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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 51 - No. 76 (1. März - 30. März)
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“wor




_ und verstummte.
nnd geschäftsmäßig erledigt, und auch dagegen erhob
der Juſtizrath keine Einsprache mehr, daß das Geld



am leßten Sonntag abgebrannt. “+. Dienſtknecht Z.

Haupert von Schutterwald, fiel lezten Dienſtag vom

Wagen, deſſen Pferde durchgegangen waren, und
verletzte ſich dabei so ſchwer, daß er kurz darauf
starb. + Der Rechner von Waltersweil iſt
verſchwunden. Papiere und Kassen follen in Ord-
nung und die Vermögensverhältniſſe des Vermißten
gute sein. — In Honſtetten, Amts Engen, ist
der bisherige Gemeinderechner Greminger zum Bür-
germeiſter gewählt. + Zu Taub erbiſchofsh eim
wurde ein prachtvoller Fiſchreiher geſchoſſen. Deſſen
Länge beträgt 135, seine Breite 170 Centim. +
Am letten Sonntag verirrte sich ein Haſe vom
Freien in das Dorf Nonnenw eiler, wurde da-
ſselbſt von der Schuljugend etwa eine Stunde
lang umhergetrieben, und kam dann wieder unver-

ſehrt in's Freie. + In Konstanz weilt gegen

wärtig cine Berliner Baukommission, um den
für Erbauung des neuen Oberpoſtdirektionsge-
bäudes geeignetſten Platz ausfindig zu machen.

Bermiſchtes.
B —Ñ Eine gräßliche Scene ſpielte ſich kürz-
lich Nachts auf der Sachſenhäuſer Brücke in Frank-
furt ab. Zwischen 1 und 2 Uhr bemerkte der pa-
troullirende Nachtwächter beim Paſſieren der alten
î Mainbrücke, wie von der Niſche aus, in welcher
das Dentmal Kaiser Karl's steht, eine Frau in das
Wasser hinabſchaute. Die Frau kniete auf der
steinernen Brüſtung und der Wächter sagte sich sofort,
daß das Weib einen Selbſtmord auszuführen beab-
sichtigte. Er trat deshalb heran, umfaßte die Frau
und wollte ſie herunterziehen. Nun aber entſpann
ich ein heftiges Ringen zwischen Beiden. Die Frau
tts tur t s
diesem in's Gesicht, krattte ihn mit den Fingernägeln
und ſchwang ſich endlich mit Gewalt über die
VBrüſtung. Noch vermochte der Wächter die bereits
halb in der Luft hängende Frau einige Minuten



hz! ftr L terer l' § Übers
müde aber mit krampfhafter Anstrengung sich zu
jefreien ſuchte und der Wächter nahe daran war,
nit über die Brüſtung geriſſen zu werden, so mußte
derſelbe nachgeben und das Weib, das während des

ganzen Kampfes keinen Laut von ſich gegeben los-
laſſen. Die Unglütkliche stürzte in die Tiefe —
ein Klatſchen auf dem Waſſer und Alles war still. |.

. . Kaſſsel, 4. März. Ein Doppelmord iſt in
der Nacht in dem Nordeck unweit Marburg verübt

worden, wie man heute früh von dort meldet.
Der Handelsmann Salomon Wolff und seine Ehe-
frau fand man mit durchſchnittenem Halſe im Bette.
Das hochbetagte Ehepaar war ſeit letzterer Zeit
bettlägerig; es waren, alte gebrechliche und, wie

man hört, wohlhabende Israeliten. Wahrscheinlich
handelt es ſich auch um eine Beraubung der Er-
en, doch liegen nähere Nachrichten noch nicht
elbſtverſtändlich iſt die Unterſuchung im
vollen Gange und hat sich der Erſte Staatsanwalt







versammeln werde, verwirrte sie wieder, sie grüßte

hjaſstig und beschleunigte ihren Schritt.
Der JIuſtizrath reichte ihr freundlich die Hand,
nachdem er die Gräfin begrüßt hatte, versicherte,
daß man nicht nach ihrem Befinden zu fragen
brauche, da sie blühend sei wie eine Maienroſe,
und fügte, zur Gräfin gewendet hinzu, wie sehr es

ihn freue, die Tochter seines langjährigen Freundes

gerade unter ihrem Schuß zu wiſſen. Mit dem

geschäftlichen Theil des Veſuches chien der Justiz-
rath weniger einverſtanden zu sein, wenigstens ver-
finſterte sich ſeine Mienen zusehends, während

die Gräfin ihr Anliegen auseinanderſeßte. Er
gab ihr zu bedenken, ob sie nicht lieber die Sache

ihrem Gemahl anvertrauen wolle, und als dieſes
entschieden zurückgewiesen wurde, bat er noch um

kurzen Aufſchub, damit er erst an ſeinen Geschäfts-

s freund in Paris ſchreiben und von diesem Nach-
richt einziehen könne, welcher Art die Schulden

des jungen Grafen seien. Seien es aufgelaufene
Wechſelſchulden, so ließe sich mit den Gläubigern
vielleicht ein Arrangement treffen. Die Gräfin

iederte etwas gereizt, ihr Sohn schreibe aus-
ücklich, es ſeien Rechnungen für entnommene
ſerſtinde und wollte auch nichts davon hören,
aß man bei den Lieferanten wegen Zurticknahme
und einer Abſchlagszahlung anfragen könne. Nun
wurde der Geschäftsmann auch ſeinerſeits gereizt
Die Verhandlung wurde kurz





direkt an die Adresse des jungen Grafen und nicht
_ an die Gläubiger geschickt werden sollte, obgleich









Bertram des Marburger Landgerichts sofort an den

Ort des gräßlichen Verbrechens begeben.

. Zü lkichau, 3. März. Wie ein Lauffeuer
verbreitete sich geſtern in den Nachmittagsstunden
die Kunde von einem in unserer Stadt verübten
fünffachen Giftmorde und rief nicht geringe Auf-
regung hervor. Die bekannte böhmiſche Sänger-
und Harfenſpieler-Geſellſchaft Preißig, bestehend aus
2 Herren und 3 Damen, gab am vergangenen
Sonnabend bis gegen 12 Uhr Vorträge im Fiſcher'-
schen Hotel hierſelbſt, woſelbſt ſie auch logirte. Als
sich bis Sonntag Mittag Niemand von der Gesell-
ſchaft ſehen ließ, auf wiederholtes Klopfen und
Rufen an der Thür ihres Zimmers auch keine Ant-
wort erfolgte, eröffnete man diese gewaltſam. Beim
Eintritt ins Zimmer fand man ſämmtliche Perſonen
noch im Bett, deren nähere Unterſuchung indeß er-
gab, daß drei davon ~ ein Herr und zwei Damen
~— bereits verſtorben und zwei + ein Herr und
eine Dame + schwer krank waren, während man
tr F): siſe vrtam t lu zue:
die beiden noch Lebenden wurden demnächst auf po-
lizeiliche Anordnung nach dem hieſigen Johanniter-
Krankenhauſe überführt. Die Motive zu dieser
verzweifelten That, sowie der Thäter ſelbſt, der
doch nur unter der Geſellſchaft zu ſuchen sein dürfte,
werden jedoch kaum zu ermitttln sein, wenn es nicht
gelingt, einen der Schwerkranken am Leben zu er-
halten, wozu zur Zeit wenig Hoffnung vorhanden.
Nahrungssorgen dürften jedoch kaum das Motiv der
der That sein, denn sämmtliche Perſonen waren zu-
sammen noch im Beſit von über 100 Mark und
zahlreicher Goldſachen; es gewinnt vielmehr den
Anschein, als läge die Ursache in ausgebrochenen
Zwiſtigkeiten, denn im Zimmer iſt bis gegen 3
Uhr Morgens lautes Lärmen und Toben gehört
worden.

- New-York, 3. März. Die Zinnwaaren-
fabrik der United States Stamping Company in
Portland (Connecticut) iſt niedergebrannt, wodurch
Schaden im Belaufe von Doll. 400,000 angerichtet
worden iſt. + In Utika, im Staate New-York, hat
r gt ht t E§
Unter den abgebrannten Gebäuden befinden ſich die
erſten Geſchäftshäuſer, eine Bank, die Druckerei der
Zeitung „Observer“ und anderes Eigenthum.

+ Heidelberg, 5. Fra kes. Einladung des. Kreis-
ü sstssg;; Hrn. Stadtdirectors v. Scherer verſammelten

ich heute Vormittag 9 Uhr im großen Ausschußſaale des



Rathhauſes die Vertreter des Kreiſes 1c. zur Tagung der
diesjährigen ordentlichen 19. Kreisversammlung des Kreiſes
ÿtihahers: Von Seiten der Regierung war der großh.
andestommisſär, Miniſterialrath Frech aus Mannheim
“P ct qr V cr : L °Gus§h UU U
eFire Prinz Alfred zu qua cn Wertheim-sFreu-
denberg, Frhr. Alfred v. Degenfeld, Frhr. Aug. v. Gem-
“uur tt Huh als ru sture
gr Means zahlreich erschienen waren. (Von 33





Geladenen waren 32 auweſend.) Nach Vegrüßung und .
Feſtſtellung der Beſchlußfähigkeit der Versammlung ſchritt
man zur Bildung des Bureaus, und somit zum ersten
Punkt der reichhaltigen Tagesordnung, welche folgender-

maßen lautet: îl. Wahl des Vorsitenden, des Stellver-

treters und zweier Schriftführer. II. Berichte des Kreis-
ausſchusſes, pt te 1) die Kreisabtheilung der Luiſen-
heilanſtalt in Heidelberg; 2) die Augenheilanſtalt; 3) die
Armentinderpflege des Kreiſes; 4) die Benützung des Sool-
bades Rappenau durch arme Kranke des Kreiſes; 5) die
Landarmenpflege; 6) die Kreispflegeansſtalt zu Sinsheim,
und zwar: a. Bericht des Sonderausſchuſses; b. Verbe-
scheidung der geprüften Betriebsrechnung für 1883; c.
Voranschlag für 1884; d. Vorſchlag einer Erweiterung
der Anstalt; 7) die landwirthſchastliche Winterſchule, und
zwar: a. Bericht des Aufsichtsrathes; b. Antrag der Stadt
Wiesloch wegen Verlegung der Anſtalt von Eppingen
nach Wiesloch; 8) die Betheiligung des Kreiſes an den
Kosten für Ausbildung von Ärbeitslehrerinnen; 9) die
Betheiligung des Kreiſes an der ländlichen Haushaltungs-
schule in Neckarbiſchofsheim; 10) die Unterhaltung und
den Neubau von Landstraßen; 11) die Verbeſſerung der
Gemeindewege mit Beiträgen des Kreises, ſowie die Auf-
L 1 Rct N' UU L MER lſ sar? Te
Kreisrechnung von 1882 und Prüfung jener von 1883.
IV. Voranſchlag für 1884. V. Anträge aus der Mitte
der Kreisverſammlung: a. Antrag des Kreisabgeordneten
Dr. Blum wegen Gründung einer Kreishypothekenbank;

Þ. etwaige weitere Anträge. VI. Neuwahl des Kreisaus-

schuſſes und der Sonderausschüſſe auf 3 Jahre. . LI.
Aufstellung der Vorsſchlagsliſten für die Ernennung der
Beztcksräthe. ~ Die Wahl leitete der Kreishauptmann
Hr. Stadtdirektor v. Scherer, als Urkundsperſonen fun-
girten die Herren Bürgermeister Sagelsdorff von hier
und Altbürgermeister Rothenhöfer von Meckesheim. Ge-
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Stellvertretenden des Vorsitzenden; zu Schriftführern Ober-
amtmann Jung von Sinsheim un Bürgermeiſter Bentel
bes hrrwstt tſrost Jhglt Lt Zu als Vorrat.;
ausführlicheren Bericht über die Thätigkeit des Kreisaus-
schuſſes im abgelaufenen Jahre, sowie über die Beschlüsse
.c. der am 31. Juli 1883 dahier versammelten Delegirten
der Badischen Kreisausſchüſſe erſtattete. Hierauf fand
eine kurze Vertagung statt, in welcher die Abgeordneten
das Mittagsmahl im Hotel „Prinz Carl“ und „Hotel
Adler“ einnahmen, um gegen 3 Uhr neu gestärkt sich
wieder zu den Verhandlungen zu begeben.

_ * Heidelberg, 7. März. §üerichtiguya. Unser gest-
ttz? Br°ſ hher z [: hi: Rhe des qraſctt att!
B p ;;
Neckar werfen zu aP ce da ft gänzlich mittellos sei und
nicht wiſſe, was sie anfangen solle. Ümſtehende setzten die
Polizei in Kenntniß, worauf die Person vorgeführt und
das Kind einſtweilen in ſtädtiſche Pflege gegeben wurde.

* Heidelberg, 7. März. (Nächtliche Arbeit.) Heute
Nacht herrſchte eine emſige Thätigkeit auf der Hauptſtraße
vor dem Hauſe des Herrn Landfried. Nachdem Tags über
ein Gerüſt bis herüber zum „Karpfen“ aufgeſtellt worden
und ein Theil der Vorderfront des Landfried’ſchen Hauſes,
um einen Eingang zum Keller zu gewinnen, abgebrochen
worden war, begann um 11 Uhr die Arbeit, herauf-
schaffung von ca. 20 Stück der koloſalen eiſernen Delbe-

älter, die in dem Keller aufgestellt waren. Die Olbe-
älter, welche hier überflüssig sind, werden in die Oelfabrik
der Herren Landfried nach Pte verbracht.

Schöffengericht Heidelberg.
richt Sup "U GRE ſber ße Rechispentäkant Fiſher,
Schöffen die Herren Gemeinderath Johann Hermann
Fießer von Eppelheim und Bürgermeister Friedrich Ziegler











es Viktorinens ſcharfem Blicke nicht entging, daß er
unzufrieden damit zögerte. j

„Es iſt doch wunderbar,“ sagte die Gräfin, als
sie wieder auf der Straße waren, „daß wir
Frauen immer bevormundet werden! Wenn ich

meinem Sohn eine Summe Geldes ſchenken will, | 9

die mein freies Eigenthum ist, ſo ſollte man doch
meinen, das sei eine Angelegenheit, die nur mich
und ihn angeht, und doch hätte nicht viel gefehlt,
daß dieſer väterliche Juſtizrath sich geweigert hätte,
meine Anordnung auszuführen!“

„Ich glaube, daß er es gut meint!“ bemerkte
Viktorine ſchüchtern.

„Gewiß thut er das, aber dieſes ewige Bevor-
munden wird einem auf die Dauer auch läſtig,“
sagte die Gräfin zwischen Aerger und Lachen
schwankend. „Nun wollen wir aber an unsere
Einkäufe gehen !“

Viktorine hatte sich eigentlich auf eine halbe
Stunde beurlauben wollen, um dem Pfarrer ihren
ſchuldigen Besuch zu machen, allein ſie fand den
Augenblick nicht geeignet dafür und verschob es
bis nach den Kommissionen. Natürlich nahmen
dieselben mehr Zeit in Anspruch als man berechnet
hatte, und da die Gräfin die Löwenwirthin nicht
gern warten laſſen wollte, beeilte man sich ſchließ-
lich sehr, um in das Gasthaus zurückzukehren.
Während des Eſſens wurde der Wagen angespannt
und Viktorine fuhr fort, ohne in ihrer Heimathstadt
einen Beſuch gemacht, oder mit irgend jemand ein
vertrauliches Wort gewechselt zu haben.

„Denke dir, sagte die Frau Pfarrerin am
Abend dieses Tages zu ihren Manne, „heute ist



Viktorine in der Stadt gewesen. Wie findet du

das ?“ ;

Der Pfarrer ſah von seinen Büchern auf
„Weiſt du es sicher, liebes Kind ?“

„Ganz sicher, Heinrich hat sie gesehen und ge-
rüßt. Und eben war die Löwenwirthin hier. Sie
iſt mit der Gräfin ſchon vor elf angekommen, dann
sind sie bis zwei in der Stadt gewesen und haben
im Löwen zu Mittag gegeſſen. Ich verlange gewiß
keinen Dank,“ schloß sie mit hochrothen Wangen.

„Aber wirklich, Johannes, das haſt du nicht um
dieſes junge Mädchen verdient !“

Der Pfarrer war aufgeſtanden und ging im

Zimmer auf und nieder. „Laß uns nicht vorſchnell
richten, liebes Kind! Wer weiß, wie ſehr fie an
ihre Herrin gebunden iſt! Vielleicht wäre ſie gern
ein wenig zu uns gekommen!“ :
t? 4ate Sf cés LT ett.
gung senden können!“ entgegnete. die gekränkte
Frau. „Nein, nein, Johannes, alles was recht
iſt! In diesem jungen Mädchen steckt ein Hochmuth,
der sich noch einmal ſchwer rächen wird. Jett
ſteigt ihr der Grafensſtolz zu Kopf !“

Zur ſelben Zeit fragte der Graf seine Gemahlin:
„Und wie hat dir unſer Fräulein bei eurer heutigen
Tour gefallen? Floſſen die Thränen literweise, als
ft.: Vaterhaus und die alten Freunde wieder-
a g' §

„Du wirst es mir kaum
jjiht! die Gräfin, „aber
alt.

lauben, Hugo,’ er-
e blieb vollkommen

(Fortsetzung folgt.)


 
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