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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 177 - No. 203 (1. August - 31. August)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44124#0763

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Expedition Brunnengafſe 24.





Die franzüfr the Vationalverfammlung.

Der Congreß zur Revision der französischen Ver-
fasung iſt bekanntlich am Montag zusammengetreten.
Vie aber vorauszuſehen war, ſuchten die Radicalen
im Verein mit den Legitimiſten und Vonapartisten
durch Scandalscenen tc. den Congreß zu sprengen,
und es iſt bei dem explosiven Charakter der Fran-
?oſen durchaus nicht gänzlich ausgeschloſſen, daß nicht
Ius dem sehr zahmen Congreß fich eine wilde con-
îtity irende Versammlung entwickelt, welche eine plötz-
he Aenderung der Regierungsform Frankreichs her-

kiführt. Um dieses Vorgehen der Radicalen recht
1 beurtheilen, iſt es nothwendig den Hergang der

en Congreßſitung etwas genauer sich anzufehen.
. Die Sitzung war das Scandalöſeſte, was Frank-
Ff: wga kt 1580 sſht:
*reinigten sich zu einer Obstruction, die aber nicht
mit Reden, sondern mit Heulen, Grunzen und
Schimpfrufen bewerkstelligt wurde. Als der Präſi-
nt Leroyer die Sitzung für eröffnet erklärte, rief
?r famoſe Legitimiſt Baudry d’Aſson: ,Jetzt be-
j unt die Komödie“, was der Präsident hingehen
ieß. Drei Stunden lang galt eine wüste Debatte
[t Frage, welches Reglement für die Congreß-
?rhandîungen anzunehmen sei. Es war ein be-
ündiger Tumult, accompagnirt vom heftigen Glocken-
?läute des Präsidenten und von Thierſtimmen,
elche von heiteren Abgeordneten geschickt nachgeahmt
urden. Leroyer glaubt, daß die Annahme der
"veränderten Tagesordnung vorzuziehen wäre, wird
?r durch heftigen Lärm auf der Linken unter-
kochen. Pieyre (Legitimiſt) : Es bleibt uns nichts



















brig, als uns zurückzuziehen. (Heftiger, langan-
UU Lz! Lege: U. ves
ts Hauses möglich machen werden. (Lärm.) Ich
lage also die unveränderte Annahme ... . (Rufe!
. nein! auf der Linken, fürchterlicher Lärm
allgemeines Frhetandereuſen). Hoyer : “s
tt e nt "ruhig e st ct.










Falt verloren, doch + gerettet!

Roman aus dem Engliſchen überſetzt von J. J.



4. Fortſetzung.
Einfach. daß é ts ot verlaſſen muß.

te, „das iſt ein ſchlechter Scherz, Margaret.“
„„Es ist kein Scherz, sondern heiliger Ernst“,
îe sie, „gerade herausgeſagt, mein lieber Freund,
und meine Tochter find ſchon zu lange hier ge-
[en, ich bin mit Unbarmherzigkeit daran erinnert

. „Wer hat es ewagt, sein Urtheil darüber zu
rn? ſicher " i die Dienerſchaft — ſicher nicht
?" und sein Gesicht bewölkte sich bei dem Ge-

d "Nein, mein lieber Freund, Ihre Domeſtiken
aj. n ihrem Benehmen gegen die Wittwe und
pee Ihren Anordnungen gefolgt, und Clara, das
ind, lebt mit ihren Gedanken nur in der
Jangenheit und denkt nicht an die Gegenwart
gehe. B jf eine große Sorge, die ich ihret-
zurücklasse.“ j
r zind für . keine ?“ ſagte Mr. Nugent und
nge M, in dem er dies sagte, würde ſich für einen
sen Liebhaber beſſer geeignet haben, gleich wie
h Erröthen in Mrs. La Grand's Geſicht ihrer
r angeſtanden haben würde.
„D nein, mit Ihnen iſt es ganz etwas Anderes,
find ein Mann, frei und nun unabhängig, zu
men und zu gehen ; die arme Clara aber bedarf
Sorge und Aufmerksamkeit.“



„Verlasſen !“ rief Mr. Nugent, und seine Stimme |





"Und doch wollen Sie sie verlassen ?“

Verantwortlijer Pedakieur Philipp Klausner.
Hamſtag, den 9. Auguſt

laſſen, würden Sie die Ungerechtigkeit Ihrer Unter-
brechungen verstanden {tts (Beifall im Centrum.)
Ich ſchlage vor, unter Vorbehalt von Unteranträgen,
die Geschäſtsordnung des Congreſſes von 1871 in
ihrer Geſammtheit anzunehmen. Vernhes verſucht,
dem Congreß rr üle zuzureden und ist erſtaunt,
daß sich der Congreß in einem solchen Durcheinander
befinde. Sei das Frankreich? Was werde das
Volk davon denken? Sein Urtheil werde unbarm-
herzig ausfallen ; denn was hier geſchehe, sei ſchimpf-
lich. Man ſollte glauben, in einer wüſten Volks-
versammlung zu sein. (Lärm.) Redner verlangt
die Ernennung eines Ausſchuſſes, um tiber die Ge-
ſchäftsoronung von 1871 zu berathen. - Gra
Douville Maillefeu beantragt namentliche Abstim-
mung. Diese wird von dem Congresſſe abgelehnt
und er verwirft auch den Antrag Andrieux (Ver-
theilung der Geschäftsordnung). Leroyer stelit nun-
mehr zur Abstimmung, ob der Congreß die Ge-
ſchäftsordnung von 1871 annthmen will. (Ruf von
links: szorufsn. Gatineau : Man will uns zwingen
über Etwas abzustimmen, was wir nicht kennen.
(Viderſpruch.) Sie wollen verhindern, daß Ihre
Handlungen und Ihre Namen bekannt und an's
helle Tageslicht gezogen werden. Ein Schlußantrag
wird angenommen. (Höhniſcher Beifall rechts und
links.) Baudry d'Aſſon: Das iſt eine ſchimpfliche
Betrügerei. Herzog von VBisaccia : Ich habe die Ab-
ſtimmung nicht verſtanden. Leroyer: Damit hiertiber
kein Zweifel obwalten könne, lasſe ich zum zweiten
Male abſtimmen. Die Abftimmung hat dasselbe
Ergebniß und der Schluß bleibt aufrechterhalten.
Endlich wurde das Nersammlungs-Reglement ange-
nommen. Im weiteren Verlauf der Sitzung hat
der Scandal geradezu unerhörte Proportionen an-
genommen. Er gipfelte in der Scene, daß, als
Ferry auf die Tribüne trat, um das Revisions-
project zu verlesen, Andrieux ebenfalls die Tribüne
bestieg, um dem Conſeilpräſidenten das Wort streitig
zu machen. Andrieux bedrohte Ferry, desſen Wange
er mit einem geſchwungenen Aktenbündel faſt be-
rührt. „Jch habe das Recht auf's Wort!“ brtillte
Andrieux. „Jch habe das Wort und trete es nicht

„Ich muß,“ war die Antwort.

„Aber warum ?“ :

Mrs. La Grand erröthete, als sie antwortete:
„Ich kann es Ihnen nicht sagen, es iſt genug, daß
die Nothwendigkeit vorhanden ist, und Sie als mein
Freund können es nicht wünſchen, daß ich bleibe.“

„Wenigstens habe ich als Ihr nächster Verwand-
ter und Freund ein Recht, den Grund kennen zu
lernen, und ich bestehe darauf, jetzt, da sie mein
Haus verlaſſen wollen, wo sie eine glückliche, geehrte
und beschüttte" -- - er hielt inne.

Mrs. La Grands Ohren waren entschieden offen,
obwohl ihre Augen zur Erde gerichtet waren; aber
die leßten Worte kamen nicht und sie war genöthigt,
zu antworten.

„Es iſt sehr schmerzlich für mich, Mr. Nugent,
entweder muß ich undankbar erscheinen, oder ge-
wisſermaßen das weibliche Zartgefühl verletzen. Da
ich ſtrenge an der Schicklichkeit hänge, will ich offen
reden. Ich habe heute Morgen einen Brief von
einer entfernten Verwandten und, wie ich glaube,
aufrichtigen Freundin erhalten, worin sie mir mit-
theilt, daß sehr verlezende Gerüchte über mich im
Umlauf sind, und ich kann nur meine und meiner
Ellinor Ehre wieder herſtellen, wenn ich Ihr Haus
ſogleich und für immer verlasse...

„Elende Verleumder !“ rief Mr. Nugent heftig,
„wie können sie es wagen, eine Dame anzugreifen,
die ſo hoch über jedem Zweifel steht, es iſt nur
müßiges Geschwätz, von neidlichen Zungen erfunden.“

Margaret achtete es nicht. Sie schüttelte das
Haupt. „Es kann nicht sein, Mr. Nugent, ich bin
entſchloſſen, und nichts kann meinen Entschluß um-



et Tageblatt

Anzeigen: die 1-ſpaltige Petit-
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zeile oder deren Rum & Pfg.

: Heidelberger General-Anzeiger. ts

Rabattbewilligung. i
Expedition Brunnengaſenen...

ab !“ erwidert Ferry und ruft, fich zum Präsidenten
umwendend : „Jagen Sie diesen Menschen aus dem
Saale!“ Alles verläßt die Sitze und stürmt in den
freien Halbkreis. Langlois erklettert die Tribtine
und ballt gegen Andrieux die Faust. Da Andrieux,
unterſtütt durch die 300 Schreier der Minorität,
ft zt let ps ve Fre igtnust
Während der Suspension machten die Heißſporne
unter den Radicalen den Vorschlag, den Saal zu
verlassen, sich in einem anderen Lokale als revolu-
tionäre Versammlung zu constituiren und eine provi-
soriſche Regierung einzusetzen, was aber wenig An-

f | klang fand. Die unterbrochene Sitzung wird nach

45 Minuten wieder aufgenommen. Jettt kann Ferry
seinen Gesetzentwurf vorlesen. Neue völlig ver-
wilderte Debatte über die Frage, ob derselbe einem
mittelſt Liſtenſcrutiniums zu wählenden Dreißiger-
Ausſchuſſe zuzuweisen sei. Zehn Redner ſprechen
oder vielmehr brüllen immer zugleich. Clemenceau,
Dowville, Maillefreu, Lorenchet protesſtiren dagegen,
daß die Ausſ;chußliſte bereits gedruckt circulire und. -
man die Minderheit erwürgen wolle. Präſident

Leroyer: „Ich tadle mit all’ meiner Kraft diese
Thatſache!“ Douville, Maillefeu: „Oho! Wer zahlt
was zu trinken?“ Der Präsident ruft ihn zur Orr.
nung. Clemenceau: „Die Ver ammlung möge doch

mindestens den Anschein bewahren! Für wen halten . .

Sie uns? Wenn die Abstimmungen unter so

ſcandalöſen Bedingungen ſtattfinden; wenn Sie s
das Recht der Minderheit nicht reſpectirene; wblnen.
Sie weiter vorgehen wie bisher; wenn Sie ven.

einigte Centrums-Republikaner und Orleanisten, diese
Frechheit haben, ſo erkläre ich Ihnen, daß wir Sie
beim allgemeinen Stimmrecht denunciren werden,
welches Sie mit Ekel zurückſtoßen wird.“ Zulett
wird beſchloſſen, den Dreißiger-Ausschuß am Dien-
ſtag zu wählen, worauf die Sitzung, die über sechs
Stunden gedauert, um 6!/, Uhr geschloſſen wird.

Deutſches Reich.
Breslau, 5. Aug. Bei dem geſtrigen Feſtmahle
des Anthropologen-Kongresſes brachte Profeſſor Dr.



früher, wenn ich meine Vorbereitungen beendigt habe.
Mrs. Selwyn kann sehr wohl Clara's Pflege über-
nehmen, bis Sie eine Gouvernante gefunden haben.

Mr. Nugent antwortete nicht sogleich, er war in
tiefes Nachdenken versunken, so daß er die letten

Worte kaum begriffen zu haben schien, unn Mrs.

La Grand konnte den ernsten zweifelnden Ausdruck
in seinem Geſichte nicht verstehen. In seinem Innern
kämpfte es + ein Kampf zwischen Neigung und
Pflicht, zwiſchen Vergangenheit und Gegenwart. :
Die Dame wurde ungeduldig durch die Unge-
wißheit, sie rauſchte kaum merklich mit ihrem Kleide,
wollte aber auch nicht zur Entscheidung drängen,
was für sie möglicher Weiſe nicht vortheilhaft sein

alle die Sorgen und Zweifel, die sich in ihm er-
hoben und seinen Entſchluß wankend machen, nieder-
kämpfend, zog er seinen Stuhl etwas näher zu ihr
heran. Es lag eine gewisſe Unſchlüsſigkeit in seinem
Benehmen, die indeſſen nach den erſten Worten
verſchwand. ;
„Margaret, bleibe.“
„Ich kann nicht.“
„Haben Sie keinen anderen Grund, welcher Sie
zwingt, uns zu verlaſſen, als den Sie eben ange-
geben?“ — „Gewiß nicht, was könnte mich anderes
bestimmen, cinen Ort zu verlassen, wo ich meinen

gefunden habe ?“
„„Wenn das der Fall iſt, Margaret“, antwortete
Mr. Nugent, „gibt es mir Muth, das auszusprechen



stoßen; ich gehe in der nächſten Woche oder noch

mir zu bleiben und den Platz auszufüllen, welchem .



konnte. Endlich erwachte er aus langem Nachdhenen.
und mit einem plötzlichen Aufraffen, als wolle e.

Wirkungskreis und meine Freude so viele Monate .

was auf meinem Herzen liegt. Ich bitte Sie, blen.


 
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