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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 77 - No. 100 (1. April - 30. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44124#0415

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Heidelberger

Expedition Brunnengafſſe 24.

Verantwerllicher Redakteur Philipp Klausner.



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zeile oder deren Raum 5 Pfg.,
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General-Anzeiger.

Expedition GBrunnengafſe 24.



é 98.

Bestellungen auf das „Heidel-
: .. ler Tageblatt“ für die Monate

Mai und Juni y
nehmen alle Poſtanstallen und Landbriefträger
butiſ bie Post frei ts Pars tebrht 97 Ps N
Heidelberg koſtet dasſelbe monatlich 45 Pfg.

Deutſches Reich.

Karlsruhe, 24. April. Die Steuererträgniſse
haben sich für Baden im Jahre 1883 wie folgt
gestaltet: 1. direkte Steuern: Grund-, Häuſer- und
Erwerbſteuer &&. 9,236,854 , Kapitalrentensteuer
. 1,392,597 ; 2. indirekte Steuern: Weinſsteuer
&. 1,576,282, Biersteuer o/. 4,214,216, Brannt-
weinſteuer . 665,979 , Schlachtviehacciſe .
544,237, Liegenschafts-, Schenkungs- und Erbschafts-
E '1 267 44 Das Bubqut haue . Rz (
weniger eingestellt bei den direkten Steuern und bei
den indirekten Steuern ca. -l. 300,000. Eine er-
hebliche Wenigereinnahme hat sich bei den Juſtiz-
und Peolizeigefällen ergeben, nämlich /?. 721,779,
so daß die Gesammtmehreinnahme nur Mark 22,854





. beträgt. -

Berlin, 24. April. Das dritte Verzeichniß der
bei dem Reichstage eingegangenen Petitionen iſt er-
schienen. Dasselbe enthält auf nicht weniger als
zwölf Seiten eine Liſte von Petitionen von Juwe-
lieren, Gold- und Silberarbeitern, welche um Ab-
lehnung des Gesetzentwurfs über den Feingehalt der
Gold- und Silberwaaren, dagegen, soweit ein Be-

| dürfniß dafür vorliegt, um den Erlaß gesetzlicher

Bestimmungen bitten, wonach jeder Verfertiger bezw.
Verkäufer von Gold- und Silberwaaren für den
von ihm angegebenen Gehalt bei hohen Strafen ver-
antwortlich sei. + Auf Einführung obligatorischer
Innungen bezw. eine anderweitige Regelung dcs
Lehrlingswesen beziehen sich etwa 300 Petitionen.
Berlin, 25. April. Das Kronprinzenpaar, Prinz
Heinrich, Prinzessin Viktoria und die Erbprinzessin
von Meinigen sind heute früh s*/, Uhr nach Darm-
ſtadt abgereiſt. Der Kronprinz und Prinz Heinrich

Die Frankenburg.

Roman von Marie Romany.
(16. Fortſctzung.)

Hier bei uns hat sie es denn doch noch beſſer, mein
vornehmer Herr, denn hier iſt sie nur ſelten ge-
peitſcht worden, und das nur zu Anfang.

Und wo iſt dieſe Großmutter? fragte Victor.

Dort hinten im Winktel liegt sie und ſchläft, sie
wird wie gewöhnlich, betrunken sein. :

Mit diesen Worten drehte sich der Mann wieder
auf dem Absatz und wendete ſich nachläſſig seinen
Kameraden zu. Der Graf stand rathlos. Er wollte
das arme, kleine Wesen, für das er nun einmal

Interesse genommen, jetzt, da er deſſen Hülflosigkeit
kannte, in keinem Falle verlaſſen, bis es in guter
Pflege ſei. Dabei drängte die Zeit, denn der gu-
ſtand der Kleinen versſchlimmerte sich mit jeder Mi-
nute. Er trat alſo zu dem Weibe, das, von Brannt-
wein berauſcht, in einer Ecke der Bude lag, und
faßte sie mit kräftigem Griff an der Bruſt.

Wachet auf, Alte! rief er, Euer Kind liegt ver-
wundet auf der Erde! Nun, hört Ihr mich nicht?
Nennt mir Eure Wohnung, damit ich die Kleine
dorthin schaffen und Hülfe beſorgen kann.

Es war eine ungeheure Aufgabe, die Alte zu
wecken; doch endlich siegte des Grafen Beharrlichkeit.
Sie gähnte, reckte sich, ſtöhnte und schimpfte, dann
erwiderte sie noch halb im Traume, daß ihr Obdach
in einer Kellerwohnung des Hauſes Nummer 2 ??
zu finden sei. Es dauerte auch noch eine geraume
Weile, bis ihre umnebelten Sinne endlich begriffen,
um was es ſich handle; dann entschloß ſie ſich, in
ihrer ſchwerfälligen Weise dem Grafen auf die Bühne











Vonntag, deu 27. April

fahren von Eiſenach aus Nachmittags zur Auerhahn- {.

balz zum Großherzog von Sachsen nach der Wart-
Int und treffen von dort am 29. April in Darm-
tadt ein.

Frankreich.

Paris, 23. April. Die meisten hiesigen Blätter
zeigen sich dem Plane einer Conferenz geneigt und
heben ziemlich alle hervor, daß die principielle An-
nahme einer Conferenz seitens Frankreichs für dieſes
nichts Bedenkliches habe und vielmehr das einzige
Mittel sei, einen Theil des einstigen franzöſiſchen
Einfluſſes in Egypten wieder zu gewinnen. Der
heftige Artikel der radicalen „Pall Mall Gazette“,
welcher nichts weniger als einen Krieg zwischen
England und Frankreich voraussieht, macht hier im
allgemeinen wenig Eindruck.

Paris, 25. April. England iſt dem Vertrage
vom 20. März 1883 für den Schutz des internatio-
nalen induſtriellen Eigenthums beigetreten, dem bis-
her beigetreten waren : Belgien, Brasilien, Spanien,
Italien, Holland, Portugal, Serbien, die Schweiz,
San Salvator, Guatemala und Frankreich. +
General Millot wird dem Vernehmen nach im Juli
nach Frankreich zurückkehren. General Brisre de
l'Isle wird denſelben s: Tonking ersetzen.

anien.

Madrid, 25. Aci Man glaubt in Regie-
rungskreiſen bei den Korteswahlen am nächsten Sonn-
tag auf eine starke Majorität rechnen zu dürfen. ~
Die letztmonatlichen Mindereinnahmen in der Staats-
kaſſe sind eine Folge der Tarifreform, dieselben wer-
den übrigens durch die vorausgegangenen Mehrein-
nahmen ausgeglichen werden. Man hofft im nächſten
Budget das Gleichgewicht zwiſchen den Einnahmen
und Ausgaben zu erreichen. + Auf Cuba hat die
öffentliche Ruhe keinerlei weitere Störung erfahren.
Der kleine Reſt der Bande Agueros, der nach der
von den Truppen herbeigebrachten Niederlage übrig
blieb, iſt in unwirthliche und schwer zugängliche
Theile Cuba's entflohen.

England.

London, 25. April. Dem „Standard“ zufolge

werden die gestrigen Erklärungen Gladstone's im



zu folgen, wo immer noch das Kind verlassen am
Boden lag.

Bei 1§ cut Anblick erlangte sie ihre Besinnung
zurück. Ihre erſte Bewegung war, sich unter die
Männer zu stürzen, um einen Streit zu beginnen,
aber noch rechtzeitig hielt der Graf sie am Arme.
Mit kräftiger Hand nahm er die Kleine vom Boden,
das Blut nicht achtend, welches ſeine Kleider befleckte,
eilenden Laufes ſchritt er mit seiner Bürde dem
Ausgange zu, gefolgt von der Alten, die er buch-
ſtäblich nach sich zog. Dann ging es weiter, über
den Marktplatz, bis zu dem armsfeligen Gäßchen, wo
in einem ſchmutzigen Kellerraume die erbärmliche
Wohnung der Beidentlag.

Der Graf achtete es nicht, daß man auf dem Markt
und in den Straßen von allen Seiten nur auf ihn
schaute, es galt ihm gleich, daß Gassenbuben ihm
ihre spottenden Witze nachriefen und hier und da
das Volk mit dem Finger auf ihn zeigte; er folgte
der Eingebung seines Herzens, dem inneren Zuge
LGS. vv Gd
an. Eine schmale, leiterartige Treppe, die, vom
Hofraum ausgehend, in ein unterirdisches Geschoß

hinabführte, bildete das lettte Hinderniß, welches zu | _
h : ſchah. Erröthend, halb vor Scham, halb vor Freue
mit Mühe gelang; dann tappte man in einem

überwinden ſelbſt Viktor's edler Aufopferung nur
dunkeln Raume, deſſen Höhe dem Grafen nicht ein-
mal die aufrechte Haltung „erlaubte und dessen
dumpfe Atmosphäre ihn mit Eckel und Schauder
umwehte. Hier öffnete die Alte eine Thüre.

So, sagte ſie ſchlechtweg, das hier ist unser

nehmer in Key Weſt wegen seines heimlichen Ein-





Stübchen; wenn Eure Gnaden die Kleine auf das
Lager da niederlegen wollen, ſo will ich Waſſer

S

U
x 1882.
Unterhauſe allgemein dahin gedeutet, daß die Re- '
gierung entſchloſſen iſt, eine Expedition nach dm
§U128 Mt tte sos. fethts rothwrthis n-
egyptiſchen Behörden darüber, ob die nach den.
Sudan zn entsendenden Streitkräfte nur englische .
ster ces c etsuue r
Telegraph“ aus Kairo von geſtern 'Ÿet. Fus 15. .










Regiment in Assiut bereits ſtark an
und Sonnenſtich.

Waſhingtou, 23. April. : Der Senat hat den
Vorſchlag des Präsidenten Arthur, den Zollein-

herfiüenifes tit den cubaniſchen Freibeutern ſeines
Ur. r ta u C slut tt
Sitzung gefaßten Resolution hat der Staatssekretär
Frelinghnyſen die Flagge der Internationalen Afri-
kaniſchen Association als die einer befreundeten Re-
ttt ttt Sie „bttreienge Fielglutien z :
llt eos dee St cs ruth
des Kongreſſes ausgedrückten Anschauungen über
die Congofrage übereinſtimme, nämlich daß es für
die Vereinigten Staaten räthlich werden dürfte,
Verein mit anderen Handelsmächten die Han!
und Niederlassungsrechte im Congothale zu för
und vor der Einmiſchung oder politischen Kont
irgend einer Nation zu bewahren.

Aus Nah und Feen.

§ Hoffenheim, 25. April. Für Jung un Al
unserer Gemeinde war der 28. April ein Feſtteen.
in des Wortes vollſter Bedeutuug, denn er bildete.
den Abschluß eines 47-jährigen äußerſt segensreiheaen.
Wirkens eines Mannes, der mit unermüdliclnm.
Fleiße und seltenem Geschick den Saamen des Gten.
und Schönen in so Vieler Herzen geſtreue. Her
Hauptlehrer Friedmann trat nach so langjährien.
Thätigkeit in den Stand der Ruhe, es ſollte diesen.
Ehrentag zu einem herrlichen Feſttage werden.









| holen und die Backe verbinden, damit das Kinn

morgen wieder hergestellt ist. y
Der Graf hörte nicht, was die Alte sſprah. Ee
mußte den Athem zurückhalten, denn ein grauſigeen.
Modergeruch drang ihm aus der Kammer entgeen.
Da war ja nicht einmal ein Fenster! und das Streh
welches den peſtartigen Geruch verbreitete, muten.
ſeit Jahren ſchon faul und überſäet mit Ungeziefer ſcen.
War das die Lagerſtatt der Kleinen? Konnten.
überhaupt in diesem Raume noch Menſchen athmen?
Gab es eine Gerechtigkeit, daß solch herzzereißender
Jammer nicht in sich ſelber zu Grunde ginnte.
Währenddessen hatte das Weib einen Krug mt




Wasser herbeigeschafft und begann, mit naſſen um

ſchlägen die Wunde zu tränken; und zu des Grafen .
unendlicher Freude ſchlug die Kleine auch bald die .
Muh Anblick eines Mannes aber fuhr sie .
zuſammen; doch Viktor ergriff ſanft ihre Hand.

Fürchte Dich nicht, liebe Kleine, sprach er freund-
IEEE
hs let biſt, und auch nachher ttlaſtn h luzze .
gehen. Darum fürchte Dich nicht und sieh mich an.
Das Kind wußte nicht, wie ihm so plöglich ge:







ließ sie einige Sekunden den vollen Glanz ihre.
ſchwärmerischen Augen auf dem Antlit des Grafen.
ruhen; dann wagte sie, beſcheiden zu fragen: So
ſind Sie mir gut? ;

O, sagte der Graf mit Frohlocken, ich habe Dich
lieb und werde Dein Freund und Beschützer ſein.
Schmerzt Dich die Backe ſehr ?

(Fortsetzung folgt.)
 
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