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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

DOI Kapitel:
No. 282 - No. 306 (2. Dezember - 31. Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44124#1187

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Mittwoch,

Herantwortl. Redakteur Philipp Klausner in Heidelberg.



täglich außer Montag. Abonnementspreis für
elberg: monatlich 45 Pfg. mit Trägerlohn, durch die
f bezogen vierteljährl. 1 Mark ohne Huftellungsgebühr. !





Deautſches Reich.
. Berlin, 7. Dec. In einer Besprechung der
Reichstagsverhandlungen vom Mittwoch sagt die N.
A. Z., daß die dabei von Windthorſt dargelegten
Anschauungen nur noch mehr dazu beiträgen, die
Unwözlichkeit einer welfischen Thronfolge in Braun-
ſchweig nachzuweiſen. Die N. A. Z. ſchließt sich
durchweg den Ausführungen der K. Z. an und fügt
hinzu: Durch seine auf die Zerstörung des Reichs
anſpielenden Reden hat der Mandatar Cumberlands,
Windthorst, deſſen Erbfolge in Braunschweig voll-
Ftändig unmöglich gemacht. Wenn Cumberland nun-
mehr jede Aussicht verloren hat, so mag er ſich da-
für bei seinem Bevollmächtigten bedanken. Die Bun-
desregierungen werden Niemand in ihrer Mitte dul-
den, der es sich zur Aufgabe macht, von der Reichs-
tagstribtine den Aufruhr gegen Kaiser und Reich zu
ertheidigen.“ :

Grit; D. Dec. Die Mitglieder der Congo-
onferenz, welche anfänglich fest angenommen hatten
daß die lettere um die Mitte dieses Mts. ſchließen
wiirde, sind jett darauf vorbereitet, vielleicht volle
4 Wochen länger, jedenfalls aber bis in den Januar
hinein, fortarbeiten zu müſſen. Die Dinge nehmen
eben durch die erforderlich gewordene Feststellung
geographischer Grenzen eine ungeahnte Ausdehnung

an, welche man indessen allseitig um so mehr gut
heißt, als dadurch am ibeſten dem Hauptzweck der
Conkterenz; künftigen Verwicklungen vorzubeugen ge-
nüùügt wird. Wie man nachträglich erfährt, i übri-
gens die Anerkennung der afrikaniſchen Gesellſchaft
als ſelbſtſtändiger Staat ziemlich ausschließlich das

Verdienſt Deutſchlands. Man war diesseits stets
bemùht, den raſtloſen und jopfervollen Beftrebungen
des Königs der Belgier Anerkennung zu zollen,
während man anderseits damit auch praktische Ziete

verfolgte. Man wünſchte ſich auf einen thatkräftigen
Staat zu stützen, der gewiſſermaßen sich zu einem
Kriſtallisationspuncte für die dortigen Zuſtände ent-
wickeln möchte. Es ist denn auch zweifellos, daß
die allſeitige Anerkennung der afrikanischen Gesell-
ſchaft noch während der Conferenz erfolgen wird.

Schwarz-Elle.

Roman aus dem Thüringiſchen von F. Klink.

(16. Fortsetzung.)

Ê Es war in den erſten Tagen des Aprils und
Else hatte am frühen Morgen von dem Vater einen
Yrief erhalten, worin derſelbe anfragte, wann sie
| *g: Ltr. watt: G#.0 qu
amkeit zurückzukehren, während Elſe beim Lesen
des Briefes, der so viele trauliche Erinnerungen in
ihr wachrief, plöglich von einer heißen Sehnsucht
nach der Mühle ergriffen worden war. Sie ſagte
Kurt, daß sie heimzukehren gewillt sei. :
' Er ſah sie verwundert an; in demſelben Moment
blitten Thränen in ihren Augen. Die Thränen
thaten ihm wohl; jzigtén sie ihm doch, daß wenig-

stens der härteste Schlag von ihm abgewendet wer-
den sollte. Zugleich aber bemerkte er auch etwas
Anderes, was ihm seither entgangen war, und sein
Herz begann unruhig zu pochen. Wie tief lagen
h:: großtt Augen, von blauen Ringen umgeben, in
thren Höhlungen.
L. . flange... erschienen die Schläfe. Einen
Augenblick wollte ihn die Bewegung übermannen,
Haber er drängte sie zurück.
. „Du feht nicht besonders wohl aus,“ sagte er
nur, möglichſt ruhig. „Es scheint doch, als ob
dieses Leben Dich ein wenig angegriffen hat und
vielleicht wird das ruhige Landleben Dir gut ſein.

Wann wollen wir reißen?,, :
_ HJjDH, nicht meinetwegen, wenn es Dir noch in
YVerlin gefällt “ ſtammelte fie.





















. : | Verkündigungsblatt für die Hezirke Heidelberg, Weinheim, Schwehingen, Wiesloch, Sinsheim, Eppingen, Mos-
& 290. hat, Uetartiſhoſsheim, Ebertat, suhen, Walldürn, Adelsheim, sauberbiſchafsheim & Werihein.



Mannheim, 7. Dezbr. Gleichzeitig mit
der Stuttgarter Handels- und Gewerbekammer hat
ſich auch die Mannheimer Handelskammer an den
deutschen Reichstag mit dem Ersuchen gewendet, in
Bezug auf die Anlandungshäfen der zu unter-
stützenden deutschen Poſtdampfer unter allen Um-
ständen Rotterdam zu berticksichtigen, + den größten
und bedeutendſten Rheinhafen, mit welchem der
Endpunkt der Rheinschifffahrt in stetigem, lebhaftestem
Zusammenhang steht. HZweifellos können Stimmen
aus dem praktiſchen Geſchäftsleben dem Reichstage
und seiner Kommission. nur erwünscht sein, da, wie
es scheint absichtlich, in dem Gesetzentwurfe ſelbſt
die Wahl der Anlaufhäfen offen gelassen ist.

Frankreich.

Paris, 8. Dec. Das gestrige, ſehr zahlreich
beſuchte Meeting beſchäftigungsloſer Arbeiter im
Saale Favier nahm einen äußerſt ſtürmiſchen Ver-
lauf. Es kam im Saale zu Thätlichkeiten. Das
Auseinandergehen der Theilnehmer erfolgte jedoch
ohne Zwischenfälle. Auch auf der Straße fand
keinerlei Kundgebung ſtatt.

: England.

Holy-Head, 8. Dez. Der Dampfer „Pochard“,
mit Paſſagieren und Ladung von Cork nach Rotter-
dam fahrend, ist gestern Nachmittag bei Holy-Head
geſunken. Obgleich das Rettungsboot sofort hinaus-
geschickt wurde, konnte des schweren Seeganges
wegen niemand gerettet werden.

Aus Uah und Fern.

* Karlsruhe, 8. Dec. Gegen den Schluß der
gestrigen Abendvorſtelung im Zirkus Blumenfeld
ſtürzte ein Theil der Gallerie ein, wobei etwa 30
Perſonen mit zu Fall kamen, von denen mehrere
leicht verleßt wurden. Schwere Verwundungen ſollen
nicht vorgekommen ſein.

* Sinsheim, 8. Dez. Der hiesige Fechtſchul-
Verband hat heute von den z. Zt. in Beſit, haben-
den Geldern die hübſche Summe von 600 Mk. an
die deutſche Generalfechtſchule zu Lahr übersandt.
Eine weitere Geldſendung soll zu Ende d. Mts.
erfolgen. – Heute Morgen wurde die Ehefrau



Seine Stirn zog sich in Falten.

„Wann werden wir reiſen?“ wiederholte er nur
noch härter und bestimmter.

„O, wann Du wrillſt,“ entgegnete sie.

Da stand er auf und trat an sie heran. Offen-
bar, sie fürchtete ihn. Womit hatte Kurt das ver-
dient ? j
„Else, Elſe, das vergebe Dir Gott! Was haſt
Du aus uns gemacht? Soll es immer ſo bleiben
zwischen uns ?“

Sie hätte aufschreien mögen in namenloſem Weh.
Wenn er lieb und freundlich zu ihr geſprochen hätte !
Aber er schaute sie ſo finster und zornig an, daß fie
den Muth verlor.

„Du haſt es so gewollt! Warum mußten wir

uns jemals begegnen ?“

„Ja, warum mußten wir uns jemals begegnen.
wiederholte er auch. „Aber habe nur Geduld, laß’
mich nachſsinnen. Vielleicht gibt es ein Mittel, das
entsetzliche Band zu lösen.!“

Damit war er gegangen.

Die junge Frau saß zitternd und todtenblaß, sie
konnte nicht ein Wort über ihre Lippen bringen,
aber ihre großen Augen hafteten noch entsetzt auf
der Stelle, wo er zulett gestanden hatte.

„Dieses entsetzliche Band !“ wiederholten ihre
blutloſen Lippen.

Das war der ſchlimmſte Tag, den sie seither er-
lebt. Warum war ihr nie der Gedanke gekommen,
daß es eine Löſung gebe? Er wollte fich von ihr
trennen und sie? /

Else zitterte wie Espenlaub im Morgenwind und

doch mußte sie sich ſagen, daß es keinen andern Aus-

weg aus diesem Chaos gab.





10. Dezember



Druck unvd Verlag von Wurm & Pfeffer in Heidelberg.
Expedition Brunnengaſſe 24.

Frs

Anzeigen: die 1-ſpaltige Petitzeile oder deren Raum 5 Pfg ,
für auswärts 10 Pfg. Bei mehrmaligem Erscheinen Rabatti.

1884.

i;; L
eines hieſigen Bürgers todt aus der Elsenz gezogen. :
Das Motiv zu dieser traurigen That dürfte zvenen.
fellos in einem Anfall von weeiſtesgeſtörtheit den.
Unglücklichen zu ſuchen sein. .





. * Boxberg, 5. Dez. Als eine gewiß ſelten
rorkommende Thatſcche mag Ihnen mitgetheilt
werden, daß der hiesige Mechaniker und Kaufman
Auguſt Strauch das Erträgniß seines am Hauſe
befindlichen Rebſtockes heute erſt geherbſtet hate De.
Trauben waren größer und vollkommener als d'en.
übrigen, vorzüglich ſüß und hatten auch nicht den
Sv r SE
ungünstiger Witterung geschütt. + Seit geſien.
weilt ein Notar aus Mannheim in unserem Städt- |
c<en, um Vergleichsverhandlungen zwiſchhn dm
Berndtſchen Erbintereſſenten anzubahnen.

* Mosbach, 7. Dez. Von großem Intersſſen.
und hochwichtiger Bedeutung dürfte das vo de.
Strafkammer des Großh. Landgerichts Mosbach am ;
4. d. Mts. ergangene Urtheil sein, woneh dſ'en.

Mitglieder des Pfandgerichts zu Schillingſtan.
wegen Vergehen gegen den Landrechtsſaß 2202 +
Nichtbeachtung der gesetzlichen Vorschriften bei Füh-
rung der Grund- und Pfandbücher –~ zu Geld-
strafen von 1200, 1400 und 16 M. verurthilee.
wurden. Welche Pflichten Bürgermeiſter und Ge- :
meinderäthe mit ihrem Amte übernehme, wn.
denselben gewiß hieraus klar werde... ..

* Tauberbiſchofsheim, 8. Dec. Bei der lesen.
Samſtag stattgehabten Bürgermeiſterwahl haben 283
Wahlberechtigte abgeſtimmt. Hiervon haben Sin.
men erhalten Herr Bürgermeiſter May 145, Herr
Stadtrath Kachel 138 Stimmen.

[Q Hardheim, 7. Dec. Die hiefige Gemeinde
beschäftigt sich z. Z. eifrigſt mit der Einführung
zweier wohlthätiger Einrichtungen, nämlich der Er-
richtung einer Spar- und Waſsenkaſſe und ene.
Wasserleitung. Wenn die Statuten der erſteen.
genehmigt sein werden, so iſt anzunehmen, daß den.
Anstalt: ſchon mit dem Anfang des kommenden Jahres



in's Leben tritt. Bei dem erprobten Sparſinn dere.
Bevölkerung der hiesigen Gegend, iſt an dem G



Kurt kam nicht zum Mittageſſen, kaber Frei
von Dragoon war bei Tiſch zu Gaſt. Sie hatte
nicht an ihn gedacht, sonst würde sie ihm haben abe.
sagen laſſen. Nun trat er plöglich in das Vozin.
mer, als sie ſoeben durch daſſelbe gehen wollte,.
sich in den Speisesaal zu begeben. ...

Er trat mit einer Verbeugung auf sie zu un.
küßte ihr galant die Hand. Dann blickte er zu inn.
f: : In demselben Moment trat er einen Schit.
zurück. u .

„Gnädige Frau, Sie find krank ?“ kam es über
seine Lippen. ! i

Sie verſuchte zu lächeln.

„Das gesellige Leben ermüdet mich zu sehr,
werde in meine Einsamkeit zurückkehrenn.

In seinen Augen flammte es unheimlich auf
Else würde es vielleicht gesehen haben, wen fich n
in demselben Moment seine Lider auf die Wan
herabgeſenkt hätten. So sagte er Nichts; seine
Stimme würde verrathen haben, was er in dieſem
Moment empfand. Er hatte Tag für Tag dran.
gedacht, daß sie ihm eine solche Eröffnung mcahen.
würde und doch hatte er diese Gedanken gewalſean.
zurückgedrägt, denn er konnte sich ein Leben, wenn §
Else gegangen ſein sollte, nicht mehr denken. uw

Die junge Baronin plauderte ganz unbefangenen.
von ihrer Rückkehr nach Schloß Rotenburg. Sie .
würde dauernd einen Aufenthalt in der Reden.
nicht ertragen und sie habe eine ordentliche Shn.
sucht, wieder einmal reine, friſche Bergluft zu athnnm.
und die ſtille Abgeschiedenheit ciner herrlicha Ntuaen.







ich







zu genießen. '
 
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