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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

DOI Kapitel:
No. 26 - No. 50 (1. Februar - 29. Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44124#0147

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Gerichtshalle.

Manuheim, 7. Febr. (Strafkammer. Originalbericht.)
Zur Verhandlung kamen folgende Straffälle: :

1. Es ist ein ganz eigenthümlicher Fall mit dem ſich
heute das Gericht zu befaſſen hat und mahnt derſelbe ganz
an die Rekrutenbefreiungsaffairen in Mühlhauſen tetc.
Der Kaufmann Julius Lehmann von Diez hat üich wegen
Verletzung der Wehrpflicht zu verantworten. Im Jahre
1880 hatte er sich in Diez als Conſcriptionspflichtiger zu
stellen und wußte sich durch das Tragen einer sehr jcharfen
Brille glücklich wegzudrücken. Ein Jahr darauf hatte er
das Oberersſatzgeſchäft in Offenbach mitzumachen und hatte
wiederum das Glück wegen zu großer Kurzsichtigkeit frei
zu werden ~ trotzdem seine Augen, wie von mehreren
Sachverſtändigen versichert wird, nichts zu wünſchen übrig
lassen und er eine ganz normale Sehkraft beſißt. Weil
man gelehrter aussehen soll, wenn man ſich einen Zwicker
auf die Nase setzt, trug der Angeklagte allerdings schon
geraume Zeit einen ſolchen, aber nothwendig hatte er es
absolut nich. Wie ging die Sache aber zu, wird
Jeder fragen und iſt dieſe Frage | sehr leicht zu beant-
worten. In Diez sowohl, wie in Offenbach war es beim
Ersatzgeſchäft jener berühmte Dr. Hendrich aus Mainz,

welcher dann später wegen grober Pflichtverlezung und j

Bestechung in Untersuchung gezogen wurde und dieser
Mann hatte auch den zun qe zu untersuchen und ihn
aus naheliegenden Gründen ganz gerne für untauglich
erklärt. Das ſchönſte bei der Sache war die Augenprü-

fung des Angeklagten durch die ſachverſtändigen Aerzte.

Man ließ ihn nämlich eine Menge Brillen von allen innerung an die Dankbarkeit Rumäniens gegen

Nummern probiren, aber durch keine wollte er sehen, ja
nicht einmal durch seinen eigenen Zwicker, welchen man
unter die andern geschmuggelt hatte, ſo daß der Betrug
offenkundig wurde. Er büßt dieſe erbärmliche Simulation
mit 2 Monaten Gefängniß und den: Kosten, es wird ihm
die Pickelhaube, der er glücklich entronnen zu ſein glaubte,
doch aufgesetzt und der Herr Doktor „Ehrlich“ aus Mainz
wird auch seinen Lohn für die „treu geleiſteten Dienste“

empfangen.. die zärtlichen Brüder Michael, Bernhard und
Adolf Pfahl von Mannheim ihren Bruder Wilhelm nebſt
desſſen Ehesrau ganz ſchofel behandelten nnd beiden Ver-
letzungen beibrachten, wurde jeder derselben vom Schöffen-
gericht zu 1 Woche Gefängniß verurtheilt, womit ſie jedoch
nicht zu friedeu sind. Heute fahren ſie ab und zahlen
noch die Berufungskoſsten.

3. Beim Taglöhner Georg Lind von Feudenheim
heißt es auch: „ehrliche Hand geht in alle Taſchen“, denn
er kripſt gern, eine Unart, welche ihm schon mancherlei
Y hst er y! tp: Iq. rr k Oe
stieg dann durch ein Fenſter in die Wohnung des Heinrich
Ebert und entnahm einem Schranke 22 Mark, wofür er
wiederum 6 Monat in's Gefängniß fliegt.

4. Der Cigarrenmacher Johann Schweikert von Hocken-
heim litt an rer. weshalb er die Bearbeitung
des amerikanischen Tabaks an der Quelle, derjenigen des
U ® tus t MGM
lootit und ſo wird er zuerſt den Schießprügel bearbeiten
müj, 3%, ehe er an den ächten Havannah kommt. Daß
man die Leute, welche kein Pulver riechen können, auch
nicht laufen läßt? Wie grauſam!



Neueſte Nachrichten.

Petersburg, 10. Febr. Nachdem sich der Finanz-
minister für die Schließung der Newski-Maſchinen-
fabrik der ruſſiſchen Gesellſchaft mechaniſcher Fabriken
und Hüttenwerke ausgeſprochen hat, dadurch aber
an 2000 Arbeiter beſchäftigungslos würden, so hat
„ außer der Petersburger Kreislandschaftsverſammlung
neuerdings auch die Petersburger Gewerkeverord-
netenverſammlung beſchloſſen, bei dem Ministerium
um Nichtſchließung der Fabrik, event. um allmälige
Einſtellung der Arbeit vorstellig zu werden. – Das

Gr. Bezirksamt Heidelberg.
Hagelſtatiſtik betr.

No. 4935. Die Gemeindebehör-
Den des Bezirks werden aufge-
fordert alsbald anher anzuzeigen,
welche Sachverſtändige zur Beant-
wortung der Erhebungsbogen für
die Hagelſtatiſtik in den einzelnen
Gemeinden pro 1884 aufgestellt
worden ſind.

Exemplare von Erhebungsbogen
können bei Bedarf durch diesseitige
Vermittlung bezogen werden.

Heidelberg, §. tebrua: 1884.

eber.

.
Holzpechteigerung:
delberg versteigert aus Domänen-
ttz zzg.
Hbewilligung bei Baarzahlung
Mittwoch, den 13. Febr. d. I.,

früh '/.10 Uyr
im Lamm in Ziegelhauſen:
-aus den Schlägen „Vogelbeerstraße,
Bildſtockschlag und Oberer Kandel-
grz"t;[.ht1 N§rt!: enſlômyis ;
55 Fichten-Nutz ss en; 183

aus den



“rr

erwegs wegge- | .



Dounerſtag, den 14. Febr. d. I.,
früh /.10 Uhr
im Lamm in Ziegelhauſen:
Schlägen „Baierland,
Haſselbacherforlen, Felgenwald,
Weiherſchlag und Vöglerswieſe“
beim Hasselbacher Hofe: ‘
11 Eich-, 1 Buch-, 6 Eſchen-, 12
Ahorn-, 2 Ulmen- u. 5 Lärchen-
ſtämme; 70 Stück eſchene, 100
BU Sts 1horr en tut so Stu
[ S tr H rc akcnden;
UI. Kl. und 75 Stück do. IV. Kl.
20 Ster buchenes Scheitholz I. Kl.,
89 Ster do. U. Kl.,
do. II. Kl., 33 Ster eichenes u
151 Ster gemischtes Scheitholz
UI. Kl., 234 Ster buchenes, 154
Ster forlenes, 20 Ster erlenes
und 308 Ster gemiſchtes Prügel-
holz; 7900 Stück buchene und
H Sus ptuzam Uu: 1

Die Domänenwaldhüter Sattler
und Sauer in Ziegelhauſen, Kuhn
und Kinzinger in Schönau zeigen
die Hölzer auf Verlangen vor.

Befinden des krank darniederliegenden Gesandten der
Vereinigten Staaten von Nordamerika, Mr. Hunt,
iſt beſorgnißerregend. Präſident Arthur ſandte an
die Frau Hunt ein Beileidstelegramm.

London, 10. Febr. Nach einer dem „Obſerver“
aus Kairo von 9. d. M. zugegangenen Depesche ist
General Gordon geſtern früh in Berber angekom-
men und ſind ieitere Nachrichten von ihm erſt zu
erwarten, wenn er in Khartum eingetroffen ſein
wird, da der Telegraph unterbrochen iſt. Unterhalb
Khartums an den Nilufern ſollen sich Insurgenten-
banden gezeigt haben.

Astrachan, 10. Febr. Die Zahl der am 4.
d. M. auf einer Eisscholle in's kaspiſche Meer hinaus-
getriebenen Fiſcher beträgt 150. Irgendwelche Nach-
richten über das Schickſal derselben ſind bis jett
t gc en Febr. In der Kammer dankte
Roſetti dem Parlamente für das ihm votirte Na-
tionalgeſchenk, erklärte aber, daß er dasſelbe nicht
annehme. Der Konſeilpräsident erſuchte die Kam-
mer, ihr: Votum aufrecht zu halten und sagte, das
Haus werde ausgebaut werden; wenn Roſetti es
nicht bewohnen wolle, werde es als beständige Er-

einen seiner beſten Bürger daſtehen.

Kairo, 10. Febr. Eine Meldung des Reuter’
schen Bureau lautet: General Gordon iſt gestern
Abend wohlbehalten in Berber angekommen. Wie
verlautet ſoll die von engliſchen Offizieren befehligte
erſte Brigade der egyptiſchen Armee nach dem ersten
Nilkatarakt gesendet werden, sobald daſelbſt die zu
deren Unterbringung erforderlichen Vorbereitungen
getroffen sind. :



Heidelberger Marktpreiſe vom 9. Februar 1884.
Butter in Ballen Mk. —. 90 bis Mk. 1. 10

# gx . Pfun 1 4.4. 10
Eier per 100 Stück

s s . -
Kccioflca pre Hir B Ur ; vo h § -
Heu. er Centner V : 3:3 !: " t 19
Stroh per Centner 41.80 „ 12.20



Druckfehler-Berichtigung. No. 34 vom 10.
Februar Offener Sp rechfacl letzte Zeile anſtatt
„eriproken“ muß es heißen „,reciproken,, Verhältniß ſteht.



Oeffeutlicher Uprechſaal.

„Gleiches Recht für Alle.‘
(Für die unter dieser Rubrik erscheinenden Artikel iſt un-
[fe Reskiar V ſlikuu 4Ägtrube ruht razer;
zur Verfügung.)

Von jeher zeichneten sich die Heidelberger und
insbesondere die „beſſeren““ Bürger durch ihr freund-
liches Entgegenkommen, gegen die hier weilenden
Fremden aus, was jeweils nicht verfehlte einen sehr
günstigen Eindruck auf diese auszuüben. Man ſett
es ja quasi voraus, wenn man ſich entſchließt für
kürzere oder längere Zeit irgendwo ein ſchönes
Plätzchen Erde, auf dem Cultur gepflegt wird und
wie dies hier der Fall in hohem Grade ſchon ge-

huſten, wieder friſch eingetroffen bei



Waldſchnecken: -= Saft, \ Kaffee, Mittag- und

ärztlich geprüft und empfohlen als bestes Mittel gegen Keuch-
F. Schw eilcert. Hauptstrasse 208.

pflegt worden und fürder noch gepflegt wird, zu
seinem Aufenthalte zu wählen, daß man zu jeder
Zeit „anſtändig““ behandelt wird. Auch ich zog unn
ter dieser Voraussetzung in „alt Heidelberg der feinen,
der Stadt an Ehren reich“ ein und war zufrieden,
bis vor einigen Tagen ſich mein Behaglichfühloe
V gg vfl cue ugeauhthte us —
Letzten Freitag war ich dazu verurtheilt geweſna
bis Nachts gegen 12 Uhr nöthige Correſponde nen
zu erledigen. Müde und abgespannt wie ich war,
wollte es meine Frau absolut nicht zugeben, daß
ich dieſe, dem Papier übertragenen Gedanken noch
selbſt dem Bahnhofbriefkaſten, der ſich glücklicherwei
gar nicht weit von meiner Wohnung befindet,
übergebe. Das Dienstmädchen lag in den Armen
Morpheus und ich war in meiner Vertrauensſeligkeit/
auf die öffentliche Sicherheit faſt geneigt geweſen
mein zweites „ich“ den kurzen Gang machen zu
laſſen, doch ein guter Geiſt flüsterte mir zu: „gehe
ſelbſt s'iſt besser“ ich folgte ~ Gott sei Dank diescr
Stimme und rettete meine gute Ehehälfte vor einn
Inſulte, . die. ich sogenannten ,, beſseren Bürgern:
kaum zugetraut hätte. Noch halb in Gedanken ver
sſunken, komme ich mit meinen Briefen in die Nähe
des Telegraphenamtes, als mir acht ältere Herren
sog. „Beſſere", welche die ganze Breite des Wegs
einnahmen begegnen. Ich wende mich wie ein höfe
licher Mensch bei solchen Gelegenheiten zu thun
pflegt „halb Flügel“, um durch die Reihe der Herren
kommen zu können, aber da kam ich + troßgdhem
mir ja kein anderer Weg übrig blieb ſchiöón an.
Ein Stoß auf die Bruſt, welcher von den freunn-
lichen Worten begleitet war „Menſch wie können Sie:
zwischen uns durchgehen wollen“ oder so etwas derer
artiges belehrte mich zur Genüge, daß ich mein
Weib nicht die Strecke paſſiren ließ, auf der mam
solchen „Höflichkeiten älterer Herrn“ ausgesett iſt.
Ich stellte natürlich die Herrn zur Rede und bat
um eine Erklärung über ihr Benehmen doch satt
dieser schleuderte man mir das Prädikat an dn
Kopf, das man Solchen zu geben pflegt die einem .
harmloſen Fremden, ohne jegliches Motiv Stöße
auf die Bruſt versetzen. Die Herren schoben natäüre
lich als sie Lunden rochen von hinnen, mir das
Redestehen schuldig bleibend. Ich frage aber, finn
solche Vorkommnisse geeignet Fremde anzulocken
oder ihnen den Aufenthalt angenehm zu machan.

Ein Fremder der viel Geld in Heidelberg läßt.

Wir machen das verehrte Publikum
darauf aufmerkſam, daß wir bei Herrn Ro
Neth, Cigarrengeschäft, Hauptstraße No.188
hier eine Agentur unseres Blattes errichtet
haben und daſelbſt Inserate und Zeitungs-
Bestellungen aufgegeben werden können.

Expedition des „Heidelb. Tageblatt .










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Abendtiſch,

Augustinergaſſe No. 1._

Zu verkasßſen.





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Mache hiermit die ergebene Anzeige, daß ich mein Reiſe-
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