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Expedition Brunnengaſſe 24.
eidelberger
Heidelberger General-Anzeiger.
Yeranlworlliher Redakteur Philipp HFHlavsner.
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Expedition Brunnengaſſe 24.
A 108.
Deutſches Reich.
Karlsruhe, 6. Mai. Wenn es nach den er-
ſtatteten Berichten geht, ſo werden in der Zweiten
Kammer die im Laufe der Seſsſion eingebrachte
Motion des Abgeordneten v. Buol, betreffend die
Vollstreckung in Liegenschaften und der Jnitiativan-
trag des Abgeordneten v. Neub ronn betreffend
die Kauf- und Tauſchverträge über der Landwirth-
ſchaft dienende Liegenschaften ein entgegengesettes
Schickſal haben; es wird nämlich die Buolſche Mo-
tion abgelehnt und der Antrag v. Ne ubronn an-
genommen werden. Der Grund ist ſehr leicht ein-
zusehen. Die Buolſche Motion ist undurchführbar
ohne die tiefsten Einschnitte in das Pfandrechtssſyſtem
des Code civil, und man ſcheut sich doch, ein
solches Unternehmen gleichſam unter den Augen des
emporwachsenden deutschen Civilrechts zu befürwor-
ten, obwohl die Ansicht vorherrſcht, daß dem ſoge-
nannten Deckungssyſtem beim Liegenſchaftszugriff
die Zukunft gehört, während jetzt der vorgehende
Pfandgläubiger bei jedem Zugriff in die schwerste
Mitleidenschaft gezogen wird. Anders ist es mit
der ZDtägigen Reuefriſt, welche dem Antrag
von Neubronn zu Grunde liegt. Auch hier macht
man zwar einen Einschnitt in das bestehende Recht,
man bringt einige Grundsätze der Vertragstreue ins
Schwanken; aber man tröſtet sich mit dem Ge-
danken, daß man den Schwachen im Gemüth gegen
die Pfiffigen und gegen die Wucherer helfen will,
und daß jedenfalls die etwaige Annahme des An-
trags und desſen Sanction durch die Regierung
für das Syſtem unseres Civilrechts keine großen
Folgen haben wird. Den Juristen und unserer
Kammer muß man es lassen, daß sie den vielfach
aufgeworfenen, höchst ſchwierigen Fragen mit Kom-
miſsſionsberichten zu Leibe gehen, welche dem Land-
tag zur Ehre gereichen und vielfach den Werth treff-
licher Monographieen beſiten. Die Berichte der
Abgeordneten Kiefer über die Verwaltungsrechtspflege,
Roßhirt über das Steuerrecht, von Neubronn über
die Buolſche Motion und über die Vorschläge der
landwirthschaftlichen Enquete in Bezug auf Rechts-
Freitag, deu 9. Mai
pflege und Civilrecht, endlich des Abg. v. Buol über
die ss! ye Steuerfragen geben hiervon ſprechen-
es Zeugniß.
Berlin, 7. Mai. Für die Abreise des Kaisers
nach Wiesbaden ist zufolge der neueſten kaiserlichen
Entschlieſung alles zu Samstag 10 Uhr vorbereitet.
Wie man hört, haben die dringenden Wünsche der
Kaiſerin und die Vorstellungen der Aerzte diesen
Entschluß herbeigeführt.
Berlin, 7. Mai. Man erwartet die Annahme
des Sprengstoffgeseßes in der nächsten Sitzung des
Bundesraths, die morgen vor der Sitzung des Reichs-
tags stattfinden ſoll. Wie es heißt, werden auch
die Socialiſten im Reichstage für das Gesetz stimmen.
Darmſtadt, 4. Mai. Üeber die von dem Groß-
herzog von Heſſen geſchloſſene zweite Ehe ſchreibt
man der Nationalzeitung folgendes : Frau Alexan-
drine von Kalemine iſt am 18. November 1853
als Tochter des Grafen Adam von Hutten-Czapsti,
kaiſerlich ruſsiſchen Kammerherrn, geboren ; sie ver-
heirathete sich am 21. Februar 1873 mit dem kaiser-
lich ruſſiſchen Kammerjunker, Collegienrath und Bot-
ſchaftsſekretär Alexander von Kalemine, welcher der
ruſſiſchen Gesandtschaft in Darmſtadt zugetheilt ge-
wesen und dieſelbe auch einige Zeit lang als Miniſter-
reſident geleitet hat; die Löſung dieſer Ehe iſt erſt
vor etlichen Monaten erfolgt. Das Gerücht von
einer derartigen Absicht des Großherzogs war ſchon
seit längerer Zeit verbreitet. Gereift iſt der Ent-
ſchluß erſt nach der wiederholten Verwerfung der
engliſchen Bill, welche die Verheirathung eines Wit-
wers mit der Schwester der verſtorbenen Frau ge-
ſtatten sollte. Bis dorthin hatte man als feſtſtehende |_
Thatsache anſehen dürfen, der Großherzog werde
ſich mit der jüngsten Tochter der Königin von Eng-
land, Beatrice, verheirathen. Der Akt der Ehe-
schließung fand am 30., bald narh der kirchlichen
Trauung der Prinzessin Victoria, im geheimen ſtatt.
Hamburg, 7. Mai. Die gestrige Konferenz,
betreffend Gründung einer überſeeiſchen Bank, an
welcher Herr von Dechend, die Senatoren Schröder,
von Melle, Rapp, sowie Delegirte der Handels-
kammer und aller größeren Banken theilnahmen, be-
1884.
schloß die Zuziehung von Vertretern von grolen
Kaufmannsfirmen, darunter Goßler, Woermaan,
Behrens und Siemssen, ferner die NiederſetuauIn.
eines kleineren Ausschuſſes zur Entwerfung der
Ftatzttz. An die Spitze tritt hinfort die Se.
handlung. —
Frankreich.
Paris, 6. Mai. Laut dem „Figaro“ iſt d'en
Rede von der Vermählung der älteſten Tochter cs.
Grafen von Paris, der Prinzeſſin Amalie, mit ienm
öſterreichiſchen Erzherzog. + Der Budgetausſchuse.
hat heute die Arbeiten wieder aufgenommen. .
Paris, 6. Mai. Eine Anzahl reicher Hanklee.
herren, unter denen die Elsäſſer die Mehrheit billen.
hat beſchloſſen, eine höhere Handelsschule, „Institnuenen.
commericalt zu gründen, um in derselben jnſe.
Kaufleute sowohl für die Buchhandlung und Corree..
spondenz im Lande ſelbſt, wie für den Aufenthale.
in der Fremde gründlicher vorzubereiten, als dee.
in den bisherigen Anstalten der Fall war. Untere.
den Schöpfern des Unternehmens werden genaamte..
Ferdinand v. Leſſeps, Dollfus von Mälhauſeen.
Senator Dietz-Monnin, Dreyfuß, Präsident der SG.
dicatskammer der Confectionäre, Siegfried in Hlvre.
Köchlin-Baumgartner, Baudot, Maire des 1. Arnen.
diſſements und andere mehr. Der franzöſiſche Haan.
delsſtand, sagt der „Figaro“, iſt im Auslande kum I
vertreten, weil man bisher unterließ, Leute heeen.
zubilden, welche die fremden Sprachen in dem ine.
nationalen Verkehr kennen. Man klagt über eas
Vorherrſchen der Deutschen in unsern Handlunnse.
häuſern und die Klage iſt berechtigt; allen den.
jungen Deutschen sind ſprachkundig, sie verſtehn en.
in mehreren Sprachen zu correſpondiren, ſie ſn.
tüchtig im Rechnen und in der Buchhaltung, sſe.
leiſten Dienste, die man vergeblich von unſern jungen
Leuten verlangen würde, weil ihre techniſche Bil-
dung oft mittelmäßig, wenn nicht geradezu ganz
gering iſte Das „Institut commerical“ wird
raſch Zöglinge ſchulen, denen man den Zutritt zu
den einträglicheren Stellen erleichtern wird. :
Paris, 7. Mai. Grevy empfing geſtern den
Fürsten v. Hohenlohe, welcher heute nach Deutſch-
E . aSccctGtGGóSEEaò»=a:t55
Die Frankenburg.
Roman von Marie Romany.
(26. FForiſetung.)
Es war bald nach jener Zeit, da wir Alle mit-
einander den Pilatus verließen. Mein Eigenthum,
das kleine Häuschen da, fügte er hinzu; wenn der
Herr Graf mir bei Gelegenheit einmal die Ehre
ſchenken wollen, ſo wird es für mich eiue Aus-
zeichnung sein, meinen Putzgarten zeigen zu dürfen,
es ſind Pflanzen und Blumen darin, wohl des An-
ſchauens werth.
Die Gelegenheit wird sich leicht finden, meinte
wohlwollend der Graf; es gewährte mir immer Ver-
gnügen, Bekannte aus alten Zeiten wiederzuſehen.
Da bleibt es mir gleich, ob sie hoch oder niedrig
r fit!. wegn hr steutttc bitter ts ehrt
Das sind sie, Herr Graf, ſo wahr mich Gott
schütze, gab Moriz zurück, treu iſt mein Herz und
ehrlich unſer Aller Charakter. Wie oft haben wir
nicht des gnädigen Herrn Erwähnung gethan,
während der Jahre, die nun verfloſſen sind, seit
wir einander „Behüt' Euch Gott!“ zum Abhſchied
geſagt. So seid Ihr wohlauf ? und Eure Familie ?
O, es geht ihnen zum besten, Herr Graf. Sie
würden ſich alle freuen, Eure Gnaden einmal wie- | '
derzuſehen, fügte er hinzu; meine Friederike zum
Beiſpiel iſt nicht weit, in dem kleinen Pavillon, den
Sie dort sehen. Wie hocherfreut würde die Alte
sein. He, Friederike! rief er, indem er behende an
die Gartenpforte trat. j
Laßt es gut ſein, Moriz, machte schnell Graf
Victor, dem die Freude des Mannes zu Herzen
ging, wenn Ihr Jemanden wißt, der das Roß hier
so lange hält, bis ich zurück bin, so gehe ich mit
Euch. Dazu ist leicht Jemand zu finden, rief Moriz
voll Vergnügen ; he, Anton, kommt her mein Freund
und haltet das Pferd, nur für kurze Zeit.
Der Man kam herbeigeeilt und nahm den Rappen
beim Zügel, indeß Graf Hohenheim mit dem Ver-
walter in das kleine Beſitthum trat.
Der alte Mann war des Lohes seiner Anlagen
voll. Diese Fuchsien, meinte er mit leuchtenden
Blicken, und jene Lilien! Und sehen Sie nur, Herr
Graf, diese Pracht der Blumen und diese unzählige
Menge noch verſchloſſener Knospen, machte er bei
einer Gruppe hochſtämmiger Rosen aufmerkſam; es
iſt aber auch das Lieblingsbeet der Kinder, und
nicht geringe Zeit wird an jedem Morgen auf seine
Pflege verwandet! Da muß immer Aües sorgfältig
geordnet und die Erde von allen heruntergefallenen
Blättern frei gemacht sein, sonst läßt es ihnen keine
Ruhe den ganzen Tag.
Die Rosen sind in der That prächtig, gab Victor
zur Antwort. Aber wie denn, Eure Tochter hat
ſchon einen Mann?
Moriz lachte. Nein, Herr Graf, sagte er luſtig
bis zu einem Schwiegersohn hat es der alte Moriz
bis jett nicht gebracht. 11:8;
Aber Ihr ſpracht doch von Kindern! Ihr habt
doch nur die eine Tochter, Suſe, ſo viel mir be-
kannt iſt. Ja, Herr Graf, erklärte ſoriz mit einer
.IIccocon y
aber jettt hat meine Tochter eine Schwester.
Victor stand u
Eine hübſche, blonde Schwester von ſechszehn
Jahren, sprach Moriz weiter, dem das Erſtaunn.
des Grafen eine stille Freude gewährte. ü
Ihr sprecht in Räthseln, meinte der Graf.
Nun denn, sagte Moriz, um gerade heraus mii
der Sprache zu kommen: ich nahm eine arme Waiſſen.
in's Haus. Das war brav, mein Freund, beſtätigten.
Herr von Hohenheim; wer ein verlaſſenes Geſchsöpgfe.
in sein Haus nimmt, macht ſich des Himmels werth.
Ich fand sieunter traurigen Verhältnissen, erwiderte
der Verwalter, in einem elenden Dachſttibchen, das
noch obendrein kalt war zur Winterszeit; da saß
ſie und nähte von Früh bis zur Mitternacht und
hatte doch bei all ihrer Müh’ und Sorge kein B
Ich kannte das Kind, vor Jahren war die Kl
ein Schützling meines Vorgesetzten gewesen;
wußte, daß sie brav war, ſo nahm ich mich des
verlaſſenen Kindes an, bevor es zu ſpät war.
Der Graf war stehen geblieben, er ſtarrte den
Alten an. Der Name? fragte er bekloanmn.
Der Name, Herr? Die Kleine heißt Elsa.
î_ Elſa! rief Victor frohlockend, meine kleine Elſa,
wollt Ihr sagen? So ist es, Herr Graf. ;
Ah! — Der Graf wußte im Augenblick nicht
wie ihm geschah. Elſa iſt bei Euch? stotterte er
endlich, und wie lange? ;
Noch nicht vier Monate, Herr Graf. Eine kle
Erbſchafts-Angelegenheit führte mich auf etliche Tage
zurück nach Luzern, und als ich nun, meine Sache
erledigt, auf den Bahnhof zurückkehrte und so in
Gedanken verſunken über die Straße ging, fühlte
ich mich plötzlich von der Hand eines Mädchens
feſtgehalten, deſſen erster Anblick mich mit unend-
lichem Mitleid erfüllte; denn so viel Schönheit und