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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 127 - No. 149 (1. Juni - 29. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44124#0559

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Expedition Brunuengaſſe 24.

eidell rger Tage llatt

Heidelberger General-Anzeiger. tür

Yerantworilicher Redakteur Philipp Klansuer.



Anzeige n: die 1-ſpaltige Petits

ill

Expedition Brunnengaſſe 24.



Die Ueberſchwemmungen in Spanien

haben in den Ostprovinzen wieder furchtbaren Schaden
angerichtet und erweisen sich theilweise als verheerender,
als die des Jahres 1879. Am meiſten mitgenommen
sind die Provinzen Murcia, Alicante, Valencia. Die
Bahn- und Telegraphenverbindungen sind an vielen
Stellen unterbrochen, und dies erſchwert die Hilfs-
leiſtung. Viele Dörfer sind völlig unter Waſſer und
außer jeder Kommunikation mit dem übrigen Lande;
die Bewohner derſelben leben auf den Dächern und
entbehren ſelbſt der Nahrungsmittel.

Die Behörden, Privatperſonen, die Militärchefs
der benachbarten Garnisonen, die Kommandanten der
Kriegsschiffe thun ihr Möglichſtes, den am meisten
bedrohten Ortschaften die erforderliche Hilfs. zu leisten,
aber die vernichteten Ernten werden dadurch nicht
erſett, dem in der Folge drohenden Nothstande wird
nicht geſteuert. Die öffentliche Meinung tadelt die
















ſchon mehrmals hereingebrochenen Kataſtrophen Ver-
anlassung genommen hat, durch Daminbauten, Schleu-
: ſenwerke, Flußregulirungen, Kanäle u. ſ. w. solchem
Unheil vorzubeugen.

; Dieſes plötzliche Wachsen der Fltiſſe hat übrigens
ſeinen Grund nicht in dem Schmelzen des Schnees
auf den Gebirgen, sondern liegt in den Regenmaſsen,
und in der Seichtheit der Flußbette. – Sehr
richtig bemerkten dieser Tage einige Blätter, daß,
wenn die Regierung nicht durch Anpflanzung von
Wäldern und durch geeignete Flufregulirungsarbeiten
und Präventivbauten die Bewohner der jettt in
kürzeſten Zwischenräumen von furchtbaren Ueber-
| ſchwemmungen bedrohten und heimgeſuchten Gegenden
ſ<ütt, die Auswanderung immer größere Dimen-
ionen annehmen wird, als sie schon hat.

. Andererseits gehören gerade die jetzt wieder heim-
gesuchten Distrikte zu den fruchtbarſten des ganzen
Landes und sind im Stande, enormen Ertrag zu
liefern und den nationalen Wohlstand zu heben.
Leider ſcheint das Wetter, das sich zwei Tage lang
etwas gebessert hatte, wieder ſchlechter und anhal-

Die feaukeziutg, M

Roman von Marie Romany.

(Schluß.)

Isabella wußte genug. Mit einem leichten Rucke
ſaß sie an der Seite des Kindes und flüsterte : Meine
" heimathliche Hütte stand in einem kleinen Dorfe an
_ der Ktüſte des Meeres; meine Mutter ſtarb, als ich
! ein Kind war, meinen Vater habe ich niemals ge-
kannt; meine einzige Gespieliti, die Leidensgefährtin
meiner ſväteren Tage, war meine einzige Schwester
Elsa mit Namen. Wir gehörten später einem alten
Weibe, die sich Madeleine nannte . . . .

Bella! stieß jett Elſa hervor; so sind Sie es
~ so Du biſt es wirklich! Du biſt Bella, biſt meine
Schwester, deren Liebe ich während meiner elenden
Kindheit so schmerzlich entbehrt?

. Bella antwortete nicht mehr; in ſeligem Froh-
_ locken hing sie an der Schwester Bruſt.

Da lagen fie ſich nun wieder in den Armen,
ie beiden Zwillingsſchweſtern, und weinten vor
Wonne und Gläücdfſeligkeit! Da hingen sie aneinan-
der, da hielten sie ſich umſchlungen, Wange an Wange,
J Bruſt an Bruſt; wie in den seligen Tagen ihrer
| Kindheit sogen ihre Lippen in dem gegenseitigen

Kusse neues, paradiesisches Leben ein! Öb längst



leben erhohen hatte, die Andere zu Elend und
Jammer herabgedrtickt, es konnte nicht die Treue
ersticken, welche die Herzen ber beiden Schtveſtern
mit einander verbunden hielt. – Gott segne: sie.

Regierung, daß sie nicht im Hinblick auf die nun



das Schicksal mit rauher Hand dieses Band der
Liebe zerriſſen, ob es die Eine zu Glanz und Wohl-



Das Erscheinen der Baronin ſtörte endlich die

Dienſtag, den 10. Juni

Deutſches Reich.

Karlsruhe, s. Juni. Der heute hier abge-
haltene nationalliberale Parteitag hatte sich eines
außerordentlichen Beſuches zu erfreuen. Die Ver-
sammlung in der Festhalle, welche von ca. 3000
Personen besucht war, wurde von Landgerichtsdirek-
tor Kiefer eröffnet, auf deſſen Vorschlag Geh. Rath
Lamey zum Vorsißenden gewählt wurde. Der Prä-
ſident Lamey gibt sodann bekannt, daß die Reſolu-
tionen von Heidelberg und Berlin zur Berathung
geſtellt ſeien. Nach längerer Rede der Herren Kie-
fer, Direktor Eckhard, Wolff aus Stuttgart,
Bräunig aus Landau, fordert Geh. Rath Lamey
die Versammlung auf, ihre Zustimmung zu den

Resolutionen auszusprechen. Dies geschieht durch | P

Erheben der Anwesenden von ihren Sitzen.
Karlsruhe, 6. Juni. Auf Grund der im Mai
l. J. abgehältenen erſten juriſtiſchen Staatsprüfung
werden folgende 22 Rechtskandidaten in nachſtehen-
der Reihenfolge zu Rechtspraktikanten ernannt:
Arnold Seligmann aus Karlsruhe, Leopold Neckel
aus Hamburg, Karl v. Babo aus Weinheim, Theo-
dor Elsaſſer aus Bruchſal, Nikolaus Beßler aus
Heiligkreuzſteinach, Heinrich Knecht aus Tauberbi-
ſchofsheim, Wilhelm Stoll aus Mannheim, Hermann
Engelhard aus Mann)eim, Robert Diet aus Walds-
hut, Alexander von Harder aus Lindenhaus bei Achern,
Karl Sauter aus Meßkirch, Karl Meyer aus Karls-
ruhe, Friedr. Fießler aus Pforzheim, Dr. Friedrich
Mallebrein aus Wolfach, Max Oppenheimer aus
Eppingen, Bernhard Göt aus Mannheim, Friedrich
Brombacher aus Steinen, Eduard Grimm aus
Freudenberg, Franz Wagner aus Waldkirch, Otto
Seiler aus Mannheim, Paul Martin aus Dürr-
heim und Karl Welcker aus Nürnberg.
Karlsruhe, 7. Juni. Für die Arbeiterkolonie
ſind dem geſchäftsführenden Augſchuſſe bis zum 4.
d. M. 17,251 Mart 89 Pfg. zugegangen und in
Aussicht gestellt durch den Zentralverein für ent-
laſſene Strafgefangene ein unverzinsliches Darlehen
von 10000 Mark, zuſammen 27 251 Mk. 89 Pfg.
Berlin, 7. Juni. Kaiſer Wilhelm, der Kron-
prinz, ſowie der Großherzog von Baden beſuchten

. Schwestern in der Ueberwallung ihres Glücks. Mit |

verdrießlicher Geberde verlangte Leonka, daß Ja-
bella sie nach Hauſe begleite.

Diese erhob sich und trat auf die Mutter zu.
Ich habe meine Elsa wiedergefunden, flüſterte sie
ihr in die Ohren; o, wie unausſprechlich glücklich
bin ich, Mama! Die Baronin blickte erschrocken im
Gemache umher, doch Niemand war zugegen, als
der alte Profeſſor; sie machte daher eine kurze Ver-
trizutg fh tet auf den Korridor, indem sie ihre

ochter nach sich zog.

"Dr. Meinhardi §.d Elsa blieben bei der Ent-
ſeelten allein; sie verbrachten mit einander die Nacht
im Gebete. : ; ö ;

Victor von Hohenheim hatte von der Gräfin
ein Schreiben erhalten, welches ihn erſuchte, ihrem
Sohne, dem jungen Grafen Alfred, nach ihrem
Scheiden Vormund zu sein. Ein unglücklicher Zu-
fall brachte es mit sich, daß er diese Zeilen erſt am
folgenden Morgen in die Hand bekam; er eilte zur
Stelle, fand aber eine ſchon aufgebahrte Todte.

Am Nachmittage deſſelben Tages ſuchten die |. F

Baronin nnd Jsabella die stille Zurückgezogenheit
der Berg'ſchen Häuslichkeit auf. Die Seligkeit,

welche über der Wiedervereinigung der Zwillings- |

ſchwestern lag, spottet jeder Beschreibung ; aber auch
die Uebrigen Alle nahmen innigſten Antheil an
diesem Glück. Die Baronin von Hagern hatte
ſsich anfänglich von Elſa und ihren Hausgenossen
in stolzer Entfernung gehalten, nachdem sie aber
gehört, (f Elsa und Via tetruttize Töchter des
biuf«unes us G vet Fraikencui leer:



von dem Glücke, die Kinder wiedergefunden zu hab



1882.

am heutigen Sterbetage König Friedrich Wilhelm.
III. das Mauſoleum in Charlottenburg und ven.
weilten dort einige Zeit zu stiller Gedächtnisfeien.

Berlin, 7. Juni. Der Börsenſteuerentwurf it.
heute von den Ausſchüſſen des Bundesraths dureh
berathen worden und das Resultat iſt dem Ver-
nehmen nach, daß dieſelben die Annahme der Vor-
lage beim Plenum mit einigen Abänderungen bean-
tragen werden, die aber nicht prinzipieller Natur
sind. Dieselben sollen in der Hauptsache in einge
Modifikationen zu Gunsten der Waarenumſäzke un
in Milderungen der Kontrolbeſtimmungen, aber unter
Beibehaltung des Steuerbuchs beſtehen. Anfang
nächſter Woche, wahrscheinlich Dienstag, wird das
lenum des Bundesraths sich mit dem Gesetze be-
ſchäftigen. Dies iſt das gegenwärtige Stadium der
wichtigen Vorlage, über deren geschäftliche Behand-
lung im Bundesrath durch eine Reihe falſcher Nach-
richten bereits mehrfach Verwirrung, die sich auch
an der Börse geäußert hat, angerichtet worden iſt.
Was nun die Aussichten des Geſeßes im Plenum
des Bundesraths betrifft, ſo nimmt man, wie auch
die „Kreuzztg.“ bestätigt an, daß, da prinzipielle
Aenderungen nicht erfolgt ſind, das Gesetz mit den
von den Ausſchtiſſen beſchloſſenen Modifikation dem-
nächſt an den Reichstag gelangen wird. Zwar haben
ſich einige Regierungen ihre Stellungnahme im
Plenum noch vorbehalten, doch ſoll sich die Oppo-
sition auf die Hansestädte und einzelne ſüddeutſche
Staaten beschränken. An dem glatten Verlauf im
Bundesrath, in dem übrigens die Eingaben der ver-
schiedenen Handelskammern ihrer Sachlichkeit halber
einen guten Eindruck gemacht zu haben ſcheinen, isſt
um so weniger zu zweifeln, als offenbar Preußen,
alſo Fürſt Bismarck, Werth auf das Gesetz legt. ~
In der Abschiedsaudienz, die Sargent gestern beim
Kaiser hatte, soll sich der lettere in sehr freundliezree.
Weise mit dem ſcheidenden Gesandten unterhaleaen.
haben. Derſelbe wird noch vom Kronprinzen em.
pfangen werden. Der für Waſhington erranmnte.
Gesandte, Herr v. Alvensleben, wird seinen Poſeen.
erſt antreten, wenn für Sargent ein Nachfolger en.
nannt sein wird. +- Die ,„Nat.-Ztg.“ erfährt ane.









von Hohenheim war, da wurde ſie „natürlich“ auch .

von der Freude ergriffen und stimmte in den Julke.
ein. Zwei Tage später wurde die Leiche der Grä-
kt .! feierlichem Pompe nach der Frankenburg
überführt. ;

qt: lange währte es, ſo war die Identität der
Zwillingsſchwestern feſtgeſtelt. Beide Mädchen,
in Begleitung des Grafen Victor und der Baronin
Leonka, begaben sich nach ihrem Geburtsorte Berlamo.
Alles, was ausgeſagt wurde, ward für richtig be-
funden; Tante Ulrici und Josepha hielten noch das
„Goldene Adler-Hotel“ ; auch die Großmutter Mar
war noch am Leben. Hier jedoch forderte das Sch
sal noch ein Opfer: die Matrone ward, überwäl














vom Schlage getroffen. : ; h
Victor von Hohenheim verſtand es, das
denken seines Freundes in Ehren zu halten; das
Geheimniß der Doppelheirath entzog er vollſtändig
dem Gerede der Welt. Er traf die Einrichtung,
daß der junge Graf Alfred als Erbe der Beſitung
und Träger des Namens von Sternenberg auf
rankenburg wohne. Dr. Meinhardt blieb als
tendant auf der Besitung und leitete die Erzieh
des Knaben bis zu deſſen Großjährigkeit. !

Also blieb das Verhängniß, welches über diesem
Hauſe gewaltet, der Oeffentlichkeit vollſtändig ent-
zogen; der einzige Fremde, der von der Sache Kennt-
riß erlangt hatte, war Dr. Meinhardt; doch dieser
würdige Mann schloß sich vollſtändig der Ansicht
der Uebrigen an. j |
Als der junge Lenz mit seinen wonnigen Ta
über das Land hereinzog, wurde Elsa in aller Stille
dem Grafen Hohenheim angetraut. Nur wenige Gäste


 
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