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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 26 - No. 50 (1. Februar - 29. Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44124#0203

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Expedition Brunnengafſe 24.
N AS.

DV'rinz Carneval.

Der fidelſte aller Prinzen
Auf dem ganzen Erdenball,
Er bereiſt jezt die Provinzen
Seines Reichs, Prinz Carneval.

Fröhlich auf, Jhr Menschenkinder!
Seht nur wie er gnädig nickt!
Einen grundverrückten Winter
Hat er schon vorausgeschickt.

. Vie beim Bachus die Mänaden,
| G ſ r .ru. .
| Ach, die Wettermacherzurft. ;

Edler Prinz, die bunte, weiche
Schellenkrone auf dem Haupt,
Heil Dir! Heil! in Deinem Reiche
| Iſt die Freiheit noch erlaubt.

Für das allgemeine Beſte
Biſt du liebevoll bedacht,
Jeder Tag, er wird zum Feſte,
Tanz und Wein crhellt die Nacht,

Jubeln wir beim Schaumweinglasſe
Schenkt ein Mägdlein uns Gehör,
Steckt dazwischen nicht die Naſe
Gleich ein Steuer-Rechercheur.

Auf ein unbedachtes Wörtchen
Stürzt nicht gleich ein Detektiv,
Vie ein Kind auf Zückertörtchen ;
Nein! Du nimmst nicht alles ſchief.

Edler Prinz, du biſt auf Erden
Uns am Letten unbequem!
Vieles gibt's zum Närriſchwerden, -
Aber keins so angenehm.
Deutſches Reich.
Berlin, 25. Febr. Kaiser Vilhelm empfing
Heute Vormittag die Offiziere, welche zu dem mor-
gen früh hier eintreffenden Großfürsten Michael

[ ~~.

Das weiße Schiff.

Ein See-Ro man von Adolph Nortk.

20. Fortsetzung.

g D6s war zu viel, — überwältigt ſank er zu
vden. j

Schwer und ſchwerer athmete er auf. Es fehlte
Heue Luft. Die Leitung hatte ſich durch seine ver-
Worrenen Bewegungen verschnürt, und röchelnd
verendete er an demſelben Orte, an dem einſt seine
. ſrrvige Faust das unschuldige Opfer seiner Hab-
gßier ermordet.
Geraume Zeit hatten die Insaſſen des Bootes
Uf das Zeichen des Kochs gewartet, als aber die
längste Friſt, die er hätte unten bleiben können,
Verronneu, zog man das Leittau an.
| Es erfolgte keine Antwort und ein Unglück
| nend beschloß man den Taucher mit Gewalt
| Veraufzuziehen. ;
| Bald zeigte es ſich, daß die Luftröhre in Un-
| Mdnung und endlich, nach mùhevoller Arbeit
| Ichaffte man die Leiche des Koch herauf.
| Rettung war unmöglich, und der Offizier konnte
J Yur den Tod durch eigenes Verschulden konſta-
| "tren.
| Ein Zug an der Leine, die das Schränkchen
porſchaffen sollte, zeigte daß dieses befeſtigt, und
ld war es an die Oberfläche geschafft. ;
Jan drückte auf die Feder, das Fach sprang
rvor uud zeigte dem unglücklichen Besiter seine
ere.

Hier war nichts mehr zu retten; die Anker










Veraulworllicher Redakteur Philipp Zlansner.

Mittwoch, den 27. Februar

Tm Emre.

zum Ehrendienſt commandirt ſind, und ertheilte
nachmittags dem Herzog v. Ujeſt Audienz.
Öfterreich-Uugarn.

Peſt, 23. Febr. Wie man dem „N. W. T.
versichert, haben die Vorgänge gestern und heute
vor dem Gefangenenhauſe, wo die Mörder hinge-
richtet worden in leitenden politischen Kreiſen außer-
ordentlich tiefen Eindruck gemacht. Es iſt gewiß,
daß nur das imposante Aufgebot der Polizeimacht
große Erzeſſe verhinderte; auch scheinen Elemente
j:tsttttt zu sein, die bei früheren Peſter Unruhen
ehlten.

Frankreich.

Paris, 23. Febr. Die bereits telegraphiſch mit-
getheilte Kundgebung des Prinzen JZerôme Napoléon
wird von dem ,Figaro“ näher beſchrieben. Darnach
empfing der Prinz geſtern in seiner Wohnung
(Avenue d’Antin) die Delegirten der napoleoniſchen



| beren Führer Sie ſein wollen.“

| bereits mitgetheilte Rede. +–~ Man durfte darauf



bei Martha?“

Revisionscomités, etwa a tzig an der Zahl, die
ihm von Herrn Maurice Richard vorgeſtellk wurden.
Der chemalige Minister des Kaiſerreichs erklärte,
die Delegirten wünſchten ſelbſt dem Prinzen die
Tagesordnung zu überreichen, welche in dem Mee-



1884.
E
Der „Temps“ ſchließt seinen :
Commentar mit den Worten: „Abgesehen von dem
Ausfall gegen die Victorianer und der Aufforderrnn
zu einer reviſioniſtiſchen Agitation iſt die Ansprahſe..
des Prinzen Napoleon eine vollkommen bedeutunne.
loſe, und es steht nicht zu I
ſich auch nur im geringsten damit beſchäftigen dürfte.
Es sind das kleine intime Manifeſtationen, dureh.
welche die Prätendenten sich in der unſchuldigen
Einbildung erhalten, daß ſie grundsätlich eine grolen.
Partei repräsentiren, und um welche die Regierung .
der Republik sich nicht weiter zu kümmern brauhnkt.
Troßdem, wenn man jene Angriffe des Prinzen
Jerôme gegen die Royaliſten, gegen die Orleaniſten
und gegen die Dissidenten und Imperialiſten liest,
kann man ſich des Gedankens an die Zeiten nicht.
erwehren, wo die conservative Vereinigung blühte.
und wo Bonapartisſten und Legitimisten die heißeſten.
Betheuerungen gegenseitiger Achtung austauſchte
Arme conservative Vereinigung! Sie hat niemals
ein ſehr kräftiges Leben gehabt, aber sie konnte nicht
trauriger werden, das wird man zugeſtehen, als
unter der Verachtung des Prinzen Napoleon!“

RLT mm r r Trvr

Eule verwandelt.“










ting vom letten Sonntag rinmüthig angenommen
worden war, und fuhr dann fort: „Schreiten Sie
weiter, Monseigneur, in der gesetzlichen Bahn, die
Sie uns geöffnet haben: das unglückliche Frankreich
bedarf Jhrer. Schreiten Sie vorwärts! Wir ſind
mit Ihnen und bald werden Sie uns von allen
Seiten angewiderte Patrioten zuſtrömen sehen die
mit uns die große natiopale Partei bilden werben,
1 Der Prinz, dem
ſein Sohn Victor zur Seite stand, hielt dann die

gespannt sein, was Paul de Caſſagnac zu dieser
Ansprache des Prinzen Jerôme Napolson ſagen
würde. Seltſamerweise schweigt jedoch der „Pays“,
das Blatt Caſſagnacs, vollſtändig und erwähnt so-
gar jener Anſprache überhaupt nicht mit einer Silbe.
Die republicaniſchen Blätter haben nur Worte der
Verachtung oder des Mitleids mit dieſer neuen
Kundgebung des Prinzen Jerôme Napoléon. „Paris“
meint, ,der kaiserliche Adler habe ſich jettt in eine

Saint Etienne, 25. Febr. Im Circus fann
heute eine von 3000 beſschäftigungsloſen Arbeiten
besuchtes Meeting statt, wobei Cyvoct den Ehren
vorſit führte. Der Präfekt erklärte der vom Mee:
ting abgeſandten Deputation, daß er ohne Heilmittel
wider die wirthſchaftliche Kriſis sei, er wolle
her alles Mögliche thun, um den Arbeiten zu








England. *
London, 23. Febr. Die Nachricht von der :
Uebergabe Tokars hat verhältnißmäßig geringen
Eindruck hervorgebracht, besonders da den vorlie- .
genden Meldungen nach zu urtheilen die egyptiſcha
Officiere sich dazu weniger aus Noth als frei
willig entſchloſſen haben. Auch ſcheint die Kapitu
lation keine Greuelthaten im Gefolge gehabt zu
haben, wie dies nach dem verzweifelten Ausfall vm
Sinkat der Fall war. Jetzt noch den Aufständiſcllan.
weiter in den Sudan hinein zu folgen, blos um .
durch einen gegen sie geführten Schlag das An-





wurden gehißt, und traurig sette man die Segel
zur Rückfahrt in den Hafen bei.

Muthlos ſaß Jan am Steuer, nur halb auf die
Troſtesworte Ottos hörend, die dieser seinem un-
glücklichen Kameraden gewährte.

So gelangten sie nach kurzer Zeit zum Hafen-
platz, den sie mit so frohen Hoffnungen am Morgen
verlassen, gebeugt zurück.

Innige Beleidsbezeugungen ausſprechend ver-
abſchiedete sich der Offizier von Jan, die Ueber-
führung der Leiche des Kochs durch ſeine Matrosen
verſprechend und Jan und Otto allein auf der
Treppe laſsend.

Traurig ſchaute dieſer hinüber zur leeren
Waſſerfläche, wo er ſeine letzte Hoffnung begraben.

Ein leichter Schlag auf seine Schultern ſchreckte
ihn endlich aus seinen Träumereien und sich umſehend

„Alles weg ! Hat Jan nicht finden können Geld

„Juli! armes Kind, was machen wir nun k“
„Ja, Jan 0 was wir machen nun; Kapitän von
Foo-chaw-ow will haben fünfzig Pfund Sterling,
er iſt im Haus, wo wohnen du, und will sein Geld.“
„Auch das noch.“

„Armer Freund !“ sagte Otto traurig. „Das
iſt noch das Schlimmſte!“ ; ; „elleicht
“Sc Huus ds
„Ich habe aber nichts mehr, Juli, das lette,
was ich beſaß, gehört dem Zampan, den ich miethete.“





„Komm mit, Juli bittet ſehr !“ und langsam zog
ſie den Wiederspensſtigen mit.

blickte er in das mitleidsvoll lächelnde Antlitz Julis |

Päckchen und zählte, jede Banknote wie ein aus-

hor A. erſtaunten Blicken Jans und Ottos auf

aussehender Seemann, erwartete sie schon in Der :
Wirthsſtube des Seemannsheims. és
„Seid Ihr der Bursche, für den ich herüber-
kommen mußte?“ herrſchte er Jan in engliſcher
“mt "bin's." entgegnete Jan gesenkten Blicks.
„Nun, wie iſt's mit dem Gelde? ich muß wieder .
fort, Jeder Tag Verzögerung koſtet fünf Pſund t
Ftlug! beſiße nichts mehr! + Ein JIrrthum . . .
ein Verkennen Eures Schiffes !“ .
„Geschätzt,“ unterbrach ihn der Kapitän, „mein . ;
Gel Füpictn, thuts für neunundvierzig Pfund Sten. t
U u! ift Iuli § der Kapitän ſchnell. :
"+“ùÄ o Geld gleich bekömme, ~- dann
sinne. doch die Poſſen, du weißt doch,“
warf Jan dazwischen. . z
„Jan, laß mich! neunundvierzig Pfund Ster- .
ling?“ fragte sie dann noch einmal den Kapitän. |
„Wohl, es ſei !“ entgegnete dieser.
Langſam zog nun Juli aus ihrer Taſche en.






gelernter Bankier zwischen den Fingern prüfend,

Schnell ſtrich der Kapitän das Geld ein und
entfernte sich, flüchtig dankend. ; z
„Aber Juli, woher haſt du das Geld ?“ fragte nach









Der Kapitän der Foo-chaw-ow, ein brummig

einer Pause sprachloſen Erſtaunens Jan dieselbe..
: (Fortsetzung folgt.) . Z



t S;
 
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