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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 51 - No. 76 (1. März - 30. März)
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Expedition Brunnengaſſe 24.

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Verantwortlicher Redakleur Philipp älausuer.



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Expedition Brunnengafſe 24.



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GBL;

Deutſches Reich.

Karlsruhe, 2. März. Prinz Ludwig Wilhelm
iſt mit militäriſcher Pünktlichkeit auf den 4 Monate
zuvor bestimmten Tag gestern Vormittag hier ein-
getroffen und von ſeinen fürſtlichen Eltern am Bahn-
hofe empfangen worden. Daß der Prinz die Hoch-
ſchule Freiburg beziehe, scheint noch keineswegs feſt
beſtimmt zu sein. In der erſten Kammer wurde
geſtern u. a. zur Sprache gebracht, ob es nicht
r tte tu . "ue rd sÄiſen bett
andere Einrichtungen zu treffen, durch welche neben
geringerer Gefährdung des Personals auch bedeu-
tende Erſparnisſe eines solchen bezw. Verringerung
desselben erzielt werden könne. (Coupirung entweder
beim Eintritt in den Wartesaal oder beim Austritt.)
Generaldirektor Eiſenlohr war der Meinung, unser
Publikum widerſtrebe, wenn auch mit Unrecht, jeder
derartigen Aenderung, und eine solche ſei jedenfalls
nur dann möglich, wenn sie für ganz Deutschland
getroffen werde. + Morgen begibt sich die Budget-
kommission nach Emmendingen, um von dem Ge-
lände Einsicht zu nehmen, auf welchem die neue,
große Irrenanstalt mit Ackerbaukolonie errichtet
werden ſoll. Der Ankauf des Geländes mit den
zugehörigen Baulichkeiten würde auf beilciufig

_ 400,000 ME. zu stehen kommen. Ob in der Kammer

die Irrenanſtalt in Emmendingen und. außerdem
die Jrrenklinik in Freiburg zur Annahme kommen,

_ cheint noch nicht völlig sicher.

Oesterreich-Ungarn.
Wien, 2. März. Einem Telegramn des „Frem-

. denblattes“ aus Rom zufolge, ſprach fich der Papſt

in seiner heutigen Antwort an die Kardinäle zum
Krönungstage sehr scharf gegen Italien betreffs der
Propaganda aus. Die Regierung der Kirche be-
gegne von allen Seiten immer zunehmenden
Schwierigkeiten; besonders betroffen werde sie von
den empfindlichen ſchweren Folgen, die ihr Italien
bereite. Die Propaganda werde nun Schwankungen
einer öffentlichen Rente unterworfen und von der
Staatsgewalt abhängig gemacht; die Propaganda
als vorzügliches Werkzeug zur Ausübung päſtlichen

Nachdruck verboteu.

Aus dem Stift.

Erzählung von E. Hartner.
1. Fortsetzung.

Doch unbegreiflich wie es war, es blieb deshalb
doch eine nicht zu bezweifelnde Thatsache, daß Vik-
torine um so anziehender zu werden ſchien, je mehr
ſie ſich abſchloß. Der Kalkulator kam ſelber allmäh-
lich zu der Ueberzeugung, daß er wohl Sal-
omons Weisheit besiten müsſſe, so eifrig wurde
ſein guter Rath bei allen ſchwierigen Lagen der
Jugend eingeholt, und oft waren es gerade die
Begütertſten, die kein Ende ihrer Verlegen-
heiten fanden und die Hilfe des stillen. und
bescheidenen Beamten immer wieder und wieder
in Anspruch nahmen. Was nun gar die Frau
Kalkulatorin anbetraf, so wurde ihr halbvergeſsenes
Französisch plötzlich eine so geſuchte Waare, daß sie
mit einer Buchhandlung der [Hauptstadt in direkte
Verbindung trat, um sich mit dem nöthigen Material
für ihre Stunden zu verſehen. Daß der ſchwer-
fällige Sohn des Löwenwirths, der ſein angebornes
Deutsch wie eine fremde Sprache sprach, durchaus
keine Fortschritte in dem ausländischen Idiom machte
und seine Stunden dennoch beharrlich fortſetze,
beunruhigte die gewissenhafte, kleine Frau endlich
ſo, daß sie direkt zur Löwenwirthin ging und sie
bat, der vergeblichen Anstrengung ein Ende zu
machen. Do sah sie die Mutter mit klugen Augen
lachend an und sagte: „Der Wilhelm wird von
ſeinen französiſchen Stunden nicht eher laſſen, als
bis Jhre Viktorine seine, oder eines andern Mannes



Mittwoch, den 5. März

Apoſtolats bedürfte der vollſten Unabhängigkeit wie
der Papſt von jeder weltlichen Gewalt, ihre Güter
seien unantastbar, darum proteſtire er gegen das
jüngste Urtheil, da es auch die Freiheit und Unab-
hängigkeit des Papſtes verleßze. Er mache die
ganze katholiſche Welt darauf aufmerkſam auf
dieſe Beleidigung. Für die Bedürfniſſe der Ver-
waltung der Propaganda werde er übrigens mög-

(Fr. Ztg.)
England.

London, 3. März. Die nächſte Folge des
gestrigen Sieges bei El Teb war ein weiteres Vor-
rücken gegen Tokar, welcher Plat auf ergangene
Aufforderung zur Ubergabe geſtern, am Sonntag,
ohne Kampf überliefert wurde. Die Aufständischen,
welche die Beſatung Tokar's bildeten, nahmen die
von General Graham gestellten Bedingungen an
und dieser rückte dann auch mit seinen sämmtlichen
Truppen in die Stadt ein. Der General, welcher
früher längere Zeit an der Richtigkeit der Nachricht,
daß die Aufständischen sich in den Beſit von Tokar
gesetzt, gezweifelt hatte, konnte nunmehr konſtatiren,
daß die Uebergabe am 16. Februar erfolgt sei.

London, 3. März. Eine Depesche Grahams
über die Uebergabe Tokar's meldet ferner, daß die
egyptiſche Garniſon Tokar's sich am 16. Febr. den
Aufständischen ergeben hatte. Die Einwohner seien
von den Aufständischen hart bedrückt worden und
begrüßen die Ankunft der Engländer mit großer
Freude. Die in der Stadt befindlichen Aufständi-
ſchen zogen sich in die Berge zurück. + Die „Times“
erfährt, General Graham ſei gestern angewiesen
worden, von Tokar sofort zurtictzukehren und Ar-
rangements zu treffen für eine ſchleunige Rückkehr
der britischen Truppen nach England und Egypten.

§ Amerika.

Newyork, 3. März. Eine Depesche aus Lima
von gestern beſagt: Jn der Nationalversammlung
von Peru hat Igleſias den Eid als proviſoriſcher
fr“fehnt geleiſte. Das Kabinet gab deshalb seine

emission. ;

Aus San Franzisko wird berichtet: „Große
Aufregung erregt in der ſchwarzen Bevölkerung San

lichſt vorsorgen.

| Braut ist l“ Und als die Kalkulatorin sie bestürzt N

ansah, strich die Löwenwirthin ihre weiße Schürze
glatt und sagte ernsthaft: „Ueberlegts Euch, Ge-
vatterin, ehe Ihr „Nein“ sagt! Meinen Wilhelm
kennt ihr, er iſt goldtreu und kreuzbrav,, wenn's
ihm auch ein bischen schwer von der Zunge geht !
Die Viktorine hat's ihm angethan. Von klein auf
iſt er hinter ihr her gewesen wie ein Pudel. Glaubt
mir, er läßt nicht wieder von ihr! Villeicht kann
ſie einen schöneren Mann bekommen, einen beſſern,
bravern aber gewiß nicht. Und Ihr braucht Euch
nie wieder Sorgen zu machen, wir haben etwas
verdient, und der Wilhelm iſt unser einziger. Daß
der Löwe ein reputirliches Haus iſt, brauche ich
Euch auch nicht erſt zu sagen + hätte der Herr
Kalkulator sonst wohl ſein Sonnabendschöppchen
unten in der Gaſtſtube getrunken all die langen
Jahre? Und uns, meinem Alten und mir, soll die
Viktorine auch rechtſchaffen lieb ſein,“ fügte sie
mit einem kleinem Seufzer hinzu, „da unser Wil-
helm nun einmal sein Herz an ſie gehängt hat !“
Der Kalkulatorin schwindelte der kleine, lebhafte
Kopf bei diesen Worten. Viktorine Löwenwirthin !
Die beste Parthie des ganzen Städtchens, ja auf
Meilen in der Runde — welche Aussicht! Und
welch angenehmer Schwiegerſohn mußte der
biedere Wilhelm werden, der ihr plötlich gar nicht
mehr so schwerfällig erschien. Sie ſtand auf:
„Gevatterin, an mir ſoll's nicht liegen, wenn der
Wilhelm mit einem Korbe heimgeſchickt wird !“
stammelte sie, der Wirthin ihre Hand reichend.
gr : ſglt nichts übereiloa + gut Ding will
mM ;
; leut gewiß!“ fiel die Wirthin hastig ein.







EE
Franziskos das Vorgehen der englischen Regierung
im Sudan. Man fürchtet, daß auch in Amerika
der Menschenhandel wieder erlaubt werden dürfte.
Am 23. und 25. d. Mts. wurden in San Fran-
zisko große Negermeetings gehalten, welche jedesmal
mit Tumulten endigten. Am Abend des zweiten
Tages zog eine Rotte Schwarzer, an ihrer Spitze
James Brotn, der Redakteur eines faſt nur von
Farbigen geleſenen Blattes The Nigger, vor den
Palaſt des englischen Miniſterreſsidenten und begann
das Haus mit Steinen zu bewerfen und ſämmtliche
Fensterscheiben einzuschlagen. Nachdem die Schutz-
männer mittelſt einiger Revolverſchtſſen ein paar
der Rasendſten zu Boden gestreckt und einige fest-
genommen hatten, gelang es endlich, das Gesindel
zu vertreiben. Unter den Festgenommenen befindet
ſich auch James Brown, der als einer der wacker-
ſten Vertreter der Negerbefreiung von den Farbigen
faſt abgöttiſch verehrt wird.“ ..

Egypten. V

Kairo, 3. März. Aus Sudkim wird gemeldet,
Osman Digma lagere etwa 8 Meilen von Suakim
entfern. Beim Rückmarſch der Engländer von
Tokar sei ein neuer Zuſammenstoß zu erwarten.
Die Leichen, der bei der Niederlage Baker Paſcha's
gefallenen englischen Officieren sind aufgefunden und
bei El Teb beerdigt worden. .83

Aus Suakim wird gemeldet, Major Haggard
und Lieutenant Caulfield seien am 28. Februar mit
530 . Mann Abesſiniern zu einer Reskognosziruug
ausgerückt und bis auf eine Entfernung von etwa
7 Meilen von Suatkim vorgedrungen, sie hätten
dabei gegen 1000 mit Kameelen berittene und eine
t cl tn t Er. NI
Parr kommandirt. In der Nähe von Suakim habe
an demselben Tage zwiſchen den Aufständiſchen uu
den Engländern befreundeten Stämmen , welche
die Engländer mit Vieh versorgt hätten, ein Ge-
fecht stattgefunden. Die befreundeten Stämme be-
haupteten, daß sie Sieger gewesen seien und 40
Kameele und 70 Schafe erbeutet hätten. + Die
engliſche Streitmacht, welche heute endlich von dem

„UNebereilen thut der Wilhelm auch gewiß nichts;
viel eher versäumt er die rechte Zeit. Mir iſt nur
bange, daß der Guſtav Schwarz ihm zuvor kommt.“
t „Guſtav Schwarz, der jetzt seinen Vater ver
oren hat ?“ ;
h Wirthin nickte! „Das hübsche Eckhaus am
Markt iſt jett sein, er hat die Schweſtern mit
Geld abgefunden, und das Geschäft hat er ſchan
recht in die Höhe gebracht; er iſt ein gewandter
Menſch; man merkt, daß .er jahrelang in der Freme
gewesen iſt! Und solide und ordentlich iſt er auch.
Die Viktorine hat's gut, sie braucht nur zu wählen
und kann in der Wolle sitzen ihr lebenlang!'" Wir
haben es zu unserer Zeit nicht sſo gut gehabt, Ge
vatterin! Sieben Jahre bin ich mit meinem Alten
versprochen gewesen, ehe wir ſoviel gespart hatten,
daß wir die kleine Wirthſchaft unten am Pfingſtthore
anfangen konnten, die jett die alte Muhme führt!“
Nun, eine gute, lange Weile hat es auch ge-
dauert, bis mein Mann soweit im Gehalt herauf
gerückt war, und ich mir mein bißchen Ausstattung
ſulgtmt?" luhte tte taittiattet, "s titothen
r'. c p heut i§ieslich dug beſſer hatten!
Damit fdeh; za t zi Ht J.. Kalkulatorin .
wußte nicht genau, ob sie an dieſem Tage naeh
Hauſe geſchwebt oder geflogen sei, nur soviel war
ihr sicher, daß sie ganz gewiß nicht gegangen war. j
Welch eine Welt von Aussichten für ihr Kind! die
beiden beſten Parthien des Städtchens standen ihr .
zu Gebot ! Die Mutter beſah den stattlichen Löwen
der große, ſaubere Hof mit seinen Stallungen und
Remiſen, das nach vorn gelegene Wirthsgärtcha



„Aber, wr.
 
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