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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 204 - No. 228 (2. September - 30. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44124#0851

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Heidelberger §

_ Ürſcheint täglics außer Montag.
Abonnemen ts preis
_ kr Heidelberg: monatlich 45 Pfg.
mit Trägerlohn, durch bie Poſt
Vtiogen viertelj. 1 Uk. 40 Pfg.

E Expedition Brunnengaſſe 24.



. Bestellungen auf das „Heidel-
. U bee rger Tageblatt“ für den Monat
. SeptembBGer

_ Hehmen alle Poſtanftalten und Landbriefträger, unsere
as Agenten und Träger zum Preiſe von nur
; 48 Pfg. auswärts,
h: 45 Pfg. hier, entgegen.
gZu recht zahlreichen Bestellungen ladet ergebenſt
cÔin Die Expedition.

Der Krieg in Tontkin.

: Der Vicekönig von Kanton fürchtet, daß die
. Franzosen die Bogueforts angreifen werden. Die fran-
ſiſchen Zollbeanten haben deshalb Kanton verlaſſen.
_ Ein französſiſches Kriegsschiff ist hier angekommen,
_ Un die franzöfiſchen Handelsschiffe zu ſchüten. Die
_ Hinesiſche Regierung hat eine Proclamation erlaſſen,
zt z f Zet Kopf eines jeden Franzoſen

; reis gese rd.

Von .f bei dem letzten Wechsel der chinesischen
olitik in Betracht kommenden Personen wird Li
ung Tschang, dem man nur den Peoſten eines
ouverneurs in Tschilin läßt, in den Hintergrund

. ~~.




















geschoben. Es iſt der viel genannte Reform-Chinese,
as Haupt der chinesischen Fortſchritts- und Friedens-
partei. Dagegen gehört der zum Oberbefehlshaber
der chinesiſchen Truppen im Süden ernannte Tso
ſung Tang der Kriegspartei an. Der neue Ober-
befehlshaber, der Sieger von Kaſchgar, hat sich in
en Kämpfen in Centralaſien als ein fähiger und
ſchneidiger Heerführer erwiesen und steht im Reiche
der Mitte in hohem Ansehen. -

, In fremden und einheimischen Zeitungen tauchen
Jet wieder sogenannte ,„authentiſche“ Angaben über
„Chinas Wehrkraft“ auf. Es muß vom militäri-
ſchen Standpunkte aus vor diesen Berichten gewarnt
Werden, da dieſelben durchaus nicht zuverlciſſig ſind
und auch nicht ſein können. Stellt man nämlich
alle die verſchiedenen in den letzten Jahren über
Chinas Streitkräfte veröffentlichten Nachrichten zu-
ſammen und unterzieht sie einer genauen Sichtung,
V ergibt sich, daß alle dieſe aus dem weiten, fach-

Im Hauſe des Verderbens.

Criminalroman von R. Ortmann.



. ; (5. Fortsetzung)
., Wer aber meinte, daß der alte Herr in diesem
ſeinem hilfloſen Zustande auch die Theilnahme für
die Außenwelt verloren habe, und sich um die Be-
wirthſchaftung seines Gutes nicht kümmere, der irrte
pewaltig. Baron Brandenstein war ſtets bis in
ie kleinſten Einzelheiten von allem unterrichtet, und
ſelbſt in den ſcheinbar unwichtigſten Dingen pflegte
r ſich die ausſchließliche Entscheidung vorzubehalten.
ff Auch an dem heutigen Nachmittage nahm er
mit größter Aufmerkſamkeit einen mündlichen Bericht
ines beſcheiden vor ihm stehenden jungen Oberin-
Pektors entgegen. Er hatte seinen Lehnſtuhl so an
a8 hohe Fenſter schieben laſſen, daß der volle Son-
eenſchein auf sein gelbes, runzliges Antlitz fiel, und
ie noch immer lebendigen und klugen Augen ruhten
und prüfend auf dem Gesicht des Sprechen-
Dieses Gesicht hatte gewiß schon manches
ſdere jtingere Augenpaar lauf sich gezogen, denn
lelbſt ſein ärgster Feind hätte dem Oberinſpektor
Holmfeld u:. müiſſen, daß er vom Scheitel
bis zur Sohle ein hübſcher, stattlicher Mann ſſei,
e nicht nur Entſchloſſenheit und ruhiger männ-
üther Ernst, sondern dem auch Offenheit und Wohl-
§ ollen aus jeder Miene sprachen. Er mochte kaum
jeißi Jahre alt sein, und daß der vorsichtige und
j! allen geschäftlichen Angelegenheiten sogar miß-
: Jauche alte Herr von Brandenstein ihm trotz seiner
i, gend nun schon seit einem vollen Jahre die Be-
"irthſchaftung seines großen Besitthums anvertraut

ges







Perantworilitjer Redakteur Philipp Klansue.
Donnerſtag, den 4. Heptember



männischer Beurtheilung so sehr entrückten, europäi-
schen Augen so wenig erſchloſſenen Lande ſstammen-
den Mittheilungen, so viele Widerſprüche und Un-
wahrſcheinlichkeiten, außerdem so viele laienhafte An-
ſchauungen enthalten, daß ihre Glaubwürdigkeit,
sowie ihr Werth für correcte militärische Berichter-
ſtattung höchst zweifelhaft iſt. Jedoch zwei Dinge
ſind von dieser allgemeinen Unsicherheit unseres
militäriſchen Wissens hinsichtlich Chinas ausgenom-
men und das ist erſtens die Anzahl der Krupp’ſchen
Geschütze, welche bis zu Ende des vorigen Jahres
an die chinesiſche Regierung abgeliefert worden ſind,
und zweitens eine ziemlich sichere Kenntniß der Vor-
bereitungen für die Küſtenvertheidigung. Beides ist
ja auch von gewissem Intereſſe, da Frankreich ja
vorerſt nur einen „Ktſtenkrieg“ führen will. Also
Krupp lieferte an China im Ganzen 586 Geschütze,
und zwar 362 Feldgeſchüße, 12 Belagerungsgeschütze
(12 Ctm.), 156 Festungsgeschite (12-21) Ctm.),
16 Küſtengeſchitße (21-24 Ctm.) und 40 Schiffs-
geſchüte (8,7: 80,5 Ctm.) Man ſieht, an Geschütz-
material allererſten Ranges, denn letzteren können
sämmtliche Erzeugniſſe der Krupp’ſchen Geſchüt-
technik unbedingt beanſpruchen, fehlt es den Chinesen
nicht, weiterhin auch nicht an sehr wohl geeigneten
Instructoren, aber die oſtaſiatiſche Trägheit und
Mißwirthſchaft scheint das vorzügliche Material
nicht zur richtigen Verwerthung kommen zu lassen.
Andererseits muß zugegeben werden, daß in Bezug
auf die Küſtenvertheidigung Chinas Wehrkraft gegen
früher wesentliche Fortschritte gemacht hat, so daß
t191 tutte t U bei ihren zt! war. §is
ren Schwierigkeiten begegnen, als das thatſächlich
der Fall gewesen zu sein ſcheint. Jedoch iſt zu bc-
merken, daß das Hauptaugenmerk der Chinesen auf
den Schutz Pekings gegen einen Landungsverſuch
gerichtet war, und dieser iſt ja nicht erfolgt. An
der Peiho-Mündung iſt Taku befeſtigt. Seine Forts
dehnen sich längs der Küſte nordwärts bis zum
Langho (Pehtang) und längs des Peiho bis Tientſin
aus. Bau und Armirung erfolgten nach den heu-
tigen deutschen Befeſtigungsgrundsäten. Im süd-

hatte, war gewiß von vorncherein ein Zeugniß von

| ungewöhnlicher Tüchtigkeit des jungen Landwirths.

Der lettte Gegenſtand in Holmfeld's Bericht
mußte wohl etwas unangenehmer Natur gewesen
sein, denn die Falten auf der Stirne des Gutsherrn
vertieften ſich noch mehr, und als der Sprechende
geendet, sagte er in raſchem entschiedenen Tone:

„Die beiden widerſpenſtigen Kerle werden natür- |

lich auf der Stelle davongejagt. Solch’ Gesindel,
das meine Befehle nicht reſpektirt, kann ich nicht ge-
brauchen. Ich hoffe, daß sie sich morgen nicht mehr
auf meinem Grund und Boden betreffen laſſen.“

„Ich wollte noch hinzufügen, Herr von Branden-
stein, daß die beiden Leute verheirathet sind und eine
ganze Schaar kleiner Kinder haben“, ſagte Holmfeld.
„Eine so plötzliche Entlaſſung würde ſie ſicherlich in
das tiefſte Elend stürzen.“

„Hätten sich die Kerle vorher überlegen Jollen!
Sind ſelbſt Schuld an ihrem Unglück! Ich kann nun
einmal den Ungehorsam nicht leiden, und ich will
den anderen ein Exempel geben.“

„Troßdem möchte ich Sie bitten, von ihrem

strengen Entschluß abzuſtehen, Herr Baron“, ent-
gegnete der junge Mann mit ruhiger Festigkeit. „Es
war meine Pflicht, den Fall zu Ihrer Kenntniß zu
bringen; aber ich hoffe nicht, daß sie infolge deſſen
die armen Schlucker wirklich so hart bestrafen wer-
den. Sie haben sich allerdings gegen einen Ihrer
Befehle vergangen; aber es iſt ihnen beinahe zu
verzeihen. Ich selbſt machte Ihnen ja kein Hehl
daraus, daß ich diesen Befehl für einen Mißgriff
alte. :

' „Ich weiß, was ich thue, mein Herr Oberinſpek:
tor, und wenn ich eine Ordre







lichen Golf von Petſchili ist eine durch drei Forts



Anzeigen: bie I-ſpaltige Petit-

heile oder deren.Raum 5 Pfg.,

Heidelberger General-Anzeiger.

Rabartdewiuigung.

© Expedition Brunnengaſe 24.

1884.



befeſtigte Flottenstation bei Lai Tschau angelegt.
An der Mündung des Jant Tse Kiang sind vn
Tſchin Kiang bis Wuſung und an der Mündung
des Kiastung Kiang (Minkiang) bei Futſchu Küſten.
batterien gebaut. Letztere sind nunmehr dem Feuer
der franzöſiſchen Flotte erlegen. Kanton ſelbſt wird
| durch die beiden Forts Dutſch Folly (im Süden)

und French Folly (im Oſten) beherrſcht. Die Ein
fahrt in das Canalſyſtem des Sikiang und Tſchun

kiang liegt im Feuer zahlreicher Batterien, die auf

Inseln oder vorspringenden Felſen errichtet wurde.
Die Neubefeſtigung von Shanghai-Kwan, dem Punkt _

an dem die „große Mauer“ den Golf von Petſchils_

erreicht, iſt kürzlich in Angriff genommen worden.

Schließlich sei noch erwähnt, daß China eine größere

Menge Torpedoboote beſitt; vor 2 Jahrn wurre

in Tientſin eine Torpedoſchule errichtet und im

Jahre 1883 der Leitung eines Deutschen unterſtelte..
Jedenfalls sind die Befeſtigungene am Golf vv(m

Petſchili und bei Kanton die stärksten, und es bleibt
abzuwarten, ob es gegebenenfalls den Franzosen
. u Helingt, wie vor Futſchu, dieselben zu

Deutſches Reich. ;

Berlin, 2. Sept. Den Morgenblättern zun
folge wurde dem Direktor des Geſundheitsamts, Dr.
Struck, die erbetene Entlaſſung nunmehr ertheile..Ö
Berlin, 2. Sept. Der Kaiſer hielt heute z



Pferde, begleitet vom Kronprinzen und dem Prin.

Arnulf von Bayern und von einer glänzenden Suite
gefolgt, die Parade des Gardekorps auf dem Tem-

pelhofer Felde ab. Dieselbe nahm den beſten Ven.

lauf. Die Kaiserin folgte den Herrschaften zu

Wagen. Sowohl bei der Hinfahrt, wie bei de
Rückfahrt wurde das Kaiserpaar von den Kopf am
Kopf gedrängten Menſchenmaſſen mit nicht enen

wollenden, stürmischen Zurufen begrüßt.

Amberg, 1. Sept. Die 31. Generalverſammluun
der Katholiken Deutschlands wurde heute Vormittega.
10 Uhr mit einer geſchloſſenen Mitgliederverſamme.
lung offiziell eröffnet. Anwesend waren u. A. Ezzn.

vor allen Dingen, daß ohne Murren pariert wird, §

bin das von jeher so gewohnt gewesen.“

„Auch wenn es offen zu Tage liegt, daß dieser
Befehl ein Irrthum geweſen iſt und ihrem eigen..

Intereſſe zuwider läuft ?“ .
Herr von Brandenstein fuhr auf.

„Jeder, der es ernſt nimmſt mit seinen Pflichten.
gegen Sie! Ich hege die feſte Ucberzeugung, aps

es eine Ungerechtigkeit wäre, die beiden Männer um
dieſes Anlaſſes willen aus ihrem Broderwerb zu jagen.
„Ich will es aber nun einmal so, und ich denke.
ich brauche mich bei meinen Verfügungen nicht neh
anderen Begriffen von Gerechtigkeit und Ungerce.
tigkeit, sondern. nach meinem eigenen Ermeſſe zu

richten!“

„Sicherlich, Herr von Brandenstein“, sagte Holm- f.
FZ r teur L tt u




der zuſammen nahm, „,aber ich zweifle sehr, das

dies der richtige Weg ist, ſich zuverlässige und treue ; z

Mitarbeiter zu. ſchaffen.“

Er verbeugte ſich bescheiden und wendete ſi zur :
Seſſel zurück und trommelte mit den hagern Fingern >
m...
vonſchteitenden. folgte, glättsten ſich die Falten auf
seiner Stirne immer mehr, und als Holmfeld eben
die Hand auf den Thürgriff legte, rief er ihn im

Gehen. Der alte Herr lehnte sich ärgerlich

nicht unfreundlichem Tone zurück.

„Sie wissen,. daß ich mir nicht gerne Vorschrif- .







gebe, so verlange i <-| Sie ſind ei

ten machen. laſſe, Herr Oberinspektor“, sagte er „aber

ein ehrlicher und rechtſchaffener Mann, dem

ſich erlauben, an meinen Anordnungen Ber ttf .



 
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