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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 229 - No. 255 (1. Oktober - 31. Oktober)
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. Aus Nah und Lern.

* Hardheim, 22. Oct. Die günstigen Nach-
chten über das diesjährige Herbſtergebniß von der
aubergegend treffen glücklicherweiſe auch für unser,
in der Nähe liegendes Erfthal zu. Durch das bei
uns etwas ſpäter erfolgte Austreiben der Reben im
Frühjahr haben wir bei den hier vorherrſchenden,
. th ſyſt treibenven Sets Ssrujt Gutercl:
. fiſcaas p.. wt v ttumun que.
gehabt; ebenſo hat uns die bei den Anfängen der





Traubenblüthe ungünstige Witterung ſehr wenig

Schaden gebracht und haben wir zur Blüthe der
weißen Sorten eine Witterung gehabt, wie sie gün-
tiger und prächtiger nicht wohl gedacht werden
kann, daher der Fruchtansat ein überaus reichlicher
und die Fortentwickelung der jungen Trauben eine
ehr günstige war, da es auch nie an der nöthigen
Feuchtigkeit gefehlt hat. Die ungünſtigen, feucht-
kühlen Wochen von Mitte Juli bis Anfang Auguſt
wurden vollſtändig ausgeglichen durch das andauernd
prachtvolle Wetter des Auguſts und Septembers.
Das weiße Gewächs wird sehr gut und dadurch
noch beſſer, weil man hier erſt heute mit der Leſe
beginnt, welche sich für einzelne Lagen und Besitzer
bis gegen Anfang November erstrecken wird. Kauf-
liebhaber würden auch hier jedenfalls ein über-
daſchendes Product finden, welches mit einem ver-
îhjältnißmäßig geringen Kostenaufwand an die Station
EEubigheim der bad. Odenwaldbahn, oder auch nach
Tauberbisſchofsheim geliefert werden könnte.
_ * Gersbach, 20. Oct. Heute wurde im Walde
bei Fetenbach, Gemarkung Gersbach, die Leiche eines
Mannes gefunden und zwar gelegentlich der Ab-
_ haltung einer Jagd, bei welcher die Treiber auch
die entlegenſten Waldwinkel ausſtöberten. Die Leiche
liegt jedenfalls ſchon längere Zeit, da Gesicht und
Hals des Todten ganz ſchwarz und zerstört sind.
Abſeits von jedem Wege wurde die Leiche aufge-
funden; der Kleidung nach iſt der Todte ein Land-
mann gewesen, ſein Stock ſtand an einer großen
Buche, wo der Leichnam lag; sein Hut lag ein
paar Schritte unterhalb der Füße. Der Körper
lag da, wie ein ſchlafender Mensch auf der linken
î Seite, die Hände über einander gefaltet. Da in der
ganzen Gegend Niemand vermißt wurde, ſo herrſcht
Öboer dieſe Geſchichte völliges Dunkel. Ob ein Ver-
brechen oder ein Unglücksfall vorliegt, wird die ge-
. t V cuba urſ LVs Erez nach L Uhr
fand heute Nachmittag in Rumpenheim vom dortigen
î HSchloſſe aus die Beiſeßung der ſterblichen Hülle des
verewigten Landgrafen Friedrich Wilhelm von Heſſen
in der im Schloßgarten gelegenen Familiengruft
Atatt. Von hohen Leidtragenden waren anwesend
_ Prinz Friedrich Karl von Preußen, König und Kö-
nigin von Dänemark, Großherzog von Heſſen nebſt
mehreren heſſiſchen Prinzen, der Herzog, die Herzogin
und der Erbprinz von Nassau und viele andere
_ Herrſchaften mit Gefolge. Eine unabſehbare Men-
_ chenmenge drängte sich in den engen Straßen des
_ zt jtercchen brauchen, wo Ihr Bruder am gestrigen
. M wirklieh ?“
nrg gt g tra gr.
kann, ſich mit einem einzigen Wort aus einer nahezu
verzweifelten Lage zu befreien.“
. Aber, was ift da zu thun? Sie glauben ja
nicht, wie feſt er in ſeinen Vorſäßen iſt! Wenn er
den Entſchluß gefaßt hat, nichts zu verrathen, so
Wird er sich auch durch alle meine Bitten nicht dazu
bewegen laſſten.
; t N a u d Lit hs ice isue.l
at. 1/5594: U
. Rein doch, nichts weiß icht Aber es muß
ja heraus zu bekommen ſein! - Sie müssen nach-
denken, mein Kind, müſsſſen alle Ihre Bekanntschaften





_ an ſich vorüberziehen laſſen. So reich kann doch




schließlich die Umgebung nicht an jungen Mädchen
sein, daß ſich nicht eine einzige bestimmte Spur
Ut t w zr s st tut tr
" Elser schüttelte traurig und ohne Hoffnung
e Wkin ie wirklich vorhanden ist, wir werden
fie nicht finden!“ sagte sie niedergeſchlagen. „Ich
weiß ja nichts, gar nichts, was uns ein Fingerzeig
: 0:2:2353%k%066
. .. erinnern Sie sich denn nicht, jemals etwas
. Ftttert4rs tet é? gesehen zu haben, einen Brief





kleinen Ortes und in den Zugängen zum Schlosse
fr. wo ſie in feierlicher Ruhe der Trauerfeier
eiwohnten.

Aus Baden, 23. Oct. Bei der am 17. ds.
in Durlach ſtattgehabten Hebammen-Nachprüfung
erhielten die von J. K. H. der Großherzogin ge-
stiftete Ehrendenkmünze für 85-jährige treue Dienst-
zeit die Hebammen Karoline Sulzer und Karoline
Meyer von Durlach. ~ In Schwetz ing en wurde
ein Tünchergeſelle verhaftet, welcher in Verdacht
steht, einen Einbruchdiebſtahl beim Tüncher Seßler
in Hockenheim verübt zu haben. + Letzten Sonn-
tag wollte das 12 jährige Töchterchen des Schuh-
machers Xaver Helſtern in Mö hr ingen, A. Engen,
den Schltiſſel zur Hausthüre durch ein ſogen. Tag-
licht (einen Schieber, der von herabgeht) holen und
verfuhr dabei so ungeschickt, daß der Schieber her-
unter fiel, und das Kind erstickte.

î Vermiſchtes.

~ Vilbel, 22. Oct. Am Freitag wurde vor
dem hiesigen Amtsgericht der Prozeß eines kleinen
Oeconomen gegen einen Pferdehändler verhandelt. Im
Laufe der Verhandlungen, welche durch den national-
liberalen Anwalt Jörkel und den Reichstagscandi-
daten des Centrum Anwalt Brentano, beide von
Friedberg, geführt wurden, wurde auch das politiſche
Gebiet geſtreiftt und es geriethen die Herren dabei
so heftig aufeinander, daß der Amtsrichter den Ter-
min verſchob und die Koſten des neuen Termins
den beiden Anwälten auferlegte.

~ [Der Herzog von Braunſchweig.]
Beim Tode des Herzogs kommt auch die Erinnerung
wieder zur Sprache, daß er es abgelehnt hatte, den
Titel „Großherzog“ anzunehmen. Als er nämlich
vor drei Jahren sein 50jähriges Regierungs-Jubiläum
feierte, bot ihm das Deutſche Reich den Titel eines
„Großherzogs“ an. Der Großherzog von Baden
hatte den Auftrag, ihn wenige Tage vor dem Jubi-
läum mit dem Vorhaben bekannt zu machen. Wenn
der Herzog die Ehre ausſchlug, ſo war nicht bloß
die Beſcheidenheit die Triebfeder, sondern gewiß mit
Das, was man den ,„Welfentroß““ zu nennen pflegt.

~ [Komet.] Aus Alexandrien wird telegra-
phirt, daß der von Profeſſor Wolff zu Heidelberg
und von Mr. Copeland in England entdeckte Komet
dort sichtbar iſt. Es iſt ein nebelhafter in der
Mitte condensirter Körper, und er hat keinen Schweif.

H [Ich bleibe ledig.] Für die jüngere
Generation darf eine Anekdote aus dem Leben des
jetzt verſtorbenen Herzogs von Braunſchweig aufge-
friſcht werden. Die Bewohner der Hauptstadt
wünſchten dringend, daß der Landesherr sich ver-
mähle und ſahen deßhalb mit Beſorgniß, wie Jahr
auf Jahr verſtrich, ohne daß an eine Erfüllung des
Wunſches gedacht wurde. Sie beſchloſſen deßhalb
in einer unterhänigen Petition ihrem Herzen Luft
zu machen. Drei der angeſehensten Bürger wurden
mit der Ueberreichung beauftragt. Der Herzog em-
pfing sie ſehr gnädig und versprach , die Antwort
baldigſt zu geben. Kaum eine Stunde war ver-



Mit einem Aufschrei fuhr Elsbeth in die Höhe.

„Ein Bild ? Ja, Ja! ~ Vor wenigen Tagen
trat ich einmal in sein Zimmer, ohne daß er mich
bemerkte. Er saß in Gedanken verloren und hatte
ein Bild in der Hand + eine kleine Photographie;
und obwohl er sie raſch verſteckte, bin ich doch füber-
zeugt, daß es das Bild einer Dame gewesen sei.
Ich achtete damals nicht weiter darauf, aber jett
weiß ich, daß es i h r Bild gewesen sein muß !“

gr Sie ſahen nicht, wo er die Photographie
verbarg ?“ ;

"Doch! doch! Er legte sie in ein Fach seines

Schreibtiſches, das einzige, das er ſtets verſchloſſen

ielt!“

f „Gut, ſo soll uns dieses Bild die Auskunft
geben, deren wir bedürfen.“ z

„Aber ich ſagte Ihnen ja, das Fach iſt ver-
schlossen! Wir können nicht dazu gelangen.“

“ „So werden wir es gewaltſam öffnen“, ſagte
Juanita kühl. Wenn ein Menschenleben auf dem
Spiele steht, oder eines Menschen Ehre, so fragt
man nicht nach solchen Kleinigkeiten Wo ist der
Schreibtisch?“ i :

„Dort -- und dieses iſt das Fach! — Aber
ich weiß wirklich nicht, ob wir es wagen dürfen k“
Cu i N LLC U Ut N

Das Auftreten der Fremden war so ruhig, so
überlegt und bestimmt, daß ſich Elsbeth willenlos
davon fortreißen ließ. Sie brachte einen Geologen-
stock ihres Bruders herbei .und nach kurzem Bemühen
war es der Mexikanerin gelungen, das einfache
Schloß der Schublade aufzuſprengen. Haſtig zog

| ſie dieſelbe auf und durchſuchte den Inhalt. Eine



endlich, als sie faſt auf den Boden gekommen war,



floſſen, seit die Deputation den Palaſt verlaſſen hatte,
als an den Straßenecken der Stadt große Zettel
angeschlagen wurden. Der Inhalt derſelben lauteten:.
Herzogliches Hofttheater. .
Auf Allerhöchſten Befehl.
Heute Abend :
Ich bleibe ledig.
Luſtspiel von C. Töpfer.

* Heidelberg , 24. Oct. (Zitherverein.) Der hiesigen.
Zitherverein wird unter der vorzüglichen Direktion des.
Herrn A. Dietzſch zur Feier seines I. Stiftungsfestes mor en
Samftag den 25. October, Abends 8 Uhr, im Saale es H |
Bürgerkaſinos „z. Prinz Marx“ ein großes Conzert veraen. |
stalten, an welchem sich der Mannheimer Zitherverein, .

rl. Schmalfuß und Hr. Kapellmeister Knöfler vom hin.
tadttheater, ſowie des Hrn. Soliſten Wolf und der Ge- |
ſchwiſter Frl. Krausse, betheiligen werden. Das Progamm.
. U ps. t h
serzr R a, 24. Oct. (Der Armenrathsſekretär
Robert Hachmann hat ſich ſelbſt gestellte; Wie man ſich
rtl. fel fh hett batman. ur ?‘ e ure
L ILV ſttcer rere
Dieser 'Fall kt ct jeder “sst tu solche Flüchtlinge
ss ihrer Vaterlaude sicherer ſind vor allen Nachforſchungett
ie im Auslande.
* Heidelberg, 24. Okt. (Betrunken.) Ein hiesiger
Maurer hatte geſtern dem „Neuen“ derart zugesprochen,
daß er in der Nähe des Neckars niederſank und liegen
blieb, bis ihn die Polizei in sicheren Gewahrſam brachte.
* Heidelberg, 24. Oct. (Kein Geld und kein Obdach.)
Gestern Nacht fand sich auf der Polizei ein Mensch ein,
Et syjii Hüte let vate ge 219:1 44.1 §

§ .
dieſe



tte:t ihm ſeine Papiere genoumeze so daß er gte)
tui st anne Ws zs
wohlbewacht.

Schöffengericht Heidelberg.

: tihu1g vom 28. Oct. Vorsitzender Herr Oberamts-
richter Süpfle. Gerichtsſchreiber Rechtspraktikant Neuburger:
E L OR§:
U Nerat set us Straffälle : ; datt
hien Ed Etre vr izr ren Shurbsy s rr 4
Tage Gefängniß zudictirt werden. ; iß-
p G U E Lt UN
Ehefrau des Karl Vorbach dadurch, daß er ihr en
YU Gt LZ. 4. Zen hte NM '
auch mit auf den Plan treten zu müssen, als er das
Schlachtgeſchrei vernahm. „Jetzt komm heraus Schneiderle,
F§tn s drutact hit §u! IRteliasng tragt is
. 3. Der Landwirth Peter Rehm von Leimer y
; Lt ROLL: ; â
hätte er nicht den lsfdertarts Einfall bekommen, eine
den Joſeph Hügels Cheleute gehörende Gans todtzuſchlage!!
und drei weitere durch Hiebe mit einer Sichel verletzte.
M M M
tn sg Taglöhner Karl Schlickſupp von Handſchuhs"
hz tt r Ms§ u§.etqal teutt Lekencgi
oder gar stärker wird als er ſelbſt, so daß er nicht selten .

. W

von Leimen kennt

Menge von Papieren und Schriftstücken gleichgültige!
Charakters lagen obenauf und es ſchien faſt, als ob
das Fach außer ihnen nichts Anderes enthielt. DI

zog Juanita mit triumphirenden Aufbliten der Au-
gen einen ſorgfältig in weißes Papier eingeſchlagenett
Gegenstand hervor, der sich ſchon der Form na
als eine Photographie in der gebräuGher Größ
anzeigte. Mit athemloſer Spannung blickte Elsbeth
auf die Hände der Fremden, und Entmuthigung
und Hoffnung kämpften auf ihrem Gesicht, als ihr
jene das Bild mit fragender Geberde entgegenhielt.
„Mein Gott, das iſt Fräulein Helene von Nuß
genhagen, die Tochter des Oberförſters“, sagte t
zögernd. „Aber fie und mein Bruder ~ das iſt
faſt undenkbar.“ ,
„Gleichviel! Es iſt der einzige Fingerzeig, de!
wir in dieſem Augenblick folgen können, und wi
htiet unter allen Umständen die Pflicht, dies z"
thun.
Juanita sprach mit einer Entschiedenheit und
Energie, die von vornherein jeden Wiederspruch nieder
schlug. Sie befragte Elsbeth kurz um den Aufen ,.
halt und die Verhältnisse jener jungen Dame, deren.
Photographie sie da vor fich hatten und wandte îl§x
dann nach kurzem Nachdenken mit den Worten zu i Jie ..
"ss . ;. hr U er z ! ' .
denn es iſt kein leichter Weg, den Sie jett 1
ihretwillen unternehmen müssen. Aber e gib
anderes Mittel, und auf Ihre Geſchicklich
für den Augenblick alles an.“ ;

(Forsezung folgt.)






 
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