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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 101 - No. 126 (1. Mai - 31. Mai)
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Heidelberger Tageblatt

Heidelberger General-Anzeiger.

Erſcheint täglich außer Montag.
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mit Trägerlohn, durch die Poſt
bezogen viertelj. 1 Ik. 40 Pfg.

Expedition Brunnengaſſe 24.

Veranlwortliher Redakteur Philipp Klausner.

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Expedition Brunnengaſſe 24.



„é 116.

Sonntag, den 18. Mai





ſ

Denutſches Reich.
Karlsruhe, 15. Mai. In der gestrigen und
heutigen, je 5 Stunden anhaltenden Sitzung der
zweiten Kammer wurde der Entwurf des Straßen-
geseßes, der heute mit 30 gegen 19 Stimmen an-
genommen wurde, durchberathen. Der Entwurf unter-
ſcheidet 3 Klaſſen: Landstraßen, Kreisſtraßen und
Gemeindewege. Der ungleichen bisherigen Verthei-
lung der Koſten verdankt der jetzige Entwurf seine
Entstehung. Nach demſelben trägt für die im Straßen-
verband bleibenden Landſtraßen die Staatskasse *.,
die Gemarkungsgemeinden !, an der Unterhaltung
bei, während die letzteren bisher nur einen Beitrag
bis zu Pfennig pro Acker zu leiſten hatten. Der
Gesetzentwurf fand in der Kommission eine sehr ge-
theilte Aufna me, die sich auch in der Schlußab-
ſtimmung über das ganze Gesetz geltend machte. Die
verschiedenen Abänderungs- und Verbesserungsvor-
ſchläge haben schließlich dahin geführt, daß an den
Kreisſtraßen (932,747 km) Staat, Kreis und Ge-
markungsgemeinden gleichmäßig ein Drittel des Auf-
wandes zu tragen haben und daß außerdem der
Staat zunächst für drei Jahre eine Dotation von
100,000 Mk. zu gewähren habe. Die hieraus re-
ſultirende Entlaſtung der Kreise beträgt im Ganzen
Mk. 230,617, ca. Mk. 90,000 mehr, als der Re-
Hierungsentwurf gewähren wolle. Die oft recht er-
müdende Spezialdebatte bot wenig des Intereſſanten
und nur ein vom Abgeordneten v. Buol in Aussicht
gestellter Antrag, die Regierung solle die Staats-
dotation im Gesetz normiren, das heißt eine beſtimmte
Quote fixiren, ſtieß auf den heftigsten Widerstand
bei der Regierung. Staatsminiſter Turban erklärte
rundweg, daß die Annahme eines solchen Antrages
das Geſetz ſelbſt ſcheitern mache. Jm Uebrigen werde
die Regierung die Frage der Weiterdotirung als
eine offene behandeln. Gegen das Gesetz ſtimmen
i +. ſterrvitgette Anzahl der Klerikalen und einige

Liberale. : . |
Karlsruhe, 16. Mai. Die Ztiveite Kammer be-
faßte sich heute zunächſt mit dem von der Ersten
Kammer abgeänderten Geseßentwurfe, betreffend die
Staatsbeiträge zu den Gehalten der Volksschullehrer.

Die Frankenbunn..
Roman von Marie Romany.



(383. FFortſetzung.)

In unausſprechlicher Qual preßte Clothilde die
Hand auf's Herz; war es doch zu viel des Spiels,
welches das große Schicksal hier mit ihr getrieben!
Ein einfaches Mädchen niederer Herkunft glaubte
ſie zu finden und Elſa stand vor ihr; sie, die mäch-
tigste aller Gegnerinnen, welche ihr das Leben ge-
geben; die einzige Sterbliche jet, die ihr Schicksal
in der Hand hielt, die ihr und ihres Kindes Da-
ſein zu vernichten im Stande war!
Varumaber auch hatte sie ſie nicht ruhen lassen,
die Aſche des Unheils! Was trieb sie an, daß sie
it frevelnder Hand das Verhängniß heraufbeſchwor ?
Mußte sie trachten, ſelbſtſtändig die Pfade ihres
Ubensweges zu lenken, deren Bestimmung doch der
Himmel seiner mächtigeren Hand nicht nehmen ließ?

Alſo hat sich das Schicksal erfüllt! sprach wie-
der mit vor Thränen erstickter Stimme das Mäd-
hen; also hat die Stimme meines Herzens mich
doch nicht getäuscht! + O, wäre Bella bei mir!
Bella? wiederholte die Gräfin ; Elſa und Bella,

das Zwillingspaar? i
tas Etr kennen unser Schicksal ? fragte voll Erstaunen
ff OYDas Mädchen.. j
... Za, s kenne Dich, Kind, versicherte Clothilde
_ n bebendem Tone. Komm her zu mir + ſet’ Dich
ff! - hier an meine Seite + umarme mich.
Ein verhängnißvolles Schicksal hat unsere Wege in

dauernden Dotation der Kreisſtraßen



einander geleitet; aber wir wollen ihm begenen, wir
wollen in Zukunft gute und getreue Freundinnen sein.

Derselbe wurde ohne Debatte in der Faſſung der
Ersten Kammer einstiminig angenommen. Der Unter-
richtsminiſter hatte auch heute erklärt, wenn die
erſte Faſſung der zweiten Kammer aufrecht erhalten

würde, die Vorlegung eines Gesetzes zur Aufbesse-

rung der Lehrers-Wittwengehalte unterbleiben werde.
H Zweiter Punkt der Tagesordnung war die Be-
rathung des dritten Berichts der Kommission für
die über die Lage der Landwirthsſchaft im Groß-
herzogthum veranſtalteten Erhebungen, insbesondere
das Gebiet der Rechtspflege und das bürgerliche
Recht betr. Die Kommission hat in sechs Ziffern
Vorschläge gemacht, welche vom Plenum heute mit
verhältnißmäßig kurzer Debatte angenommen wur-
den. Die Sitzung endigt heute ſchon um halb 12
Uhr. Nächſte Sitzung morgen, 9 Uhr: Berathung-
von Petitionsberichten : a. des Gemeinderaths Hauſen
vor Wald und mehrerer anderer Gemeinden um
Vollendung der Wuttachthalbahn; b. der Stadtge-
meinden Eppingen und Sinsheim, sowie der zwischen-
liegenden Orte Richen, Ittlingen und Reihen um
Erstellung einer Eiſenbahn von Eppingen nach Steins-
furth; c. der Gemeinde Hardheim u. a. Orte um
Fortsezung der bereits projectirten Sekundärbahn
Seckach - Walldürn über Hardheim nach Tauber-
biſchofsheim.

Karksruhe, 15. Mai. Wenn nicht dem Brau-
malzsteuergeſeß ein besonderes Unglück zuſtößt, so
geht dieſer große, ja. übergroße Geſetzeslandtag vor-
über, ohne daß eine Vorlage unberathen bleibt oder,
ohne Eingehen auf die Sache selbſt, verworfen wird.
Bei dem Straßengesetß erklärte die Regierung un-
umwunden, daß. ein gesetlicher Zwang zu einer
as Gesetz un-
fehlbar zu Fall bringen werde. Somit fiel der Antrag
des Abg. Edelmann und Gen., da er ohne jeden
erkennbaren Nutzen dent Kreisen eine große Wohlthat
und Erleichterung, zugleich aber auch ein neues ſchönes
Thätigkeitsgebiet entzogen haben würde. Einige Kreise
haben auch bisher ſchon mit großem Erfolg die beſon-
deren ,„Kreisſtraßen“ gepflegt, und die Erwartung
scheint berechtigt, daß die Kreise weit billiger bauen
werden, als der Staat.

Vierzehntes Kapitel. .

Es dauerte Stunden, bis Clothilde nach der so
verhängnißſchweren Entdeckung wieder Herrin ihres
Denkens und Handelns war. In dem Moment,
da Elsſa das Geheimniß ihrer Geburt auf so ein-
fache und beſtimmte Weise enthüllte, hatte sie die
ihr drohende Gefahr nicht einmal in ihrer vollen
Größe erkannt; jetzt erſt, da sie wieder überlegte,
erfaßte ihr Geiſt den unüberwindlichen Abgrund,
der ihr, nach dem, was sie ſelbſt hervorgerufen, mit
osfenem Rachen entgegenſah. O, solch einen Unter-
tt; ve l letter tts k
es mußte auf alle Fälle von ihrem Haupte abge-
wandt sein! In wahnsinniger Verzweiflung durch-
eilten ihre Gedank.n alle nur möglichen Gebiete,
mit fieberhafter Geſchäftigkeit arbeitete ihr Geist an

Plänen, die ihre erhittte Phantasie zu Gunsten ihrer

Rettung ersann. Es durfte ja nicht sein, das Kind
in seiner Einfalt und Thorheit kannte ja, durfte
ja nicht Siegerin über ſie, Clothilde, die Gemahlin
des Grafen von Sternenberg, sein. ;

In weit andever Stimmung ſaß Elſa da. Am
liebſten hätte sie, da ja doch der Vater nicht mehr
lebte, dieser Stätte für immer Valet gesagt; aber
in dringendem Verlangen äußerte die Gräfin den
Wunsch, daß; ſie bleibe, bis die gegenseitige Beziehung
zwischen ihnen aufgeklärt ſei:. + Nur mit Wider-
streben hatte Elſa eingewilligt, Clothilde einen Blick
in die Verhältniſſe werfen zu laſſen, unter denen
ſie ihr junges Leben bis zur Stunde hingebracht.
Mit peinlicher Beklemmung sprach sie über die Be-
ziehung zu Madeleine Griſon, der angeblichen Ahne;

| gar so trauriges ſein! w Ü

Darmstadt, 15. Mai. Die ,„Poſt“ erfährt von
hier, daß die Rückkehr des Großherzogs aus Eng-
land im Laufe dieſer Woche erwartet wird. Es gilt

rückgängig zu machen.
zeichnet. Dem Wunsche, daß es gelingen möge, einen

Nachfolger zu finden, der durch seine ganze Perſön-
lichkeit dem tief erschütterten Lande eine sichere Ga-

rantie gegen ähnliche Vorkommnisse biete und ver- .. U

derblichen Einflüſſen in der nächſten Umgebung des

Großherzogs mit unbeugsamer Energie ein Ende bee

reite, können auch wir uns nur aus vollſtem Herzen

anschließen. Es wird langer, langer geit bedürfen,

um die geſchlagene Wunde wieder zu heilen.“ Hier-

nach wäre, wenn das genannte Blatt gut unterrichtet |
iſt, die Ehe alſo doch vollzogen worden; wee.
dann aber möglich sein ſoll, den übereilten Schritt

so leichthin wieder rückgängig zu machen, iſt ſchwhe.
einzusehen. So einfach läßt ſich nach den beſtehenn.
Reichsgeseten doch eine Eheſcheidung nicht vollziehen!

Unklar erscheint es auch, wie. man den Minister in
die Sache mit hineinzieht. Der Mann hat ja bei
der in Frage kommenden Eheschließung nur als

Standesbeaniter gehandelt. Er konnte alſo die Eee.
schließung nicht verhindern, vorausgesetzt, daß ſe ten.
der Brautleute den allgemeinen gesetzlichen Beſin.
mungen genügt worden iſt. Und das wir mum
doch wohl annehmen müſſen! Im übrigen liegt die.

ganze Angelegenheit. troß der Spalten langen Be-

in tiefes Dunkel gehöllt.

Öesterreich-Ungarn.
Wien, 16. Mai. Seit Nachmittags

Im Theater ſelbſt iſt Niemand verlettt, jedoch von

~ Um 6 Uhr ergriff das Feuer die Bühne. —
6 Uhr 50 Min. : Der Brand iſt im Wachsen, das
Gebäude ersichtlich völlig verloren. Nachbarhäuſer,





zitternd erwähnte sie der Schwester, deren Spur für

ihrer Bekanntschaft mit dem Grafen Hohenheim kam.

| Aber treu der angeborenen Schlichtheit erzählte sie, .
va es nun einmal sein mußte, die Erlebniſſe mit

einer Offenheit, wie nie zuvor ; und so war es na-
rakter und Verhälwmniſſe des Mädchens ein Urtheil

den verfloſſen war. ...s
Jetzt war die Inquisition am Ziel.

Mutter ſtand. , . | '
Den Namen weiß ich nicht, entgegnete Elſa; ich

war zu jung, als man uns fort aus ihm nahm.
Und das Bildniß Deines Vaters, wann gab (s

ihres Todes war; der ganze Vorfall liegt nur
dunkel vor mir, die Einzelheiten prägten sich meinem
Gedächtniſse nicht ein. Ich weiß nur, daß die Mut-

über ihm weinte und daß sie uns, als sie es uns
gab, auf's Strengſte anbefahl, es zu wahren; es

wiederfinden laſſen, der ohne dieses Kleinod auf

denn niemals hätte ich in jenem Gemälde meinen
Vater erkannt, würde ich nicht die Züge des kleinen



haben. O, warum mußte dieſes Wiederfinde

Forts. fol

igen: die I1-sſpaltige Petit-
der deren Raum 5 Pfg.

ISSL.

als gewiß, daß Verhandlungen eingeleitet ſin, um
die ſtattgehabte Eheſchließung, ſoweit möglich, wiener
Der Rücktritt des Staats.
miniſters v. Starck wird als nahe bevorſtehend be-

richte, die darüber bereits veröffentlicht worden ne.

brennt das Stadttheater. Das Feuer f eh , %;
auf der dritten Gallerie aus, wie verlautet dureh.
Zündmaterial; doch wird dies offiziell bestritten.

der Feuerwehr einige Leute durch Herabſpringee. Gi

immer verloren ſchien, und tiefe Schamröthe bedeten.
ihre Züge, als endlich die Rede auf das Erignn.

türlicherweiſe für Clothilde ein Leichtes, über Clem.
zu haben, bevor ein Zeitraum von wenigen Stun- uu.
Du sagtest mir noch nicht, meinte eben die Gräfin ;

wie jenes Dorf geheißen, worin die Hütte Deine_

Dir die Mutter? Ich glaube, daß es in der Sunne

ter dieses Bild, so lange ſie lebte, hätſchelte und
werde uns, so meinte sie, einſtmals unseren Vater
ewig für uns verloren sei. Die Mutter hatte Recht,
fuhr ſie fort, nachdem sie eine Thräne getrocknet,

Bildes meinem Herzen so unauslöschlich eingeprägt |
















 
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