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Die Kunst-Halle — 5.1899/​1900

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Nummer 2
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Zentralbl. d. Bauverw.: Der Niedergang einer Kunstspezialität
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Berliner Kunstschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.63303#0034

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Die A u n st - H a l l e

Nr. 2

kommen werden. Die Rirchenverwaltrmgen, die
Architekten, welche geschnitzter Bilder benöthigen und
diese aus dein Grödner Tbale beziehen wollen, sie
sollten sich nicht an die dortigen Händler und
Fabriken, sondern unmittelbar an die Werkstätten, an
die einzelnen Meister selbst wenden. Von ihnen
werden sie treffliche chchnitzwerke erhalten. Für einen
Schleuderpreis können diese natürlich nicht hergestellt
werden, ein wirkliches Kunstwerk muß entsprechend
bezahlt werden; aber die Forderungen der Meister
sind bescheiden, und wenn die der Fabriken scheinbar
geringer sind, so liegt das eben an der Minder-
wertigkeit des Gebotenen. Bei der Bestellung wäre
dann zu betonen, daß das Schnitzwerk so, wie es aus
der Hand des Schnitzers kommt, geliefert wird. Die
Anwendung der Raspel ist zu untersagen oder auf
ein Mindestmaß zu beschränken. Die Bemalung aber,
deren Handhabung in Gröden besonders unzulänglich
ist, schließe man ganz aus, lasse sie vielmehr daheim,
unter den eigenen Augen ausführen. Bemalung auf
Kreidegrund wird immer mit größter Vorsicht aus-
zuführen sein, damit die Schönheit des Schnittes
darunter nicht leidet; in vielen Fällen wird einer
Schellackirung mit mehr oder weniger lasirendem
Farbenauftrage der Vorzug zu geben sein.
(Zentralbl. d. Bauverw.)
Werliyer Uayskschaa.
1. (Vom Aünsikerßause.
s ist verständlich, daß sich der Verein Berliner
Künstler nach dein Schluß der Großen Kunst-
ausstellung eine kurze Ruhepause gönnt, um in Muße neue
Kräfte zu sammeln und seine Winterkampagne vorzubereiten.
So bleibt dieses Mal der Vortritt den Privatsalons, die
auch zum Theil schon ihre Herbstausstellungen eröffnet haben,
wir hören, daß die kommende Saison eine kleine System-
veränderung im Künstlerhause insofern bringen wird, als
man Herrn von Bayer, der bisher als Geschäftsführer der
Vereinsunternehmungen Verftändniß und Umsicht im hohen
Maße bewiesen, die selbstständige Leitung der Winteraus-
stellungen anzuvertrauen beschloß und daß das frühere
zwölfgliederige Aufnahme-Komitö lediglich künstlerisch be-
rathend verbleiben wird . . . Die einzige Neuheit in den
Räumen des Künstlerhauses kurz vor der offiziellen Eröffnung
der Wintersaison ist gegenwärtig eine Sonderausstellung
von Werken des Weimarer Künstlers Lugen Urban,
dessen hier vor einiger Zeit vorgeführtes großes Triptychon,
einer Allegorie der Arbeit als sklavischen Frohndienstes, den
Namen des Urhebers bekannt gemacht hat. Daß er auch
ein sehr geschickter Porträtist ist, beweisen zahlreiche Bildniß-
schöpfungen, die hier auf alle Räume vortheilhaft vertheilt
sind; das Beste hängt in den beiden Vordersälen. Urban
ist weder feinfühlig in der Ausdrucksweise, noch koloristisch
veranlagt. Der Schwerpunkt seines Talents liegt in der
energischen Gestaltung, die nur ausnahmsweise über die
prosaisch kalte Geberdensprache hinauskommt und einen
wärmerer: Lindruck auf den Beschauer höchst selten ausübt.
Dabei ermöglicht ihm sein beträchtliches Können, eine Per-
sönlichkeit wahrheitsgetreu wiederzugeben, was freilich
bei den heutigen Leistungen der Photographie nicht allzu-
hoch anzuschlagen ist. Seine gelungenste reifste Arbeit ist
ohne Frage die nonchalant im rothen Sessel ruhende
Gestalt des Prinzen Bernhard von Sachsen-Weimar; hier-

ist ein prägnanter Ausdruck im Kopfe des Prinzen geschaffen,
dessen schlichtes vornehmes Wesen sich wohl durch die Art
des Malers geben ließ, wie derb und roh tritt aber
dieselbe Art bei dem ebenso umfangreichen wie langweiligen
Interieurbild mit dem lebensgroßen Porträt des bekannten
Jigarrenfabrikanten Kommerzienrathes B. Loeser in die
Erscheinung. In der ganz schlichten Halbfigur des Freiherrn
von Boineburg-Lengsfeld ist der Ausdruck wiedetum glücklich;
der ehemaligeKorpsbruderverräthsich sofort. Zweipendants,
die Bildnisse des Freiherrlichen Ehepaares von Pentz, kommen
nicht über den photographischen Eindruck hinaus. Malerisch
am feinsten wirkt ohne Frage die zierliche Gestalt des
„Malers Bernhard Bock" in ihrer ungesuchten Haltung;
nur schade, daß man in dein lockigen Jüngling eher einen
kleinen Gymnasiasten vermuthet, der eine verbotene Ziga-
rette raucht. Roher in der Malweise und im Ausdruck
ist das Bildniß der Großmutter des Künstlers. Auch zwei
Phantasiebilder sind vorhanden. „Gram" nenntsich das eine,
das in einer dunklen Höhle vorn einen älteren nackten
Mann hockend, vor sich hinstarrend, zeigt, hinten in der
Tiefe kündigt ein violetter Schimmer die Nähe des Tages-
lichtes. „Der Goldsucher" ist ein kleineres Nachtstück
und zeigt einen ebenfalls nackt hingestreckten Mann, der-
bes Laternenlicht in der Erde wühlt, so sorgsam gemalt
wie ein guter alter G. Dou . . . Die Ausstellung im Künstler-
hause enthält z. Zt. außerdem noch einige bessere Porträts
von Gustav Wustmann und Landschaften von Saltzmann,
Otto Andres, G. Schmitgen, Hans Schleich, L. Henschel.
F. I-
2. Sakon Schutte.
Die Sonderausstellnng des Müncheners Hans von
Bartels rexräsentirt die reiche künstlerische Aus-
beute einer Studienfahrt längs des Nordseestrandes von
Boulogne s. M. bis nach Amsterdam und sonst auch nach
Bornholm. Der Künstler giebt die Dinge und Gestalten
dieser Gegenden frisch, echt malerisch und dabei so hell-
tönig wie es grade seine für Aufnahmen in der Freiluft
geeignete Gouache-Technik möglich macht. Von erheblichem
Reiz sind aber auch die holländischen Interieurs mit ihren:
eigenartigen Inventar, das schon seit langer Zeit eine
wahre Augenweide für die Maler bildet. Bartels, der uns
schon früher durch seine koloristisch fein wiedergegebenen
Strandszenerien oft erfreute, gewinnt uns dieses Mal be-
sonders durch groß gesehene Linzelfiguren, gebräunte derbe
Töchter dieses Fischervolkes in ihrer bauschigen, vom
Sturme angewehten Kleidung, Bilder, die hier aus Rück-
sicht auf das Publikum Titel erhielten, wie: „wenn die
Möven schreien", „Erwartung", „Nach der Arbeit",
„Neckerei", „Tochter des Muschelfischers" u. s. w. Als
einfache Studien würden wohl nur die wenigen Kenner
die Sachen nach Gebühr würdigen. Natürlich reizten den
Schilderer ferner die eigenthümlichen malerischen Plätze der
dortigen Städte und Dörfer, die schon andern Malern vor
ihm die dankbarsten koloristisch prächtigsten Motive geliefert:
die Fischhallen, Häringsxackereien, Höffes; auch eine Mühle
bei Haarlem, eine Zugbrücke und der einförmige holländische
Kanal mit einen: Heuboot darauf fehlen hier nicht. Da-
zwischen leuchten die vielfarbigen Tulpenbeete einiger
Haarlemer Landschaften, und eine Anzahl Marinen, zum
Theil großen Formats, ergänzt das Stoffgebiet dieses Dar-
stellers, durch dessen Arbeiten bei aller Gewissenhaftigkeit der
Durchbildung ein so freier, kräftiger, malerischer Zug geht.
 
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