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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 1 - No. 25 (3. Januar - 31. Januar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44124#0094

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. einer Schilderung des Tages nach der Bürgermeiſter-

wahl. Ich schlenderte, durch ungewohntes Lärmen
Haus meiner Ruhe aufgeschreckt, die Straße entlang

und war zuerſt verplüfft, dann aber entzückt über

das in Eppelheim wohl noch nie geſehene Treiben
auf der Straße, als ein fremder Herr auf mich
zutrat, auf deſſen Gesicht ebenfalls großes Erſtaunen
geschrieben stand und mich fragte, ob denn in diesem

Dorfe die Faſtnacht schon im Januar beginne,

Worauf ich die Nothlüge, ich wäre ſelbſt nicht aus

Eppelheim vorſchütend ihm erwiederte, ich wisse

nicht, was der Mirakel zu bedeuten habe. Da

ah man Bursſchen in mancherlei Coſtümen, sogar

mit Kummet umhängen, andere trugen Strohkränze
um den Hals und wieder andere ſpielten die Trei-
ber mit der Peitſche knallend hintendrein drollend,

kurz es war ein förmlicher Maskenzug dessen Folie
î noch ganz besonders dadurch erhöht wurde, daß ſich
dem Zuge eine Anzahl strammbekneipter Maurers-

gesellen mit den landesüblichen Speißbuben an-
_ geſschloſſen hatten und die ganze Gejellſchaft johlend

die Straßen durchzog, was Jung und Alt ergötte.

_ Wer räht aber, was all’ dies zu bedeuten hatte?

_ Es war der Triumph des Siegers, welcher ſich in

o eclatanter Form bekundete; doch die Parthei des

Gegners amüÿſirte der ganze Aufzug, denn man sah
viele Mitglieder derſelben herzlich lachen über das
urtkomiſche, eigenthümliche Bild — „das Nachspiel
zur Bürgermeiſterwahl.“
_ * Waibttadt, 27. Jan. (Bürgermeister- und
_ Gemeinderathswahl.) Endlich bin ich in der Lage,
Ihnen das Endresſultat unserer Bürgermeister- und
_ Gemeinderathswahlen mitzutheilen + gottlob daß

einmal der zwei volle Jahre währende Kampf be-

endet und die von den meiſten Bürgern längst er-

ehnte Ruhe in unserer Gemeinde wieder einzieht.
_ Es war am 16. Dezember 1882 als unſere Ge-

meinde zur Wahl eines Bürgermeiſters zu ſchreiten
hatte. Weil es, glaube ich, noch nirgends vorge-
kommen, daß Einer alle Leute zu Freunden und gar

keine Feinde hat, insbesondere, wenn er ſchon drei

Perioden als Bürgermeiſter geamtet, so bildeten sich
auch hier zwei Parteien, die einander ziemlich ſchroff
gegenüberſtanden. Der Sieg blieb auf Seiten des

Yeitherigen Bürgermeisters Völker, doch wurde diese

Walhl ſeitens der gegneriſchen Partei angefochten

und kam die Sache bis zur miniſteriellen Entschei-

dung. Gemäß dieser wurde die Wahl Völkers be-
ſtätigt und so wäre vorläufig Ruhe gewesen, denn
die Gegenpartei mußte sich eben in's Unvermeidliche
ſchicken. Unglückseliger Weise aber stand nun die
_ Gemeinderathswahl vor der Thüre und so ent-

_ brannte der Kampf auf's Reue. Herr J. A. Heft

ging als Gemeinderath aus der Wahlurne hervor
und glaubte nun die Partei des Bürgermeiſters,
welcher Heft nicht angehörte, Gleiches mit Gleichem

vergeltenzumüſsen und ſo focht sie ihrerseits die Wahl

Hefts an, ivas zur Folge hatte, daß an deſſen Stelle

Herr Wilhelm Kayſer als Gemeinderath gewählt
wurde, was wiederum einen Sieg der Partei des

jetzigen Bürgermeisters bedeutete. Dieſe Wahl bildet
nun den Schlußakt der langen Unruhen und Kämpfe
in unjerer ſonſt so friedlichen Gemeinde und mit
ihm hoffen wir, daß aller Hader, aller Neid und
aller Haß vergeſſen und allgemeiner Verſöhnung
Platz machen möge — das walte Gott.

* Karlsruhe, 24. Jan. Der gestern ausgegebene
Staatsanzeiger“ Nr. 3 enthält folgende Uebersicht
der Studirenden auf den Universitäten Heidelberg

und Freiburg, sowie auf der polytechniſchen Schule

in Karlsruhe: Im HWinterhalbjahre 1883/84
îMtudiren: A. Auf der Universität Heidelberg : Theo-

logen 42 (24 Badener, 18 Nichtbadener), Juristen

îH9204 (69 B., 135 Nb.), Mediziner 205 (54. B.,

149 Nb.), Chemiker und Pharmazeuten, Kameraliſten,

hiloſophen und Philologen 283 (129 B., 154 Nb.),
f Ut zs umuut.1o
| burg: Theologen 61 (51 B., 10 Nb.), Juristen 108
(31 B., 77 Nb.), Mediziner und Pharmazeuten 245
(62 B., 183 Nb.), Kameraliſten, Chemiker, Philo-
ophen und Philologen 201 (59 B., 142 Nichtb.),
oſpitanten 59, Gesammtzahl 674. C. Auf der
dpolytechniſchen Schule in Karlsruhe: Mathematiſch-
gnaturwiſsſenſchaftliche Schule 6 (4 B., 2 Nb.), In-
_ genieurſchule 10 (3 B., 7 Nb.), Maſchinenbauſchule
_ 108 (17 B., 91 Nb.), Bauſchule 37 (19 B., 18 Nb.),
Chemiſche Schule 69 (22 B., 47 Nb.), Forstſchule
10 (10 B.), Studirende, welche keiner Fachſchule
; tan s 11 Her st ( Y.

s Straßburg, 26. Jan. Heute Abend sind etwa
_ fünfzehn Handelsherrn hiesiger Stadt zuſammen-
getreten, um ein proviſoriſches Comite zur Herbei-
führung des Canals Straßburg-Speyer zu bilden.
Voraussichtlich wird demnächſt an die Handekſchaft





in Straßburg und den Nachbarorten Schiltigheim,
Grafenſtaden eine Einladung zu einer größeren Ver-
sammlung ergehen, in welcher dann die Angelegen-
heit weiter berathen werden foll.

Stuttgart, 25. Jan. Heute fand die Verkün-
digung des Urtheils im Prozeſſe Wieland-Pfau
ſtatt; dasselbe lautete unter Verwerfung der er-
hobenen Berufung auf 4 Wochen Gefängniß für
Ludwig Pfau und auf 100 Mk. Geldſtrafe für
Redakteur Hausmann; beide Angeklagten haben die
Kosten sämmtlicher Instanzen je zur Hälfte zu tragen,
sowie in gleicher Weiſe die dem Privatkläger ent-
ſtandenen Kosten zu erseßsen. -

Bermiſchtes.
~ Heidenheim, 24. Jan. Ein Menagerie-
besiter, der heute von Wasseralfingen kommend hier
eintraf, entdeckte mit seinem Fuhrmann in der Nähe
von Unterkochen am Bahndamm, hart neben der

Straße, einen Handwerksbursſchen, der ganz erſtarrt

war. Man brachte den Erfrorenen in das nächſte
Bahnwärterhäuschen, wo sofort Wiederbelebungsver-
ſuche angestellt wurden, jedoch ohne Erfolg. Derſelbe
iſt etwa 40 Jahre alt, hatte weder Hut noch Ranzen
bei sich und kam gestern bei dem Schneeſturm vom
Wege ab, ohne sich aus dem Graben herausarbeiten
W Vz Pw WS t;
platten u. s. f. Schaden angerichtet. "
~ Von Landau gſJ., 22. Jan., erhält die
„Donauztg.““ Nachricht über ein grauenhaftes Ver-
brechen: In der Nähe von Haunersdorf wurde ein
14jähriges Mädchen ermordet. Daſſelbe wurde von
dem Verbrecher zuerſt vergewaltigt und dann schnitt
ihr das Scheuſal den Hals ab. Der Thäter ſfoll
ein Banernknecht sein, dem man auf der Spur iſt.
re Die Frage, wie groß Berlin iſt, iſt-fs
oft der Gegenstand widersprechender Erörterung, daß
in dieſer Beziehung folgende Daten am Plahe sein
mögen : Die Gruudfläche Berlins umfaßt 60,61

Quadrat-Kilometer, wovou 1,81 Qnadrat-Kilometer, |

mit Waſſer bedeckt ſind. Der Durchmesser des ſstäd-
tiſchen Terrains von Norden nach Süden iſt 9,26
Kilometer, von Oſten uach Westen 10,05 Kilometer,
der Umfang beträgt 47,003 Kilometer. Die An-
gaben über den Flächeninhalt des städtischen Weich-
bildes differiren indeß nicht unerheblich; die von
Seiten der Steuerbehörde für die Grundsteuer über
den Flächeninhalt (in Morgen) aufgestellten Daten
haben neuerdings als Geſammt-Flächeninhalt die
Summe von 23,739,63 Morgen ergebeu. ;
—— In Monaco haben in der vergangenen
Woche, wie die Blätter Genuas melden, nicht weniger
als 4 Menschen in Folge von Spielverluften ſich
getödtet; eiu Fünfter glücklicher Spieler wnrde über-
fallen. Hier die Einzelheiten; Im Hotel de Paris
daſelbſt jagte sich ein Kaufmann aus Bordeaux eine
Kugel in den Kopf; daſſelbe thaten der polnische
Graf Ravizky im Grand Hotel de Monaco und ein
Commis rvoyageure unter freiem Himmel auf dem
Place Phocenes, während ein italienischer Gutsbe-
sſißer sich im Garten des Hotel de Livourne erhängte.
Endlich wurde ein Fremder, der einige Stunden vor-
her in der Spielbank 7000 Frcs. gewonnen hatte,
im Garten des Kasino de Spelugnes erſchoſſen und
ausgeraubt. Dem Möder gelang es, zu entfliehen.
~ [Seelen-Konſe rven.] Man ſchreibt dem
„„D. M.-Bl.“ aus Wien : Die Fortſchritte unseres
Jahrhunderts sind geradezu bedauernswerth, und
jeder Tag bringt neue Erfindungen, welche an
Großartigkeit alles Dagewesene überbieten. Zum
Beweiſe dafür werde ich Ihnen gleich etwas ver-
rathen, daß Sie vor Erſtaunen das Blatt fallen
laſſen, welches Jhnen die merkwürdige Kunde bringt.
Prof. Jäger der Seelenriecher nnd Wollapoſtel,
der hier eine Vorleſung hielt, hat nämlich + ver-
zeihen Sie das harte Wort —~ wieder eine Erfin-
dung gemacht. Es handelt sich diesmal um Seelen-
Konserven. Nach seiner neu erfundenen Methode
können nämlich Seelen konſservirt werden wie Gur-
ken und Paradiesäpfel. In einem Privatzirkel, wo
er zu Gaſte war, hat er das neue Verfahren des
Ausführlicheren auseinandergeſezt. Wenn das Haar
Uf ra LU Lo t U
Abſud befindet sich dann die „Seele“ der betreffen-
den Person, welche auf diese Weise anderen Per-
ſonen auf die leichteſte Art der Welt mitgetheilt
werden kann. Prof. Jäger versſett auch den Abſud
mit Mehl und verfertigt auf diese Weise „Seelen
Pillen,“ die bei ihm zu haben sind, im Dutend
billiger. Hat einer Zahnſchmerzen, so braucht er
Er dt. §erelt pt t p gts cet
e nen vom

| Boden hebt, und er wird sich künftighin der groß-

artigſten Kauwerkzeuge erfreuen. Leidet einer an



Schwindel, so braucht er nur die Seelen-Pille einer
Seiltänzerin zu nehmen und iſt für alle Zeiten da-
von geheilt. Die Seelen - Pillen der Millionäre
heilen kranke Börsen, die der Reptilien verwandeln
ſtörrige Journalisten plöglich in fromme Lämmer.
Kurz, die Großartigkeit des Umſchwungs, welchen
die Seelen-Pillen herbeiführen müssen, läßt ſich gar
nicht ermeſſen. Die Geſellſthaft hörte verblüfft die
Ausführungen Jäger's an. Dann ſagte Jemand:
„Großartig, mag Ihre Erfindung sein, ich gebe es
zu — aber appetitlich, appetitlich iſt sie gewiß
nicht !“

he. [Tod in Folge einer unsinnigen Wette.]
Aus Schäßburg wird dem Wiener „Fremdbl.“ ge-
ſchrieben: Der Bauer Andre Frailin von Hernya-
kowa, ein riesenſtarker Mann mit einem wahren
Stiernacken, wettete dieser Tage im Wirthshauſe
mit einem andern Bauer Namens Alexin Gyorgye,
während der Unterhaltung um einen Eimer Wein,
daß des Andern Pferd nicht im Stande sei, ihn, den
Wettenden, vom Platze wegzuziehen, wenn er ſich
innerhalb der offenen Thüre mit Händen und Füßen
gegen den Thürpfoſten ſtemme. Bei der ſogleich ge-
machten erſten Probe, riß der Strick, den sich Frai-
lin um den Nacken gelegt hatte und desſen Enden
an das „Wagenbrittel“ geknüpft waren, an welches
das Pferd angeſpannt war. Frailin ſelbſt brachte
sogleich einen andern, stärkeren Strick, legte sich ihn
wieder um den Hals und befahl, das Pferd zum
Ziehen aufzumuntern. Anfangs widerstand Frailin
eine Weile, als aber endlich das dnrch Peiſchen-
hiebe zn stärkerem Zuge angeeiferte Pferd kräftiger
anzog, stieß Frailin einen Schrei aus, fiel nach vor-
wärts auf den Boden und wurde von dem Pferde,
bis es angehalten war, einige Schritte weit geſchleift,
ehe der Strick über den Kopf glitt. Nach zwei Tagen,
ſtarb der Wettende an den Folgen ſeines Uebermuthes,
und zwar, wie die Sektion ergab, an Zerreißung
einiger Rückgratsmuskeln, ; j



Lokales.
gte Me GU eq. t;
menraths ließ Erkundigungen über das Ausbleiben Hach-
manns einziehen u.wurde vonderMutter des letzteren dasselbe
mit Krankheit entschuldigt. Nach etlichen Tagen, als man
Cutie iu pie wohin w se sl u s
man den Schreibtiſch des Entwichenen, in welchem Gelder,
welche er als Armenrathsekretär im Auftrage des Großh. _
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doch war derſelbe t Mit diesen Geldern in der Höhe
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htte man doch ~ gestützt auf die Ü iederhäuſer'ſchen Er-
4.8 I NU t hl ſeret
tt tcctce vet weigen noch ihm 'N qntriäehen
umhängen, jeder Staatsbürger will bei ful cs Affaire gleich
die !0...! wissen, selbſt wenn die Pille ein wenig bitter
ihm te Groß. Siaatsanwaltſchaft wurde alsbald von
dem Geſchehenen in Kenntniß gesetzt, doch ihre Bemüh-
ungen des flüchtigen habhaft zu werden, blieben bis jetzt
erfolglos. Die Rechte des Nachfolgers von Hachmann
tien Eventacliälicn rorüetugen tos6 Mk Üahttil tritt
eine Vorsſichtsmaßregel, die sehr anzuerkennen iſt, die aber
do ziemlich wecklos ſein dürfte, weil der künftige Armen-
rathsſecretär den Intentionen des Herrn Sagelsdorf’schen
Lt G. get ten Gqh uhr e Hürde
jj f Leidelters. 1 tes L.. h ecur. Gi gn
als er ſich auf dem Heimwege ts das Malheur, daß
Ute Bu h U Ps <zue:
daß er nicht ſelbſt mitfortgeweht wurde. Er eilte seinem
ttzzt!111ht1). 149.911 Zest. ht surlis.tn ves -
U Guus UU L's s§t;ujt micrz.:
U O ſchien aber von dem Begriff des Heraus-
ttV tre ul LB haceuwen Sate: wert. jelche
blüften Kleiderkünſtler rundweg, daß er den Hut nicht
herausgebe. Weil es die Conſtitution des so pz Z)
prüften nicht erlaubte, sich mit dem Fremden auf einen
41;:-1:) 244412191: u:#1 22 Anzélte vtt der. politst
die nächtliche Hutgeſchichte zur richterlichen Entscheidung
tap : ZU W Jun t Htt vorben Gestern
Mittag feuer die Pferde eines am Bahuhof haltenden
z ld. W..ſc. hie Fete Mette saes
bolirte das Fuhrwerk mit der Ecke des Verwaltungsge-
bäudes, das durch die Wucht des Anpralls ar beſhürizt
üs. alziats jun Steh: u rt B




 
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