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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 2.1911-1912

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Nr. 69 (Juli 1911)
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Adler, Joseph: Aus jüngster Zeit: wenn Karpeles das erlebt hätte
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https://doi.org/10.11588/diglit.31771#0108

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Jetzt weiss ich, was soll es bedeuten,

Dass ich so traurig bin,

Weil bei den meisten Leuten
Es mangelt an Schönheitssinn.

Sie kaufen Corsets nicht passend,

Und zahlen sehr hoch den Preis,

Sich auf sich selbst verlassend,

Statt auf des Fachmanns Qeheiss.

Den Sitz, der so wichtig für Alle,

Erstklassig das Material,

Dies bringt in jedem Falle
Das „ . . . -Corset“ erstensmal.

Und zweitens, unsere Nymphe,

Wie deutlich ein jeder kann seh’n,

Beim Ausspielen unserer Trümpfe,

Ist es um sie gescheh’n.

Glückstrahlend ist ihr Gesichtchen,

Sie ist des Lobes voll,

Und die Moral vom Geschichtchen
Ist, — wo man Corsets kaufen soll!

Die Zeichnung stammt von Naton. Natron
wäre besser. Redaktion und Inseratenabteilung
einer „anständigen“ Zeitung sind einander be-
kanntlich fremd. Und doch könnte ein Annon-
cenchef einen Feuilletonredakteur lehren, wozu
d,e schlechten Klassiker gut sind.

Weniger Mehring, weniger Mehring

„1820 reiste er nach Neapel, denn der Fort-
schritt seiner Krankheit zwang ihn, ein wärme-
res Klima aufzusuchen. Dort wurde ihm zwar
die beste Pflege durch den Arzt Dr. Clark zu-
teil, aber er erlebte den kommenden Frühling
nicht mehr. Er starb am vierundzwanzigsten
Februar 1821 in Rom und wurde auf dem pro-
testantischen Friedhof an der Cestiuspyramide
beerdigt.“

So schreibt ein simpler Gelehrter in einer
Englischen Literaturgeschichte vom Tode Keats.

Ein Feuilletonist, der Sigmar Mehring,
schildert uns das Sterben des jungen Poeten,
der „das Maiglöckchen und die Nachtigall lieb-
te“, schwungvoller, zeitgemässer, in rhyth-
mischer Aufwärtsbewegung.

Eines Schneiders Sohn, der bis ins späte
Jiinglingsalter mit der Hände Arbeit seinen
Unterhalt schaffen musste, schwang sich John
Keats urplötzlich und selbstsicher in die blen-
dende Höhe sonnennaher Poesie; leider nur
auf zu kurze Zeit, denn schon mit sechsund-
zwanzig Jahren büsste er den hohen Flug
mit dem Leben.

Solches acht Tage vor dem Start zum B.
Z.-Preis der Lüfte. Die literarisierenden Krie-
cher in Ullsteins Diensten mussten von kiihnen
Fliegern schwärmen, aber Mehring hatte es doch
nicht nötig, von Keats oder Swinburne wie von

Aviatikern zu sprechen. Weil eine Neubearbei-
tung der Gedichte dieser beiden gerade in der
Zeit der Vorbereitungen zum Deutschen Rund-
flug erschienen ist? Darum auch von Swinburne
zu sagen:

er schwebte wie Keats in den höchsten Regi-
onen einer verfeinerten Kunst, aber er hat die
weltbewegenden Kämpfe der Erdenringer nie
aus den Augen verloren.

Doch während die fremdländischen Dichter
nur in den höheren Regionen schweben, bleiben
ihre Uebersetzer am Erdboden kleben.

Der Bienenfleiss deutscher Uebersetzer
sammelt auf allen Auen die verborgensten
Süssigkeiten fremder Poesie, um sie fiir den
heimischen Genuss herzurichten.

Mehring sagt auch das so schön.

Na, bon appetit.

„Was er weise verschweigt, zeigt nur der
Meister des Stils“

In Köln stehen sich

„die Vorkämpfer von Deutschland und Oester-
reich, Dr. Tarrasch und Schlechter, die seit
zwanzig Jahren in Turnieren Rivalen gewe-
sen sind, in einem Matsch gegenüber“.

Der grosse Dr. Lasker hat einen Prolog da-
zu geschrieben. Er schwang sich auf das für
alle Feuilietomsten zugerittene Rössel „Esprit“
und pflanzte, ein Mitläufer des Schmocktums,
zum Entzücken aller Bauern des guten Ge-
schmacks ein Fähnchen auf den schiefen Turm
des Zeitungsdeutsches.

Und so hat er angezogen:

Dr. Siegbert Tarrasch, Arzt zu Nürnberg,
ist der verwöhnte Liebling der Schachfreunde.
Es ist ihm unvergessen geblieben, class er, ein
Schüler Anderssens, sein Nachfolger wurde,
als in den internationalen Kämpfen der acht-
ziger Jahre die deutsche Fahne keinen Träger
fand. Da kam der Student der Medizin, nahm
sie aus dem Staube, liess sie lustig im Winde
wehen und hielt sie hoch, viele Jahre lang.

Das war aber eine Tat. Die Fahne aus dem
Staub zu heben, sie im Winde wehen zu lassen
und überdies noch hoch zu halten, viele Jahre
lang.

Doch

Schlechter vertritt die Deutschen Oester-
reichs. Mit dem Ungarn Maroczy, dem Böh-
rnen Duras und dem Siebenbürger Vidmarge-
hört er zu dem Kontingent der Vorkämpfer
der Doppel-Monarchie.

Die Doppel-Monarchie hat Vorkämpfer.
Schau, schau. Und weiter:

Man sagt: „Le style est I’homme“. Die
Eigenart eines Menschen prägt allem seinem
Tun den Stempel auf. Der Satz trifft insbe-
sondere für das künstlerische Schaffen zu, in-
sofern es mit vollster Hingabe an die Auf-
gabe geschehen muss.

Solche Witze machen auch die Schachspieler
im Cafe Royal. Und nochmals zurück zu Dr.
Tarrasch, „der ein universell gebildeter Mensch
ist“.

Er verehrt zwei Herren: Napoleon und
Wagner. Er liebt die Musik leidenschaftlich,
und er hat einen eisernen Willen. Damit steht
sein Schachspiel di^rchaus im Einklang. Er
richtet sich im Schach nach allgemeinen Ge-
setzen, sein Bildungszwang hat ihm deren
Macht gelehrt. Er ist also Theoretiker. Er
liebt die tiefen Pläne, die wohl zu fühlen, aber
nicht zu definieren sind. Das ist das Musi-
kalische in ihm. Er tut unerschrocken und
energisch seine Arbeit, denn ein mächtiger
Wille zum Sieg drängt ihn.

Schlechter hingegen liebt die Natur:

Vermutlich waren seine Vorfahren Bauern,
die auf einem kargen Boden lebten. Seine
Phantasie ist die eines Naturmenschen, sie er-
kennt die Schönheit in einfachen Dingen, und
seine Schachzüge haben eine einfache, aber
wirkungsvolle Schönheit. Er wird nicht leicht
aggressiv, aber einem unmotivierten Angriffe
des Gegners gegenüber gerät er, man möchte
sagen, in Zorn.

Und schliesslich setzt sich der Schachmeister
stilistisch derart matt:

Will man das Match in eine kurze For-
mel fassen, so könnte man sagen, dass der

Theoretiker dem die gegebenen Umstände Nut-
zenden gegenübersteht. Das Ergebnis, wie es
auch sein wird, wird uns, die Zuschauer,
vieles lehren und vieles sagen.

— wird uns, die Zuschauer, vieles sagen.

Man nennt im Royal, Herr Doktor, einen
Menschen, der am Schachbrett ihrem geschrie-
benen Unsinn Aehnliches leistet, einen: Stem-
p e r. J. A.

Verantw ortlich für die Schriftleitung
HERWARTH WALDEN / BERLIN-HALENSEE

Verantwortlich für die Schriftleitung in Oesterreich
Ungarn / I. V.: Oskar Kokoschka

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