stec
Klägers, auch Nubar Paſcha für verantwortlich zu
erklären, wurde abgelehnt.

Deutſcher Reichstag.

Berlin, 9. Dec. Tagesordnung: Berathung
des Militäretats. Auf Anfrage Payer's wegen des
Standes der Arbeiten für die Reform der Militär-
strafprozeßordnung und auf Antrag Richter's (d.-f.)



Frau den Mantel um, weil Freiherr von Dragoon
diesesmal ausnahmsweise nicht zur Stelle war, wie
er sich nicht ohne Bitterkeit ſagte. Ihr Haar be-
rührte dabei seine Finger und dann legte sie ihre
Hand auf seinen Arm. Er sah sie beinahe verwun-
dert an, aber es beglückte ihn, daß sie es that. Viel-
leicht führte er sie einen ganz verkehrten Weg.

Sie waren Beide in befriedigter Stimmung zu-
rückgekehrt, doch gingen sie auf dem Korridor, wie
sie es nun ſchon so lange Zeit gethan, auseinander.
qr t! hatte so ganz besonders gesagt. „Gute

acht, e!‘ ;

Als sie ihr Gemach betrat, glühte sie noch wie
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Handſchuhe auf den Toilettentiſch legte und dabei
zufällig einen Blick in den Spiegel warf, ſah sie
die Röthe ihrer Wangen und ein bitterſchmerzliches
Lächeln umſpielte den Mund. Was hatte sie ſich
angemaßt, zu thun ? An welchem Abgrund hatte sie
gewandelt. Hart am Rande! ; j

Eine unſagbare Angst erfaßte sie. Und sie hatte
über Kurt zu Gericht sißen wollen? Von der Stunde
an, als sie die Rotenburg verließ, war ihr guter
Genius von ihr gewichen und ſc<limme, häßliche
Leidenschaften hatten von ihr Besitz ergriffen.

Sie wollte sich zum Schlafen niederlegen, um
ihrer Gewiſſensqual mächtig zu werden, aber das
Gewissen iſt ein unerbittlicher Frager und wo es
einmal angepocht hat, da gibt es keine Ruhe mehr.

Sie mußte antworten auf Alles, was in ihrer Enn.

innerung lebendig wurde, ob ihr auch das Herz

1884.

auf Aufhebung der Militärgerichtsbarkeit über ver-
abſchiedete Offiziere erklärt der Kriegsminister, G.-L.
Bronſart v. Schellendorff, der Antrag Richter's könne
nur im Zuſammenhang mit einer Reform des gan-
zen Militärsſtrafprozeſſes geregelt werden; die bei
der Strafprozeßordnung für Zivilperſonen gemach-
ten Erfahrungen und die in dieſer Hinsicht jett be-
abſichtigten Aenderungen enthielten eine Warnung
vor der Ueberſtürzung einer derartigen Reform.
Der Angeklagte sei auch jetzt nicht ohne Garantie
des Rechtsſchutzes ; gegen die Oeffentlichkeit des Me.
litärſtrafprozeſſes mtiſſe er ſich prinzipiell aussprechen.
Vollmar wünſcht Oeffentlichkeit des Verfahrens, die
in Bayern sich bewährte. Der Kriegsminister ver-
wahrt sich abermals gegen die Einsührung der Of-
fentlichkeit. Bernuth und nochmals Payer ſind für
baldige Reform. Windthorſt wünſcht, die bayeri-





schen Bundesbevollmächtigten mögen sich darüber
äußern, ob Bayern. an Oeffentlichkeit des Verfaſreenn.

unbedingt festhalte? Der Kriegsminister erwidert,
die Vorabeiten für die Reform ruhen keineswegs;

es frage sich nur, ob man die Sache jekt vr dn
Reichstag bringen soll, deſſen Neigung zur Oeffnn..

lichkeit des Strafprozeſſes für die Regierungen zur
Zeit unannehmbar sei. Richter wünſcht die Ver-
öffentlichung der Selbſtmorde im Heere. Der baye-
riſche Militärbevollmächtigte erklärt, der Entwurf

des neuen Strafprozeſſes ſei der bayeriſchen Rgieen.

rung bisher nicht vorgelegen; dieselbe konnte daher

dazu weder Stellung nehmen, noch deßhalb mit der

Reichsregierung in Meinungsverschiedenheiten zu ge-
rathen. Hartmann iſt gegen den Antrag Richter.
Der Kriegsminiſter legt ziffernmäßig dar, daß die
Selbftmordziffer bei der Zivilbevölkerung höher ge-
stiegen ſei, als beim Heere; In keinem Heere ſei sie
niedriger, als im deutschen. Richter erklärt, die
Oeffentlichkeit sei der beſte Schuß gegen die Miß-
handlungen von Soldaten. Der Kriegsminiſter er-
widert, Mißhandlungen würden gewisſenhafteſt une
tersucht und die Beſchwerdeführer vor der Rache
geſchitzt. Die Abstimmung über den Antrag Richter
bleibt der dritten Leſung vorbehalten und das Ka-

pitel „Militärjuſtizverwaltung“ genehmigt.. D'.

Nein an Schlaf durfte fie nicht denke. Se..
warf noch einige Stücke Holz auf das ver limmennſe
Feuer, um es zu neuer Gluth zu entfachen, und
dann sank sie in den Sessel an der Seite |des Ka-
mins und stemmte die kleinen Füße gegen den Roſte.
Die Lippen fest aufeinander gepreßt, ſaß sie da, still
regungslos. Welche Qual enthielt für sie diese

Stunde des Alleinsſeins! Ja, war sie denn allein? .

Bewegten sich da nicht sseben die Bettgardinen ? Und
was waren das für ein Paar leuchtende Augen,
die zwiſchen den Vorhängen hindurch auf der mäd-
chenhaftschönen Frau ruhten, unverwandt, in wildem
Verlangen und heißer, verzehrender Leidenchaft ? .

Die Frühlingsſtürme raſten daher und rüttellen.
an den Fenstern, und so rüttelte auch ein neuer,
Frühling an einem Herzen, das in einem langen,
starren Winterſchlaf gelegen hatte.

Langsam wie ein knospenbrechender Regen .rollte
Thräne auf Thräne tiber Elſe's blaſſe Wangen und
sie fühlte die Thränen die Feſſeln ſprengen, die ihr
so wehe gethan hatten. "ue

Sie ſaß noch in ihrer vollen Theatertoilette, den
Kopf in die Hand gestützt; beinahe eine Stunde
hatte fie ſo verharrt. Wenn sie zu Kurt ging und
ihm sagte, daß fie unrecht an ihm habe handeln
wollen, wenn er ihr dann vergab und ſie mit guten,
freundlichen Worten tröſtete, dann wurde es viellcicht
wieder ruhiger in ihr und + es konnte noch Alles
wieder gut werden.

11î (Fortsetzung folgt.)

dartiber in Reue und Schuldbewußtſein faſt brechen 15 !

wollte.






 
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