verstanden, aber nicht damit, daß zur Anlegung neuer
_ Gemeindewegedie Staatsgenehmigung gefordertwerve.
Reichert hätte eine größere Entlaſtung der Kreise
. erwartet; er werde gegen das Gesetz ſtimmen. Staats-
_ miniſter Turban erwidert auf die verſchiedenen Ein-
wände, welche heute gegen die Vorlage gemacht
wurden. Bei der Spezialberathung werden die
_ Hg§â§ 1-12 theils nach dem Kommisfionsentwurf,
î theils mit kleinen Abänderungen angenommen. g 13
_ tts wegen nicht korrekter Faſſung in die Commiſ-
Ö ſion zurückverwiesen. Bei § 28 wird die Sitzung
. . morgen vertagt.
Aus Nah uud Feru.
'§ Karlsruhe, 14.. Mai. Das ,Verordnungs-
. blatt der Geraldirektion der Großh. Bad. Staats-
Eisenbahnen“ Nr. 28 enthält folgende Verfügung :
Die Gewährung von Stationszulagen an die mit
î der Bedienung von Weichen und festſtehenden Sig-
nalen betrauten Wärter betreffend. Unter Aufhebung
_ Früherer Beſtimmungen werden die Stationszulagen
mit Virtung. vom {. Mai l. J. an wie folgt feſt-
gesetzt: 1. Klaſſe mit 204 Mark : Heidelberg, Mann-
. heim, Karlsruhe, Baſel; 2. Klaſſe mit 180 Mark;
. ß GHBruchſal, Bretten, Pforzheim, Offenburg, Kehl, Frei-
burg, Konstanz; 3. Klaſse mit 144 Mark: Lauda,
Osterburken, Eberbach, Neckarelz, Friedrichsfeld,
Heidelberg Karlsthor, Meckesheim, Neckargemünd,
Rheinau, Schwetzingen, Durlach, Graben-Neudorf,
Karlsruhe Mühlburgerthor, Maxau, Rastatt, Baden-
Oos, Appenweier, Müllheim, Leopoldshöhe, Walds-
hut, Schaffhauſen, Radolfszell, Singen, Immen-
dingen, Lörrach, Schopfheim, Zell i. W., Krauchen-
wies, Pfullendorf, Schwabenreuthe, Triberg; 5.
. Krlaſfe mit 96 Mark: alle übrigen oben nicht ge-
_ nannten Stationen. – Für Bedienung der Apparate
. für zentrale Weichenstellung werden von dem gleichen
_ ßjeitpunkt ab außer der Stationszulage derjenigen
Klaſſe, in welche die betreffende Station eingereiht
iſt, je nach dem Umfang des Zentralapparats und
der Größe des Verkehrs der Station bemesſene be-
sondere Zulagen bewilligt und zwar: in 1. Klaſse
132 Mark: Heidelberg; in 2. Klafſe 108 Mark:
cHMannheim, Bretten, Bruchſal, Karlsruhe, Appen-
. weier; in 3. Klafſe 72 Mark : Friedrichsfeld, Wythlen;
in 4. Klaſee 48 Mark: Wertheim, Freiburg. Dieſe
besondere Zulage für Bedienung von gentralapparaten
verſteht sich bei einfacher Besetzung des Poſtens, wird
. bei doppelter Beſezung (Tag- und Nachtdienst) in
f DHoppeltem Betrag bewilligt und auf die Wärter,
_ Yelche in die Bedienung desſelben cingethcilt find,
verhältnißmäßig vertheilt. ;
§ Karlsruhe, 13. Mai. Seit 20 Jahren be-
mùht man ſich in Baden, in irgend einer Form die
ländliche Bevölkerung zu einer umfaſſenden und
_ aluzsgiebigen Hagelverſicherung heranzuziehen. Dieſes
. c“Gettreben iſt um ſo begreiflicher, als Baden, wie
kaum cin anderer deutſcher Staat, dem Hagelſehlag
. causgesſett iſt, ſodaß der Schaden in gewöhnlichen
î Jahren faſt immer über 2 Millionen Mark beträgt;
in Unglücksjahren, wie 1882, aber auch schon auf
8 Millionen gestiegen iſt. Man hat fich zwar von
Seiten des landwirthschaftlichen Centralausſchuſſes
offiziel um die Erlaſſung eines Reichsgesetzes be-
müht, weil eine Zwangsversicherung für Baden allein
wegen der Höhe der Beiträge sich als unmöglich
herausgeſtellt hat. Noch schwieriger würde aus dem
gleichen Grunde, namentlich aber wegen der ſehr
zweifelhaften Leiſtungsfähigkeit eine Verſicherung auf
Gegenseitigkeit ſein, wie ſie vor kurzem mit ſtaat-
licher Hilfe in Bayern zustande gekommen ist. Durch
die in Aussicht stehende Einkommensteuer und die
dadurch gebotene Möglichkeit, auch die Grundsteuer
nicht unwesentlich herabzuſetzen, iſt nunmehr zunächſt
in einem Einzelbericht für die Enquetecommission
der Erſten Kammer der Vorschlag aufgetaucht, ob
es nicht grade jett zu ermöglichen sei, die ländliche
Bevölkerung für eine „Hagelhilfscaſſe“ zu gewinnen,
welche durch einen Zuſchlag von wenigen Pfennigen
zur Grundsteuer ſchon einen sehr bedeutenden Be-
trag aufbringen könnte. Dieſer mäßige Zuſchlag
hätte die Bedeutung einer Versicherungsprämie und
| dem einzelnen Landwirthe blieb es unbenommen,
noch bis zur vollſten Höhe des etwaigen Schadens
sich bei einer Privatgesellſchaft zu versichern. Der
Vorſchlag wird, wenn ihn die Commission der Ersten
Kammer annehmbar findet, jedenfalls in den Kammern
zur Verhandlung gelangen. -
H§ Maunheim, 13. Mai. Die Bauluſt in der
Stadt ist gegenwärtig eine sehre rege, indem nicht
nur auf dem Terrain der ehemaligen Baumſchul-
gärten eine Reihe neuer Häuſer entſtehen, ſondern
auch auf der oberen Mühlau bei der heutigen Ver-
steigerung von 12 Bauplätzen durch die Großherzgl.
Domänenverwaltung von hiesigen und auswärtigen
Käufern Gebote eingelegt wurden, die allerdings
den geforderten Preis von 22 Mk. pr. Quadrat-
meter nicht ganz erreichten. ~ Die hiesigen Badan-
stalten sind jetzt alle eröffnet und finden bei der ein-
getretenen warmen Witterung bereits viele Besucher.
~ Der Verein für klaſſiſche Kirchenmuſik erfreut
ſich einer solchen Anerkennung, daß derſelbe von der
evangeliſchen Gemeinde zu Heidelberg zu einer Auf-
führung daſelbſt eingeladen wurde. — Die ſilberne
Hochzeit des Bankiers und öſter. Konſuls Ladenburg
brachte den mildthätigen Vereinen am vergangenen
Sonntag reiche Gaben, insbeſondere wurde durch
das Jubelpaar die Seligmann Ladenburg Stiftung
um den Betrag von 18,000 Mt. vergrößert.
* Freiburg, 13. Mai. Gestern wurde an unſerer
Universität für dieſes Semester die erſte Immattri-
kulation vorgenommen. Es iſt cine sehr erhebliche
Anzahl von Akademikern, im Ganzen 269, immatri-
kulirt worden. Darunter befinden ſich 4 Theologen,
91 Juristen, 121 Mediziner und 53 Angehörige der
philoſophiſchen Fakultät. Zur zweiten Immntriku-
lation ſind noch 140 Studenten vorgemerkt. Jedenfalls
werden wir in gegenwärtigem Semester hier eine
ganz außerordenliche hohe Frequenz von über 900
Akademikern haben.
* Triberg, 13. Mai. Gegenwärtig wird probe-
weise ein Theil der Stadt mittelst zwei Bogenlichtern J
' bei denen ein zum Schlichten herbeigeeilter Mam |
nach 11/4 Stunden starb. + Photograph Fickeiſen |
Vater ſoll auch ein Haarmenſch gewesen ſein und
elektriſch beleuchtet. Fällt die Probe günstig aus, |
so dürfte ſchon in nächſter Zeit zur definitiven Her- |
ſtellung der elektriſchen Beleuchtung der ganzen Stadt |
q Mai. Zu der auf heute anbe- |
raumten Wahl des Oberbürgermeiſters der Staat.
Baden, sind von 92 Stimmberechtigten 90 erſchienen.
Die Abstimmung ergab 90 Stimmen für den seit-. |
herigen Oberbürgermeiſter Herrn Albert Gönner. |
Heute Abend wurde dem wiedergewählten Haupt |
der Stadtverwaltung ein Fackelzug gebracht, später |
soll ein Bankett in der Schießſtätte ſtattfindſen. |
* Aus Baden, 14. Mai. Zwiſchen Heddes- |
bach und Langenthal wurde der Schiffmann Albert |
von Hirſchhorn mit eingeſchlagenem Schädel tout |
aufgefunden. Neben ihm lag eiue Baumſtüte, mit |
der offenbar die Unthat verübt wurde. Ueber den |
Thäter iſt z. Z. noch nichts bekannt geworden. –~ |
Am letten Sonntag kam es zwiſchen Seelbacher |
und Wittelbacher Burſchen zu böſen Raufhändeln, |
3 gefährliche Stichwundeu erhielt. - In Kitters- |
burg kam das 41/, jährige Kind des Ludwig Eg |
unter den Wagen seines Großvaters Anfelm Adler |
und wurde am Kopfe ſo ſchwer verleßt, daß es |
von Villingen iſt seit nahezu 14 Tagen mit |
Weib und Kind verſchwunden. Die Ueberſchulduung |
soll etwa 20,000 Mk. betragen.. ~~ Am 15. d. M. |
wird in G rombach in Vereinigung mit der da- |
ſelbſt bestehenden Poſtanſtalt eine Reichs - Telegren |
phenansſtalt mit beschränktem Tagesdiensſt eröffnet |
werden.
VBermiſchtes.
Köln, 14. Mai. Geſtern iſt in Caſtans |]
Panoptikum der ſogen. „Bärenmenſch“ eingetroffen, |
welcher in den Wäldern von Kastroma gefunden |
wurde. Der junge Ruſßſe iſt, der „Köln. Ztg.“ zu- |
folge, vollſtändig normal gebildet, mit Ausnahme |
der ſeltſamen völligen Behaarung des Gesichts unn
anderer Körpertheile, sſowie der gahnbildung, bi
welcher die Natur, wie dies bei Fällen allgemeinen |
Hypertrichoſe faſt immer beobachtet wurde,, den |
jungen Waldmenſchen sehr stiefmütterlich behandelt. |H
hat. Der kleine Ruſſe besitzt im Ganzen nur fünft |
Hähne. Das behaarte Gesicht des Knaben, dee
übrigens äußerſt gutmüthig und nicht unintelligen
iſt, giebt dem Beſchauer wohl Veranlassung, den
Kleinen mit einem Hunde zu vergleichen. Sein
wegen der ſchlechten Behandlung, welche ihm die
Bewohner des Dorfes, in dem er lebte, angedeihen
ließen, mit seinem Sprößling den Wald zu ſeinem
Aufenthalt genommen haben.
~ Deug, 18. Mai. Ein brutaler Gewaltakt
wurde geſtern gegen 2 Uhr Nachmittags hierſelbſt
im Glacis vor dem Mühlheimer Thore verübt.
Ein junger Mann aus Köln, der mit ſeiner Braut
einen Spaziergang machte, wurde plötzlich im Glacis
. Hohenheim verneigte sich, und Clothilde, ihren Kna-
ben an der Seite, ſchritt dem nahe liegenden Ge-
hölze zu. Mit dem Erfolg der Exkurſion, welche
_ ie unternommen, war sie zufriedengeſtellt.
Dreizehntes Kapitel.
ui Trübe und melancholiſch zog der junge Morgen
. canm Firmamente auf. Schon als die Sonne unter-
.. ging, hatte fich ein Südwestwind erhoben, der an
_ GêGRraft zunahm, bis der ganze Horizont von ſchweren
. H Weolken überzogen war. Jetzt ſeit Stunden peitſchte
_ der Regen in Strömen vom Himmel hernieder.
) Stimmung ihres Herzens wetteifernd mit der Trüb-
ſeligkeit .in der Natur; . denn die neunte Stunde
hatte ja geſchlagen und Susanne die Schwester ſchon
wiederholte Male zum Aufbruch ermahnt. Elſa em-
pfand eine Beklemmung, sie wußte ſelbſt kaum, wes-
wegen; es mochte wohl das so hochmüthig, ſo des-
potiſch sich gebende Weſen der Gräfin sein, vor
deſſen Begegnen sie sich ſcheute, und was sie heute
so wider alle Gewohnheiten sſaumſelig erſcheinen ließ.
äHOleine Thörin! zankte Suſanne jetzt zum dritten
Male; all dies Bangen iſt ja unnütz. Ich wette,
Du bringst glänzende Beſtellungen mit nach Hauſe,
darum verſäiume die Zeit nicht. :
, Und Elſa ging. Nach einem Kuſſe, durch den
die Schwester ihr Muth zuſprach, eilte ſie, ſo ſchnell
es ihr gelingen wollte, durch den Regen dahin.
Sie iſt verliebt, fliſterte Suſanne, als ſie das
Stübchen verlaſſen, da mag es ihr ſchwer werden,
die Untergebene zu ſpielen, und ich fühle das wirk-
lich mit ihr. Doch immerhin bleibt das eine Sache
fich und daran iſt nichts zu ändern. Zu was
ti
für
An ihrem kleinen Fenſter ſtand Elſa, in der
] nütt es ihr auch? - Settt fich das arme Ding
| praktiſcher wohl nicht denkbar iſt. Was daraus ein-
. | Schluſſe ihre Philoſophie in dem Hinsſummen eines
keit des jungen Mädchens, unter deren Einfluß sie
ſchwärmeriſche Gedanken von einer Liebe in den
Kopf, wie ich dergleichen niemals zuvor in meinem |
Leben hörte und ist dabei doch genöthigt, ihre Exi-
stenz von einer Seite anfaſſen zu müssen, wie ſie
mal werden wird,. da ſtehe mir Gott dafür!
Und Spitze um Spitze an die Haube befeſtigend,
welche sie ſo eben über den Haubenſtock gezogen, |
erging sie ſich in Erörterungen über, das Leben und
ſeine idealen und allerpraktiſchſten Seiten, bis zum
altmodischen Ländlers verloren ging. /
Unterdeſſen hatte Elſa den Ort ihrer Bestim-
mung erreicht. Sie hatte im Hotel nach der Gräfin
gefragt und ward von einem Diener in den Em-
pfangsſalon des erſten Stockwerks gewiesen; von
hier aus wurde sie dann in ein an dieſen anstoßendes
Gemach geführt. ;
Sie werden zu warten haben, meinte der Lakai,
indem er auf einen Stuhl in der Nähe der Thüre
wies; die Gnädige haben sich so eben erſt erhoben
und werden vorderhand noch bei der Toilette ſein.
Hiermit trat er zurück und ließ das Mädchen allein.
Elſa nahm Platz. KRingsum in den weiten
Räumen herrſchte eine Ruhe, die dem Grabe nicht
unähnlich war; nicht das leiſeſte Geräuſch unterbrach
die peinliche Stille, nur das Ticken der Wanduhr
und das gegen die Scheiben treibende Rieſeln des
Regens, der noch immer in Strömen vom Himmel |
fh t. Bangigkeit des Alleinfeins, in der Fremd-
| reich und mächtig, und sie ſelbſt nur arm und vm |
Schickſal niedergedrückt; mußte sie, die an Entſagen |
zum Fenster, an deſſen Seite ein prächtiger Flügel, |
artigkeit der Umgebung ſteigerte ſich die. Trübſelig-
.
Anspruch nahm.... .
den ganzen Morgen gelitten, bis zur Melancholie;
und es war ja natürlich, ſie die arme Waiſe, die |
zehn lange Jahre das raueſte Schicksal getragen, |
die den Kelch des Leidens bis zur Neige geleert, |
sie betrat heute zum erſten Male die stolzen Räume |
einer hochgeborenen Perſon. Sie betrat sie demüthig, -
bescheiden, in der untergebenen Rolle einer Dienerin
und dennoch sagte ihr die nimmer trügende Stimne |
des Innern, daß dieſe Frau für sie weniger eine |
auftraggebende Herrin, als eine Rivalin in der
Freundſchaft des Grafen Hohenheim sei. Zittern |
klopfte ihr Herz bei diesem Gedanken; Jene war ja |
gewohnt war, bei ſolcher Erinnerung nicht bis in
die Tiefe der Seele bekümmert sein. j |
Die Zeit verging. Eine halbe Stunde war jezt |
schon vorüber, seitdem das Mädchen sich allein in |
diesem Gemache befand. Je länger sie in dieem
Raume weilte, je mehr sie ſich an den Anblick, der |
sie rings umgebenden Pracht zu gewöhnen begann, |
deſto mehr schwand allmählich die Beklemmung, von |
welcher ihr Herz mit ſolch eiſerner Gewalt umfangen |
war. Sie erhob das Köpfchen, blickte um sich und |
gewann sogar den Muth, ein paar Schritte vor- |
wärts zu thun; und ſo gelangte sie nun allmählich |
der schon vordem ihre Neugier in hohem Grade
rege gemacht hatte, offen ſtand. Elſa verſtand nicht
dem aufgeſchlagenen Buche entgegenſahen; ſie kannt
ja nichts von Musik, nur der Text, den ſie mechanisch
überſchaute, war es, der ihre ".bezttmtau ?