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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 204 - No. 228 (2. September - 30. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44124#0888

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Welt hinausgesandten Zeitungsberichte gelesen, hätte
in der That vermeinenkönnen, es herrſche mit Bezug
auf die Bürgermeiſterwahl hier dielgrößte Zerfahren-

heit und Uneinigkeit, ja man wußte unſere fried-

iche Geſinnung so hinzuſtellen, als ob hier der

î grimmigſte Parteikampf entbrannt wäre. Diesem
_ Treiben wurde aber durch die Bürgermeiſterwahl,
bei welcher der allgemein geachtete Mitbtirger Stoll
mit erdrückendem Mehr aus der Urne hervorging
wie ein Phönix aus dem Feuer, ein klägliches Ende
bereitet. Dagegen konnte sich gestern jeder Unbe-
fangene davon überzeugen, daß unter der hiesigen
Bürgerſchaft die ſchönſte Harmonie herrſcht und daß
gerade dieser das glänzende Wahlreſultat entsprang.

. Unser Bürgermeiſter wurde gestern in Heidelberg
verpflichtet und diesem Anlaß konnte und wollte die
hieſige Einwohnerſchaft nicht vorübergehen laſſen, dem-
selben durch eine großartige Ovation zu beweisen,
welcher Hochachtung und Beliebtheit er sich in allen
Kreiſen erfreut. Unser Marktflecken hatte ſich denn

auch in den ſchönsten Flaggenſchmuck gekleidet. Gegen
_ H Uhr formirte sich ein großer Zug, an welchem
fich ſämmtliche hiesige Vereine mit ihren Fahnen,

die Schuljugend mit Blumen und Bouquets geſchmückt

und ſonst noch alles betheiligte, was nur von Hauſe
abkommen konnte, es fehlte faſt Niemand, als der
älteſte Gemeinderath, der unpäßlich geworden zu sein
ſchien. Den langen, imposanten Zug, welcher ſich
nach dem Bahnhof bewegte, um den Gefeierten zu
empfangen, eröffneten 25 Feſtreiter mit badiſchen
Schärpen. Kaum hatte unser Bürgermeiſter den

Zug verlassen, als nach kurzer Begrüßungsrede ein

hundertſtimmiges Hoch erbrauſte und der Zug, den
_ Grefeierten in ſeiner Mitte ſich unter den Klängen der
t Musik wieder zurtick in den Marktflecken bewegte,
_ wao ſich dann noch lange Jung und Alt an den vor-
HHgetragenen Geſängen und Muiikftücken, welchen auch ein
_ Huter Trunk folgte, ergöttte. Das ist die wahre „Stim-
_ mung“ der Mcckesheimer Bürgerſchaft und ließ sich
dieſelbe durch keinerlei Zeitungsberichte irridiren.
_ Die allgemeine Freude ſollte nur dadurch etwas ge-
î trübt werden, daß das Kind des Landwirths Kirſch
infolge des Gedränges unter einen Wagen gerieth
und ihm das Bein abgefahren wurde.
[| Lobenfeld, 12. Septbr. Vergangene Nacht
halb 11 Uhr ertönte hier die Sturmglocke. In der
tt Mühle des Herrn Leiß war durch Zerſpringen einer
_ Erdöllampe Feuer ausgebrochen. Da die Leute noch
_ mit Tabakeinfädeln beschäftigt waren, so wurde das
_ Feuer alsbald entdeckt und durch herbeigeeilte Nach-
_ barn und Eigenthümer im Entſtehen erstickt. Wäre
: das Feuer 10 Minuten ſpäter entdeckt worden, so
. wäre bei dem ſtarken Luftzuge für die Bewohner
. des Ortes ein unabsehbares Brandunglück entstanden.
_ Der entſtandene Schaden an Mehlvorrath und Ein-
itt. Jette; ewe metttr ſér dus
K . , §
L * Aus dem Tauberthal, 11. Sept. Geſtern
früh fand zu Schloß Bronnbach die feierliche Ver-
lobung der Infantin Antonie, jüngster Tochter des
Herzogs Dom Miquel v. Braganza (Prinzen von
Portugai), mit dem Herzog v. Modena ſtatt. Die
* t.. tre srtetes r sowie
î ein Kronauer Bürger, wurden dieſer Tage in Haft
genommen, weil sie verdächtig sind, einen Meineid
geleiſtet zu haben. Wie man uns mitgetheilt, handelt
es sich um eine Jagdaffaire, und zwar speziell da-
rum, ob ein geſchoſſener Rehbock wirklich, wie ſie
ſeinerzeit ausgeſagt, ein Bock gewesen oder eine Ricke.
* Uutermünſterthal, 11. Sept. Gestern Abend
brach dahier in einem Gebäude der Rotte Neumühle
auf eine bis jett noch unerklärte Weiſe Feuer aus,
dem zwei Anweſen zum Opfer fielen. Auswärtige
Hilfe wurde nicht nöthig, was ſchon wegen der Bau-
art der Häuſer in unſerer Thalgemeinde erklärlich
iſt; denn bei Holzgebäuden iſt wenig zu retten. Gut
war es, daß am lettten Sonntag Nachmittag dahier
ein wolkenbruchartiger Regen niederging, der den
Bach etwas mit Waſſer füllte, so daß hierin kein
Mangel war und Wasser leicht zum Brandplatz ge-
bracht werden konnte. “uu;
neu rz: L st cc GN L
yrachtvoll am Unterſee gelegenen Thurgauer Schlosse,
wo Ludwig Napoleon einen Theil seiner Jugend-
hre verlebt hat und ſich als Bürger des Städt-
ens Ermatigen aufnehmen ließ. Das von den
nwohnern des Bodenſees und den fremden viel-
uchte Schloß weckt in allen für Tragik der Ge-
ichte empfänglichen Gemüthern wehmüthige Em-
nduugen, denn die Räume enthalten Erinnerungen
alle Epochen der beiden Kaiserreiche und die
rin aufbewahrten Kunſtſchäte und Reliquien bilden
ren ergreifenden Kommentar zu den ehrgeizigen
läneu der Glanzzeit und dem düsteren Ende des



















modernen Cäsars. In der Gallerie hängen die
Bilder des jugendlichen Korsſen, seiner beiden Ge-
mahlinen, der Königin Hortense, des Prinzen “tveis

wie er ſein Pferd dcn schmalen Pfad zum Schlo

Arenaberg hinaufführt, des zweiten Kaiſers, wie er
auf dem Gipfel seiner Macht die Gesandten fremder
Höfe empfängt, das wunderbar duftige von Winter-
halter geschaffene Gemälde der Kaiſerin Eugenie
und das Bild des jungen Prinzen Lulu, der hier
ſeine Knabenspiele trieb und auf dem blutigen Sande
Afrikas sein hoffnungsvolles Leben endete. ,

* Aus Baden, 12. Sept. Gestern Vormittag
hat sich in Mü h l burg eine Frau Stauber, in der
Kaiserſtraße wohnhaft, in ihrer Behauſung erhängt,
nachdem sie ſchon am gleichen Tage den Verſuch ge-
macht hatte, sich in der Alb zu ertränken. Die Frau
lebte in geordneten Verhältniſſen und vermuthet man,
daß sie aus Gram über den dieses Frühjahr er-
folgten Tod ihres 14 Jahre alten Sohnes ihrem
Leben ein Ende gemacht hat.

Bermiſchte.

~ Vien, 9. Sept. In Goeding hat Sam-
ſtag Nachts ein großer mit hochgradiger Wuth be-
haſteter Hund furchtbares Unglück angerichtet. Nach-
dem derſelbe zwei Personen in einem Nachbarorte
gebiſſen, rannte er über die Felder nach Goeding,
kam zuerſt in die Schenke, biß den Wirth in das
Handgelenk, sprang ihm dann in's Gesicht und riß
ihm die Unterlippe und Fleiſchtheile des Kinnes
weg. Hierauf rannte er auf den Perron des Bahn-
hofes, wo eben die Paſſagiere in den Zug einsteigen
wollten, und verletzte dort ſechs Perſonen, darunter
zwei Bahnbedienstete, ſowie einen Gendarmen und
einen Ulanen-Unteroffizier, . welche die Bestie tödten
wollten. Der Gendarm wurde in's Garniſonsſpital
nach Brünn gebracht, drei andere Personen wegen
der erlittenen ſchweren Verletzungen, welche eine
operative Behandlung – man ſyprach von einer
Amputation der förmlich zermalmten Hände + noth-
wendig machten, nach Wien in ein hieſiges Spital.
D Berlin. Eine Einbrecherbande, beſtehend aus
13 Personen, darunter zwei Hehlern, iſt in den letzten
Tagen in Berlin ermittelt und zur Haft gebracht wor-
den. Dieselben haben während der letzten drei Monate
eine Reihe bedeutender Einbruchsdiebſtähle in Woh-
nungen, deren Inhaber auf Sommerreisen sich be-
fanden, und in Geſchäſftslocalen verübt. Unter
anderen Einbrüchen verdient der von ihnen verübte
Einbruchsdiebſtahl bei dem Versicherungsbeamten H.
in der Großen Frankfurter Straße hervorgehoben
zu wer. en. H. befand sich mit seiner Familie
während der Sommerferien auf einer Vergntigungs-
reiſe, und während ihrer Abwesenheit hauſten tage-
lang mehrere Mitglieder der Erwähnten Bande in
der Wohnung, nach und nach sämmtliche werth-
vollere Gegenstände wegſchaffend, bis fast alles
vollſtändig ausgeräumt war. Der Werth der ge-
ſtohlenen Gegenstände belief sich auf mehr als 3000
Mk. Auch den in der Nach vom 26.. zum 27. v.
M. in dem Geschäftslokal des Kaufmanns L. in
der Prinzenstraße verübten ſchweren Dicbſtahl wobei
Waaren im Werthe von 2000 Mk. geſtohlen wurden,

haben zwei Mitglieder der Bande ausgeführt.
[Eine chineſiſche Brücke.] Zu den be-
merkenswerthen Brücken in der Welt gehört unſtrei-
tig die in Landgang in China. Diese Brücke iſt
über einen Arm des chinesiſchen Meeres gebaut, hat
eine Länge von fünf engliſchen Meilen und nicht
weniger als 300 Bogen. Auf der Säule eines
jeden Bogens ruht ein marmorner Löwe von 21
Fuß Länge. Der Fahrweg der Brücke iſt 75 Fuß breit.
~ [Feſter Schla f.] Aus Raibl schreibt man



der „Kglf. Ztg.“ : Ein hieſiger Werkstiſchler, welcher |

durch etliche Nächte aus Privatfleiß arbeitete, ver-
zehrte als Abendeſſen Speck mit Brod. Während
er schlief, beſuchten ihn die Ratten und nagten an
ſeinen von Speck riechenden Fingern, ohne daß er
ganz erwacht wäre. Er ſchüttelte wohl seine Hände
als er ein Zwicken verspürte, doch er war ſo ſchlaf-
trunken, daß er weiter an sich nagen ließ. Als er
Morgens erwachte und den Schmerz fühlte, ſah er
erſt, daß ihm der Knöchel und die Spitze des Zeige-
fingers abgefreſſen waren. ! -
m-iſHöchſtes Stadiunm der Sùßholz-
raſpelei.] „Angebeteter Engel! Ich habe die
Poſtmarke von Deinem Briefe verschluckt, denn ich
weiß daß Deine stißen Lippen sie berührt haben.“

's Heidelberg. grefat k§. eubahanufäſ) Ein



Zuſammenſstoß zwiſchen dem um halb 9 Uhr Abends von hier | ¡zl

nach Neckargemünd abgehenden Personenzug und einer auf
letzterer Station befindlichen Rangittgſchins . ctotztt ost:
tete lr ster Leichen Htg. qu des Zugmeisters Hrn.
Krent, keine weiteren nachtheiligen elaet entſtanden und

kamen die Pasſagiere mit dem bloßen Schrecken davon.





Ein weiterer Unfall ereignete sich geftern Abend auf der 1
Perron des hiesigen Bahnhofes. Ein Eilgutarbeiter wo! , J
mit seinem Wagen einem anderen ausweichen, rutſchte 18
doch aus und Fel ſo unglücklich unter den Wage as [
ihm 3 Finger zerquetſcht wurden, so daß derſelbe in? [
academische Krankenhaus verbracht werden mußte.. iy |
LES B E L
H Uu" Fuge. prſcz ze: vit t auge |
funden wurde. Er hat ſich beide Pulsadern geöffnet. us: |
bedauern das traurige Lebensende dieſes vormals r
UZ ht: Vanys.aſedrehe lang eiue scene |
war. Die von ihm errungenen Erfolge seiner Thätiste .. | |
ſind bei vielen Söhnen, Jünglingen und Männe als |
gegen den Lehrer so dankbaren Stadt Mannhein , . Q
Uz:zzu.L Leurual l zu tet seat! wi
dem Geſchiedenen sowohl von seinen vielen Schülern. 92. [





auch von seinen Collegen bewahrt bleiben. + Der seit.
v. M. vermißte Profesſor Gg. Dreikorn am Gymnaſit q
in Mannheim ist, laut ſoeben bei seinem Schwiegervd d.
in Pforzheim eingetroffenem Drahtbericht vorgestern Abe! 1
auf dem Widderſtein bei Mittelberg in den Voralbers, [
Alpen todt aufgefunden worden. fzj: derſelbe verungli, [
oder ermordet worden ist, läßt sich noch. nicht ſagen. ® 1
T Vet tsrra U Echt A Bres hegte zum wied.
holten Male wurde auch heute Nacht wieder der Fir ße
ſchild des Herrn Uhrmacher Schmitt auf der Hauptftrs. '
heruntergerisſſen und fortgetragen, ohne daß man ?. cé.. [
Spur der Thäter ermitteln könnte. Zu wünſchen wätt '' ff f
den Verüber solcher Bübereien unschädlich machen zu kö r. |
* Heidelberg, 13. Sept. (Mordanfall.) Gestern Abe, 1 f
wurde ein Mann in das hiesigen academiſche Krantenhat! .
ttf t;dft Str ttt ther cg |
Geldes, auf dem Heimwege begriffen, als “f !. Straß! ]
tte" Rift hic§utt 1 dak tra zcg e |
gefährlichen Verlegung gc. es t ze Er |
erreichen, von wo aus derselbe hierher verbracht wurdt. F
* Heidelberg, 18. Sept. (Ausreißer. surüctgeteh, . J
zzz ese tod, gurertka turds Meuvgerict zianté |
heim abgeliefert. Bei seiner Ankunft in Bremen erw.. |
teten denſelben bereits Gendarmeriewachmeiſter Schnitt |
sowie Criminalſchugmann Müller von hier. Unter éſet J
Bedeckung mußte er dann die Reiſe nach Mannheim fo? |
setzen um seiner Aburtheilung entgegenzuſehen. .

Bruchsal, 11. Sept. (Hopfen.) Das Hopfen sq | 1
am hiesigen Plate nimmt ununterbrochen einen sehr V/ f
haften Verlauf, da noch immer eine große Anzahl bay! |
riſcher und böhmiſcher Händler hier ist, von denen erſte!. |
vorwiegend für Erport, letztere für Kundſchaft aufkaufe!l.. |
Hursſchtitttich werden per Tag 5—600 Ctr. gekauft ui) q
ebensoviel verkauft. Die Preise variirte – von den mi!“ P



her ttsteUr jzeten Bruchhopfen abgesehen t zwiſche! |

"Weiher, iK. Ep "ipepten. . Die Qualität un et |
Hopfen ist ganz vorzüglich und wird auch von den Aull. |
käufern entſprechend gewürdigt. Zuletzt wurden 105 bis
110 nk. bezahlt, mithin erheblich mehr als in andere!

wurden am Samstag 110 Mk. mit
6 Mk. Trinkgeld bezahlt. In Schwetzingen wurde"
gestern 40 Ballen zu 105 bis 120 Mk. verkauft. n
Nürnberg, 11. Sept. (Hopfen.) Marktwaare 1. Sort?
88-95 Mk., 2. Sorte 85 Mk., Gebirgshopfen 95
Mk., Aischgründer 106-115 Mk., badische § Sorte 125-130
Mk., 2. Sorte 115-120 Mk., Württemberger 1. Sort?
125-130 Mk. 2. Sorte 110-115 Mk.

Neuefte Nachrichten. V
Rüdesheim, 12. Sept. Eine zahlreiche Verſamtt.
lung zur Rachfeier des Guſtav-Adolph-Feſtes wn.
heute am Nationaldenkmal auf dem Niederwald.
vereinigt. Nach der Festrede wurde nachfolgend? |
Antwort auf den telegraphiſchen Gruß an den Kaiſer |
verleſen: „Seine Majestät sind durch den patriotischen.
Gruß, welchen die Hauptversammlung des Hesammb |
vereins der Guſtav-Adolph-Stiftung vom Fuße des.
Niederwaldes hertibergeſendet hat, herzlich erfreuin.
und lassen aufrichtigſten Dank dafür aussprechen.
mit dem Wunſche, daß die Berathung dieser ang
ſehenen Versammlung der evangelischen Kirche zun
Segen gereichen möge.“ .
Berlin, 12. Sept. Eine sichere Nachricht be
treffss der Verhältniſſe an der Weſstküſte Afrikas it.
die Anzeige, daß der Kaiser im. Namen des Reich
den Kaufmann Heinrich Randad in Lome zum deu?
ſchen ttt für das Togogebiet (Weſtküſte Afrikas).
ernannt hat. ; . uw
Wien, 12. Sept. Kaiser Franz Joſef wir.
mit dem Kaiſer Wilhelm und dem Zar in Skiene.
wice zusammentreffen. Die Rückreise erfolgt Mittwoch.
Petersburg, 12. Sept. Mit Giers sind auch .
der Director und der Vizedirector der Kanzlei des.
Ministeriums des Auswärtigen, Graf Lamsdorff und
Fürſt Obolenski, nach Warschau abgereist. ;

Stahlbad Weinnkeimn.
Saison vom 15. Maj bis l; Ok torer
J CCEGE
)en Inserate und Neubestellungen für das






ieslo

§












tt eit Tageblatt (General- Anzei
jederzeit entgegen genommen.
 
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