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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 2.1911-1912

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Nr. 60 (April 1911)
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Adler, Joseph: Lokale Begebenheiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.31771#0036

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heldenhafte Zukunft Der Tertianer reitet die
Attacke von Mars-la-Tour, er reitet mit
erhobenem Speer durch das Tournierfeld.

Das Publikum des Literatur-Hippodroms ist aller-
dings sehr zart besaitet, und es findet Ge-
schmack und Freude an jedem Schmock, so schief er
auch im Sattel der Schindmähre sitzt, die schon „ein
Ahne“ lahm geritten hat.

Aber eine soziale Bedeutung hat das Hippodrom,
das im Citypark.

Er stellt der Friedrichstrassenmenschheit
gegen geringes Entgelt Rosinanten zur Ver-
fügung. Und siehe da: ein geschmiertes Wand-
bild wird zum frühlingsfrischen Feld und Don
Quixote trabt dreimal um die Manege. Und
das sei dem Hippodrom gedankt. Eine Stätte,
wo arme Pflastertreter ein bischen reiten
dürfen und Alltagsfrohner ein bischen träumen,
macht sich um das Gemeinwesen verdient.
Der Mann in der roten Weste hat eine grosse
soziale Bedeutung: arme Menschen dürfen sich
für zwei Groschen fünf Minuten lang ein-
bilden, dass er der Knappe ihres Rittertums
ist. Und dann hinaus in den kotigen Hof,
hinaus auf die traurige und gefährliche
Strasse.

Es ist zum sich Aufbäumcn und zum Wiehern.

Los des Daidalos

Einen Spezialerfolg bei der gestrigen Auf-
führung von Kysers „Medusa“ im
Modernen Theater hatte der Schauspieler
Hans H. Dietzsch, der Amateur-Bild-
hauer ist und die Statuen modelliert hatte.
Die riesigen Tonmodelle, von denen manche
4 Zentner schwer waren, machten einen durch-
aus künstlerischen Eindruck. In den Ton
waren an einzelnen Stellen kleine Steinstücke
geschickt eingefügt, die den Meissel des Bild-
hauers Daidalos bei der Arbeit knirschen
liessen. Sehr hübsch war. die Statue der
Medusa modelliert, die sehr leicht für die
Illusion hätte gefährlich werden können und
in der Ausfiihrung des talentierten Herrn
Dietzsch verblüffend glaubhaft wirkte

imodelle, von denen manche vier Z e n t n e r
waren, und das will schon etwas sagen,
machten einen durchaus künstlerischen Eindruck, aber

die Statue der Medusa, die sehr hübsch model-
1 i e r t war, wirkte in der Ausführung des talentierten
Herrn Dietzsch verblüffend glaubhaft.

Daidalos, der Held des Kyserschen Dramas, muss
sterben, weil er ein Bildwerk vollenden will, darauf
der Fluch eines rachegierigen Fürsten liegt.

Die Seelenerschütterung, die das Drama hervor-
rufen w i 11, erleidet einen tötlichen Stoss an dem
Nebenberuf eines Schauspielers, das erdichtete Genie
bleibt gleich einem grotesken Schatten hinter dem
wirklichen, dem lebenden Amateur liegen, der im Lichte
der Reklame fast das Ganze eines halben Er-
folges für sich in Anspruch raubt.

Und selbst noch an der Würdigung der Presse
hatte er etwas richtig zu stellen.

Zu unserer gestrigen Mitteilung über den
schönen Erfolg, den der Schauspieler Hans
Hubert Dietzsch in der „Medusa“-Aufführung
als Bildhauer erzielte, ersucht uns der Künst-
ler, um Missverständnissen vorzubeugen, um
die Feststellung, dass er nicht Amateur-Bild-
hauer ist, sondern, bevor er die Bühnen-
karriere einschlug, die Kgl Kunstakademie in
Kassel absolviert hat und Meisterschüler von
Karl Begas war.

So wie die letzten zwei Akte der „Medusa“: „den:
W e c h s e 1 auf ihres Verfassers Zukunft akzeptieren“,
so wird einem Schauspieler auf Konto Kunst gut-
geschrieben, dass er sich als Bildhauer um die In-
szenierung eines Bühnenwerkes in dem Masse verdient
gemacht hat.

J. A.

Von einem andern Geschäft

Ein Ullsteinblatt schrieb über die Erslaufführung des
„Oedipus“ :

Das Sophokles -Gastspiel des Deutschen
Theaters im Zirkus Schumann, das
gestern unter carusohaftem Andrang vor sich
ging, endete mit dem lauten und bewundern-
den Beifall für das getiiale Werk einer Regie-
kunst, die gewiss nicht in jedem Stück ins
Schwarze traf, aber in ihrem imposanten Reich-
tum szenischer Phantasie wiederum die

schöpferische Kraft offenbarte, altererbten un
vergänglichen Besitz zu neuem Wert zu
steigern, verschlossene Tore zu sprengen, auf
ferne Zukunftsmöglichkeiten theatralischer
Künste hinzudeuten Man mag darüber ge-
lächelt haben, dass Reinhardt sich einen Zirkus
zum Schauplatz dieses dramatischen Festes
auswählte. Doch der Zirkus steht dem antiken
Theater näher als jedes andere modeme
Bühnenhaus, und es zeigte sich, dass die ge-
waltigen Erschütterungen der Masse, nach denen
die Griechen strebten, an solcher Stelle viel-
leicht unmittelbarer zu erreichen sind als
irgend sonst.

Drei Monate später war in demselben Blatt unter
„Theater, Kunst und Wissenschaft“
dieser Bilanzbericht zu lesen:

Was am Zirkus - „Oedipus*
verdient wurde Nächsten Montag
beendet Max Reinhardt seine erfolgreiche
Oedipus-Saison im Zirkus Schumann in Berlin.
Dreissigmal ist O e d i p u s in diesem Winter
gegeberi worden. Diese 30 Vorstellungen
waren für den Leiter des Deutschen Theaters
ein sehr einträgliches Geschäft Sie haben
ihm, wie der Confectionär mitteilt, eine E i n-
nahme vori 4 3 5000 Mark gebracht.
Reinhardt hat für jeden Abend, den er im
Zirkus spielte, Direktor Schumann 5500 Mark
bezahlt Seine Einnahinen betrugen der
Zirkus fasst 4500 Personen durchschnittlich
pro Abend, da er immer ausverkaufte Häuser
erzielte, 14 500 Mark, so dass ihm also ein
Ueberschuss von 9000 Mark pro
A b e n d . fiir die 30 Vorstellungen dentnach
270 000 Mark verblieb Demgegenüber sind
die Ausgaben verhältnismässig gering. Bei
den Kostümen und dem Szerienautbau handelte
es siclt um cine einmalige Ausgabe, der Chor,
der aus Studenten gebildet wurde, erhält keine
Bezal.lung, sondern bekonnnt als Bezahlung
FreibiHetts zum Deutschen I heater und zu den
Kammerspielen.

J. A.

Verantwortlich fiir die Schriftleitung
HERWARTH WALDEN / BERLIN-HALENSEE

Verantwortlich für die Schriftleitung in Oesterreich-Ungarn
ln Vertretung : Oskar Kokoschka

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