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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 28.1907

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Nr. 39
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Kleine Mitteilungen des Journal der Goldschmiedekunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.55853#0331

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Bestrafter Bankerott
Vor der Strafkammer Karlsruhe war am 7. September 1907 der
Fabrikant Emil Bernhard Dissinger aus Pforzheim des einfachen
Bankerotts angeklagt. Dissinger hatte als Schuldner, über dessen
Vermögen durch Beschluss des Amtsgerichts Pforzheim vom 23. April
1906 das Konkursverfahren eröffnet wurde, in der Absicht, den Kon-
kurs hinauszuschieben, Waren auf Kredit entnommen und erheblich
unter dem Werte veräussert, indem er am 30. Dezember 1905 Edel-
steine im Werte von 1064 Mk. gegen Wechsel kaufte und diese
Steine am 6. Januar 1906 an den Steinhändler G. Buchter in Pforz-
heim um 304 Mk. veräusserte. Des weiteren hatte der Angeklagte
seine Handelsbücher so unordentlich geführt, dass sie keine Über-
sicht über seinen Vermögensstand gewährten, seine Gläubiger über-
haupt nicht in den Büchern verzeichnet, die im Handelsgesetz vor-
geschriebenen Bilanzen nicht gezogen und Anfangs April 1906 den
Betrag von 500 Mk., welchen er von der Firma Bachmann & Cie.
in Paris zur Einlösung eines von dieser Firma ausgestellten, von
ihm akzeptierten, am 5. April 1906 fälligen Wechsels über 526 Mk.
erhalten hatte, nicht zur Einlösung des Wechsels verbraucht, son-
dern für sich verwendet. Auf Grund des heutigen Verhandlungs-
ergebnisses wurde der Angeschuldigte von der Anklage, soweit es
sich um die Wechselangelegenheit handelte, freigesprochen, im
übrigen aber wegen Bankerotts zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt.
— In diesem Prozess liegt ein Stückchen Pforzheimer Geschichte.
Der Vater des obigen Fabrikanten war aus der Filiale der Silber-
warenfabrik von Martin Meyer in Pforzheim, woselbst er längere
Jahre als technischer Leiter war, ausgetreten und hatte selbst eine
Silberwarenfabrik, speziell für Similischmuck, gegründet, wie solche
Sachen auch bei Martin Meyer angefertigt wurden. Das Geschäft
reüssierte im Anfang gut, die Preise für solche Artikel wurden
jedoch durch die Konkurrenzunterbietungen schwer herabgedrückt.
Bald trennte sich auch der oben Beklagte von dem Geschäft seines
Vaters und gründete eine eigene Fabrik, bot sozusagen dem Vater
Konkurrenz und nahm auch von diesem Arbeit mit fort. Die
Preisschleudereien nahmen ihren Fortgang und so brachte es das
Geschick mit sich, dass Bernhard Dissinger jun. am 23. April 1906
seinen Konkurs anmelden musste, durch welchen auch dessen Vater
ebenfalls so in Mitleidenschaft gezogen wurde, dass auch Bernhard
Dissinger sen. kurz darauf seinen Konkurs anmeldete.
Dieser Vorgang ist wieder eine ernste Warnung, wie notwendig
es ist, bei seinen Waren eine vernünftige Kalkulation einzuhalten
und keine Preisschleuderei zu betreiben.

Vermischtes.
Aus dem Obersteiu-Idarer-Industriegehiete. In dem engen,
sonst so stillen Tale des Idarbaches herrscht seit Wochen eine
ziemlich starke Erregung und ist zunächst noch nicht abzusehen,
wie lange diese anhalten wird. Die Ursache der Differenzen ist in
denen eines grösseren Betriebes zu suchen. Ein grosser Teil der
Arbeiter desselben hatte infolge nicht erfüllter Forderungen von
Lohnaufbesserungen und wegen der von Seiten der Geschäftsführung
getroffenen Bestimmung, dass jeder Arbeitnehmer die Zugehörigkeit
zu einer Organisation im Kontor zu melden habe, gekündigt. Die

Arbeitgeber der Obersteiner Kettenindustrie stellten sich auf die
Seite des betr. Betriebes und entliessen, da der Aufforderung, die
Kündigung zurück zu nehmen, nicht Folge geleistet wurde, bis auf
Weiteres % ihrer sämtlichen Arbeiter. Trotz wiederholter Einigungs-
versuche ist bisher ein Ausgleich noch nicht zustande gekommen
und die jüngste Forderung der Arbeitnehmer ist nicht dazu angetan,
das Ende der Streitigkeiten zu beschleunigen. Sie verlangten nämlich,
dass jeder Arbeiter bis zum 18. d. M. wieder angestellt und ihm
die ausgesperrt gewesene Zeit an Lohn nachbezahlt werden müsste.
Andernfalls würden sie am bezeichneten Tage einen allgemeinen
Streik proklamieren.
Personal- und Geschäftsnachrichten.
Geschäftsjubiläen.
Berlin. Am 3. September d. J. blickte die mechanische Gravier-
anstalt der Gebr. Martin, Lothringerstrasse 54, auf ein 75 jähriges
Bestehen zurück. Seit 50 Jahren ist sie ununterbrochen Stempel-
lieferantin der Reichspostverwaltung. Gegründet wurde das Geschäft
von Johann Gottlieb Friedrich Martin, dem Vater des jetzigen In-
habers, im Jahre 1832. Er gehörte zu den hervorragendsten Präzisions-
mechanikern und baute bis 1857 nur optische und astronomische
Instrumente. In letzterem Jahre wurden ihm die postalischen Arbeiten
übertragen, die nach seinem Tode seine beiden Söhne übernahmen.
Jetziger Inhaber des Geschäfts ist sein jüngster Sohn Emil Martin.
Itzehoe. Die Silberwarenfabrik H. Spliedt blickte kürzlich auf
ein 50 jähriges Bestehen zurück. Eine gemeinschaftliche Feier ver-
einigte aus diesem Anlass Personal und Chef. Ein schönes Zeichen
von dem guten Verhältnis zwischen Chef und Angestellten ist, dass
von dem Personal schon ein grosser Teil 25 Jahre und mehr für
die Firma wirkt, und so blickte wiederum am 4. September der Gold-
arbeiter F. Stark auf eine 25 jährige treue Arbeit zurück.
Prag. Die Fa. Felzmann, Goldkettenfabrik, feierte ihr 25 jähriges
Bestehen. Auszeichnungen.
Pforzheim. Bei Gelegenheit des 81. Geburtsfestes Sr. Kgl. Hoheit
des Grossherzogs Friedrich von Baden erhielt am 9. September der
Goldarbeiter Karl Linder, der 30 Jahre bei den Herren Fühner &
Assmus, Bijouteriefabrik in Pforzheim, beschäftigt ist, das allgemeine
Ehrenzeichen für 30 jährige treue Arbeit.
Berlin. Die Fa. Hagenmeyer & Kirchner, Stein-, Bijouterie-, Werk-
zeug-Handlung in Berlin C. 19, ist auf der Deutschen Armee-, Marine-
und Kolonial-Ausstellung mit der silbernen Medaille prämiiert worden.
Hanau. Herr Bijouteriefabrikant Ph. Wild wurde zum Stadt-
verordneten gewählt.
Geschäfts- und Firmenveränderungen.
Berlin. Die Firma Gold- und Silberschmelzerei von Broh hat
ihre Betriebsräume von Wrangelstrasse 4 nach Köpenickerstrasse 29
verlegt. Der Betrieb ist bedeutend erweitert und der Neuzeit ent-
sprechend eingerichtet worden.
Marienburg. Herr Ernst Mey erwarb käuflich das unter der
bisherigen Firma F. W. Drechsler geführte Uhren- und Goldwaren-
geschäft Rittergasse 3, verbunden mit einer optischen Abteilung. Er
führt dasselbe unter der Fa. F. W. Drechsler Nachf, Ernst Mey weiter.
Bremerhaven. Herr Julius Albers übergab sein Uhren-, Gold-
und Silberwarengeschäft Herrn H. Lewy.

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